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Lohr mit
Stadtteil Steinbach (Main-Spessart-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(die Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Wolfgang
Vorwerk, Lohr)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
Im zunächst rieneckischen, dann kurmainzischen und schließlich bayerischen Lohr lebten Juden bereits im 13. Jahrhundert.
Auch sie waren wie in Karlstadt,
Rieneck,
Hammelburg, Gemünden,
Arnstein und vielen anderen Orten von der "Rintfleisch-Verfolgung" 1298 betroffen
(vgl. Röttingen). Ob es damals
eine jüdische Gemeinde gab oder zur Bildung einer solchen gekommen ist, ist nicht bekannt.
Auch die Nennung von Juden in der sog. "Ungeldverordnung" Lohrs (einer Art von
städtischer Alkoholsteuer) von 1333 ist eher eine Formel, dass alle unabhängig
von ihrer Religion, die Steuer zahlen müssen, als Beleg für eine Gemeinde. Wenn
es eine solche gab, war sie sicher immer sehr klein und nie kontinuierlich.
Danach erfährt man erst im 15. Jahrhundert wieder
von einem in Lohr wohnhaften Juden. Der Amtmann zu Lohr bat 1473 in
Frankfurt am Main um Geleit für diesen Lohrer Juden.
Auch im 16. Jahrhundert
waren unter dem Schutz der Grafen von Rieneck immer wieder einzelne Juden in der Stadt.
Es gab aber immer Protest seitens der Bürgerschaft. Bei der Huldigung 1559 vor
dem neuen Landesherren Kurfürsten Daniel Brendel von Homburg nach dem Aussterben
der Grafen von Rieneck 1559) brachten Bürgermeister und Rat von Lohr u.a. den
Wunsch vor, dass "sie nicht mit Aufnahme von Schutzjuden in die Stadt beschwert"
würden. Auch wenn der Kurfürst bei der Huldigung 1559 nichts Definitives zusagte
und die folgenden Jahrhunderte denn auch von einem Wechselspiel von Zulassungen
von Schutzjuden durch einzelne Kurfürsten und heftigen Reaktionen der Lohrer
Bürgerschaft geprägt waren, so ist diese antijüdische Grundeinstellung der
Lohrer letztlich ursächlich dafür, dass es erst in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts - erstmals naschweisbar - zur Gründung einer jüdischen Gemeinde
kam.
| Nachdem die bayrischen Juden 1861 allgemeine
Niederlassungsfreiheit hatten, zogen mehrere Familien unter anderem aus Steinbach
und Wiesenfeld zu. In dem seit 1972 zu
Lohr gehörenden Ortsteil Steinbach
entstand im 18. Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde unter dem Schutz der
Reichsfreiherren von Hutten zum Stolzenberg. Die jüdischen Familien
lebten im
Bereich des sogenannten "Judenhofes" (am Anfang der Eichhornstraße;
siehe Foto unten; die ehemalige Synagoge bzw. Betkammer war in der
Eichhornstraße 5b). 1740 waren es vier jüdische Haushaltungen.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Steinbach
auf insgesamt zehn Matrikelstellen die folgenden jüdischen
Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig):
Samuel Moses Sternreich (Viehhandel), Wolf Süß Kahn (Viehhandel und
Waren), Moses Baruch Kleinschild (Amtsbote), Kaufmann Moses Sterner
(Ellenhandel, Amtsbote), Benjamin Süß Kahn (Vieh- und Warenhandel), Hajum
Süß Selig (Viehhandel und Waren), Lesemann Isaac Blumenstein (Handel und
Botengehen), Herz Süß Adler (Viehhandel und Waren), Moses Hirsch Isaac
Strauß (Botengehen und Tagelöhnern), Wolf Moses Marx Marcus (Viehhandel
und Schlachten), Michel Kahn (Handel mit Spezereien und Schnittwaren, ab
1825). 1871 waren es 37 jüdische Personen. Ein Sohn von eben genanntem
Michel Kahn (1794-1865), Sigmund Kahn (1839-1927) war Steinbacher Veteran
der Kriege 1866 und 1870/71.
Von etwa 1848 bis zu seinem Tode am 22. November 1888 und somit 40 Jahre
lang war Lazarus Eisemann als eigener Lehrer, Vorbeter und Schochet
(Schächter) in der kleinen Gemeinde in Steinbach tätig. Er half auch in Lohr
aus. Mit Frau und vier Kindern prägte er das Gemeindeleben in Steinbach.
Eine ausführliche Würdigung findet sich anlässlich seines Todes im
"Israelit" (siehe unten). So wurde er insbesondere auch von den jungen
Kollegen in der Umgebung geschätzt. Oft habe er die religiösen Schriften bis
frühmorgens studiert. Nach seinem Tode erhielt Jacob Weichselbaum vom
Schulamt die Genehmigung zur Erteilung des Religionsunterrichtes in
Steinbach (siehe Genehmigung von 1888 vom Schulamt unten). Mit dem Tode von
Lazarus Eisemann gingen aber unaufhaltsam die Lichter der Gemeinde in
Steinbach aus. Schon anlässlich seines Todes werden 1889 der fehlende Minjan
und die "geschlossenen Türen und Fensterläden" der Synagoge beklagt. 1896
wurde die noch letzte in Steinbach lebende jüdische Familie in die jüdische
Gemeinde in Lohr eingegliedert. |
1862 zog mit Samuel Selig der erste Steinbacher Jude
nach Lohr. Er eröffnete ein Tuch-, Manufakturwaren- und Viktualiengeschäft in
der Lohtorstraße. Siehe auch Josef Harth: 77 Jahre nach der Ansiedlung Samuel
Seligs war die Lohrer Judengemeinde dem Nazi-Terror erlegen. In: Lohrer Jahrbuch
des Geschichts- und Museumsvereins e.V. 2018.
Online eingestellt (pdf-Datei)Nachdem weitere Familien gefolgt waren
(u.a. Baruch Hirsch Baumann aus Heßdorf,
der 1862 ein Anwesen in der Turmstraße kaufte, wo auch Hausandachten
stattfanden), konnte die erste jüdische Gemeinde in der Geschichte Lohrs 1864
gegründet und als Interimslösung 1867/68 ein Betsaal in der
heutigen Lotte-Stern-Gasse in der Stadtmitte angemietet werden (siehe Foto
und weiteres unten, insbesondere den Aufsatz von Wolfgang Vorwerk hierzu: die
erste Synagoge der jüdischen Kultusgemeinde in Lohr (2017),
online
eingestellt). Die Einweihung der
zweiten Synagoge beziehungsweise des jüdischen Gemeindezentrums folgte im November 1871 (s.u.).
Außer der Synagoge im 1. Obergeschoss hatte die jüdische Gemeinde dort einen Raum für den Unterricht
der Kinder mit Lehrerwohnung und ein rituelles Bad (Mikwe) im Hofraum des
Hinterhauses eingerichtet (Anmerkung: der genaue Ort der Mikwe ergab sich bei
einer Begehung im Oktober 2021).
