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in Mannheim
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Vereinsleben
- Berichten zu den Rabbinern und Lehrern
der Gemeinde
- Berichten zu einzelnen Personen aus der
jüdischen Gemeinde (diese Seite)
Mannheim (Stadtkreis
)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
Auf dieser Seite: Berichte zu jüdischen Personen des
19./20. Jahrhunderts (bis 1938)
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Mannheim wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Die Texte wurden dankenswerterweise von Frau Susanne Reber, Mannheim,
abgeschrieben.
Übersicht:
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Bekanntmachung
zu dem vermissten Viehhändler Löb Kalter von Mannheim (1834)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1834 S. 381 (Quelle: Stadtarchiv
Donaueschingen): "Bekanntmachung (Den vermissten
Viehhändler Löb Kalter von Mannheim betreffend).
[1] Der hiesige Schutzbürger und Viehhändler Löb Kalter ging am 7.
dieses Monats nach Sandhofen, um Vieh einzukaufen, und ist bis jetzt nicht
zurückgekommen.
Wer über den Aufenthalt oder das Schicksal des Löb Kalter irgendeine
Auskunft zu geben imstande ist, wird aufgefordert, bei der unterzeichneten
Stelle davon unverzüglich die Anzeige zu machen.
Signalement des Löb Kalter. Derselbe war ungefähr 5' 9"
groß, starker Statur, hatte schwarze Haare, bedeckte Stirn, große braune
Augen, starke, etwas gebogene Nase, gewöhnlichen Mund, rundes Kinn,
gesunde Gesichtsfarbe, längliches Gesicht, schwarzen Bart und gesunde
Zähne.
Derselbe ist 44 Jahr alt, und trug bei seinem letzten Entfernen einen
dunkelgrauen Tuchrock, dunkelblaue Tuchweste, dunkelgrüne tuchene
Beinkleider, Stiefel, ein helles kattunenes Halstuch und eine braune
Tuchkappe mit ledernem Schuld; derselbe trug ferner eine Geldgurte mit
mehreren Louisd'or an Geld, in welchen Sorten und in welchem Betrage
konnte bis jetzt noch nicht ausgemittelt werden.
Mannheim, den 17. April 1832. Großherzogliches Stadtamt. Orff.
Aufforderung. Ich verspreche demjenigen, welcher mir irgendeine
Auskunft über meinen Vater geben kann, oder die Leiche desselben
auffinden sollte, eine Belohnung von 15 fl., und bitte dies öffentlich
bekannt zu machen. Urkundlich. M. Kalter." |
200. Todestag von Lemle Moses Rheinganum
(Reinganum, 1924)
Anmerkung: berichtet wird anlässlich der Feier des 200. Todestag von Lemle
Moses Rheinganum auch über die Geschichte und die Gegenwart der Klausstiftung
in Mannheim.
Zu Lemle Moses Reinganum siehe den Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Lemle_Moses_Reinganum.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Mai
1924:
"Zum 200. Todestag von Lemle Moses Rheinganum - das Andenken an
den Gerechten ist zum Segen.
Mannheim, 10. April (1924). Außer den Reihe der kalendarischen
jüdischen Feiertage hatte sich am Donnerstag, 3. April, am Jom Kippur
katan 5684 in der festlich beleuchteten Synagoge der Lemle
Moses-Klausstiftung eine ansehnliche Gemeinde versammelt. Es galt der
Erinnerung an den 200. Todestag des Gründers der Klaus, Lemle Moses
Rheinganum. Zu den fast vollzählig erschienenen Angehörigen der
Klaussynagoge hatten sich als Ehrengäste Mitglieder der Landessynode und
des badischen Oberrates, und eine größere Abordnung der
Gemeindevertretung und des Synagogenrats eingefunden.
In weihevoller Stimmung wurde der Festakt mit dem Minchagebet eingeleitet,
nach dessen Schluss der Präsident der jüdischen Gemeinde, Herr Dr.
Julius Moses, zu erhebenden Ausführungen das Wort ergriff. Er sagte
unter anderem: Lemle Moses Rheinganum, der die Klaus in einer Zeit
gründete, in der die deutschen Juden unter Zurücksetzungen und
polizeilichen Schikanen litten, gehörte zu den Männern, denen die
Tradition am Herzen lag. In diesem Mannheim, das damals ein neues Jabneh
werden sollte, feiert man heute nach mehr als 200 Jahren die großzügige
Tag dieses Mannes mit der tiefen Demut und Frömmigkeit, weil aus der
Klausschule Lehrer und Schüler hervorgegangen sind, deren jüdisches
Wissen weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus befruchtend gewirkt
hat. Die Gemeindeverwaltung war ursprünglich zum Obervormund der Stiftung
bestimmt, und an erster Stelle ist der Vorsteher Elias Hayum zu nennen,
der in Zeiten des Not die Klausstiftung vor dem Zusammenbruch gerettet
hat. 1891 ging die Verwaltung der Klaus auf den Synagogenrat über. Im
Weltkrieg hatte die Klaus eine harte Probe zu bestehen. Den umfangreichen
Bemühungen des Synagogenratsvorsitzenden, Herrn Max Goldschmidt,
dessen Vorschlägen die Gemeindevertretung immer ein williges Ohr lieh,
war es zu verdanken, dass für die Erhaltung der Klausinstitutionen
gesorgt und damit auch gleichzeitig die Einheit der Gemeinde gefestigt
wurde. Redner gelobte zum Schluss, alles zu tun, um das kostbare Kleinod
der Klaus, dessen hervorragende geistige Führung heute in den bewährten
Händen des Herrn Rabbiner Dr. Unna liegt, zu hüten und erbat für
es Gottes Schutz und Segen.
Nach Rezitation des Psalmes 112 würdigte Herr Rabbiner Dr. Unna in
der großangelegten Festpredigt die Verdienste Rheinganums. Wäre uns
nichts über die Persönlichkeit Rheinganums überliefert worden, - sein
Werk würde genügen, uns den Wert dieses Mannes begreiflich zu machen. Er
hat en Lehrhaus gegründet auf den Säulen von Tauroh, Avaudo und
Gemilus chasodim (Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit), jenen drei
Dingen, in deren Vereinigung sich das jüdische Kulturideal, der jüdische
Mensch offenbart. Lemle Moses Rheinganum, der Mann der Tat, mitten im
Leben stehend, benutzte seine einflussreiche Stellung dazu, als Sachwalter
der jüdischen Interessen aufzutreten. Das von ihm gegründete Gotteshaus
sollte auch Lehrhaus sein, die Frömmigkeit muss im Wissen verankert sein.
Er hatte das dem jüdischen Volkes Notwendige erkannt! Sein Geist, der in
seiner Tat zum Ausdruck kommt, möge uns voranleuchten.
Alsdann sang der gutgeschulte Klauschor unter der bewährten
Leitung seines Dirigenten Herrn Bodenheim und unter der
vorzüglichen Mitwirkung des Herrn Oberkantors Epstein den Schluss
des Psalms 16 in vollendeter Schönheit. Das Maarivgebet beschloss die
eindrucksvolle Feier. Dr. W." |
Der Advokat Dr. Ladenburg wird wahrscheinlich in die zweite Kammer
gewählt (1850)
Anmerkung: es handelt sich um Dr. jur. Leopold Ladenburg (geb. 1809 in
Mannheim, gest. 1889 ebd.), Rechtsanwalt und Nationalökonom.
Weiteres zu ihm im Wikipedias-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Leopold_Ladenburg.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Januar 1850: "Mannheim, 17. Januar (1850).
Wahrscheinlich wird jetzt zum ersten Male ein Israelit in die zweite
Kammer gewählt werden, nämlich der Advokat Dr. Ladenburg."
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Hochzeit
von Mathilde Ladenburg und Emil von Hirsch (1868)
Anmerkung: es handelt sich um Mathilde geb. Ladenburg (Tochter von
Moritz Ladenburg und Henriette geb. Ladenburg), die sich mit Emil von Hirsch
(geb. 1837 als Sohn von Joseph Jacob Freiherr von Hirsch auf Gereuth und
Karoline Freifrau von Hirsch; gest. 1917) verheiratete. Die beiden hatten vier
Kinder: Karl Moritz von Hirsch (geb. 1871, umgekommen 1944 im Ghetto
Theresienstadt), Rudolf von Hirsch (geb. 1875, gest. 1975 [knapp 100 Jahre alt,
https://www.gedenken-im-wuermtal.de/Judenverfolgung/articles/rudolf-von-hirsch.html], Ida
Freifrau von Hirsch (verheiratete von Feury, geb. 1877, gest. 1957:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ida_Freifrau_von_Feury und
http://www.ghetto-theresienstadt.de/pages/f/feuryi.htm) und Irene von
Hirsch.
Genealogische Informationen:
https://www.geni.com/people/Mathilde-von-Hirsch/6000000018041169712
und
https://www.geni.com/people/Emil-von-Hirsch/6000000002803049230
Artikel in der "Karlsruher
Zeitung"
vom 24. Mai 1868: "Mannheim - In der hiesigen
Synagoge wurde heute die Trauung von Frl. Mathilde Ladenburg
mit Herrn E. von Hirsch aus München-Paris vollzogen. Das schöne
Gotteshaus vermöchte kaum die teilnehmenden Zeugen der heiligen Handlung zu
fassen."
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70. Geburtstag von David Aberle
(1887)
Anmerkung: David Aberle (1817-1893, verheiratet mit Jeanette geb.
Aberle, 1819-1900) war Kunst- und Möbelhändler, Mitglied im "Verein zur
Beförderung des Wohls der arbeitenden Classen" und Stiftungsgründer. Sein Sohn
Julius Aberle (1841-1895) stiftete Jahre später mit seiner Frau
Henriette geb. Michaelis (1847-1901; vgl.
unten) die Mannheimer Kunsthalle, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kunsthalle_Mannheim. Nach der Familie Aberle
ist auch der "Aberlering" in Mannheim benannt, siehe
https://www.marchivum.de/de/strassennamen/aberlering. Julius und
Henriette Aberle schenkten der Stadt außer der Kunsthalle auch noch 16 wertvolle
Ölgemälde.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 31. März 1887: "Aus Mannheim schreibt man uns:
Am 9. dieses beging Herr David Aberle, langjähriger Präsident des
Synagogenrates und Vorsteher vieler wohltätiger Anstalten seinen
70-jährigen Geburtstag, und nahmen de Gemeinde, die Vereine und mehrere
städtische Korporationen die Gelegenheit wahr, Herrn Aberle ihre
Anerkennung und ihren Dank teils in Adressen teils in Ansprachen
auszudrücken. Schon früher hat der Großherzog dem Gefeierten für seine
Verdienste um den badischen Frauenverein den Zähringer Löwenorden
verliehen." |
50-jähriges Bestehen der Verlagsbuchhandlung J.
Bensheimer (1888)
Anmerkung: Die Söhne von Jakob Bensheimer waren Siegmund und Julius
Bensheimer
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Bensheimer. Vgl. unten Artikel
Zum Tod von Siegmund
Bensheimer (1897). Julius Bensheimers Frau Alice geb. Coblenz war sozial sehr engagiert,
vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Alice_Bensheimer. Alice Bensheimers Schwester
war Ida Dehmel, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ida_Dehmel.
Das Ehepaar Bensheimer
übernahm auch aktiv soziale Verantwortung beim Wohnungsbau, in dem es Mitglied
der noch heute bestehenden Gartenstadt-Genossenschaft wurde, zusammen mit dem
Glaubensgenossen Dr. Ludwig Frank, Reichstagsabgeordneter für die SPD. Vgl.
Beitrag von Walter Pahl: Zu 100 Jahre Gartenstadt Genossenschaft Mannheim eG in
"Gartenstadt Waldhof Journal" Februar 2010
https://www.yumpu.com/de/document/read/6326105/gartenstadt-waldhof-journal-stadtteil-portal-mannheim
S. 16.
Zu Alice Bensheimer geb. Coblenz vgl. auch
https://www.juedisches-bingen.de/fileadmin/dateiliste/Arbeitskreis/AKJB_Coblenz_Band8_Online_2017.pdf.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Mai
1888: "Man schreibt aus Mannheim, 18. April (1888): Die im
deutschen Buchhandel und in der wissenschaftlichen Welt gleich
hochgeachtete Verlagsbuchhandlung von J. Bensheimer beging heute den Tag
ihres 50-jährigen Bestehens. Die Firma wurde am 18. April 1838 von
Jakob Bensheimer begründet und pflegte vornehmlich und mit bestem
Erfolge die juristische und pädagogische Verlagsrichtung. Unter der Leitung
der Söhne des Gründers, die jetzt Eigentümer des Geschäftes sind, wurde
dasselbe mit einer großen Druckerei verbunden, und es zählt jetzt zu den
bedeutendsten seiner Art in Südwestdeutschland. Im Verlage der Firma J.
