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Hatten (Dep. Bas Rhin /Alsace / Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem zwischen Haguenau
(Hagenau) und Lauterbourg (Lauterburg)
gelegenen Hatten bestand eine jüdische Gemeinde bis zum 20. Jahrhundert. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. Bei der Zählung
am 29. Oktober 1784 waren 13 jüdische Familien mit zusammen 61 Personen am Ort.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung
religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der auch
als Vorbeter und Schochet tätig war. 1877 wurde allerdings
(s.u. Ausschreibungstext) die Stelle des Vorbeters und Schächters unabhängig
von der Lehrerstelle ausgeschrieben. An Lehrern sind bekannt: M. Silberberg
(seit ca-1894, gest. 1904), K. Leopold (wechselt 1913 nach
Hochfelden). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk von
Surbourg - Soultz-sous-Forêts.
1808 gehörte 111 Personen zur jüdischen Gemeinde. Mitte des 19. Jahrhunderts
wuchs die Zahl jüdischer
Gemeindeglieder auf über 200 Personen (um 1840/50 etwa 220, 1861 200, 1870 203), um danach
durch Anwanderung in die größeren Städte schnell zurückzugehen. 1910
wurden 93 jüdische Einwohner gezählt.
Auch im 20. Jahrhundert ging die Zahl der jüdischen Einwohner weiter
zurück. Ende der 1920er-/Anfang der 1930er-Jahre war die jüdische Gemeinde in
Auflösung begriffen. 1936 wurden noch 34 jüdische Einwohner gezählt.
Unter der deutschen Besatzung wurden 1940 die letzten jüdischen Einwohner von Hatten in das
Konzentrationslager Gurs in Südfrankreich
deportiert.
Von den in Hatten geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Irma Cahen (1884), Henri
Hugo (Hugues) Leopold (1904), Simon Klein (1878), Roger Levy (1902), Henri Meyer
(1872), Andre Weil (1904), Jules Weil (1872), Rene Weil (1901), Celine Weill
(1888), Henri Weill (1884), Marguerite Weill (1895), Robert Weill (1880), Betty
Weinberg (1878), Achille Wolff (1873).
Im Januar 1945 wurde fast der gesamt Ort durch Kriegshandlungen
zerstört.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Vorbeters und Schächters 1877
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1877: "In
der israelitischen Gemeinde Hatten bei Oberbetschdorf im Elsass ist die
Stelle eines Chasan (Vorbeters) und Schochet (Schächter) vakant und
sofort zu besetzen. Gehalt 12-1500 Mark pro Jahr. Kandidaten, welche
lernen können, werden bevorzugt. Bewerber wollen sich bei dem
unterzeichneten Vorstande melden. A. Cahn." |
Zum Tod des Lehrers M. Silberberg (1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Januar 1904:
"Hatten, 28. Dezember (1904). Am 24. dieses Monats wurde der
65jährige israelitische Lehrer M. Silberberg hier unter Begleitung von
ca. 30 Lehrern des Kantons Sulz u.W. zu Grabe getragen. Rabbiner
Bloch - Sulz u.W. betonte besonders den großen Willen des Verstorbenen und
seine Anhänglichkeit zur Schule. Einer seiner Schüler, Lehrer J. Joseph
in Niederrödern, widmete dem Verblichenen zum Abschiede Worte des Dankes
und der Liebe. Am Grabe sprach Lehrer G. Heldt von Oberbetschdorf im Namen
des Lehrervereins." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar 1904:
"Hatten. Ende voriger Woche starb im 65. Lebensjahre unser Lehrer
Silberberg. Vor circa zehn Jahren trat er die hiesige Stelle an und
waltete seines Amtes nach Kräften. Außer der Gemeinde nahmen etwa 50
Kollegen an der Beerdigung teil, bei welcher Dr. Bloch - Sulz dem
Verblichenen einen warmen Nachruf hielt." |
Lehrer und Kantor K. Leopold
wechselt von Hatten nach Hochfeld (1913)
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 24. Januar 1913: "Hatten.
Unser Lehrer, Herr K. Leopold, ist zum 1. Februar mit der Stelle von
Hochfelden betraut worden.
Damit ist leider wohl das Ende der hiesigen jüdischen Elementarschule
gekommen." |
Aus dem jüdischen Gemeinde- und
Vereinsleben
Abschiedsfeier für Rabbiner Dr. Bamberger (Sulz) in der Synagoge in Hatten
(1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juni 1901: "Hatten
(Elsaß), 11. Juni (1901). Am 5. dieses Monats fand in unserer Synagoge
unter allseitiger Beteiligung die Abschiedsfeier für den Herrn
Rabbiner Dr. Bamberger, wohnhaft zu Sulz
a.W, statt, der einem Rufe nach Hamburger folgt, nachdem er hier vier
Jahre zum Segen gewirkt hat.