Für die Besorgung
religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Schächter und Vorbeter
tätig war. Dies war zunächst von 1863 bis 1869 Jonas Löwenthal. 1868
hielt er wie der katholische Stadtpfarrer zum 50. Jahrestag der Bayerischen
Verfassung von 1818 sogar "in der Synagoge Gottesdienst mit einer erhebenden
Rede", was im Lohrer Anzeiger vom 28. Mai 1868 Erwähnung findet. Bei der
Synagoge handelte es sich um den genannten angemieteten Betsaal in der
Stadtmitte. Dann folgte eine längere Vakanz (siehe unten Ausschreibungen von
1869 und 1872). Bei Einweihung der Synagoge 1871 veranlasste diese Vakanz
den Distriktsrabbiner Adler aus
Aschaffenburg sogar zu dem "wohlmeinenden Rat, recht bald einen tüchtigen
Religionslehrer anzustellen." 1872 wurde ein Isack Hall probeweise auf
ein Jahr eingestellt, der Vertrag muss aber vorzeitig wieder aufgelöst worden
sein. Anfang 1873 übernahm ein Benjamin Straus die Stelle, anschließend
möglicherweise das Lohrer Gemeindeglied Seligmann Markus nach Bestehen
der entsprechenden Prüfungen. Aushilfsweise wurden schließlich Lohrer Kinder in
Steinbach zusammen mit dortigen Kindern von dem schon erwähnten Lehrer
Lazarus Eisemann unterrichtet. 1883 wurden drei Lohrer Buben und Mädchen
dort unterrichtet. Erst mit Jacob Weichselbaum aus
Adelsberg, einem Wanderlehrer, der auch in
Gemünden unterrichtete, war ab 1883/84
die regelmäßige Erteilung des Religionsunterrichtes und wohl auch des
Gottesdienstes für immerhin 46 Jahre gesichert (siehe unten die Würdigung des
Wirkens des 1929 verstorbenen langjährigen Lehrers Weichselbaum im "Israelit").
Als Lehrer und Schochet kam nach Weichselbaum Harry Weinberg aus
Gemünden in die Gemeinde. Im Schuljahr
1931/32 erhielten von ihm in Lohr sechs Kinder Religionsunterricht. Im Übrigen
besuchten die jüdischen Kinder selbstverständlich entsprechend der allgemeinen
Schulpflicht in Bayern die katholische Volksschule in Lohr, zudem überproportional zum Anteil an der
Bewohnerzahl ab 1905 das neue Lohrer Gymnasium und jüdische Mädchen sogar die
"Höhere Mädchenschule" der Franziskanerinnen in Lohr.
Die Gemeinde wurde, wie erwähnt, dem Distriktsrabbinat Aschaffenburg
zugeteilt. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Laudenbach
beigesetzt.
Das heute im Zentralarchiv für die Geschichte des jüdischen Volks (CAHJP) in
Jerusalem (http://cahjp.nli.org.il/) archivierte erste Protokollbuch der Israelitischen
Gemeinde Lohr, das ab 1871 regelmäßig geführt wurde und 1913 endet, gibt
Auskunft über innergemeindliche Vorgänge. So insbesondere über finanzielle und
schulische Angelegenheiten und die regelmäßig alle drei Jahre zu Jahresanfang
stattfindenden Wahlen des Vorstands, Beisitzers und Kassiers. Auch die
Einrichtung des oben genannten Frauenbades wurde 1871 protokolliert. Es
begründet vor allem auch die rechtliche Handlungsvollmacht des Vorstandes für
die Gemeinde bei Behörden oder Notar. Insgesamt werden für die ca. 45 Jahre ab
1864 die Namen von nur fünf Vorständen verzeichnet, da sie durchweg mehrfach
gewählt wurden. Es waren Feist Hirsch, Isaak Schloßmann, Benjamin Kahn, Leon
Strauß und Bernhard Hirsch. Vor 1871 versah, wie aus anderen Quellen hervorgeht,
der schon oben genannte Samuel Selig das Amt des ersten Vorstandes. Zum 2.
seit der Pogromnacht am 10. November 1938 verschollenen Protokollbuch siehe insbesondere den Aufsatz von Wolfgang Vorwerk zu
"Die Arisierung" der Lohrer Synagoge 1939. In: Lohrer Jahrbuch des
Geschichts- und Museumsvereins 2020/21.
Online eingestellt.
2022 konnte eine Kopie des Protokollbuches im Stadtarchiv eingestellt werden.
Dazu Artikel von Wolfgang Vorwerk in der "Main-Post" vom 24. September 2022: "Ein
Stück jüdisches Leben kehrt zurück. Israelitische Gemeinde Lohr:
Protokollbuch, das 1938 beschlagnahmt worden war, jetzt als Kopie im
Stadtarchiv..." (Artikel
eingestellt als pdf-Datei)
Nicht nur die eben genannten jüdischen Familien hatten es trotz großer
Anfangsschwierigkeiten im öffentlichen und Wirtschaftsleben in Lohr zu einer
geachteten Stellung gebracht und Geschäftsbeziehungen bis weit in den Spessart
hinein geknüpft. Sie waren auch im Vereinsleben aktiv. So waren sie in der
Freiwilligen Feuerwehr, im TSV 1846, im Radlerverein, im Gesangverein, im
Spessartverein und im Bürgerverein aktiv. Sie waren Mitbegründer des
Radlervereins und der Turngemeinde, die nach 1933, als sog. "Judenverein"
diffamiert, aufgelöst werden musste. Siehe im Einzelnen: Wolfgang Vorwerk
Lohr und seine ehemalige jüdische Gemeinde (1864-1939). In: Lohrer Jahrbuch
des Geschichts- und Museumsvereins e.V. 2019.
Online eingestellt.
Bis 1910 entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner in Lohr wie folgt: 1867 37
jüdische Einwohner (0,9 % von insgesamt 4.243 Personen), 1871 41 (1,0 % von
4.205), 1890 46 (1,1 % von 4.207), 1900 91 (2,0 % von 4.525), 1910 56 (1,1 % von
5,269). Unter den jüdischen Gemeindemitgliedern gab es Anfang der 1930er-Jahre
14 Kaufleute, fünf Angestellte, einen Lehrer, eine Kindergärtnerin, einen
Bäcker und einen Lehrling; 15 Familien hatten Haus- und Grundbesitz. Der
deutliche Rückgang der Mitgliederzahl von 91 (1901) auf 56 (1910), der auch in
anderen umliegenden Gemeinden festzustellen ist, lässt sich wohl vor allem
dadurch erklären, dass sich viele jüdische Geschäftsleute inzwischen in größeren
Städten größere wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten als in Lohr erhofften.