Bensheimer erscheinen zwei große politische Tagesblätter: die Neue Badische
Landeszeitung und die Badisch-Pfälzische Volkszeitung, sowie fünf
Fachzeitschriften, und zu ihren Autoren zählt die Firma Namen vom besten
Klang auf juristischem pädagogischem und belletristischem Gebiete." |
Henriette Ladenburg vergrößert das Kapital der
Ladenburg-Stiftung (1890)
Anmerkung: Henriette Ladenburg geb. Ladenburg (1826 – 1891) war die
Tochter von Seligmann Ladenburg
https://de.wikipedia.org/wiki/Seligmann_Ladenburg, dem Bankier und
Mitbegründer der BASF
Die "Seligmann, Julie und Leopold Ladenburg-Stiftung" unterstützte arme
Mannheimer Familien unabhängig von ihrer Konfession. Zum Grab von Henriette
Ladenburg siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/b2-mgr-02-ladenburg-henriette.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. Juli 1890: "Frau Henriette Ladenburg in Mannheim
hat anlässlich ihres 65. Geburtsfestes
die reiche Gabe von 25.000 Mark als Zustiftung zu der bereits bestehenden
Ladenburg-Stiftung dem Stadtrate übermitteln lassen." |
Zum Tod von Herrmann Stern
(1890)
Anmerkung: Zum Grab von Herrmann Stern siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-a-05-14-stern-'.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August
1890: "Mannheim, 26. Aug. Vergangene Woche schied Herr '
Stern, ein streng religiöser Mann, aus diesem Leben. Ich widmete demselben
einen Nachruf, in welchem ich unter Zugrundelegung der Worte und der
vorwöchentlichen Sidrah (sc. religiöser Text, der am Sabbat gelesen wird):
"Wenn dir eine Sache unbekannt ist für den Rechtsspruch, zwischen Blut
und Blut, zwischen Recht und Recht, und zwischen Schaden und Schaden, von
den Streitsachen in deinen Toren; so mache dich auf und gehe nach dem Orte,
den der Ewige dein Gott erwählen wird" ungefähr Folgendes ausführte:
Der Glaube, dass Gott nicht bloß (hebräisch und deutsch:) ein Gott der
Berge, der epochemachenden Erscheinungen des Lebens ist, sondern auch
ein Gott, der sich um die in der Niederung des Lebens vollziehenden
Geschehnisse bekümmert, ist eine starke Schutzmauer unseres Lebens. Reißen
wir diese Schutzmauer ein, unser Dasein zerfließt im reißenden Strom der
Vergänglichkeit. Besonders in Momenten trüber Stimmung, wo die Erinnerung an
die frohe und glückliche Vergangenheit völlig erloschen ist und der Mensch
nur das denkt und fühlt, was ihn augenblicklich drückt, wirkt dieser Glaube
ganz wunderbar auf unser Gemüt. Wohl besteht häufig scheinbar ein
Widerspruch zwischen Lebensgeschicken so mancher Menschen und der Lehre von
einer gütigen Vorsehung und lässt sich der Lebensgang der Menschen nicht
immer in Einklang bringen mit der Lehre von der liebevollen persönliche
Fürsorge (haschgacha peratit) Gottes, dies ist jedoch nur scheinbar,
denn mit dieser Lehre verhält es sich so wie mit allen Lehren der Wahrheit,
sie haften nicht an der Oberfläche, sie müssen in der Tiefe gesucht werden.
Um einen Ausgleich zwischen dem Lebenslauf eines Menschen und der Lehre von
der liebenden Fürsorge Gottes zu finden, muss man in das Innere des Lebens
schauen und mit einem Blicke alle seine Sendungen und Äußerungen überblicken
können, was die Natur des menschlichen Wesens übersteigt. 'Wenn Dir im
Gerichtsverfahren Gottes, in Seiner Lenkung der menschlichen Geschicke
manches auffallend erscheinen sollte, mag sich dies auf das allzu frühe
Absterben, die rapide Verschlechterung der Vermögensverhältnisse eines
streng religiösen Mannes oder die Schicksalsschläge von welchem, dessen Haus
betroffen wurde, beziehen, so gibt es gegen Verzweiflung nur ein bewährtes
Mittel: Stehe auf und erhebe Dich zu jener Höhe, die Gott erwählt, erhebe
Dich auf den Standpunkt wahren Glaubens, und Du findest Trost und blickst
hoffnungsvoll der Zukunft entgegen.
Wir sollen es glauben, dass Gott unsere Geschicke leite, aber wir können es
auch begreifen und verstehen. (Hebräisch und deutsch - Zitat aus Amos
4,13:) 'Siehe', ruft der Prophet, 'Gott erschuf die Berge und den Wind,
verkündete dem Menschen, was er spricht, macht Morgen- und Abenddämmerung,
schreitet einher auf den Höhen der Erde - HERR Zebaoth ist sein
Name.' In den gewaltigen und großartigen Naturerscheinungen erkennen wir die
Allmacht Gottes, da leuchtet es unserem Verstande ein, dass im Hintergrunde
die Erscheinungen, die göttliche Urkraft stehe, das Entstehen der Berge, der
Morgen- und Abenddämmerung nötigt uns eine Huldigung Gottes ab. Warum nun
die göttliche Leitung in den Geschicken der Menschen nicht anerkennen
wollen? Sollte etwa die Natur würdiger eines Gottes sein, als der Mensch,
dessen Geist die ganze Natur durchdringt? (Hebräisch und deutsch:) In
mächtigen Naturerscheinungen oder in epochemachenden geschichtlichen
Umwälzungen erblickst Du die Größe Gottes, merkst, dass solch’ Großes eines
Gottes würdig ist. Du bist im Irrtum, dieses Große ist nur für Dich groß, in
den Augen Gottes ist es klein und es bedurfte auch hierzu eine Herablassung
Gottes, und wenn der unendliche Gott die Natur und die ganze Menschheit
seiner Aufmerksamkeit würdigt, |
obgleich
all dies im Verhältnisse zu seiner Größe nur ein verschwindender Sandkorn,
warum sollte er dem noch kleineren Sandkorn, den Menschen nicht für würdig
erachten, um seine Lebensgeschicke zu leiten?
In der strengen Religiosität des Dahingeschiedenen liegt aber auch der beste
Trost für die Zurückgebliebenen. Wer so geliebt, der ist reif zur Seligkeit,
ausgekämpft hat er den Kampf des Lebens und ist eingegangen zum ewigen
Frieden bei seinem himmlischen Vater. Nicht ein blindes Geschick hat ihn
weggeführt, der himmlische Vater hat ihn zur Seligkeit berufen, in deren
Vollgenuss er ewig lebt. Und Ihnen, der Zurückgebliebenen, hat er ein teures
Vermächtnis zurückgelassen, das Vermächtnis seiner Frömmigkeit. Handeln Sie
pietätvoll gegen ihn! Ich meine nicht jene Pietät, die im Niederlegen
schöner Blumenkränze auf das Grab des Entschlummerten besteht, nicht jene,
die wähnt im Errichten eines schönen Grabsteines (Mazewa), das
Höchste geleistet zu haben. Ach nein! Die Blumen verwelken, die Marmorsteine
vermögen auch nicht ewig dem nagenden Zahne der Zeit Widerstand zu leisten.
Und wenn auch der Dahingeschiedene zu Lebzeiten Gefallen an solch'
Äußerlichkeiten gehabt hatte, jetzt da sein sterblicher Teil zum Staube wird
und nur sein Geist fortlebt in den höheren Regionen der Wahrheit, würde er
sicherlich tief enttäuscht und tief errötet sein Antlitz von seinen Teuren
hinweg wenden, sollten diese ihn durch vergängliche Nichtigkeiten ehren
wollen. Handeln Sie pietätvoll gegen den Dahingeschiedenen, indem Sie in
seinem Geiste wandeln. Heute noch, bevor der Schmerz, den Sie ob seines
Verlustes empfinden, gelindert, fassen Sie den Entschluss, geloben Sie es
sich bei Ihren künftigen Unternehmungen, sich stets die Frage vorzulegen,
was würde unser teurer frommer Vater dazu gesagt haben, und nur, wenn Sie
mit ruhigem Gewissen diese Frage bejahen können, nur dann tun Sie es sonst
aber, im Hinblick auf ihn, den Sie auch nach dem Tode zu verehren
verpflichtet sind – unterlassen Sie es. Errichten Sie ihm ein Denkmal, das
dauernder ist als von Stein und Erz, ein Denkmal in der Tiefe Ihres Herzens
und prägen Sie ihm die Inschriften echter Frömmigkeit und strenger
Religiosität auf.
Was würden Sie nicht gegeben haben, um den teuren Dahingeschiedenen am Leben
zu erhalten? Alles, alles. Nun, es steht noch heute in Ihrer Macht, Sie sind
sein Fleisch und Blut, durchringt Sie auch sein Geist, er ist dann nicht
gestorben, er lebt in Ihrer Mitte fort und es erfüllen sich an ihm die Worte
des Psalmisten: 'Sie gehen von Kraft zu Kraft, erscheinen vor Gott in
Zion' (Psalm 84,8). Die Frommen gehen von einer Kraftwirkung zur anderen
über, selbst, wenn sie schon vor Gott im himmlischen Zion erschienen sind.
Amen. Rabbiner Dr. Jung." |
Zuwendungen von Stadtrat Reinhard Herschel
(1890)
Anmerkung: Wahrscheinlich handelt es sich um Stadtrat Bernhard Herschel, der
auch das nach ihm benannte Herschelbad gestiftet hat:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herschelbad. Zum Grab von Bernhard Herschel
siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c2-mgr-10-herschel-bernhard.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September
1890: "Mannheim, 6. September (1890). Herr Stadtrat
Reinhard Herschel, Mitinhaber der bekannten Tabakfirma Herschel,
Enthoven u. Cie. in Mannheim und Amsterdam, hat aus Anlass seiner heutigen
silbernen Hochzeit der Stadt Mannheim den Betrag von Mark 50.000 für
Verschönerungszwecke zugewiesen. Herr Herschel ist der Schwiegersohn des Synagogenrats
David Aberle hier, der ebenfalls am heutigen Tage ein seltenes
Familienfest und zwar das des goldenen Ehejubiläums beging. Herr Aberle
ließ dieses Familienfest nicht vorübergehen, ohne die hiesigen
Wohltätigkeitsanstalten mit reichen Zuwendungen bedacht zu
haben." |
Zum Tod von Toraschreiber Bähr
(1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. November
1890: "Mannheim. Dahier starb kürzlich der einzige Sofer
(Toraschreiber) namens Bähr; sein letzter Ausgang war in die
Synagoge, wo ihn ein Schlaganfall trat. Vielleicht wird durch diese
Mitteilung ein Sofer veranlasst, hierher zu ziehen, da im ganzen Lande
(gemeint: Baden) nur ein Sofer ist." |
Silberne
Hochzeit von Seilermeister Max Hallenstein und Johanna geb. Dewald (1890)
Anmerkung: Zum Grab von Max Hallenstein (1834 – 1911) siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-mgr-03-hallenstein-max.
Zum Grab von Johanna Hallenstein geb. Dewald (1847 – 1929) siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-mgr-03-hallenstein-max
Liederkranz: Jüdischer Gesangsverein, gegründet 1855, war beheimatet in E 5, 4.
Vorsitzender des Liederkranzes war der Rechtsanwalt Gustav Hecht (1873-1961,
vgl.
https://www.geni.com/people/Gustav-Hecht/4844123953850065824). Dessen Bruder
' Hecht (1877-1969) aus Odenheim (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/'_Hecht) war 1908 Mitbegründer der
Rhenania Schifffahrts- und Speditionsgesellschaft mbH. Seinem verstorbenen Onkel
gehörte eine Schiffsagentur, die ' Hecht übernahm siehe
http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen1/firmadet13309.shtml
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. November 1890: "Mannheim, 14. November. Am 31. vorigen
Monats beging Herr Seilermeister Max Hallenstein mit seiner Frau
Johanna geb. Dewald das Fest der silbernen Hochzeit. Obschon das
Jubelpaar den Tag streng geheim hielt, wurde er doch bekannt und war es dann
eine rechte Freude, mitanzusehen, wie dem würdigen Paare aus allen Schichten
der Bevölkerung unzählige Beweise größter Verehrung und Beliebtheit gezollt
wurden. Besonders bemerkenswert sind u.a. zwei, dem Jubelpaar gebrachte
Ovationen, die eine von Mitgliedern des Hoftheater-Orchesters (vgl.
https://www.marchivum.de/sites/default/files/2018-03/Nationaltheater.pdf),
die andere von den Vorsteherinnen und Schülerinnen des hiesigen
evangelischen 'Martha-Hauses'. Herr Hallenstein findet trotz seines
schweren Berufs, dem er mit Fleiß und Gewissenhaftigkeit obliegt, immerhin
noch Muße, den schönen Künsten zu huldigen; so ist derselbe Mitbegründer des
hiesigen Synagogenchors und des Gesangsvereins 'Liederkranz', welch'
beiden Institutionen er ununterbrochen bis heute 35 Jahre als aktives
Mitglied angehört. Von Seiten des großherzoglichen Synagogenrats und des
Vorstandes des Liederkranz wurden ihm deshalb ganz besondere Auszeichnungen
zuteil." |
Die
Kaufleute Viktor Lenel und Louis Hirsch werden zu Handelsrichtern ernannt (1890)
Anmerkung: zu Viktor Lenel (1838 – 1917) vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Viktor_Lenel; zu seinem Grab siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/a2-mgr-14-lenel-victor
Louis Hirsch, Getreidehändler,
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/b2-mgr-40-hirsch-louis und https://scope.mannheim.de/detail.aspx?ID=766442.
Hinweis: Louis Hirsch war mit Emilie Hirsch geb. Mayer (Vater:
Julius Lehmann Mayer, ein Sohn des Hoffaktors Gottschalk Mayer
https://www.geni.com/people/Anna-Geissmar/6000000055256921836) verheiratet.
Deren Tochter Elisabeth heiratete den Juristen Jakob Geissmar, einen Bruder von
Johanna Geissmar (vgl.
https://www.geni.com/people/Ludwig-Louis-Hirsch/6000000045418678149 und
https://www.geni.com/people/Emilie-Hirsch/6000000045419039023). Ihre Tochter
Anna verband sich mit dessen Bruder Dr. Leopold Geissmar, ebenfalls einem Bruder
von Johanna Geissmar:
https://www.geni.com/people/Anna-Geissmar/6000000055256921836. Louis Hirschs
Schwägerin war die bekannte Frauenrechtlerin Bertha Hirsch, geb. Eberstadt,
Tochter des ehemaligen Wormser Bürgermeisters Ferdinand Eberstadt:
https://web.archive.org/web/20101229205609/http://www.eberstadt.info/biographies/G3a%20EmmaKAHNBio.htm)
Weitere Informationen siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Bertha_Hirsch).
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4.