Die Gemeinde Hatten bedauert den unersetzlichen Verlust, den sie durch den
Fortgang ihres geliebten Rabbiners erleidet. Möge dessen neuer
Wirkungskreis ihm und seiner Familie zum Segen gereichen und es ihm
vergönnt sein, bis zum höchsten Alter segensreich zu
wirken." |
Gründung einer Ortsgruppe der "Vereins der Sabbatfreunde" (1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Februar 1909:
"Hatten (Elsass), 9. Februar (1909). Unter Leitung der Herren
Rabbiner Bloch-Sulz und Weil - Buchsweiler hat sich vergangene Woche hier
ein 'Verein der Sabbatfreunde' konstituiert. Der Vorstand unserer Gemeinde
hatte die Mitglieder auf Sonntagabend 4 Uhr eingeladen, die auch fast
vollzählig erschienen war. Nachdem die beiden anwesenden Rabbiner Zweck
und Ziel des Sabbatverbandes und seine hohe Bedeutung für unsere
heranwachsende Jugend klargelegt hatten, ist eine stattliche Anzahl
Gemeindemitglieder zusammengetreten, um sich zu einer Ortsgruppe des
'Verbandes der Sabbatfreunde' zu konstituieren. Rühmend sei besonders
hervorgehoben, dass auch einige anwesende Damen sich sofort in die Liste
der Mitglieder einzeichneten. Hoffentlich entstehen noch viele solcher
Vereine im Elsass." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Leopold Cahn (1887)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1887: "Aus
dem Elsaß. Am 27. Siwan (Sonntag) wurde Herr Leopold Cahn in
Hatten im Alter von 76 Jahren zur letzten Ruhe bestattet. Unter dem Namen:
'Reb Leb' war derselbe im ganzen Elsass als ein Mann von großer
Gelehrsamkeit und von ausgezeichneten Tugenden bekannt.
In Westhofen geboren, widmete er
sich dem Rabbinerstande und erheilt auch als solcher sein Diplom zur
Anstellung für Frankreich. Er nahm aber keine Stelle an, indem er als
23-jähriger Mann von einem sehr reichen Mann in Hatten - wegen seiner Gelehrsamkeit
- als Schwiegersohn eingesetzt wurde, Seine Wohltätigkeit erstreckte sich
besonders aus Erez Jisroel,
Fünf Rabbiner feierten das Andenken des großen Toten. Seine Seele sei
eingebunden in der Bund des Lebens." |
Zum Tod von Amelie Debré geb. Cahn,
Tochter des o.g. Leopold / Leib Cahn in Rosheim (1914)
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 20. März 1914: "Rosheim.
Der Fasttag des Taanis-Esther stand für uns im Zeichen doppelter Trauer:
nach nur zweijährigem Aufenthalt in hiesiger Gemeinde, wohin sie nach dem
Tode ihres Gatten, des unvergesslichen Anselm Debré zu einer Tochter
gezogen war, ist uns Frau Amelie Debré seligen Andenkens,
geborene Cahn, im Alter von 64 Jahren durch den Tod entrissen worden und
wurde an diesem Tage zu Grabe getragen. Aus bestem Hause entstammt, eine
Tochter des durch seine Frömmigkeit bekannten Rebb Leib aus
Hatten, hat sie auch im eigenen Heim
eine Hütte recht jüdischer Frömmigkeit errichtet, die weithin gekannt und
gerühmt war, hat sie hinwiederum ihre Kinder in gleichen Geiste erzogen und
das Glück gehabt, sie ihr darin folgen zu sehen. Schlicht und einfach,
ausgestattet mit seltener Lebensklugheit und reicher Erfahrung, wusste sie
die Menschen in ihren Bann zu ziehen, und war sie glücklich, Ihnen mit Rat
und Tat helfen zu können. So wirkte sie in ihrer alten Heimat Westhofen
an der Seite ihres edlen Gatten seligen Andenkens über ein
Menschenalter. So hatte sie sich aber auch schon hier bewährt während der
kurzen Zeitspanne, die ihr noch bei uns vergönnt war. Die Herzen vieler
schlugen ihr zu, die Sympathien aller waren ihr gewonnen. Dies war nur ein
schwacher Ausdruck der allgemeinen Kundgebung der Trauer bei ihrer
Bestattung. Unter den zahlreichen Teilnehmern sehen wir auch mehrere
Rabbiner: neben ihrem Sohn (dem Rabbiner von
Saarunion) und ihren Schwiegersöhnen
(von Winzenheim und
Barr) die Rabbiner von
Oberehnheim,
Buchsweiler,
Sankt Ludwig und
Bollweiler. Eine Schilderung ihres
frommen beispielgebenden Lebens entwarf zunächst der Rabbiner von
Oberehnheim. Dann nahm der Sohn auch
namens seiner Geschwistern bewegten Herzens Abschied von der teuren Mutter;
worauf noch der Schwiegersohn von
Winzenheim, anknüpfend an die vergangene Sidra (Wochenabschnitt aus
der Tora), ihr Haus als ein Heiligtum zeichnete, in welchem sie wie eine
Priesterin (Kohenet) in Reinheit gewaltet habe. Die Bahre wurde nach
Westhofen gebracht, um auf dem
Friedhof dort an der Seite ihres Gatten zur Ruhe gebetet zu werden. Auch
hier war die Gemeinde - Männer und Frauen - vollzählig erschienen, um der
Verstorbenen den letzten Zoll der Liebe und Verehrung zu weihen. Am offenen
Grabe gab Rabbiner Guggenheim den Gefühlen des Schmerzes und der
Trauer beredten Ausdruck, wie sie ihr Hinscheiden hier am Orte ihres
langjährigen segensreichen Wirkens geweckt hatte. Noch ein letztes
herzliches Abschiedswort seitens ihres Schwiegersohn von
Barr, und Scholle rollte auf Scholle hinab
auf den Sarg einer Edlen und Guten, einer Treuen und Frommen. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Erinnerung an die Auswanderungen im 19.