So zog der unten mehrfach genannte Textilkaufmann Emanuel Rothschild 1907 mit
seiner Familie nach Berlin, wo sein in Lohr aufgewachsener Schwager Joseph
Schloßmann (der spätere Lohrer Ehrenbürger, s. unten) bereits ein kleines
Textilimperium aufgebaut hatte.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Benno
Markus (geb. 3.6.1887 in Lohr, gef. 16.9.1916). Sein Name wurde auf dem 1935
errichteten Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges in der heutigen
Grafen-von-Rieneck-Straße von den Nazis noch kurz vor Aufstellung entfernt,
wurde nach dem Krieg aber wieder eingefügt. Der Name des Schülers Nathan Kahn
(geb. 12.6.1886 in Steinbach, gef. 30.9.1918) befindet sich auf der Marmortafel
des Lohrer Gymnasiums mit den Namen aller im Ersten Weltkrieg gefallenen
Schüler. Er war Leutnant d.R. Seiner wird offiziell in
Bad Mergentheim gedacht, wo sein schon
oben genannter Vater Sigmund Kahn aus Steinbach seit 1910 wohnte und wo auch
Nathans Brüder lebten (http://www.denkmalprojekt.org/2019/bad-mergentheim_main-tauber-kreis_bw.html).
Veteranen des Ersten Weltkrieges waren die gebürtigen Lohrer Ludwig Rothschild
(1887-1966) und Bruno Rothschild (1900-1932), beide aus den bekannten Lohrer
Familien Emanuel und Hermann Rothschild am Oberen Marktplatz (s.u.).
Möglicherweise waren auch andere jüdische Männer aus Lohr im Feld, deren Namen
wir aber nicht kennen. Im Betsaal der Synagoge von 1871 in der Fischergasse hing
jedenfalls eine eicherne Gedenktafel in Deutsch und Hebräisch, die namentlich an
alle jüdischen Weltkriegsteilnehmer aus Lohr erinnerte. Diese Tafel ist seit der
Pogromnacht 1938 verschollen.
In der Heil- und Pflegeanstalt (Staatliche Anstalt) in Lohr gab es für
jüdische Heiminsassen eine rituelle Abteilung des "Fürsorgevereins
für israelitische Nerven- und Geisteskranke" in Aschaffenburg.
Diese besondere Abteilung war 1918 eingerichtet worden. Der Fürsorgeverein aus
Aschaffenburg sorgte für die aus ganz Unterfranken stammenden jüdischen
Patienten in Lohr für die rituelle (koschere) Verpflegung. Auch
seelsorgerliche Betreuung erfuhren die Patienten und Patientinnen, u.a. durch
den Bezirksrabbiner aus Aschaffenburg. Da anfangs das Essen in der Stadt
zubereitet wurde, erbaute der Verein aus Spendenmitteln eigens ein
Küchengebäude, den sog. "Israelitischen Pavillon" auf dem Gelände der Anstalt.
Im Lohrer Volksmund ist das Gebäude nur unter dem Namen "Juddeküch" bekannt
gewesen. Ab Oktober 1924 wurde der streng religiöse Lehrer a.D. Simon Strauß aus
dem hessischen Burghaunbach vom Fürsorgeverein als Geschäfts- und Betriebsleiter
für die diesen Küchenbetrieb eingestellt. Seine Frau Sara führte die Küche
ehrenamtlich. Auch die seelsorgerische Betreuung der Patienten übernahm er. Seit
2019 erinnert an ihn und seine Frau eine Gedenktafel am damaligen Ort ihres
Wirkens, am "Israelitischen Pavillon", ebenso eine Tafel, die den
"Israelitischen Pavillon" erklärt (zum Pavillon und den unten ausführlich
wiedergegebenen Bemühungen des Aschaffenburger Fürsorgevereins Wolfgang Vorwerk:
Der ehemalige "Israelitische Pavillon" auf dem Gelände des heutigen
Bezirkskrankenhauses am Sommerberg. In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und
Museumsvereins e.V. 2019.
Online
eingestellt. Zu Simon Strauß ders. ebenda: Simon Strauß – ein Lehrer und
Seelsorger mit Leib und Seele und ein Menschenfreund (1887-1940).
Online eingestellt.
Um 1924, als 40 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (0,7 % von insgesamt
etwa 6.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Hayum Winheimer, Alfred
Strauß und H. Meyer. Winheimer als 1. Vorstand gab auch die Presseerklärung der
Gemeinde in der Lohrer Zeitung vom 1. April 1924 ab. Darin heißt es: man wünsche
sich "nichts sehnlicher, als mit allen christlichen Mitbürgern nach wie vor in
Frieden und Eintracht weiter zu leben." Hintergrund: Bei einer Wahlveranstaltung
des "Völkischen Blocks" in Lohr 1924 hatte der völkische Redner die Juden
"Kinder des Teufels" genannt, worauf der spätere "jüdische Kaplan" (so der
"Israelit" s.u.) Bruno Rothschild die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Marias
in Frage stellte. Dies wiederum rief die beiden Stadtpfarrer mit der Forderung
auf den Plan, die jüdische Gemeinde möge sich umgehend davon distanzieren. Dies
tat Winheimer, der die Äußerung Rothschilds in der oben genannten Erklärung vom
1. April 1924 "schärfstens" verurteilte.
Möglicherweise schon ab 1926, mit Sicherheit aber ab 1929 war Simon Strauß auch
gewählter Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Lohr (1. Vors.) Über
Beisitzer und Schatzmeister gibt es nur unvollständige Angaben, da es für die
Zeit ab 1913, wie oben erwähnt, seit der Pogromnacht 1938 das erwähnte zweite
Protokollbuch der Gemeinde nicht mehr gibt. In der Amtszeit 1932/1933/1934
assistierten Simon Strauß Hermann Rothschild (Beisitzer) und Jakob Markus
(Schatzmeister). .
1933 lebten einschließlich der Patienten der Heil- und Pflegeanstalt (ca. 25) 70
jüdische Personen in Lohr (1,1 % von insgesamt 6.133 Einwohnern). Mit Beginn
der NS-Zeit setzten auch in Lohr der wirtschaftliche Boykott und die ständig
zunehmenden Repressalien ein. Schon bald erfuhr man in Lohr vom tragischen
Schicksal des 21-jährigen Arthur Kahn aus
Gemünden, der 1928/1929 Absolvent des Lohrer Gymnasiums und in Lohr noch
bekannt und bei seinen Klassenkameraden beliebt war. Im April 1933 wurde er in
Nürnberg willkürlich festgenommen und bald darauf mit drei anderen Häftlingen im
KZ Dachau "auf der Flucht" erschossen. Ein Lohrer Klassenkamerad: "Das war immer
der Jargon der KZ-Mörder."