Dezember 1890: "In Baden hat der Großherzog folgende
Glaubensgenossen zu Handelsrichtern ernannt; die Kaufleute Rudolf Herrmann
und Leopold Ettlinger in Karlsruhe; Viktor Lenel und Louis Hirsch in
Mannheim." |
Poetischer Nachruf auf Lazarus Kahn
(1891)
Anmerkung: zum Grab von Lazarus Kahn, Privatier (1818 – 1891)
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-a-06-06-kahn-lazarus
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Januar
1891:
"Nachruf an Herrn Lazarus Kahn aus Mannheim, gestorben
am 9. Januar 1891.
Schon liegst im linnen Talare Du treuer, edler
Mann,
Bist wie am Hochaltare Zum Opfern angetan.
Im priesterlichen Kleide, Im schönsten
Festgewand
So schmückte man Dich heute Zum Gang in's bess're Land.
Weil's milde Aug' geschlossen, Das edle Herz nicht
schlägt,
Jammern laut Dein Weib, die Sprossen, Sie sind so schmerzbewegt.
Doch Deine heiligen Manen, Sie flüstern leis, doch
wahr,
Ich geh' zu meinen Ahnen, Zum Himmels-Hochaltar.
Hast geehrt die Priesterwürde, Brachtest Lieb' zum Opfer dar,
Fandest leicht die schwere Bürde, Die Verlassenschaft eines Andern
war.
Erzog'st sie an Deinem Busen Zur Zier von Judentum,
Lehrtest sie die Kunst der Musen, Zu besingen Gottes Ruhm.
Und Deines Leibessprossen Hast gebildet fromm und gut,
Nicht umsonst Deine Opferweine flossen, Im Priestertum lebt fort
Dein Blut.
Deiner Opfer Düfte steigen, Hinauf zu Gottes Thron,
Dein Stamm wird sich verzweigen, Oh echter Aarons Sohn.
Dein Stamm wird ewig blühen, Wie einst der Stab von großen
Ahn,
Dein Opferfeuer nie verglüh'n Du einst sturmumbrauster
Kahn.
Das Herrlichste Dir gelungen, Im Allerheiligsten schau'st Gottes
Licht,
Dein Brechat Kohanim (Priestersegen) nicht umsonst geklungen, Gott
wendet Dir zu Sein Angesicht.
Mag Dein Leib in Staub zerfallen, Dein Geist verklärt wird niedersehen,
Dein Segenssang nicht leer verhallen, Auf Deiner Lieben Weg
mitgehen.
Ob Deines Heimgangs wir auch weinen, Das Weg uns das Herz
zerreißt,
Einst wird auch uns der Tag erscheinen, An dem Du uns willkommen
heißt.
Gewidmet von seiner trauernden Nichte Bertha Landsberg, Bingen." |
Auszeichnungen
für Hofrat Dr. Felix Hecht (1892 / 1894)
Anmerkung: zu Hofrat Dr. Felix Hecht vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Hecht.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 28. Oktober 1892: "Dem Hofrat Dr. Felix Hecht in Mannheim
ist vom König von Italien das Offizierskreuz des Ordens der Italienischen
Krone verliehen worden." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. Mai 1894: "Aus Baden, 22. Mai (1894). Zum 29. April,
dem Jahrestage des Regierungsantrittes unseres Großherzogs, erfolgten
vielfache Auszeichnungen. Von Glaubensgenossen erhielten solche
u.a. Bankdirektor Hofrat Dr. Felix Hecht in Mannheim und Bezirksrabbiner
Dr. Jos. Eschelbacher in Bruchsal das Ritterkreuz I. Klasse des
Ordens vom Zähringer Löwen, Alt-Synagogenratsvorsteher Bar. Bernheim
in Karlsruhe und Kaufmann E. J. Löwe in London das Ritterkreuz II.
Klasse; Gerichtsschreiber G. Oppenheimer in Buchen
das Verdienstkreuz dieses Ordens." |
Zum Tod von Siegmund Bensheimer
(1897)
Anmerkung: Siegmund Bensheimer (1845 – 1897) war Sohn des
Verlegers und Buchhändlers Jakob Bensheimer und Bruder des Verlegers Julius
Bensheimer.
Julius Bensheimer (1850 – 1917) war gebürtiger Mannheimer und Leiter des
juristischen Fachverlags Bensheimer. Julius Bensheimer nahm als roter Dragoner
am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teil. Julius Bensheimer gehörte dem
Bürgerausschuss, dem Stadtverordnetenvorstand und war lange Jahre Vorsitzender,
der von ihm gegründeten Lamey-Loge. Außerdem war er Mitglied im Synagogenrat.
Zum Grab siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c2-c-03-06-bensheimer-siegmund.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. Oktober 1897: "Mannheim, 15. Oktober (1897). Siegmund
Bensheimer, der Mitverleger der 'Neuen Badischen Landeszeitung' ist,
52 Jahre alt, gestorben. Die 'Neue Badische Landeszeitung' widmet dem
Verstorbenen einen Nachruf, worin es heißt: 'Ein treuer Anhänger der
demokratischen Bestrebungen, trat er in guten und bösen Zeiten ohne
Menschenfurcht für seine politische Überzeugung ein und scheute sich
auch trotz aller Anfeindungen niemals, das, was er im Interesse der
freiheitlichen Sache als notwendig und wünschenswert erkannt, zu bekennen
und zu betätigen. Jahrelang bekleidete er das Amt eines Stadtverordneten,
das ihm auch im vorigen Jahre durch das Vertrauen seiner Mitbürger
neuerdings übertragen wurde. Gründlich vertraut mit der Geschichte, den
Verhältnissen und den Bedürfnissen unserer aufstrebenden Handelsstadt,
vermochte er, dem städtischen Gemeinwesen durch seinen Rat und seine
Anregungen vielfach zu nützen und auf manchem Gebiete fördernd zu
wirken.' Die Beerdigung fand am 17. dieses Monats unter allgemeiner
Teilnahme statt. In der Leichenhalle des israelitischen Friedhofs hielt Rabbiner
Dr. Steckelmacher die Grabrede, anknüpfend an den Schriftvers: 'Süß
ist der Schlaf des Arbeiters', und das arbeits- und segensreiche Leben des
Verstorbenen getreulich schildernd. Dann sprachen der Obmann des
Stadtverordnetenvorstandes, Max Stockmann, der Stadtverordnetenvorsteher
Fulda, die Redakteure Dr. Gerard und Becker. Damit
schloss die erhebende Totenfeier für den unvergesslichen Mann. Möge er
in Frieden ruhen!" |
Auszeichnung
für den Reserveoberleutnant Jakob Kuhn (1903)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Dezember 1902: "Der Reserveoberleutnant der Kavallerie
a.D. Jakob Kuhn in Mannheim hat
den Kronenorden IV. Klasse erhalten." Vgl. zur Auszeichnung
https://de.wikipedia.org/wiki/Kronenorden. |
Zum Tod von Leo Regensburger
(1903)
Anmerkung: Zum Grab von Leo Regensburger (1862 – 1903) siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/d1-a-06-04-regensburger-leo
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 1. Mai 1903: "Mannheim. Leo Regensburger, ein
angesehenes Mitglied der hiesigen Gemeinde, wurde letzten Freitag zur
letzten Ruhe geleitet. Es sprachen außer dem Stadtrabbiner Dr.
Steckelmacher, Dr. J. Moses namens der Lameyloge, Josef
Wiesloch, Frankfurt, namens der Frankfurt-Loge, F. Liebhold
namens der Heidelberger Friedrich-Loge und Stadtrat Duttenhöfer im
Auftrag der freisinnigen Partei." |
Suizid des Leichenbegleiters Abraham Hirsch im Friedhof
(1903)
Anmerkung: Zum Grab von Abraham Hirsch, Handelsmann (1844 – 1903) siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-c-03-11-hirsch-abraham .
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 4. Dezember 1903: "Mannheim, 30. November (1903).
Während heute Vormittag auf dem israelitischen Friedhof eine Beerdigung
vonstatten ging, schlich sich der 60 Jahre alte Leichenbegleiter Abraham
Hirsch beiseite und machte seinem Leben durch Erhängen ein
Ende." |
Zum Tod von Abraham Heidenheim (1905)
Anmerkung: Zum Grab von Abraham Heidenheim, Kaufmann (1831 - 1905) siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/d1-b-04-05-heidenheim-abraham.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. März
1905: "In Mannheim starb nach kurzem Kranksein im
vollendeten 74. Lebensjahr Herr Abraham Heidenheim, der nahezu
dreißig Jahre Rechner und Sekretär der jüdischen Gemeinde war." |
Kommerzienrat Victor Lenel wurde in den badischen Landtag
gewählt (1905)
Anmerkung: Zu Victor Lenel (geb. 1838 in Mannheim, gest. 1917 ebd.) finden
sich weitere Informationen im Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Viktor_Lenel.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 24. November 1905: "Mannheim. Kommerzienrat Viktor
Lenel ist von den Handelskammern Mannheim und Heidelberg in die I.
Kammer des badischen Landtages gewählt worden." |
Zum Tod des General-Konsuls a.D. Eduard Traumann
(1907)
Anmerkung: Eduard Traumann wurde am 14. März 1862 durch den badischen
Großherzog zum "Konsul Seiner Majestät des Königs Viktor Emanuel II. von
Italien" ernannt.
Die Ernennung wurde im Großherzoglich Badischen Regierungsblatt von Baden, 1862
S. 105 bekannt gegeben. Eduard Traumann war Mitinhaber der Rohtabakhandlung
Traumann u. Comp. in Mannheim.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 26. Juli 1907: "Mannheim. Der italienische
General-Konsul a.D. Eduard Traumann ist im Alter von 89 Jahren gestorben."
|
107. Geburtstag von Friedericke Wolff
(1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Mai
1908: "Mannheim, 14. Mai (1908). Im Mannheimer Stift der
Altersversorgung der jüdischen Gemeinde feiert man heute den 107.
Geburtstag von Friedericke Wolff. Seit sieben Jahren bewohnt sie
das Stift. Die Greisin ist am 13. Mai 1801 geboren. Die Anstalt ließ es
sich nicht nehmen, den 107. Geburtstag ihrer Insassin durch eine
angemessene würdige Feier zu begehen." |
Zum Tod von Oberrat und Altstadtrat Max Stockheim
(1908)
Anmerkung: nach der Chronik der Stadt Mannheim für das Jahr 1900 Bd. 1 S.
172 wurde der damalige Vorsitzende des Synagogenrates der Israelitischen
Gemeinde in Mannheim durch Entschließung es Großherzogs vom 21. Dezember 1900
zum Oberrat der Israeliten ernannt. Den Zähringer Löwenorden 1. Klasse hatte
Max Obmann 1899 für seine Tätigkeit als Obmann des Stadtverordnetenvorstandes
(bis 1899) erhalten.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 31. Dezember 1908: "Mannheim. 73-jährig verschied
Oberrat und Altstadtrat Max Stockheim, Inhaber des Zähringer
Löwenordens 1. Klasse und des Roten Adlerordens 4. Klasse. Stockheim war
auch Vorsitzender des Synagogenrates der jüdischen Gemeinde und
betätigte sich in der Leitung einer Anzahl jüdischer
Wohltätigkeitsinstitutionen." |
Adolf Bensinger stiftet das Tuberkulose-Museum
in Frankenthal - die Witwe von Julius Oberle stiftet für die städtische
Kunsthalle (1909)
Anmerkung: zu der im Text genannten Henriette Aberle geb. Michaelis (1847 –
1901) siehe
https://www.marchivum.de/de/strassennamen/aberlering; zu ihrem Grab siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/a2-09-29-aberle-henriette.
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. Dezember
1909: "Mannheim. Welch' lebhaftes Interesse gerade unter uns Juden
für die Allgemeinheit herrscht, zeigen die fortgesetzten Stiftungen für allgemeine
Zwecke. So wurde dieser Tage im benachbarten Frankenthal ein
Tuberkulose-Museum eröffnet, das Herr Adolf Bensinger, Mitinhaber der
Rheinischen Gummi- und Celluloidfabrik, gestiftet hat, und so verdankte
die gleichfalls dieser Tage eröffnete hiesige städtische Kunsthalle ihre
Errichtung einem Legate der 1901 verstorbenen Frau Julius Aberle geb.
Michaelis von 200.000 Mark." |
|
Links: Grabstein für Adolf Bensinger und weitere Familienmitglieder der
Familie Bensinger (Ehefrau, Eltern) im jüdischen Friedhof Mannheim (Foto:
Stadtarchiv Mannheim).
Zur Person (Anmerkung von Paul Theobald): Adolf Jakob Bensinger, der in Frankenthal das Tuberkulose-Museum stiftete, war aus Mannheim und kam am
8. März 1866 zur Welt. Er war Teilhaber der Rheinischen Gummi- und Celluloid-Fabrik, die in Mannheim-Neckarau war,
sowie der Fabrik Lenel, Bensinger & Co., die sich ebenfalls in Mannheim befand. Die Eltern von Adolf Bensinger waren
Friedrich Julius Bensinger (1841 Bodersweier
- 1891) und Bertha geb. Bensheimer. Am 14. März 1899 heiratete er
Ida Luise geb. Kahn, die aus einer Frankfurter Bankiersfamilie
stammte. Die Familie wohnte in Mannheim am Werderplatz 12. Adolf Bensinger war sehr wohlhabend und setzte sein Vermögen auch für wohltätige Zwecke ein. Deshalb ernannte ihn Großherzog Friedrich von Baden zum Kommerzienrat.