Jahrhundert
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd.,
aufgenommen.
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
"Herman Hirsch born in Hatten Alsace France Feb. 14
1815 Died Max 23, 1883.
Babette Wife of H. Hirsch Born in Hatten Alsace.
Nanette Hirsch Born in Hatten Alsace Died April 30,
1903. Henriette Hirsch Born in Hatten Alsace Died
Max 30, 1910." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betsaal
vorhanden. 1814 wurde eine
Synagoge erbaut. 1870/71 ist sie durch einen Neubau ersetzt worden.
1896 konnte das 25-jährige Bestehen der Synagoge feierlich begangen werden:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1896:
"Hatten (Elsass). Vergangenen Schabbat Nachamu wurde das
25jährige Bestehen unseres herrlichen Gotteshauses in schönster Weise
gefeiert. Die Feier wurde besonders durch die Gegenwart unseres
allverehrten Herrn Oberrabbiners des Herrn Dr. Weil aus Straßburg und des
Herrn Rabbiners Dr. Bloch aus Sulz u.W. erhöht. Am Freitagnachmittag
wurde der Herr Oberrabbiner von den Vertretern der Gemeinde am Bahnhofe
empfangen. Abends fand ein Festgottesdienst in dem aufs schönste mit
Blumen und Kränzen geschmückten Gotteshause statt. Der trefflich
geleitete Synagogenchor erhob die Herzen in eine andachtsvolle Stimmung.
Am Samstag wurde ein Frühgottesdienst von 7 bis 8 Uhr abgehalten. Um 10
Uhr wurde der Gottesdienst durch eine tief ergreifende, Allen zu Herzen
gehende Rede des Herrn Oberrabbiners wieder eröffnet. Er gedachte
einleitend der Begründer des Gotteshauses, von denen leider so viele
nicht mehr unter uns weilen. Er sprach über den Text: 'Wie schön sind
deine Zelt Jakob, deine Wohnung Israel' und in Verbindung hiermit über
die Bedeutung des Gotteshauses in früheren Zeiten und in jetziger Zeit.
Hiernach richtete Herr Rabbiner Dr. Bloch in längerer Rede erhebende
Worte an die Gemeinde. nach einem Rundgang mi8t den Torarollen unter
Begleitung des Chorgesanges wurde jedes Gemeindemitglied zur Tora gerufen.
Um 2 Uhr begann das Festessen, wozu sämtliche Gemeindemitglieder geladen
waren. Von den ausgebrachten Toasten sei besonders der des Herrn
Oberrabbiners erwähnt, der den Herrn Anselm Cahn als langjährigen
persönlichen Freund und als Vorsteher der Gemeinde feierte, deren Wohl er
eine lange Reihe von Jahren mit Opferfreudigkeit gefördert hat. Eine
gemütliche Nachfeier hielt die Festgenossen bis in die späte Nacht
vereint." |
Die Synagoge in Hatten war Mittelpunkt des
jüdischen Gemeindelebens in Hatten bis Ende des 1930er-Jahre.
Im
Januar 1945 wurde das Gebäude bei den kriegerischen Auseinandersetzungen im
Bereich von Hatten
zerstört.
Standort der Synagoge:
Grand'rue
Fotos / Darstellungen
Historische Karten |
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Oben und unten:
Karte um 1900 mit Ausschnittvergrößerung |
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Blick auf die Synagoge |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 43.84. |
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