Gleich 1933 nach Machtübernahme begann der Exodus. So emigrierten zwischen 1932
und 1936 acht Personen aus zwei Lohrer jüdischen Familien nach Palästina, eine
weitere nach Italien und eine Person in die USA. Bis zum November 1938 konnten
weitere acht Gemeindemitglieder in die USA auswandern und dort ein Bleiberecht
erlangen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde von SA-Leuten
die Synagoge geschändet und die Inneneinrichtung zerstört (s.u.), danach
wurden auch zahlreiche jüdische Häuser überfallen und das Innere teils mit Äxten
zerschlagen. Der gesamte Warenvorrat eines
jüdischen Geschäfts wurde vernichtet; aus einem der jüdischen Häuser wurde
die Inneneinrichtung auf die Straße geschleppt und verbrannt. Die männlichen
Einwohner der Gemeinde, auch der betagte Kultusvorstand Simon Strauß, wurden am
Abend des 10. November 1938 festgenommen, mehrere an den Folgetagen in die KZ's Dachau und Buchenwald verschleppt
(vgl. unten Abschnitt
über die von Verhaftungen beim Novemberpogrom 1938 betroffenen jüdischen
Geschäftsleute). Simon Strauß wurde am 18. November wieder freigelassen. In
der Folgezeit (1939-1941) gelang unter dem Schock der Erfahrung, als Bürger dem
Terror schutzlos ausgeliefert zu sein, fast allen restlichen jüdischen
Einwohnern die Stadt - insgesamt weiteren 17 – die Auswanderung (in die USA,
nach England und Argentinien). Acht gebürtige Lohrer, die schon länger aus
beruflichen Gründen in anderen deutschen Städten lebten oder dort verheiratet
waren, konnten ebenfalls zwischen 1933/1934 und 1941 mit ihren Familien in die
USA, nach England, Italien und Kolumbien auswandern. Alle verloren durch die
sog. "Arisierung" und anschließende Auswanderung ihr Hab und Gut, retteten so
aber ihr Leben. Normale Todesfälle in den 30er Jahren gab es in der jüdischen
Gemeinde Lohrs fünf, die von den 1933 mitgezählten etwa 70 jüdischen Personen
abzuziehen sind. Direktdeportationen aus der jüdischen Stadtgemeinde Lohr gab es
keine, sie erfolgten aus anderen Städten. Eine Frankfurter Jüdin, die sich in
Lohr versteckt hielt, aber noch im März 1945 von der Gestapo Würzburg nach
Theresienstadt deportiert werden sollte, konnte mit Hilfe ihres nichtjüdischen
Mannes fliehen und nach dem Kriege in die USA auswandern. Zu den Namen der Opfer
auch aus der Heil- und Pflegeanstalt siehe sogleich unten. Zu Kriegsende 1945
gab es in Lohr nur noch eine, zumindest nach den Nürnberger Rassegesetzen in
sogenannter "Mischehe" lebende Frau aus Steinbach: Maria Barbara Zenker geb.
Kahn (1879) aus Steinbach. Bei Heirat mit dem Lohrer Tünchnermeister Zenker um
1900 war sie zum katholischen Glauben übergetreten. Sie war während der
Nazi-Zeit insgesamt unbehelligt geblieben. Auf die Anzeige hin, sie habe sich
nicht den für jede Jüdin vorgeschriebenen Namen Sara zugelegt, verurteilte sie
das Amtsgericht Lohr zu einer Geldstrafe von 100 RM. Der Lohrer Kaufmann Alfons
Söder (1902-1970), Sohn eines Lohrer Ehrenbürgers, konnte demgegenüber seine
jüdische Ehefrau aus Angermünde, die er in Paris heiratete und mit der er dort
lebte, nach der deutschen Besetzung Frankreichs nicht vor der Deportation nach
Auschwitz bewahren.
In der Heil- und Pflegeanstalt konnten die jüdischen Heimbewohner bis
1938 einigermaßen ungestört wohnen. Sie erfuhren auch weiterhin Betreuung von
dem schon genannten Simon Strauß. Er musste mit ansehen, wie in der
Reichspogromnacht 1938 auch der oben genannte "israelitische Pavillon" (Foto
unten) mit seinem Küchentrakt für die rituelle Versorgung der Kranken in der
Anstalt von zwei SA-Leuten heimgesucht wurde: die koscheren Lebensmittelvorräte
wurden unbrauchbar gemacht, die Einrichtung verwüstet. Das im Eigentum des
Fürsorgevereins befindliche Gebäude wurde bald darauf "arisiert". Simon Strauß
wurde nach einer wohl in der Lohrer Haft erzwungenen Erklärung, nach Palästina
auswandern zu wollen, die Wohnung gekündigt, so dass er im März 1939 Lohr
verlassen musste. Ein Aktenvermerk der Anstaltsverwaltung belegt dies. Er musste
damit auch seine von ihm betreuten Patienten ihrem Schicksal überlassen. Damals
gab es in der Anstalt noch 20 jüdische Kranke, die im September 1940 wie alle
jüdischen Patienten in den bayerischen Anstalten auf Anordnung des
Innenministeriums zunächst in die Anstalt Egelfing-Haar bei München verbracht
wurden. Die 20 Namen der aus der Heil- und Pflegeanstalt aus Lohr deportierten
Patientinnen und Patienten : Leo Baumblatt (1876), Markus Blum (1911), Frieda
Blumenthal (1897), Max Frank (1908), Karolina, Karoline Hamburger (1869 ), Meta
Hamburger (1889), Isabella Hichenberg (1874), Gitta Krämer (1904), Abraham Lamm
(1881), Rosa Lindenberger (1885), David Loebenberg(1891), Wilhelm Neumann
(1881), Mina Nußbaum (1881), Karl Rosenberger (1887), Bernhard Steinhardt(1884),
Julius Julian Tannenwald (1890), Heinrich Weil (1909), Getty Betty Weinstock
(1890), Siegfried Wohlfarth (1886), Arnold Stern (1917). Die Namen finden sich
mit zusätzlichen Informationen auch bei Wolfgang Vorwerk, "Ein Wiedersehen gibt
es nur im Himmel"
Online
eingestellt (pdf-Datei) auf S. 225-228. Von Egelfing-Haar wurden die Lohrer
Anstaltsinsassen am 20. September 1940 angeblich in die Anstalt Cholm/Polen
verbracht. Im Juli 1941 wurde der Tod von 15 Patienten in Cholm dem Landratsamt
Lohr gemeldet. In Wirklichkeit waren jedoch alle in der Tötungsanstalt Hartheim
bei Linz in Oberösterreich am 20. September 1940 ermordet worden. Der jüdischen und nichtjüdischen Euthanasieopfer aus Lohr gedenkt
man seit 1993. Seit 2019 geschieht dies durch ein neues Mahnmal "Turm der
Erinnerung" der Bildhauerin Heide Metz auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses.
Eine Stele gibt Erläuterungen.
Anmerkung: die Anstalt Cholm bei Lublin/Polen existierte in Wirklichkeit gar nicht.
Alle, die mit diesem Todesort gemeldet wurden, sind im Rahmen der T-4-Aktion in
den 1940/41 existierenden sechs großen Mord-Anstalten ermordet worden. Eine
angebliche Verlegung nach "Cholm" und die diesbezügliche
Benachrichtigung der Angehörigen geschah nur, um noch für längere Zeit,
obwohl die Personen bereits tot waren, Pflegekosten von der Reichsvereinigung
kassieren zu können. Siehe Beitrag von Christiane Hoss: Die jüdischen
Patienten in rheinischen Anstalten zur Zeit des Nationalsozialismus. In: Verlegt
nach Unbekannt. Sterilisation und Euthanasie in Galkhausen 1933-1945. Hrsg. von
Matthias Leipert/Rudolf Stirnal/Winfried Schwarzer. Köln
1987.