Ein schwerer Schicksalsschlag traf ihn, als seine Ehefrau am 16. Mai 1934 starb und auch sein Bruder Dr. h.c. Karl Josef Bensinger vor ihm
folgte (gest. April 1936). Adolf Bensinger war sehr herzleidend. Die Begehrlichkeiten der Nationalsozialisten kannten keine Grenzen. Adolf Bensinger wollte unter allen Umständen verhindern, dass sein Vermögen den Nazis in die Hände fiel. Als er feststellen musste, dass er dies nicht
erreichen wird, starb er am 28. Juli 1939. Er wurde im jüdischen
Friedhof in Mannheim beigesetzt. |
Vgl. Artikel
im Mannheimer Morgen vom 28.6.2012;
Genealogische Informationen: http://www.geni.com/people/Adolf-Bensinger/6000000028161935913
Zur Rheinischen Gummi- und Celluloid-Fabrik: https://de.wikipedia.org/wiki/Schildkröt und
https://www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/schildkroet-mannheim-neckarau-wasserturm-und-einige-hallen |
Zum Tod des Bankdirektors Wilhelm Lindeck in Mannheim
- ein Sohn von Rabbiner Dr. Benedikt Samuel Levi in Gießen (1911)
Hinweis: Wilhelm Lindeck (geb. 24. November 1833 in Gießen als Samuel Wilhelm
Levi, gest. 6. März 1911 in
Mannheim; änderte 1861 seinen Familiennamen von "Levi" in "Lindeck: siehe
https://kipdf.com/namensnderungen-von-1826-bis-auszge-aus-dem-groherzoglich-hessischen-regierungsb_5acadeb01723dd3537739fb2.html
S. 53). Wilhelm besuchte in Gießen das humanistische Gymnasium, beendete es mit
dem Abitur und nahm 1851 an der Gießener Universität ein Jurastudium auf, das
ihm jedoch als zu wenig "kreativ" erschien und er es zugunsten eines Musik- und
Gesangsstudium aufgab. Wilhelm war als Zwölfjähriger gemeinsam mit seinem drei
Jahre jüngeren Bruder ' (siehe unten) als Pianist öffentlich aufgetreten.
Er beendete sein Musikstudium mit einem Examen bei Daniel Francois Esprit Auber
(vgl.
https://de.schott-music.com/shop/autoren/daniel-francois-esprit-auber), dem
Direktor des Pariser Conservatoire. Während seines Engagements am Kölner
Stadttheater (Stimmfach: Bass) lernte er Emma Bieger (Katholikin) und Tochter
eines Notars (geb. 20. Juni 1840 in Kastellaun) kennen, die er am 18. Februar
1867 heiratete. Frau Lindeck geb. Bieger, missfiel der "unsolide" Beruf ihres
Mannes, der auch am Nürnberger Stadttheater engagiert war und so zog Familie
Lindeck am 1. Juni 1868 nach Mannheim (B 5,4, ab 1870 D 3,12). Zunächst
fand er dort Arbeit als Commis bei seinen Onkeln Max und Rudolph Mayer (Brüder
seiner Mutter Henriette Levi, geb. Mayer (vgl.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ladenburg1882/0035?sid=c765f1606de3a07479d841dd059fe211)),
den Gründern der Zigarren- und Tabakfabrik "Gebrüder Mayer". Wilhelm Lindecks
Großmutter Rebekka Mayer geb. Ladenburg, ebnete dem Enkel den Weg in die
Privatbank "W.H. Ladenburg & Söhne", wo er Prokurist, Vorstandsmitglied und
bis zu seinem Tod Aufsichtsratmitglied war. Zu seinem Vater, Rabbiner Dr.
Benedikt Levi, hatte Wilhelm Lindeck bis zu dessen Tod ein herzliches
Verhältnis.
Anton Lindeck hatte seine Kanzlei zusammen mit Ernst Bassermann (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Lindeck). Dieser wieder war verheiratet
mit Julie geb. Ladenburg, Tochter von Carl Ladenburg.
Wilhelm Lindeck und seine Frau Emma hatten fünf Kinder; Stephan Rudolph Max,
geb. 19.11.1868; Anna Maria Delphine, geb. 1870; Anton, geb. 1871 (später
bedeutender Rechtsanwalt, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Lindeck); ' Carl, geb. 1873;
Maria, geb. 1879.
Quelle: Johannes Brahms, Briefwechsel mit dem Mannheimer Bankprokuristen Wilhelm
Lindeck 1872-1882), Stadtarchiv Mannheim (Hg.), bearbeitet von Michael Martin,
1983, Heidelberg;
dazu Wikipedia-Artikel
zu Wilhelm Lindeck.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 17. März 1928: "Mannheim. Der dieser Tage hier
verschiedene Bankdirektor Wilhelm Lindeck war ein Sohn des Gießener
Provinzialrabbiners Benedict Levi und ein Bruder des Münchener Generalmusikdirektors
' Levi. Da er nicht nur seinen Namen, sondern auch seine Religion
gewechselt hatte, so hat es einer seiner Söhne bereits zum
königlichen preußischen Hauptmann gebracht." |
Zum Tod des Dialektdichters Jakob Strauß
(1911)
Anmerkung / Literaturhinweis: Hans-Peter Schwöbel / Siegfried Laux (Hrsg.):
Mannem, wann ich dein gedenk. Gedichte und Prosa in Kurpfälzer Mundart und
Hochdeutsch von Ludwig Levy, Hermann Waldeck, Jakob Strauß, Ludwig
Sinsheimer, Kurt Norbert Berg. Edition Quadrat. 1999². ISBN
3-923003-79-X.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 5. Mai 1911: "Mannheim. Jakob Strauß,
der bekannte Mannheimer Dialektdichter, ist - erst 50 Jahre alt - verschieden."
|
Hinweis: als weiterer Dialekt- bzw.
Heimatdichter wird in der obigen Publikation der Rechtsanwalt Ludwig Sinsheimer
genannt (geb. in Mannheim 1873, umgekommen im Internierungslager Noé
1942): vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Sinsheimer
Sein Werk "Dr Derkemer Worschdmarkt" ist online zugänglich:
https://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/2252431
Ludwig Sinsheimer ist in Mannheim geboren und in
Freinsheim aufgewachsen, war ab 1901
Rechtsanwalt in Grünstadt. Sinsheimer
wohnte zuletzt wieder in seiner Geburtsstadt Mannheim in der Tullastraße 12
("Judenhaus"?), von wo er am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert wurde.
Vgl. Gedenkbuch: https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de962978
. |
Fabrikant Sally Reiß wird Präsident des
Synagogenrates (1911)
Anmerkung: vgl. unten Bericht zu seinem Tod 1914.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 30. Juni 1911: "Zum Präsidenten des Synagogenrates in Mannheim
wurde Herr Fabrikant Sally Reiß gewählt." |
Bankdirektor Arno Kuhn wurde badischer Konsul von
Kolumbien (1912)
Anmerkung: Zum Grab von Arno Kuhn (1856 – 1923 siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/e2-b-10-03-kuhn-arno.
Zur Familie von Arno Kuhn siehe
https://www.geni.com/people/Arno-Aaron-Kuhn/6000000002764903386
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 23. Februar 1912: "Herr Bankdirektor Arno Kuhn in
Mannheim ist zum Konsul der Republik Kolumbien für das Gebiet des
Großherzogtums Baden mit dem Amtssitz n Mannheim ernannt worden. Nach
erfolgter Zustimmung der Reichsregierung ist ihm jetzt das Exequator der
großherzoglich badischen Regierung erteilt
worden." |
David Meyer-Picard möchte der jüdischen Gemeinde zum
Bau eines neuen Krankenhauses ein Grundstück schenken (1912)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. März 1912: "Herr David Meyer-Picard in Mannheim
hat sich in hochherziger Weise bereit erklärt, der dortigen jüdischen
Gemeinde für die Errichtung eines neuen Krankenhauses das Terrain zu
schenken." |
25-jähriges Stadtverordneten-Jubiläum von
Holzhändler Mayer-Dinkel (1912)
Anmerkung: es handelt sich um Gustav Mayer-Dinkel (1853-1937), Kaufmann und
Stadtverordneter in Mannheim (nationalliberal/DDP).
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 1. November 1912: "Mannheim. Holzhändler
Mayer-Dinkel beging sein 25-jähriges
Stadtverordneten-Jubiläum." |
Auszeichnung für Bankier Max Goldschmidt
(1912)
Anmerkung: zum Grab von Max Goldschmidt, Oberrat 1915 - 1926, Synagogenrat
(lebte 1865 - 1926) siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-a-07-01-goldschmidt-max;
Max Goldschmidts Tochter war Rosa Gräfin Waldeck:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_von_Waldeck.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 13. Dezember 1912: "Mannheim. Max Goldschmidt,
Teilhaber der Bankfirma Marx und Goldschmidt, erhielt vom Großherzog von
Hessen das Ritterkreuz 1. Klasse des Verdienstordens." |
Über Dr. Ludwig Frank (1912)
Anmerkung: in einem Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" werden mehrere jüdische Reichstagsabgeordnete vorgestellt,
darunter Dr. Ludwig Frank. Zu seiner Person siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Frank_(SPD) sowie die Texte zu seinem
Denkmal in Mannheim von
1925 und
1933.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. April 1912: "Dr. Frank in Mannheim. Ich bin am 23.
Mai 1874 in Nonnenweier in Baden geboren. Seit 1900 bin ich Rechtsanwalt
in Mannheim. Dem badische Landtage gehöre ich seit 1905, dem Reichstage
seit 1907 an."
|
|
Künstlerkarte
zu Dr. Ludwig Frank mit dem Zitat aus seiner Reichstags-Rede vom 5. August
1914: "Wir machen wahr, was wir immer betont haben: 'Wir lassen in der
Stunde der Gefahr das Vaterland nicht im Stich". |
Zum Tod des Vorstandes des Synagogenrates Sally Reiß
(1914)
Anmerkung: die August-Lamey-Loge hatte die Adresse C 4, 12; zu dem
genannten Julius Bensheimer siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Bensheimer; zum Grab des genannten
Carl (Karl) Jüdel (1857 – 1924) siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/e2-c-10-10-juedel-carl; zum
Grab von Max Goldschmidt (1865 - 1926), Bankier, Bankhaus Marx &
Goldschmidt siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-a-07-01-goldschmidt-max.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Februar 1914: "Mannheim, 13. Februar (1914). Es
war eine Versammlung zahlreicher Trauergäste, die am 11. dieses Monats
nachmittags in der Kapelle des israelitischen Friedhofs zusammenkamen, um
dem verstorbenen Vorstand des Synagogenrats, Herrn Sally Reiß, die
letzte Ehre zu erweisen. Die Trauerfeier wurde durch den Gesang 'Über
allen Wipfeln ist Ruh' eingeleitet, worauf Herr Stadtrabbiner Dr.
Steckelmacher die zu Herzen gehende Traueransprache hielt. Er zeigte
mit seinen Worten, wie der Verstorbene vor allem ein schönes,
vorbildliches Familienleben geführt habe, und wie er auch durch seine
Klugheit, seinen weit ausschauenden Blick, durch Tüchtigkeit, Fleiß und
Betätigung einer lauteren Gesinnung ein hervorragender Förderer seines
Geschäftes war. Dann aber habe er seine ganze Kraft, seine selten große
Erfahrung und sein tiefes Wissen in den Dienst der Gemeinde gestellt, für
die er erst als Mitglied und später, bis zuletzt, als Vorstand des
Synagogenrats gewirkt habe. Der Redner rühmte den Verstorbenen als einen
Mann voll tapferen Gerechtigkeitssinn, voll Geradheit, Biederkeit und
Wahrhaftigkeit und voll inniger Religiosität. Er sei auch ein freigebiger
Wohltäter gewesen, der ein warmes Herz hatte für die Armen und
Bedrängten. Außer beim Synagogenrat habe er sich mit Wort und Tat bei
den verschiedensten humanitären Körperschaften beteiligt, und überall
habe seine überlegene Ruhe in allen Lagen segensvoll gewirkt. Sally
Reiß habe gelebt und sei gestorben wie die, von denen die Prophetin
Deborah gesagt habe: 'Die Freunde Gottes, die werden wir die Sonne sein,
die da aufstrahlt in ihrer ganzen Kraft.' Im Namen des Synagogenrats
sprach nun Herr Bankier Goldschmidt Worte ehrenden Gedenkens und
aufrichtigen Dankes an der Bahre des Entschlafenen. Sein Name werde
dauernd mit goldenen Buchstaben in der Geschichte der israelitischen
Gemeinde Mannheims stehen. Herr Geh. Oberregierungsrat Dr. Mayer
aus Karlsruhe sprach im Auftrag des Oberrats der Israeliten die
Anerkennung für die hohen Verdienste aus, die sich der Verstorbene um die
israelitische Sache nicht nur in Mannheim, sondern in ganz Baden erworben
habe. Für die August-Lamey-Loge, die in dem Toten einen ihrer treuesten
und angesehensten Brüder verliere, sprach der Präsident der Loge, Herr Karl
Jüdel. Nach ihm ergriff Herr Julius Bensheimer das Wort, um
namens des Hilfsvereins deutscher Juden in Berlin den Verstorbenen und
seine Verdienste zu ehren. Nachdem das Lied 'Wie sie so sanft ruhn'
gesungen war, trug man den Sarg zum Grab, in das er nach einem kurzen
Gebet des Stadtrabbiners versenkt wurde." |
Auszeichnung
für Regine Seelig (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 6. März 1914: "Aus Karlsruhe wird geschrieben: Der Oberrat
hat für das Jahr 1914 folgende Fanny Weil'sche Tugendpreise verliehen: im
Betrage von 500 Mark dem Hauptlehrer Jakob Wolfsbruck an der
Volksschule in Emmendingen; im
Betrage von 300 Mark der Frau Rosa Wachenheimer Witwe in Schmieheim,
der Frau Regine Seelig in Mannheim und der Frau Malchen
Kälbermann in Großeicholzheim."
|
Auszeichnung von Kommerzienrat Victor Lenel - Ernennung von
Kaufmann Michael Rothschild zum stellv. Handelsrichter
(1911)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 7. April 1911: "Mannheim. Geheimer Kommerzienrat Victor
Lenel erhielt das Kommandeurkreuz 2. Klasse des Ordens vom
Zähringer Löwen, und Kaufmann Michael Rothschild wurde zum stellvertretenden
Handelsrichter ernannt." |
Der verstorbene Kaufmann Ernst Hirschborn hat eine
große Stiftung hinterlassen (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 24. April 1914: "Der in Mannheim kürzlich
verstorbene Kaufmann Ernst Hirschborn, Teilhaber der bekannten Rohtabakfirma
Julius Hirschborn, hat eine Stiftung von 250.000 Mark gemacht, deren
Zinsen zur Unterstützung befähigter Kinder unbemittelter Eltern, behufs
Besuch höherer Schulen Verwendung finden sollen." |
Josef Steinhardt ist vermutlich der jüngste Soldat der
deutschen Armee (1914)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 11. September 1914: "Mannheim. Josef Steinhardt,
geboren am 10. Juli 1899, Sohn des hiesigen Buchdruckereibesitzers
Ferdinand Steinhardt, dürfte der jüngste Soldat der deutschen Armee
sein." |
Leutnant Hans Loeb ist im Krieg gefallen
(1916)
Anmerkung: Zum Grab von Hans Loeb siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-mgr-15-loeb-hans-siegfried
Hans Loeb war einer der 135 jüdischen Mannheimer, die im 1. Weltkrieg "für ihr
Vaterland" gefallen sind (Watzinger, Karl Otto: Geschichte der Juden in Mannheim
1650 -1945, Stuttgart 1984 S. 80).