Von den in Lohr geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Renate Götz geb. Neugass
(1890), Else Goldbach geb. Markus (1892), Manfred Jordan
(1905), Benno Kahn (geb. 1880 in Steinbach), Meta Kahn geb. Kahn (1891), Karoline (Lina) Manasse
geb. Löwenthal (1867), Therese Pappenheimer geb. Kahn (1895), Fanny Rosenthal
geb. Kahn (1853 in Steinbach), Bernhard Rothschild (1885), Isaak Rothschild
(1879), Sophie Rosa Rothschild geb. Herrmann (1882), Joseph Schloßmann (1860 in
Wiesenfeld), Jakob Stern (1894), Lotte Stern (1925), Ida Strauß geb. Baumann (1871), Josef
Strauß (1923), Rebecka Weil geb. Eisemann (1859 in Steinbach).
Eine am 11. November 2019 vom Lohrer Bürgermeister Dr. Mario Paul enthüllte
Gedenktafel nennt die Namen dieser 17 Opfer und die Tötungsorte. Die Tafel
befindet sich auf einem Gedenkstein beim o.g. Kriegerdenkmal in der
Grafen-von-Rieneck-Straße. Sie ergänzt eine Tafel von 1991, auf der ohne Nennung
von Einzelnamen bereits in allgemeiner Form "der ehemaligen jüdischen Mitbürger
und aller NS-Opfer" gedacht wird. Siehe Fotos und Zusammenstellung der
Gedenkorte unten.
Siehe hierzu auch den Aufsatz von Wolfgang Vorwerk von 2017 über die genannten
Opfer: "Ein Wiedersehen gibt es nur im Himmel."
Online
eingestellt (pdf-Datei). Über das Opfer-Schicksal von Isaak Rothschild (geb.
1879) und seiner Frau Sophie Rosa Rothschild (geb. 1882) und das Schicksal aller
anderen in Lohr geborenen oder hier aufgewachsenen Lohrer siehe ders.: Das
Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger Lohrs im Nationalsozialismus. In:
Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins Lohr a.Main e.V. 2018.
Online eingestellt; vgl. auch den Artikel von Wolfgang Vorwerk im "Lohrer
Echo" vom 9. November 2017: "Stolperstein erinnert an Steinbacher Juden.
Judenverfolgung: Rebecka Weil, die Tochter des letzten Rabbiners im Steinbacher
Judenhof..." (Online
eingestellt; jpg-Datei).
Hinweise (nach Angaben von Wolfgang Vorwerk): der in einigen Listen zu Lohr
aufgeführte Salomon Gans (1882) ist nicht in Lohr, sondern im ostfriesischen Leer
geboren (Nachweis im
Gedenkbuch des Bundesarchivs), gleichfalls gehört Max Frank (1908) zur
Liste von Leer; Auguste Löb geb. Hannover (1871) ist nicht
in Lohr, sondern in Lahr geboren (Nachweis
im Gedenkbuch des Bundesarchivs), Julius Schafheimer (1902) ist in Lohrhaupten
geboren (Nachweis im
Gedenkbuch des Bundesarchivs). Zu Hugo Kohn (1899 oder 1900), der nach Yad
Vashem in Lohr geboren sein soll, finden sich keine Nachweise in Lohr.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer (in Ergänzung zu den obigen Ausführungen zu den verschiedenen
jüdischen Lehrern in Lohr)
Ausschreibungen der Lehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle 1869 / 1872
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1869:
"Lehrer-Gesuch. Die israelitische Kultusgemeinde Lohr am Main sucht
einen Lehrer, der zugleich die Vorbeter- und Schächterstelle versehen
kann. Einkünfte circa 300 Gulden nebst freier Wohnung und Holz. Auch ist
auf bedeutende Nebenverdienste, besonders in fremden Sprachen, sicher zu
rechnen. Eintritt kann sogleich erfolgen. Gefällige Offerten sind zu
richten an
S.H. Selig, Vorstand." |
Anm.: Die obige Anzeige erfolgte mit dem
Ziel des Lohrer Vorstands der jüdischen Gemeinde, Samuel Selig (vormals
Steinbach), einen Nachfolger für den Lehrer Jonas Löwenthal in Lohr zu
finden, der eine Stelle als Lehrer in
Sommerhausen am Main angetreten hat. |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. März 1872:
"Für die israelitische Gemeinde zu Lohr am Main wird ein Lehrer,
Vorsänger und Schächter, mit einem jährlichen fixen Gehalt von 200
Gulden, schöner, freier Wohnung und 2 Klafter Holz, zu engagieren
gesucht. Ferner ist anzunehmen, dass die Schächterfunktion 60 bis 70
Gulden jährlich einträgt. Auch ist dem Lehrer Zeit und Gelegenheit
geboten, noch bedeutende Nebenverdienste zu erwerben.
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde zu Lohr F. Hirsch." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1872: "Die
israelitische Gemeinde zu Lohr am Main sucht einen Lehrer, Vorbeter und
Schächter mit einem jährlichen fixen Gehalte von 200 Gulden, schöner Wohnung
und zwei Klafter Holz. Nebenverdienste werden 50 Gulden gesichert. Auch trägt
die Schächterfunktion jährlich ca. 60 Gulden ein. Ferner ist einem tüchtigen
Lehrer hier Gelegenheit geboten, noch bedeutende Nebenverdienste zu
erwerben.
F. Hirsch, Vorstand." |
Anmerkung: Der Vorstand der jüdischen
Gemeinde, Feist Hirsch, musste sich für die Gemeinde erneut nach einem
Lehrer umschauen, da ein 1871 probeweise auf ein Jahr eingestellter Lehrer
bereits vor Ablauf der Jahresfrist Lohr wieder verlassen hat. Die Suche war
erfolgreich. Ab Anfang 1873 kam ein Lehrer namens Benjamin Straus nach Lohr.
Zwischendurch wird sicher der Steinbacher Lehrer Lazarus Eisemann immer
wieder ausgeholfen haben. Siehe im Einzelnen oben. |
Zum Tod von Amalie Löwenthal, Witwe des Lehrers J. Löwenthal
(1928)
Anmerkung: es ist heute durch gefundene Belege
gesichert, dass Lehrer Jonas Löwenthal in Lohr tätig gewesen ist. In
Karbach war er vor 1865; im Zeitraum zwischen
1865 und 1869 (s.o. erneute Ausschreibung der Stelle 1869) war er in Lohr
angestellt. Anschließend in Sommerhausen.
Siehe auch den folgenden Text.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1928: "Frau
Amalie Löwenthal - sie ruhe in Frieden. Im hohen Alter von
fast 87 Jahren verschied plötzlich am ersten Tag der sieben Wochen des
Trostes (erster Tag ist der 10. Aw = 27. Juli 1928) Frau Amalie
Löwenthal, die Gattin des ihr um etwa zwei Jahrzehnte im Tode
vorausgegangenen, als besonders gottesfürchtiger Mann allbekannten
Lehrers und Schochets J. Löwenthal - seligen Andenkens.
Unermüdlich war sie darauf bedacht, ihr Haus zu einem kleinen Heiligtum
zu gestalten und die von ihr und ihrem Gatten gehegten Ideale zur
Entfaltung zu bringen, was ihr auch gelungen ist. In den Gemeinden Karbach,
Lohr und Sommerhausen in
Bayern hatte sie reichlich Gelegenheit, mustergültig und beispielgebend
zu wirken. Später zog sie mit ihrem Gatten hierher (= Frankfurt). Nach
dem Heimgang ihres Gatten und der Verheiratung ihrer Kinder zog sie sich
zurück, sich an dem Gedeihen ihrer Kinder und Enkel erfreuend. Möge
ihnen allen der Verdienst der frommen Frau beistehen. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Anmerkung: Zu den erwähnten "Kindern"
haben wir Kenntnis von zwei Töchtern der Löwenthals: von Tochter Karoline
(Lina), geboren am 1.Oktober 1867 während der oben genannten Anstellung
ihres Vaters, des Religionslehrers J. Löwenthal, in Lohr (1865-1869). Sie
wurde als verheiratete Manasse am 3. Oktober 1942 von Berlin aus nach
Theresienstadt deportiert, wo sie am 9. November 1942 umgekommen ist (siehe
oben die Lohrer Opferliste). Löwenthals zweite Tochter Jenny (geb.
1890) befand sich mit Karoline 1942 in Theresienstadt. Sie war eine
verheiratete Bär. Ermordet wurde sie 1944 in Auschwitz.
Gedenkbuch - Opfer der
Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in
Deutschland 1933-1945. Siehe auch "Ein Wiedersehen gibt es nur im
Himmel!" - Jüdische NS-Opfer aus Lohr. In: Lohrer Jahrbuch des
Geschichts-und Museumsvereins 2017.
Online eingestellt (pdf-Datei), S. 204-207.
|
Zum Tod von Lehrer Lazarus Eisemann in Ergänzung zu den obigen Ausführungen zu
Lazarus Eisemann (Elieser Bar Schlomo Eisemann; gest.
November 1888; seit ca. 1848
Lehrer in Steinbach, später auch für Lohr
zuständig)
Ausführlich auch wie schon oben
genannt: Wolfgang Vorwerk im "Lohrer Echo" vom 9. November 2017: "Stolperstein
erinnert an Steinbacher Juden. Judenverfolgung: Rebecka Weil, die Tochter des
letzten Rabbiners im Steinbacher Judenhof..." (Artikel
eingestellt als jpg-Datei).
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1889: "Aus
Unterfranken. Ihr geschätztes Blatt, das seine Spalten jederzeit gern dem
wohlverdienten Nachruhme eines echten und wahren Jehudi öffnet,
wird wohl bereitwillig einem Manne ein Gedenkblatt widmen, der von einigen
Monaten unserem Nachbarort Steinbach durch den Tod entrissen und in ein
besseres Jenseits eingeführt wurde.
Ist in jedem Orte, selbst in größeren Städten und Kehillot das
Hinscheiden eines hervorragenden, im Dienste der Menschheit stehenden
Mannes ein merklicher Verluste, so hinterlässt eine solche Person in
kleineren Gemeinden und Orten eine oft unausfüllbare Leere.
Namentlich die Talmudgelehrten und Jugendlehrer, die neben der
profanen seminaristischen Bildung auch eine tiefergehende Kenntnis der
hebräischen Fachliteratur besitzen, werden auf dem Lande leider immer
seltener, Männer, deren Praxis und Gewandtheit in den verschiedenen rabbinischen
und der Halacha entsprechenden Entscheidungen wir jüngeren Kollegen
bewundern, vermisst man oft schmerzlicher als man glauben möchte. Mit dem
Hintritte solcher Amtsgenossen versiegt oft eine lebendige Quelle, aus der
wir gern und für unseren Beruf sehr Wertvolles geschöpft,
ver- |
stummt
oft der Mund, an den sich die Landbewohner in vielen rituellen Fragen
vertrauensvoll wenden konnten.
Einen solchen Religionslehrer hat vor einigen Monaten das schlichte
Frankendörfchen Steinbach am Main zu Grabe getragen. Im Alter von
83 Jahren musste ihr Jugendbildner Rabbi Elieser Bar Schlomo Sew,
Herr Lazarus Eisemann, das Zeitliche segnen und den irdischen Kreis seiner
Lieben verlassen. Mehr denn 40 Jahre fungierte er in genanntem Orte als
Lehrer, Vorbeter und Schochet, letzteres Amt auch in den
Nachbargemeinden Wiesenfeld und Lohr lange Zeit ausübend. Als der
Sohn frommer Eltern zu Orb geboren,
führte der Verblichene schon frühzeitig aufrichtiges und warmes
Interesse für unsere heilige Tora und studierte fleißig deren
Lehren, indem er in Hanau und Kissingen aufmerksam zu den Füßen
gelehrter Rabbinen gesessen und sich jederzeit deren Zufriedenheit zu
erfreuen hatte. 'Oft' erzählte er, 'saß ich in kalten Winternächsten
einsam in meinem kleinen, ungeheizten Dachkämmerlein, eifrig meinem
Studium obliegend, und gar manchmal erlosch mein Öllämpchen erst, wenn
des Tages Grauen im Osten bereits heraufdämmerte.' Nebenbei genoss er von
tüchtigen Professoren auch in profanen Wissenschaften Privatunterricht,
um so seinem Ziele, Lehrer zu werden, immer näher zu rücken. Es gelang
ihm, am königlichen Schullehrerseminar zu Würzburg eine Prüfung
abzulegen, nach deren Beendigung ihm das Reihezeugnis mit der Bemerkung:
'Sehr gut vorbereitet' zugestellt wurde.
Nach mehrmaligem Stellenwechsel wurde ihm Steinbach übertragen, woselbst
er auch dann noch verblieb, als die jüdische Gemeinde durch Wegzug vieler
Familien immer kleiner ward - er wollte das Rabbinat des unvergesslichen,
weltberühmten Rabbiners Jizchak Dow Halewi Bamberger - das Andenken an
den Gerechten ist zum Segen - (= Seligmann Bär Bamberger) nicht
verlassen, da er nicht nur dessen Achtung als einem treuen, pflichteifrigen
Untergegebenen gegenüber, sondern auch dessen wärmste Freundschaft im
hohem Grade besaß. Ebenso stand der Entschlafene bei seiner weltlichen Schulbehörde
in rühmenswertem Ansehen, das er sich durch gute Prüfungsresultate
alljährlich aufs Neue zu erstreben wusste. Er verstand es eben, durch
eigene Begeisterung auch die Kinder für Tugend und Religion zu entflammen
und ihnen mit leichter Mühe die verschiedenen Pensen des
Religionsunterrichtes erledigen zu helfen. Alle seine Schüler und
Schülerinnen, von denen doch die meisten schon erwachsen und verheiratet,
haben Gott sei Dank einen wahren, aufrichtigen religiösen Sinn und
gelten als treue Anhänger des unverfälschten Judentums.