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 11. August 1916: "Mannheim, Hans Loeb, Leutnant
der Reserve, Inhaber des Eisernen Kreuzes und der hessischen
Tapferkeitsmedaille, Sohn von Alfred Loeb und Frau geb. Hannover, starb
den Heldentod." |
Stiftung der Eltern von Dr. Hugo Kauffmann für zionistische
Zwecke (1917)
Anmerkung: Zum Grab des gefallenen Dr. Hugo Kauffmann siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/d2-mgr-03-kauffmann-hugo;
Dr. Kauffmann war einer der 135 jüdischen Mannheimer, die im 1. Weltkrieg "für
ihr Vaterland" gefallen sind (Watzinger, Karl Otto: Geschichte der Juden in
Mannheim 1650 -1945, Stuttgart 1984 S. 80).
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 2. Februar 1917: "Mannheim. Die Eltern des am 10.
November 1916 gefallenen Dr. Hugo Kauffmann, errichteten eine
Stiftung von 25.000 Mark, die für zionistische Zwecke in Palästina
bestimmt ist." |
Zum Tod der in Mannheim geborenen Frau von Oberrabbiner Dr. J.
Isaacsohn, Tochter von Rabbiner Jakob Ettlinger
(1917)
Anmerkung: zur Familie vgl.
https://www.geni.com/people/Amalie-Malchen-Isaacsohn/6000000017567085161
sowie
https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Ettlinger und
https://stadtlexikon.karlsruhe.de/index.php/De:Lexikon:bio-0611
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 23. Februar 1917:
"Frankfurter Berichte. Frau Oberrabbiner Isaacsohn seligen
Andenkens.
Eine hervorragende Frau, eine Jüdin von altem Schrot, selten in ihrer
Seelengröße und ihren Geistesgaben, ist heimgegangen. Frau Oberrabbiner
Amalie Isaacsohn ist nicht mehr. Geboren 1834 zu Mannheim als
zweite Tochter des rühmlichst bekannten Altonaer Gaon Rabbi Jokew
Ettlinger seligen Andenkens, dessen erstes Rabbinat in Mannheim war,
wurde sie 1858 mit dem bekannten Rotterdamer Oberrabbiner Dr. J.
Isaacsohn seligen Andenkens vermählt. Ihre Ehe war zunächst sehr
glücklich. Doch allzubald, nach sechzehnjähriger Ehe, wurde die
Verewigte schwergeprüft: binnen wenigen Tagen wurden von ihren sieben
Kindern sechs im Alter von 3 bis 15 Jahren dahingerafft. Elf Jahre darauf
starb auch ihr Gatte in ihrem damaligen Domizil Hamburg, wo er als
Prediger honoris causa wirkte.
Alsdann, nach 9 Jahren, übersiedelte die Dahingegangene nach Frankfurt
mit ihrem einzigen, von ihr unendlich geliebten Sohne, der nunmehr ihr
alleiniger Trost im Leben war. Hier lebte sie still und schlicht mit ihrem
Sohne, der sich in grenzenloser Liebe und Bewunderung für seine große
Mutter ihr ganz widmete.
Vor vierzehn Tagen beging sie ihren 83. Geburtstag.
Klug und von großer geistiger Regsamkeit, zeichnete sich de Verblichene
durch eine außerordentliche Charakter und Willensstärke, gepaart mit
ungewöhnlich hohem Optimismus und unerschütterlichem Gottvertrauen aus.
Selbst die großen Prüfungen, von denen sie getroffen wurden, vermochten
sie nicht in ihrem Gottvertrauen zu erschüttern, vielmehr trugen sie zu
ihrer Läuterung und Verinnerlichung bei. Ihre Frömmigkeit bestand nicht
bloß in peinlicher Beobachtung der rituellen Gebote, sondern in
Herzensreinheit und echtjüdischen Tugenden, wie Bescheidenheit,
Schlichtheit, Wahrheitsliebe und Wissensdurst.
Und da sie so war, wurde sie von jedem, der sie kannte, geliebt und
hochgeschätzt. Ihre Familie ging an ihr mit besonders inniger Liebe, wie
auch ihre Anhänglichkeit an der Familie unermesslich war. Auch besaß die
Dahingeschiedene jüdisches Wissen und las die Tora und Tehillim in der
Ursprache.
Eine große Schar von Verehrern gab ihr das letzte Geleite. An ihrer Bahre
entwarf ihr Neffe, Rabbiner Dr. Jakob Horowitz in meisterlicher
Weise ein lebendiges Bild von dieser bedeutenden Bath Israel. Er gedachte
dabei rühmlichst des bewundernswerten Kibbud ëm und der großen Hingabe
des ausgezeichneten Sohnes an seine Mutter. Auch Rabbiner Dr. Nobel hielt
darauf eine treffliche Trauerrede. -n." |
Zum Tod von Kommerzienrat Eduard Schweizer
(1919)
Anmerkung: der im Abschnitt genannte Rabbiner Dr. Moritz Steckelmacher war
Stadtrabbiner (geb.1851 in Boskowitz/Mähren), gest.1920 in
Bad Dürkheim).
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 7. Februar 1919: "Mannheim. Kommerzienrat Eduard
Schweizer, ein bekannter Kunstfreund, verschied im 80.
Lebensjahr." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 31. Januar 1919: "Mannheim, 24. Januar.
Kommerzienrat Eduard Schweizer, eine der bekanntesten Persönlichkeiten
unseres öffentlichen Lebens, ist hier im 80. Lebensjahr verstorben. Der
Verstorbene gehörte zu den führenden Männern der deutschen Tabakindustrie.
Die Trauerfeier für den Verstorbenen fand im hiesigen Krematorium (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hauptfriedhof_Mannheim) unter sehr
starker Beteiligung der Handels- und Industriekreise statt. Nach
einleitendem Harmoniumvortrag hielt Stadtrabbiner Dr. Steckelmacher
eine Ansprache, der er das Wort zugrunde legte: 'Es geht vor dir die
Gerechtigkeit und die Herrlichkeit des Herrn nimmt dich auf.' Er sprach von
der erfolgreichen Berufsarbeit des Verstorbenen, von seinem rastlosen Fleiß
und der Gerechtigkeit, die ihn auszeichnete. Der ehemalige Ungar habe in
Mannheim seine zweite Vaterstadt gefunden und ihr wertvolle Dienste
geleistet. Er sei ein warmfühlender Bürger und Menschenfreund gewesen,
erfüllt von religiösem Sinn. Für den Mannheimer Kunstverein (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mannheimer_Kunstverein) sprach
Oberamtmann a.D. Eckard. Eduard Schweizer sei ein begeisterter
Kunstfreund gewesen, den tiefes Verständnis ausgezeichnet hat. Er habe
vielen Künstlern reiche Anregung und Unterstützung zuteil werden lassen und
besonders auch den Mannheimer Kunstverein zu warmen Dank verpflichtet. Die
Oberrheinische Versicherung, der der Verstorbene über drei Jahrzehnte lang
als Aufsichtsratsmitglied angehörte, ließ ebenfalls Abschiedsworte widmen.
Unter Harmoniumklängen sank der Sarg, den auch ein mit Stadtfarben
geschmückter Kranz zierte, in die Flammen." |
Zum Tod von Regine Seelig geb. Freirich (Witwe von Carl Seelig, in Mannheim
engagiert u.a. in der Chewra Kadischa, gest. 1919 in Bad Salzschlirf)
Anzeige in "Der Israelit" vom 8. Januar 1920: "Unsere
verehrte Mutter und Großmutter
Frau Regine Seelig geb. Freirich
ist heute in hohem Alter sanft entschlafen.
Bad Salzschlirf, 27. Dezember 1919, im Namen der Hinterbliebenen
Carl Seelig, Frankfurt am Main Sandweg 33. " |
|
Artikel
in "Der Israelit" vom 22. Januar 1920: "Frankfurter
Berichte. Frau Regina Seelig - sie Ruhe in Frieden.
Eine schlichte, aber wackere Frau, die zu den besten in unserer
Israelitischen Religionsgesellschaft gehört hat, ist von hinnen gegangen.
Sie lebte in stillen und einfachen Verhältnissen, aber ihr Wirken entbehrte
doch einer gewissen schlichten Größe nicht, von der die Außenwelt allerdings
nicht viel erfuhr. Die Jugendeindrücke, unter denen sie aufgewachsen ist,
waren bestimmend für die ganze Zukunft. Frau Regina Seelig wurde zu
Königheim in Baden geboren. Ihre
Angehörigen gehörten zu dem Kreise des durch seine hohe Frömmigkeit und
tiefe Weisheit weltberühmten Balschem von
Michelstadt. Ihre Mutter hatte das Glück, in ihrer Jugend in dem Hause
dieses seltenen Mannes einige Jahre leben zu dürfen und sein Leben und
Lehren auf sich wirken zu lassen. Seine tiefe Lebensauffassung, deren
tägliche Zeugin sie jahrelang war, hat sie auch auf die Tochter vererbt.
Diese selbst hat einen Teil ihrer Jugend im Hause ihres frommen Oheims
Lazarus Freyrich in Altona verlebt und verkehrte viel in dem Hause des
gefeierten Jakob Ettlinger das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen.
Nach ihrer Vermählung mit Herrn Lazarus Seelig siedelte sie nach Mannheim über. Die Ehe war reich mit
Kindern gesegnet, auf deren Erziehung im echt jüdischen Geiste sie im Verein
mit ihrem Garten hohe Sorgfalt verwendete. Die Erziehungsweisheit der beiden
Gatten hat gute Früchte gezeitigt, denn ihre Kinder wurden tüchtige Männer
und Frauen, und die Greisin durfte " |
das
beglückende Bewusstsein hinüber nehmen, dass ihre Söhne und Töchter in
Geschäft und Beruf wie auch in ihrer sittlichen und religiösen
Lebensauffassung dem Beispiel des Elternhauses Ehre machen. Frau Seelig fand
aber auch noch außerhalb des Hauses ein Feld, ihre jüdische Begeisterung zu
betätigen. Sie wurde in Mannheim Mitglied und dann Vorsteherin der Chewra
Kadischa und setzte diese Liebestätigkeit später, als sie schon ziemlich
betagt als Witwe nach Frankfurt
übersiedelte, hier in unserer Gemeinde mit Hingebung und Selbstlosigkeit
fort. Wie viele Nächte hat die Heimgegangene, nicht achtend ihrer
Bequemlichkeit und Gesundheit, am Bette schwer Kranker durchwacht, wie
vielen entschlafenden Frauen hat sie ihre heilige Tätigkeit geweiht! Im
Alter von 80 Jahren siedelte sie nach
Salzschlirf in das Kurhaus
ihrer Tochter (Villa Waldschlösschen) über, wo sie, von allen Kurgästen
wegen ihrer geistigen Regsamkeit und Teilnahme für weltliche und jüdische
Dinge bewundert und verehrt, noch vier Jahre lebte. Noch vor wenigen Wochen
bildete sie den Mittelpunkt einer ziemlich Simchas-Tora-Feier, bei der einer
der Gäste das vorbildliche Leben dieser begeisterten Ischa Hamischpacha
feierte, umringt von ihren Kindern, die sie als ihren köstlichen
Familienschatz mit Liebe und Ehrfurcht umgaben. So ist sie 84 Jahre alt nach
einem trotz ihres schlichten Verlaufs beneidenswerten Leben heimgegangen.
A.W."
|
Anmerkungen:
- Regine Seelig geb. Freirich ist geboren am 12. Januar 1836 in
Königheim
als Tochter des Goldhändlers Isak Freirich und seiner Frau Jette geb.
Rosenfeld (aus Merchingen; Quelle Familienregister 1836 siehe unten).
- Der genannte "Oheim" (= Onkel) Lazarus Freirich ist im März 1882 in Altona
gestorben und wurde am 23. März 1882 im jüdischen Friedhof Bornkampsweg
beigesetzt (neben ihm ruht seine Frau Gutchen geb. Guttmann, beigesetzt am
24. Juni 1890).
- zu Rabbiner Jakob Ettlinger siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Ettlinger
- Der Ehemann Lazarus Seelig (geb. 26. August 1837 in
Binau, gest. 13. August 1896 in Mannheim
und beigesetzt im jüdischen Friedhof
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c2-b-07-01-seelig-lazarus) |
Direktor
Dr. Josef Koburger (Ludwigshafen) wird Professor an der Handelsschule in
Mannheim (1920)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Februar 1920: "Direktor Dr. Josef Koburger in Ludwigshafen
ist vom badischen Staatsministerium zum Professor an der Handelshochschule
in Mannheim ernannt worden. Herr Dr. Koburger ist eine im
jüdischen Leben der Pfalz rühmlichst bekannte Persönlichkeit und nimmt
an allen jüdischen Angelegenheiten lebhaftesten Anteil." |
Zum Tod von Nikel Mannheimer
(1920)
Anmerkung: Nikel Mannheimer, Fabrikant (1882 – 1920); zum Grab siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/d1-mgr-14-mannheimer-nikel.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober
1920: "Mannheim, 10. Oktober (1920). Am Sukkot-Feste
ist ein Mann von uns gegangen, dem es nicht lange vergönnt war, die
Früchte, gereift an den vergänglichen Sonnenstrahlen dieser Welt, zu
genießen. Mit 38 Jahren hat Nikel Mannheimer, von einfachen
Verhältnissen durch ernste, ehrliche Arbeit zur achtunggebietenden Höhe
emporgeklommen, ein Mensch unter Menschen, eine Pflicht erfüllt, als Sohn
und Gatte. Besonders hervorzuheben ist die ganz merkwürdige Art, mit der
dieser Mann die religiösen Gebote zur Wohltätigkeit im Verborgenen
betätigte. Sowohl die Selbstverständlichkeit, mit der der gab, oft kaum
wissend, wem und was er gab, wie die feinfühlige Art, wie er es gab. Wir
haben viel verloren. Noch mehr seine Mutter und Gattin. Mag sie der
Gedanke trösten, dass die religiösen Gebote, die der Frühvollendete bis
zum letzten Atemzuge betätigt hat - ihm ein Keren Kajemet ('einen
bestehenden Fonds') für die künftige Welt sichern. Seine Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Max Goldschmidt, Vorsitzender des Synagogenrats, tritt
von seinem Amt zurück (1923)
Anmerkung: Max Goldschmidt, Bankier (1865 - 1926); zum Grab siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/c1-a-07-01-goldschmidt-max
sein im Text genannter Nachfolger war Dr. med. Julius Moses, praktischer
Arzt (1869 - 1945). Er kümmerte sich besonders um psychisch auffällige Kinder.
Er unterrichtete am Fröbelseminar und an der Handelshochschule in Mannheim. 1934
emigrierte er nach Palästina.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. November
1923: "Mannheim, 16. Oktober (1923). Herr Max
Goldschmidt, der langjährige Vorsitzende des hiesigen Synagogenrats,
ist zum allgemeinen Bedauern infolge berufliche Inanspruchnahme von seinem
Amte zurückgetreten. Herr Goldschmidt hat sein Amt in
vorbildlich-objektiver Weise verwaltet, und obgleich er einer
nichtorthodoxen Familie entstammte und auch persönlich nicht orthodox
ist, hat er doch die Interessen des orthodoxen Judentums stets mit Wärme
vertreten. Er war, wie er es des öfteren betonte, der Überzeugung, dass
die Orthodoxie das Rückgrat des Judentums bilde und dass deshalb ihre
Förderung eine unbedingte Pflicht sei. Ihm ist es in erster Linie zu
verdanken, dass nach dem Tode des Stadtrabbiners Dr. Steckelmacher eine
Neuordnung der Rabbinatsverhältnisse erfolgte, dass man dabei dem
orthodoxen Rabbiner die Gleichberechtigung gab und ihm die Aufsicht über
die rituellen Einrichtungen der Gemeinde übertrug. Die altehrwürdige Klausstiftung
hatte sich stets des besonderen Wohlwollens Goldschmidts zu erfreuen. Auch
im Oberrat der Israeliten hat Goldschmidt eine sehr ersprießliche
Wirksamkeit entfaltet und durch seine Sachkenntnis, seinen Arbeitseifer
und seine Objektivität der Landessynagoge große Dienste geleitet. Der
Synagogenrat hat der Anerkennung seiner Verdienste dadurch Ausdruck
verliehen, dass er ihn zum Ehrenvorsitzenden ernannte und dabei die
Hoffnung aussprach, dass Herr Goldschmidt seine ausgezeichneten
Eigenschaften auch fernerhin nach Möglichkeit in den Dienst der Gemeinde
stellen werde. Zum Nachfolger wurde Herr Dr. Moses gewählt, der
dem Synagogenrat schon lange angehört und dessen bisherige Tätigkeit
seine Gewähr dafür bietet, dass er ebenfalls im Sinne seines Vorgängers
wirken wird." |
Zum Tod von Elise Gutmann (1923)
Anmerkung: Elise Gutmann (1846 – 1923); zum Grab vgl.
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/e1-a-05-05-gutmann-elise;
Elise Gutmann kümmerte sich besonders um die Kinder der nach Mannheim gekommenen
'Ostjuden', um sie an die hiesigen Gegebenheiten zu gewöhnen. Sie war außerdem
in der Zentrale für Kriegsfürsorge im Ersten Weltkrieg Säuglingspflegerin für
die Reichswochenhilfe und dann im Mütter- und Säuglingsheim tätig.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Dezember
1923: "Mannheim, 4. Dezember (1923). Am Donnerstag, den
29. November wurde Frau Elise Gutmann zu Grabe getragen. Mit ihrem
Hinscheiden betrauert der 'Jüdische Nähzirkel für arme Kinder'
eine Frau, deren Wirken unersetzbar ist, deren Ratschläge während der
langen Dauer von 17 Jahren segenbringend waren und deren Ansehen dazu
beigetragen hat, dass diese schöne und wohltätige Vereinigung
ungeschwächt selbst in schwierigsten Zeiten den Zusammenhalt nicht verlor
und die Tätigkeit nicht einschränken brauchte. Wer Frau Gutmann bis in
die letzten Jahre die Generalversammlungen leiten sah und hörte, war voll
der Bewunderung über deren geistige Frische und deren Fähigkeiten, mit
warmen und herzlichen Worten in natürlicher Bescheidenheit ihren Willen
im Sinne der Wohltätigkeit durchzusetzen. So wird sie den Mitgliedern des
Jüdischen Nähzirkels in dauernder Erinnerung bleiben und alle werden
bemüht sein, in der Verstorbenen Streben weiter zu handeln und zu wirken
im Sinne der Liebe zu den Mitmenschen und der Wohltätigkeit. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Schändung des Denkmals für Ludwig Frank
(1925)
Anmerkung: der Artikel spricht zum einen vom Heine-Denkmal. Ein erstes
- 1873 vom dänischen Bildhauer Louis Hasselriis geschaffen - wurde von der
österreichischen Kaiserin Elisabeth (Sisi) nach 1890 im Achilleion-Palast
südlich von Korfu aufgestellt. Kaiser Wilhelm II. ließ es, nachdem er den
Palast 1907 erworben hatte, entfernen (dieses
Denkmal kam über Hamburg und Altona später nach Toulon). 1911 schuf der
Künstler Hugo Lederer ein weiteres Heine-Denkmal, das 1926 im Hamburger
Stadtpark feierlich enthüllt wurde. 1933 wurde es von den Nationalsozialisten
niedergerissen und 1943 zur Metallgewinnung für die Rüstungsindustrie
eingeschmolzen. Seit 1982 gibt es ein neues Heine-Denkmal am Rathausmarkt in
Hamburg. Am Sockel sind zwei Halbreliefs als Mahnmale angebracht, die die
Geschichte des Denkmalsturzes darstellen sowie an die Bücherverbrennung von
1933 erinnern. Das Denkmal für Ludwig Frank wurde 1924 im unteren
Luisenpark in Mannheim aufgestellt. 1933 wurde es von den Nationalsozialisten
entfernt (siehe unten). 1950 wurde eine neue Skulptur, 'Jüngling mit Stab'
aufgestellt, die an Ludwig Frank und de Opfer des Ersten Weltkriegs
erinnert.
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 24. Juli 1925: "Geschändete
Denkmäler. Heinrich Heine und Ludwig Frank. Von besonderer Seite wird
uns geschrieben. In der Rheinland-Nummer gedachten Sie des großen
deutschen Dichters Heinrich Heine. Mehr, als Worte es vermocht hätten,
bewies das Bild des Loreleyfelsens, wie trotz aller Streitigkeiten um
Heine und gegen Heine seine Dichtungen in das Gemüt des deutschen Volkes
eingedrungen und zum Teil wahrhafte Volkslieder geworden sind. Auch das
Bild Ludwig Franks, des sozial-demokratischen Reichstagsabgeordneten,
veröffentlichten Sie, der wenige Tage nach Kriegsausbruch für sein
deutsches Vaterland gefallen ist. Das deutsche Volk ist sonst so freigebig
mit Denkmälern für Kriegs- und Geistesleben. Wie ehrt es diese beiden
Männer?
Das Schicksal des Heine-Denkmals, das einst in dem Achilleion auf
Korfu gestanden hatte und dann nach Hamburg geschafft worden war,
weil der Kaiser das Denkmal dieses deutschen Juden nicht sehen wollte, ist
ja bekannt. Es steht jetzt im Barthof, einem großen Kaufmannshause in
Hamburg, mit Holz umkleidet, um es gegen die Besudelungen
nationalistischer Parteihelden zu schützen, die es einmal von oben bis
unten mit Teer, ein anderes Mal mit roter Farbe beschmiert hatten. Der 'Fridericus'
meldet nun kürzlich, dass das Heine-Denkmal im Hamburger Stadtpark 'eine
würdige Stätte' finden soll und trägt bei der Gelegenheit seinen Lesern
Verse von Heine vor, die daraufhin ausgewählt sind, um die Leser zu neuen
Beschmutzungen anzustacheln, falls es wirklich wieder auf einen
öffentlichen Platz gestellt werden sollte. Im Interesse des Denkmals
wäre es wohl besser, wenn das Gerücht, dass der ehemalige Verleger der
Heineschen Werke, Julius Campe, das Heine-Denkmal in seinen Privatbesitz
in Blankenese an der Elbe überführen und es nur noch ernsthaften und
anständigen deutschen Besuchern zugänglich machen will, sich
bewahrheiten würde. Sonst dürfte es der republikanischen Jugend
Hamburgs, die schon bei den früheren Beschmutzungen des Denkmals durch
einen Fackelzug Heines Andenken retten wollte, schwer werden, das Denkmal
vor neuen Beschädigungen zu bewahren.
Und wie sieht es mit dem Frank-Denkmal aus? Im September 1924 wurde
an einer der schönsten Stellen der Stadt Mannheim ein
architektonisch einfaches, würdiges Denkmal für Ludwig Frank von dem
Reichsbanner feierlich enthüllt. Schon in den Tagen nach der
Einweihung musste das Reichsbanner einen eigenen Denkmalsschutz stellen,
weil man Übergriffe rechtsradikaler Elemente befürchtete, denen die
Kundgebung des Reichsbanners gegen den Strich gegangen war. Jetzt ist im
Mai dieses Jahres das Denkmal mit roter Kopiertinte besudelt und eine
Woche später mit einem 20 Zentimeter hohen Hakenkreuz 'verziert' worden.
Zum Glück ist es gelungen, diese Beschmutzungen zu entfernen, sodass das
Denkmal mit seiner schönen Inschrift: Einer muss die Fundamente gesehen
haben, de Fundamente des neuen Staates', wieder rein und würdig aus dem
saftigen Grün entgegenleuchtet. Leider ist es nicht möglich gewesen, die
Täter aufzufinden. Aber zweifellos sind sie n der unmündigen Jugend zu
suchen, die aufgehetzt ist durch den sinnlosen Groll unbelehrbarer
Fanatiker. Gerade die sollten aus der starken aufrechten Persönlichkeit
des für sein Vaterland und für seine Idee gefallenen deutschen Juden die
Achtung lernen, die die Rechtselemente ja auch für sich in Anspruch
nehmen. U.B." |
Zum Tod von Marta Kohn-Königshöfer
(1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April
1931: "Marta Kohn-Königshöfen - sie ruhe in Frieden.
Mannheim, 1. April (1931). Im Anzeigenteil des 'Israelit' war in einer
der jüngsten Nummern folgende ergreifende Anzeige zu lesen: 'Am 16. Adar
entschlief ohne Schmerz und Vorahnung meine liebe Frau Marta Kohn geb.
Königshöfer, 12 Tage nach der Geburt unseres Sohnes. An unserem ersten
Hochzeitstage trugen wir sie zu Grabe.' Diese schlichte Anzeige, in
welcher mit gottergebenem Sinn und Ausdruck von einem erschütternden
Schicksalsschlag berichtet wird, der über eine hochangesehene Familie
gekommen ist, lässt wohl die ganze Größe und Tiefe des Schmerzes
erkennen, in den ein junger Ehegatte, Eltern, Geschichte und Verwandte
durch des Himmels unerforschlichen Ratschluss jäh versetzt worden sind,
aber nicht den Umfang und die Schwere des Verlustes, die dieser Tod auch
für einen weiten Kreis von Freunden und Bekannten, ja für die jüdisch
interessierte Allgemeinheit überhaupt, darstellt. Marta Kohn geb.