Sein Amt als Schochet verwaltete er mit ängst- |
licher
Gewissenhaftigkeit; unter den schwierigsten Verhältnissen, in die ihn oft
gewissenlose Metzger und mancher abgesetzte Amtsbruder verleumderischer
Weise zwangen, ließ er sich nicht beirren, fest und ohne Wanken seinen
Posten zu behaupten, den falschen Anschuldigungen mit gerechten Waffen zu
begegnen, und stets hatte er am Schlusse des Kampfes die Genugtuung,
siegreich aus demselben hervorgegangen zu sein.
Auch dem Kantordienste war er voll und ganz gewachsen. Mit lieblicher
Stimme begabt, sang er ergreifende Melodien zum Lobe des Schöpfers und
wusste namentlich an den heiligen ehrfurchtgebietenden Tagen durch warmen
und ernsten, den Worten des Textes entsprechenden Vortrag seine Gemeinde
und Zuhörer zur Andacht zu stimmen.
Von gleich wohltätiger Wirkung waren die häufig gehaltenen religiösen
Predigten des Verstorbenen. Mochte er hierbei ein 'Schiur Sefer'
(Lehrvortrag aus einem Buch) oder einen selbst ausgearbeiteten Vortrag
halten, immer sprach er in begeisterndem Tone, immer mehrte man, wie seine
edlen Worte aus der Tiefe der Empfindung flossen und immer drangen sie zu
Herzen, dieses mit Mut und frischer Kraft belebend für die Erfüllung
unserer hohen Menschenaufgabe.
Nach Erledigung seiner Amtspflichten war die Beschäftigung mit Worten der
Tora seine liebste Unterhaltung. Bis kurz vor seinem Tode saß er
allnächtlich um 11, 12 noch an seinem Tische und studierte in den
verschiedenen Büchern der heiligen Schrift. Gar nie beteiligt er sich an
Gesprächen von nichtigen Dingen: wurde in seinem Zimmer noch so laut von
den Anwesenden über gleichgültige Dinge des Lebens debattiert, er blieb
ungestört über seinem Buch gebeugt und erquickte sich an den
lauteren Wahrheiten unserer heiligen Tora.
Allein trotz dieses Indifferentismus gegen die Außenwelt begegnete er
dennoch jedermann mit freundlicher Miene, stand allen mit Rat und Tat bei
und übte, wo er immer konnte, Wohltätigkeit gerne aus.
Es ist daher nicht zu verwundern, wenn der sanft Dahingeschiedene bei
allen Bekannten hoch geachtet und geehrt wurde. Sein Leichenbegängnis
bewies auch genugsam, welche liebevolle Anhänglichkeit und Zuneigung ihm
allenthalten zuteil ward, eine starke Beteiligung seitens der
Nachbargemeinden gab beredtes Zeugnis von dem herben Verluste, den die
trauernde Familie und Gemeinde erlitten. Von seinen 4 Kindern - sie
mögen leben -, die Gott sei Dank alle im Geiste unserer
erhabenen Religion erzogen und herangebildet wurden, konnten nur 2
telegraphisch zur Beerdigung berufen werden. Der eine Sohn,
gleichfalls |
Lehrer*,
hob im Sterbehause unter fließenden Tränen den großen Schmerz hervor,
der die Brust der Hinterbliebenen durchbebte, beklagte mit Recht die nun
für immer verwaiste Stätte, an der seither so viel Tora gelehrt und
gelernt wurde, schilderte den wehmütigen Anblick, den fortan der
Synagogenbau mit seinen geschlossenen Türen und Fensterläden jedem
Vorübergegenden bieten wird, da kein Minjan (für den Gottesdienst
nötige Zahl von 10 Männern) mehr am Orte und die überlebende Witwe - sie
möge leben - Steinbach verlassen und bei ihrem Sohne zu Westheim*
(bei Hammelburg) ihr
Domizil bereits genommen.
Möge sie, die würdige, durch edle Geistes- und reine Herzensbildung
gleich hochstehende Gattin des Verklärten beruhigenden Trost finden und
sich in dem Gedanken stärken, dass sie bei liebevollen, dankbaren Kindern
weilt und ihr entschlafener Gatte nunmehr allen irdischen Mühseligkeiten
enthoben, wie ein Stern der Morgenröte lichtumflossen mit allen
den Frommen im Garten Eden vereint ist, des reichen Lohnes eine
tugendhaften, verdienstvollen Lebens unaufhörlich sich labend und
erfreuend. G." |
|
* gemeint Lehrer Salomon Eisemann (1860
in Steinbach - 1930 in Würzburg, siehe Bericht zu seinem Tod unten) - weitere Angaben zu dessen
Familie siehe auf der Seite zu
Westheim. |
|
Neben Salomon Eisemann (geb. 1860) hatte
Lehrer Lazarus Eisemann einen weiteren Sohn und zwei Töchter. |
Eine
der beiden Töchter von Lehrer Eisemann war Rebekka (Ricka) Weil geb. Eisemann, geb. 9. März 1859 in Steinbach, umgekommen am 10. Oktober
1942 im Ghetto Theresienstadt.
Quelle für die Todesfallanzeige siehe den Totenschein aus Theresienstadt (links) http://www.holocaust.cz/databaze-dokumentu/dokument/86282-weil-rebekka-oznameni-o-umrti-ghetto-terezin/
Kinder von Rebekka Weil waren: Lazarus Weil (später in New York), Leopold
Weil (geb. 29.8.1888) und Cilly (geb. 23.6.1891); zum Leben von Rebekka
und ihren Eltern siehe auch nochmals Wolfgang Vorwerk: "Ein Wiedersehen gibt
es nur im Himmel"
Online eingestellt (pdf-Datei) S. 222 und S. 231-235. |
|
Grabstein
für Lehrer Lazarus Eisemann im jüdischen
Friedhof Laudenbach. Inschrift mit einem charakteristischen Akrostichon
"Elieser" (hervorgehobene Buchstaben rechts am Rand von oben nach unten - Zeilen 5-10)
Inschrift erste und letzte Zeilen: "Hier ruht der Chawer Elieser Bar Schlomo
Seew Eisenmann (falsch statt Eisemann), Lehrer der Kinder in der Heiligen Gemeinde Steinbach...
Er starb am Mittwoch, 17. und wurde begraben am Donnerstag 18. Kislev (5)649."
Demnach starb Eisemann am Mittwoch, 21. November und wurde am Donnerstag, 22. November 1888
im Friedhof Laudenbach beigesetzt.
(Foto von Georg Schnabel, erstellt im November 2017) |
Zum Tod von Lehrer Salomon Eisemann
(geb. 1860 in Steinbach als Sohn des Steinbacher Lehrers Lazarus Eisemann, gest. 1930 in Würzburg)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Oktober 1930: "Salomon Eisemann - seligen Andenkens, Würzburg.
Unbarmherzig hält der Tod reiche Ernte in den Reihen der bayerischen
jüdischen Lehrer. Nach Marx Gutmann, Wolf, Nußbaum, Rosenblatt aufs neue
ein schwerer, schmerzlicher Verlust. Am 1. Elul, dem Tage, an welchem
Bayerns jüdische Lehrer zur Fünfzigjahresfeier des 'Jüdischen
Lehrervereins' versammelt waren, hauchte nach schwerem Krankenlager, in
fast vollendetem 70. Lebensjahre Salomon Eisemann - seligen Andenkens -
seine fromme Seele aus.