Königshöfer, die ihre edle junge Frauenseele vorzeitig ihrem
Schöpfer zurückgeben musste, und gerade zu dem Zeitpunkte, als sich ihr
das schöne Glück zu vollenden schien, das sie an der Seite eines
wackeren Ehegatten vor Jahresfrist gefunden, war ein Mensch von besonderer
Prägung. Ein Enkelspross des weithin bekannten Dr. M. J. Königshöfer
s.A. in Fürth, lebte sie nicht
allein gemäß den Lehren und Traditionen ihres frommen Elternhauses,
sondern erhob dieselben zum bewussten Grundsatz ihres Seins. Das
Gewohnheitsmäßige lag ihr überhaupt nicht; ihr Geist rang nach
Höherem, nach Durchdringung und Vollendung. Daher ihre Tätigkeit in den
Jugendbünden der Agudas Jisroel in ihrer Vaterstadt Fürth
und ihre Berufsarbeit in der Kinderpflege- und Erziehung. Sie, der es eine
ernste höhere Fügung versagt hat, ihre Mutterliebe und Sorge an das
eigene Kind zu wenden, hat schon als Mädchen jung an Jahren, Geschick und
Talent bewiesen zur Erziehung und Heranbildung jüdischer Kinder im Heime
der Ahawa in Berlin. Ihre Güte, ihr heiter-froher Sinn, ihr
wohlwollendes Wesen machten sie zu diesem Berufe besonders geeignet. Eine
gute Tochter, eine treue Gattin, eine verständnisvolle Mitarbeiterin an
allem Wahren und Guten, war sie auch eine aufopfernde Genossin allen ihren
Freunden und Freundinnen, und ewig unvergessen bleibt ihr in diesem
Freundeskreise die Offenheit und hingebungsvolle Selbstlosigkeit, mit der
sie es verstand, Freundschaft zu pflegen. Mit dem Gefährten ihres
frühvollendeten Lebens blickt darum auch die Schar der Freunde
schmerzumdüstert nach ihrem frühzeitigen Grabe. Sie alle gedenken der
frohen nutzbringenden Stunden, die sie in ihrer Gemeinschaft verbracht und
blicken mit wehmutsvoller Innigkeit ihr nach. Beglückend und heiter, wie
ihr ganzes Wesen, hat sie Gott von solchen Empfindungen erfüllt, rasch
und ahnungslos wie in einem heiteren Traume der Erde entrückt. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Zum Tod von Baruch Strauß
(1931)
Anmerkung: die Datierungen enthalten einen Fehler: statt 14. und 15. Nissan
muss es 14. und 15. Kislew heißen.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember
1931: "Mannheim, 7. Dezember (1931). Am Heiligen
Schabbat Paraschat Wajeze (= 21. November 1931) sagten die
Klausbesucher zueinander: Es ist doch eine besondere Gnade von Gott, wenn
ein 88-jähriger, wie Herr Baruch Strauß, mit solcher Kraft, mit
solcher Wärme, die Haftara (Lesung des Prophetentextes) sagen
kann. Sie rühmten die Energie des jugendlichen Greises, der im Winter wie
im Sommer morgens und abends, den Weg zum Gotteshaus fand... Bis zwei Tage
nach dem Schabbat (23. November 1931) die Kräfte versagten. Noch
einmal konnte er am 14. Nissan (gemeint 14. Kislew = 24. November 1931) zu
Mincha gehen, aber schon am 15. Nissan (gemeint 15. Kislew = 25.
November) war es nur mehr ein Flüstern, als er die letzte Mincha-Tefilloh
verrichtete... Am Erew Schabbat (27. November 1931) geleiteten ihn
viele, viele Menschen auf den Friedhof in Frankfurt, an der Seite der
Gattin, die ihm nach 53-jähriger Ehe vor einigen Jahren im Tode
vorausgegangen war, zu Grabe, wo Herr Rabbiner Dr. Hoffmann das
Bild des Greises an den Trauernden vorüberziehen ließ und den Dank sagte
an den echten Jehudi alten Schlages, dem wo er immer wirkte,
Ehrerbietung zuteil ward bei den Menschen. Fast nur aus sich selbst heraus
hatte Baruch Strauß sich jüdisches Wissen angeeignet und es
weitergegeben, als er, der aus Hochstadt
am Main stammte, in Sprendlingen, in Darmstadt und, von 1867 an, in Gensingen
bei Bingen als Lehrer tätig war. Im Jahre 1900 musste er die Auflösung
der kleinen Gemeinde erleben; er verlegte seinen Wohnsitz nach Frankfurt,
wo er als Haschkomo-Chasen an der Börneschul bald bekannt, beliebt und
geehrt wurde, geehrt besonders, als ihm Rabbiner Nobel seligen Andenkens
1918 zum 75. Geburtstage den Chawer-Titel (Ehrenrabbiner) verlieh.
Als die Gattin, die mit ihm in vorbildlichster Weise die Kinder zu echten
jüdischen Menschen erzogen hatte, ihm entrissen wurde, bereiteten ihm die
Kinder in Liebe und Verehrung ein neues Heim, und als er vor wenigen
Jahren im Hause des Sohnes und der Schwiegertochter in Mannheim das
Heim des Lebensabends fand, da fand er zugleich auch die Klausgemeinde als
neue Heimat, und hier wurde er nochmals dem Alter und der Jugend Vorbild
des Jehudi, dem keine Stunde zu früh und zu spät, kein Wetter zu
stürmisch war, wenn es galt, eine Mizwa (religiöse Weisung) zu
erfüllen. Und so war es auch ein Ausdruck größter Verehrung, wenn Herr
Rabbiner Dr. Unna im Namen der Mannheimer Freunde Baruch
Strauß das Geleite gab zum Grab und ihm dort herzliche Worte des
Gedenkens widmete, Worte, wie sie auch während der Trauerwoche im Trauer-Hause
von einem der Söhne in kindlicher Liebe, von Freunden des Heimgegangenen
in bewegtem Erinnern gesprochen wurden." |
Zum Tod von Ida Löffler
(1933)
Anmerkung: Ida Löffler (1854 - 1932); Grab siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/e1-a-03-03-loeffler-ida .
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar
1933: "Mannheim, 5. Januar (1933). Am Rüsttage von Schabbat 2.
Tag an Chanukka (= 26. Dezember 1933) zog Frau Ida Löffler ihrem ewigen
Sabbat entgegen. Aufrecht als Mensch und Jüdin, wie wir es verstehen,
ging sie durch dieses Leben, aufrecht als Menschen und Juden hat sie ihre
Kinder erzogen, an der Seite ihres schon seit langem in die Ewigkeit
gegangenen Mannes, dem sie geistig und seelisch ebenbürtig war. Frau Löffler
- seligen Andenkens - war salomonischer Typ der jüdischen Frau, der
wackeren Frau (Sprüche 31,10), die in Wirklichkeit wurzelnd einen
Weinberg pflanzte vom Ertrag ihrer Hände (Sprüche 31,16), mit den Ihren
den Lebenskampf kämpfte, nie 'das Brot der Trägheit aß' und doch ihr Wesen
und Wirken in der idealen Sphäre jüdischer Menschlichkeit und Frömmigkeit
entfaltete. Bis zum letzten Atemzug diese Zweiheit des jüdischen Menschen in
harmonischer Einheit, in sich verbindend, darf man von ihr sagen - sie
lacht des kommenden Tages (Sprüche 31,25) - dürfen ihre Kinder sich mit
dem Gedanken trösten, sich an der lichten Gestalt der Verewigten emporranken
zu können. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Das Denkmal für Ludwig Frank wurde von der Stadtverwaltung
entfernt (1933)
Anmerkung: Ludwig Frank (1874-1914), studierte in Freiburg
Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. 1899 promovierte er in Freiburg
und sich ein Jahr später als Rechtsanwalt in Mannheim nieder. Zu gleichen Zeit
begann er auch mit dem Schreiben und veröffentlichte im 'Wahren Jakob', einem
sozialdemokratischen Witzblatt, lustige Geschichten aus dem heimatlichen
Schwarzwald, aber auch politische Aufsätze in der ebenfalls sozialdemokratischen
Zeitung 'Neue Zeit'. Ludwig Frank wurde Mitglied der Zeitung 'Volksstimme' und
bald in den Bürgerausschuss gewählt. In Mannheim war Ludwig Frank Mitbegründer
der Gartenstadt-Genossenschaft
https://de.wikipedia.org/wiki/Gartenstadt-Genossenschaft_Mannheim und
engagierte sich sehr stark für die Belange der Arbeiter, um ihre Lebens- und
Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Vgl. oben Artikel: Schändung des Denkmals für Ludwig Frank (1925).
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni
1933: "Mannheim. Das vom Reichsbanner (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsbanner_Schwarz-Rot-Gold) zu Ehren
des als Kriegsfreiwilliger 1914 an der Front gefallene jüdischen
Reichstagsabgeordneten Ludwig Frank errichtete Denkmal (vgl.
https://www.baden18-45.de/filter/mannheim-ludwig-frank-denkmal-im-unteren-luisenpark/)
am Luisenpark in Mannheim ist jetzt auf Veranlassung der
Stadtverwaltung entfernt worden. Bekanntlich war das Denkmal vor wenigen
Wochen schon beschädigt und die Gedenkplatte gestohlen worden." |
|
Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt"
vom Juli 1933: "Mannheim. Auf Veranlassung der Stadtverwaltung
wurde das zu Ehren des im Weltkriege gefallenen jüdischen
Reichstagsabgeordneten Ludwig Frank errichtete Denkmal, das vor einiger Zeit
bereits schwer beschädigt worden war, entfernt." |
90. Geburtstag von Leopold Simon
(1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November
1934: "Mannheim, 5. November (1934). Am Schabbat
Toledot (3. Kislev = Samstag, 10. November 1934) begeht der älteste
Besucher der Klaussynagoge, der Ehrenvorsitzende der Chewrat Kadischa
(Wohltätigkeits- und Bestattungsverein) Herr Leopold Simon, in begnadeter
Rüstigkeit seinen 90. Geburtstag. (Alles Gute) bis 120
Jahre." |
Die Korsettfabrik Eugen und Hermann Herbst GmbH wurde
"arisiert" (1936)
Zur Firmengeschichte siehe bei
https://www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/felina-miederwarenfabrik-in-mannheim.
Demnach wurde die Korsettfabrik von Eugen J. Herbst 1885 in
Bad Rappenau gegründet mit zunächst
ca. 10 Mitarbeiterinnen. Bereits 1890 wurde das Unternehmen wegen der hohen
Nachfrage nach Mannheim verlegt.
Die Firma Felina besteht bis heute als ein global agierendes Dessous Unternehmen
- aktiv in über 50 Ländern
https://felinainternational.com/.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. März
1936: "Mannheim. Die Korsettfabrik Eugen und Hermann Herbst
GmbH., hier, ist in arischen Besitz übergegangen." |
Zum Tod von Rechtsanwalt Dr. Max Jeselsohn
(1937)
Anmerkung: Max Jeselsohn (geb. 1871 in
Neckarbischofsheim, gest. nach
Angabe des Wikipedia-Artikels s.u. bei einem Besuch in Karlsruhe) war verheiratet mit Fanny geb.
Oppenheimer, die
1940 nach Gurs deportiert wurde und im 93. Lebensjahr 1968 in Paris starb. Sie
wurde am 11. Oktober 1968 im jüdischen Friedhof in Mannheim beigesetzt. Weitere
Informationen im Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Jeselsohn mit Literaturangaben.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März
1937: "Mannheim, 22. Februar (1937). In Mannheim starb Rechtsanwalt
Dr. Max Jeselsohn im 66. Lebensjahr. Der Verstorbene war lange Jahre
als Rechtsanwalt tätig, der über seine Heimatstadt hinaus bekannt und
geschätzt war. Viele Jahre war er Stadtverordneter und Stadtrat in
Mannheim. Den Krieg machte er als Reserveoffizier mit und erhielt mehrere
hohe Auszeichnungen. Viele Jahre war er Synagogenrat der Jüdischen
Gemeinde in Mannheim und Vorsitzender der badischen Synode. Auch im
Centralverein nahm er eine führende Stellung ein. Die Großloge Bne Briß
betrauert in ihm ihren Vizegroßpräsidenten, der sich stets voll für
ihre Ideale einsetzte. (ITA.)." |
Zum Tod von Eduard Bauer
(1937)
Anmerkung: Eduard Bauer ist am 25. November 1866 in
Michelfeld geboren. Er
war seit 10. Juni 1896 (Heidelberg) verheiratet mit Hermine geb. Carlebach. Nach
ihrer Heirat lebten die beiden im Kaiserring 48 in Mannheim. Er war Inhaber der
Fa. Gebr. Bauer (Druckerei; 1938 von Hubert Burda übernommen, Quelle).
Die beiden hatten drei Kinder. Hermine Bauer konnte nach Palästina / Israel
emigrieren, wo sie am 17. März 1940 gestorben ist. Auch die drei Kinder konnten
mit ihren Familien zwischen 1938 und 1941 nach Palästina
emigrieren.
Quelle: http://www.crt-ii.org/_awards/_apdfs/Bauer_Eduard.pdf
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. April
1937: "Eduard Bauer - er ruhe in Frieden. Mannheim,
5. April (1937).
Es sind kaum vier Monate vergangen, seit an dieser Stelle Eduard Bauers
gedacht wurde. Es war ein froher Anlass. Dem Siebzigjährigen, dessen
Rüstigkeit vielerlei Tätigkeiten und Ämtern gewachsen zu sein schien,
ohne dass es ihm Beschwerden bereitete, wurden von Freunden und Gefährten
der Arbeit im Dienste der Gemeinde, im Dienste der Emunoh
(Wahrheit) Glückwünsche dargebracht. Eine ganze Gemeinde, Viele im Lande
nahmen damals teil an dem festlichen Tag... Wir glaubten, es beginne für
den Mann an der Schweller des Greisenalters ein neues, vielleicht ein
gemesseneres, ein friedlich-gütiges, mit Altersweisheit verklärtes
Schaffen. Ein Ausruhen, ein Zurückziehen von all den verantwortlichsten
Funktionen? - Vielleicht sehnte er sich im Innersten danach. Wir meinten
aber, es mache ihm noch immer ein wenig Freude, mit gutem Wort, mit
beruhigender Geste und Mahnung dabei zu sein: im Synagogenrat der
Gemeinde, in der Verwaltung des Krankenhauses, im Vorstand der
Klauskommission, im Vorstand des 'Verein zur Wahrung', in den Gremien der
Israelitischen Religionsgemeinschaft in Baden, und - das mag vielleicht
sein liebstes Tun gewesen sein - im Chor der Klaussynagoge im Dienste des
Ewigen.
Am Schabbat nach Purim sahen wir ihn zum letzten Mal im
Gotteshaus. Dann kam ein Kranksein, das uns allen harmlos schien. Aber aus
Tagen wurden Wochen und wir waren glücklich, zu hören, dass es gegen Pessach
zu besser ging. Und wenn auch der schönste Wunsch, dieses Jahr das
Pessachfest in Jeruscholajim zu verbringen, gemeinsam mit Kindern und
Freunden, nicht in Erfüllung gehen sollte, wir waren schon froh, als wir
ihn, vermeintlicher Genesung entgegensehend, am ersten Tag des Festes
außerhalb des Bettes mit 'Gut Jomtow' (guten Feiertag!) begrüßten
durften. Er hatte nur einen besonderen Wunsch. Da es ihm unmöglich war,
das Zimmer zu verlassen, wollte er im Krankenhaus am Jahrzeittag für
seinen seligen Vater Minjan (hier: eine religiöse Feier, zu der
mind. zehn Männer zusammenkommen) machen. Dann kam eine ernstere Wendung.
Wir sprachen sorgenvoll von ihm. Und eben am Jahrzeitstag für seinen
Vater, am Tag, an dem in seinem Krankenzimmer ein kleines Licht brannte,
geleitete der schwache Lichtschein ihn in die Ewigkeit. Die Lewajo
(Beerdigung), über der noch die Erinnerung an die Festtage des eben zu
Ende gegangenen Jom Tow (Feiertag) lag, vernahm keine Rede der
Trauer und des Schmerzens. Unzählige, eine ganze Gemeinde, die Vertreter
vieler Körperschaften und Vereinigungen, geleiteten in stummer
Ehrerbietung einen würdigen, einen guten Jehudi zu Grabe. Nur Herr
Rabbiner Dr. Grünewald sprach in wenigen Sätzen den Dank aus im Namen
aller, die gekommen waren, um dem Verstorbenen noch einmal stimmen Dank zu
zollen für sein Wirken auf vielen verantwortungsvollen Posten. In der
Klaussynagoge gehen wir traurig an dem Platze Eduard Bauers vorüber. Wir
flüstern wehmutsvoll die Worte: Du bist heimberufen worden. Dein Andenken
ist gesegnet. K.D." |
Jüdische Familiengeschichte
Über die Familie Mayer Eppstein (Familie von Dr. Paul
Eppstein, 1902-1944) - Beitrag von
Rolf Michael Mayer (2009, E-Mail)
Vom Taunus über Frankfurt und Mannheim nach
Fußgönheim, Ruchheim und Mutterstadt.
HaLevi – Eppstein – Eppler – Mayer. Vier Namen – eine Familie
1335 erteilte Kaiser Ludwig IV. (Ludwig der Bayer) Gottfried von Eppstein die Erlaubnis, im Tal und an seiner Burg Eppinstein im Taunus 10 jüdische Familien anzusiedeln. 1392 zog eine dieser Familien von dort nach Frankfurt am Main. Ihr ursprünglicher Name war HaLevi gewesen, was sie als Angehörige des Stammes der Leviten auswies.
Wie bei vielen Juden wurde dieser Herkunftsort zum späteren Nachnamen - hier Koppelmann (von)
Eppstein. Nathan HaLevi Eppstein war von 1450 - 1470 Oberrabbiner in Frankfurt. Während des Fettmilch-Aufstandes 1612 - 1614 wurden alle Juden aus Frankfurt vertrieben und die inzwischen weit verzweigte Familie Eppstein zerstreute sich in alle Richtungen.
1674 tauchte der Name erstmals in Mannheim auf, als ein Jesaias Eppstein als Mitbegründer
der jüdischen Begräbnisbruderschaft genannt wird. Ab 1730 wird ein Jacob Eppstein mehrmals in den Mannheimer Ratsprotokollen erwähnt. 1743 saß er wegen nicht bezahlter Verbindlichkeiten zeitweise im Arrest.
Die drei Kinder seines Sohnes Mayer Löb Eppstein gingen in die Pfalz: Sara als Dienstmagd nach
Mutterstadt, ebenso ihr Bruder Joseph, der in der dortigen jüdischen Gemeinde Vorsänger wurde. Er nannte sich später
"Eppler" und ist der Ur-Urgroßvater von Heinz Eppler, der mit seinen Eltern vor den Nazis flüchten musste und heute in den USA lebt.
Heinz Epplers Großvater Isidor starb 1941 im Lager Gurs in den Pyrenäen und dessen zweite Frau Bertha 1944 in Marseille.
Joseph Eppler starb 1869 in Mutterstadt und wurde auf dem jüdischen
Friedhof in Fußgönheim begraben.
Der dritte, Jacob Mayer Eppstein arbeitete 1806 als Lehrer in Iggelheim und heiratete 1807 in
Fußgönheim die Tochter des Händlers Moyse Hirsch. 1808 ging er nach
Ruchheim, wo er eine Anstellung als Lehrer der jüdischen Gemeinde gefunden hatte. Hier wurde 1810 der Sohn Jacob geboren, der später ebenfalls Lehrer wurde und im Saarland und Hunsrück tätig war. Aus dieser Linie stammen die
Eppsteins, die heute in Israel, USA und anderen Teilen der Welt leben.
Ebenso Dr. Paul Eppstein (vgl. Wikipedia-Artikel
zu ihm), der 1902 in Ludwigshafen geboren wurde und von 1928 - 1933
Leiter der Volkshochschule Mannheim war, bis die Nazis ihm die weitere Ausübung dieser Tätigkeit untersagten. Er ging daraufhin nach Berlin in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, von wo er im Januar 1943 mit seiner Frau, Dr. Hedwig Strauss, ins Lager Theresienstadt deportiert wurde. Dort angekommen, wurde er zum
"Ältesten der Juden" bestimmt. In dieser Funktion hatte er die Anordnungen der Lagerleitung umzusetzen. Am 27. September 1944 wurde er von der SS verhaftet und erschossen.
Rechts:
Wiederaufstellung der Büste
von Paul Eppstein (geboren 1902
in Ludwigshafen) im Foyer der neuen
Abendakademie Mannheim am 6. Februar 2013
(Fotos: erhalten von Rolf Michael Mayer) |
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Verlegung eines
"Stolpersteines" für
Paul Eppstein am 11. September 2009
in Mannheim
(Fotos: erhalten von Rolf Michael Mayer) |
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Der
"Stolperstein" für Paul Eppstein wurde vor dem Haus
Collinistraße 20 verlegt, wo Paul und Hedwig Eppstein wohnten (1933), bevor sie
nach Berlin verzogen
sind. Zu Paul Eppstein siehe auch ein Artikel von Wolfram Pyta
in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 30. August
2012:
"Ausharren bis zur Vernichtung. Die Selbsttäuschung der
'Reichsvereinigung der Juden in Deutschland' während des Zweiten
Weltkrieges" -
eingestellt als pdf-Datei (zugleich Vorstellung des Buches von
Beate Meyer: Tödliche Gratwanderung. Göttingen 2011). |
Ein weiterer Nachkomme der Ruchheimer Linie war Eugen Eppstein, der als Mitglied der KPD 1924 Reichstagsabgeordneter der Weimarer Republik war und 1943 im KZ Lublin-Majdanek ermordet wurde. Sein Name findet sich auf einer Liste mit 33 Namen bekannter deutscher Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Heinrich Mann oder Kurt Tucholsky, welche die Nationalsozialisten 1933 ausbürgern wollten.
Der offizielle Name der Familie war seit 1807 Mayer, ohne dass der Name Eppstein gänzlich abgelegt wurde und die meisten Familienteile nannten sich später wieder Eppstein.
Nach seiner Tätigkeit als jüdischer Dorfschullehrer von Ruchheim ging Jacob Mayer Eppstein nach
Fußgönheim zurück, wo 1814 Jacob Salomon Mayer (der Ur-Urgroßvater des Verfassers) geboren wurde. Sein Vater Jacob Mayer Eppstein starb
1845 in Worms, wo er von einer Pferdekutsche überfahren wurde.
Jacob Salomon Mayer behielt den Namen Mayer bei. Mit seiner Ehefrau Esther Levi aus
Altdorf bei Edenkoben hatte er acht Kinder. Sohn Emanuel war mit Susanna Joel verheiratet, deren Familie ebenfalls in Fußgönheim wohnte. Emanuels Tochter Bertha wurde mit ihrem Ehemann Alfred Bernstein ins Lager Gurs deportiert. Bertha starb 1944 in Limoges, ihr Mann im gleichen Jahr im Lager
Nexon.
Welche Mitglieder der Familie im ehemaligen "Mayer-Haus" - es war das zweite Haus rechts neben der Kirche – wohnten, ist nicht bekannt. Die Gräber von Emanuel und Susanna Mayer findet man ebenfalls auf dem jüdischen
Friedhof in Fußgönheim.
Moses Mayer, ein weiterer Sohn Jacob Salomons, zog nach Oggersheim, wo 1882 Sohn Albert (der Großvater des Verfassers) geboren wurde. Albert war 1914 nach Mannheim verzogen, wo er eine Fischhandlung betrieb.
Er war mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet, die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten regelmäßig von der Gestapo bedrängt wurde, sich von ihrem jüdischen Mann scheiden zu lassen, was sie jedoch strikt ablehnte. Die Ehe mit einer
"arischen" Frau hat Albert Mayer letztendlich das Leben gerettet, denn er wurde – wie die meisten Juden aus Mischehen – erst spät, im Frühjahr 1945 in das KZ Theresienstadt deportiert. Zu dieser Zeit gingen von dort keine Transporte mehr in die Vernichtungslager im Osten. In Theresienstadt traf er seine Schwester Ella wieder, die bereits 1944 deportiert worden war.
Im Juni 1945 kehrten beide unversehrt nach Deutschland zurück, doch mindestens 18 Mitglieder der Familie Eppstein - Eppler - Mayer verloren im Holocaust ihr Leben."
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Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und
Privatpersonen
Anzeige
der Buchhandlung von Jakob Bensheimer (1865)
Anmerkung: es handelt sich um Jakob Bensheimer (1807 – 1863), Buchhändler und
Verleger, Grab siehe
https://www.marchivum.de/de/juedischer-friedhof/a2-03-19-bensheimer-jakob
Vater von Julius Bensheimer:
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Bensheimer
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 26. September 1865: "Preisherabsetzung
In der Buchhandlung J. Bensheimer in Mannheim ist erschienen:
Willstätter, Rabbiner, Allgemeine Geschichte des israelitischen
Volkes, Preis: 5 Sgr.
Hebräische Bibel, früher Taler: 4, jetzt Taler: 1
Pentateuch, apart, 15 Sgr.
Außerdem sind alle übrigen Bücher der heil. Schrift, in Partien für Schule
bezogen, sehr billig zu haben.
Desoga’s Lesebuch für Stadt- und Landschulen. Für israelit. Schulen
bearbeitet. 2 Teile, früher 20 Sgr, jetzt 10 Sgr." |
Anzeige der Metzgerei J. Guggenheimer
(1900)
Vgl. Anzeige unten von 1905; es handelt sich um die Metzgerei/Wurstfabrik
Josef Guttenheimer bzw. Julius Guggenheimer in F 3,11.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November
1900: "Koscher Koscher
Unter Aufsicht Seiner Ehrwürden des Herrn Rabbiner Dr. Unna, Mannheim
Telefon 2322
J. Guggenheimer Mannheim F 3, 11
Empfiehlt sämtliche Wurst- und Fleischwaren in vorzüglicher Qualität
zu billigsten Preisen. Preisliste gratis. " |
Hinweis auf die Eierteigwarenfabrik Hermann Burger und Co. mit
Spezial-Koscherware in Mannheim-Friedrichsfeld (1902)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. November
1902: "Friedrichsfeld bei Mannheim. Die Eierteigwaren von
Hermann Burger und Co., Inhaber Hermann Burger und Z. Goldmann
hatte vor einigen Wochen den hohen Besuch des Großherzogs und der
Großherzogin, die sich die Fabrik und ihre Produkte ganz genau ansahen und
sich über alles informieren ließen. Der Großherzog war voll des Lobes über
die Einrichtung und den Betrieb der Fabrik.
Wie wir hören, soll die Fabrik nächstes Jahr eine bedeutende Vergrößerung
finden und dabei sollen extra Räume für Spezial-Koscherware beschafft
werden." |
Anzeige der Wurstfabrik J. Guggenheimer
(1905)
Vgl. Anzeige oben von 1900; es handelt sich um die Metzgerei/Wurstfabrik
Josef Guttenheimer bzw. Julius Guggenheimer in F 3,11.
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 19. Mai 1905:
"Streng koscher Wurstfabrik mit elektrischem Betrieb Streng
koscher
Tel. 2322 J. Guggenheimer, Mannheim, F 3, 11 Tel. 2322
unter Aufsicht Seiner Ehrwürden Rabbiner Dr. Unna
empfiehlt zum Versand:
ff. Frankfurter Würste 6 Stück pro Pfund 80 Pfennig, prima Rohwurst,
Krakauer Wurst, Lyoner Wurst, Wiener Würstchen sowie feiner Aufschnitt zu
billigsten Tagespreisen
Preisliste gratis - Postcolli franco" |
Vgl.
Seite im
Stadtarchiv Mannheim mit Foto des Geschäftes. |
Geburtsanzeige eines Sohnes von Prof. Karl Darmstädter und
Hilde geb. Jakobsohn (1928)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 29. November 1928:
"G"tt sei Dank (Baruch HaSchem)
Die Geburt des zweiten Sohnes zeigen in dankbarer Freude an
Prof. Karl Darmstädter und Frau Hilde geb. Jakobsohn
Mannheim, H 7,33 14. Kislew 5689 - 27. November 1928."
Anmerkung: Die Heirat fand in
Neckarbischofsheim statt; dort ist die Heiratsanzeige eingestellt. |
Weitere Dokumente
Karte von Mia Neter an
Oberrat J. Hartog (1929)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries)
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Julius Bruno aus Mannheim (1827-1886) und Emilie
Bruno geb. Hochstädter aus Karlsruhe (1834-1889)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn.
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Grabstein für "Julius Bruno
Born in Mannheim Sept. 6, 1927
Died May 14. 1886" und
"Emilie Bruno née Hochstaedter
Born at Karlsruhe Nov. 8, 1834.
Died Nov. 19, 1889". |
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