Die unerwartete Kunde von dem Tode dieses Edelmenschen löste in allen
Herzen des großen Freundes- und Bekanntenkreises und besonders bei den
zum Feste versammelten Amtsgenossen, die um eben diese Stunde sich zur
Rückfahrt in die Heimat rüsteten, tiefe Trauer und Wehmut aus.
Mit Salomon Eisemann - seligen Andenkens - hat ein seltenes Leben geendet,
hat eine starke, charaktervolle Persönlichkeit ihre Vollendung gefunden.
Kluger Sinn, reiche Menschenliebe, Güte, Vornehmheit und Milde zeichneten
diesen schlichten, allzu bescheidenen Mann aus. Tiefe Frömmigkeit, die
innerster Überzeugung entquoll, beseelte ihn und stellte all sein Tun und
Lassen in den Dienst des Höchsten. Sein Haus war ein Tempel, in dem alle
diese Tugenden ihren Segen ausstrahlten, sodass reinstes Familienglück
blühte, das in der 42 Jahre währenden Ehegemeinschaft niemals auch nur
durch die leiseste Dissonanz getrübt wurde und in dem die Kinder zu
wahren Juden und Menschen heranwuchsen.
Salomon Eisemann gehörte zu jenen adeligen Naturen, die nicht nur mit dem
zahlen, was sie leisten, sondern auch mit dem, was sie sind. Sein
bescheidenes, zurückhaltendes Wesen, das allem Äußeren und
Scheinenwollen abhold war, ließ nur wenig Außenstehende ahnen, welch
edles Herz und welch hoher Geist in diesem Manne, der, wie es von Mose
heißt: ein sehr sanftmütiger Mann war (4. Mose 12,3), wohnten.
Sein allzu früher Heimgang bedeutet denn auch einen schweren Verlust
nicht nur für die trauernd Hinterbliebenen, für Verwandte und Freunde,
sondern auch für die Kultusgemeinde Würzburg, der er seine vielfachen
Kenntnisse in mannigfachen Dienstleistungen zur Verfügung stellte, sowie
für den 'Jüdischen Lehrerverein Bayerns' und die Bezirkskonferenz seines
Wohnortes.
Salomon Eisemann - seligen Andenkens - wurde am 29. November 1860 zu
Steinbach (Unterfranken) geboren. Seine Wiege stand in einem altjüdischen
Elternhause. Die Eindrücke des Elternhauses und der Unterricht des
gelehrten Vaters bildeten eine gute und geeignete Vorbildung für den zukünftigen
Beruf. In der Präparandenschule Höchberg und im
Würzburger Seminar
gehörte er zu den befähigsten Schülern. Sein Lehrerexamen und die
Anstellungsprüfung für den Staatsdienst hatte er mit 'sehr gutem
Erfolge' bestanden, sodass er wohl vorbereitet die Religionslehrerstelle
Haßfurt übernehmen konnte. Schon nach siebenjähriger Tätigkeit als
Religionslehrer wurde der Verblichene durch die Regierung von Unterfranken
an die Volksschullehrerstelle Westheim bei Hammelburg berufen. Die
Berufung an eine staatliche Volks- |
schullehrerstelle
war die Auszeichnung für gute Qualifikation und damals das Wunschziel
aller jüdischen Lehrer. Ein Vierteljahrhundert wirkte er in Westheim als
Lehrer, Chasan und Schochet. Erfolgreich war er als Pädagoge tätig, eine
Pestalozzinatur, die in der Erziehung der Jugend ihre Hauptaufgabe sah.
Seine Erfolge waren so groß, weil er als Lehrpersönlichkeit, durch sein
Leben auf die Jugend stark einwirkte und weil, wie bei Pestalozzi, der
Geist seiner Erziehung Liebe war. Durch seinen klugen Sinn und die hohe
Begeisterung ist es ihm gelungen, den göttlichen Funken in den Herzen der
Kinder zu entzünden und durch die Jugend auch auf die Erwachsenen
erzieherisch zu wirken. So war Salomon Eisemann das Musterbild eines
idealen Jugendbildners, dem die allergrößte Anerkennung seiner Behörden
und Vorgesetzten zuteil wurde.
Gesundheitliche Rücksichten zwangen den Dahingeschiedenen im Jahre 1912
in den Ruhestand zu treten. Er siedelte nach Würzburg über. Auch auch
jetzt noch galt sein Streben der Weiter- und Fortbildung. Bei
Trauerfällen tröstete er Leidtragende im Trauerhause durch
trostspendende Worte und während der Omertage folgte ein aufmerksames
Publikum seinen feinsinnigen, geistreichen Vorträgen.
Das Leichenbegängnis des Verlebten gestaltete sich denn auch zu einer großen
Trauerkundgebung. Die geräumige Halle des Würzburger israelitischen
Friedhofes konnte die zahlreichen Teilnehmer aus allen Kreisen der
Gemeinde und den Reihen der Amtsbrüder nicht fassen. An der Bahre entwarf
Bezirksrabbiner Dr. Hanover in tief empfundenen Worten und in
schmerzlicher Klage ein getreues und erschöpfendes Bild von Salomon
Eisemann - seligen Andenkens -. Studiendirektor Stoll entbot im Auftrage
des 'Jüdischen Lehrervereins für Bayern' und namens der
'Bezirkskonferenz Würzburg' die letzten Grüße der Kollegen. Nachdem
noch Oberlehrer Düring für den 'Bayerischen Lehrerverein' und den
'Bezirkslehrerverein Würzburg-Stadt' mit herzlichen Worten Abschied
genommen hatte, sprachen in schmerzbewegten Worten Weil (Hof) im Namen der
weiteren und Dr. Eisemann (Nürnberg) als Sohn im Namen der engeren
Familie Worte des Abschiedes und des Dankes.
So war das Leben des teuren Toten reich an Mühe und Arbeit, aber auch
gesegnet von Erfolgen Glück und Freude.
Wir dürfen von ihm die Worte Friedrich Th. Vischers für seinen toten
Freund Berthold Auerbach sagen: 'In fernen Tagen wird dein Name über
manche Lippen gehen, die in warmem Gespräch dich nennen und ehren und
rühmen. Du bist sterbend nicht gestorben. Leb wohl Toter! Sei gegrüßt,
Lebendiger!' Leopold Weil, Hof a.d. Saale." |
Links: Grabstein für "Hauptlehrer Salomon Eisemann. Geb. 29. Nov.
1860. Gest. 25. Aug. 1930"
im jüdischen Friedhof Würzburg
(Foto von Jürgen Hanke, Kronach). |
Brief des Königlichen Bezirksamtes Lohr den
Religionsunterricht der jüdischen Kinder in Steinbach betreffend den Lehrer
Jacob Weichselbaum in Lohr (1889)
(Dokument erhalten von Leonhard Scherg)
|
|
Der Königliche Bezirksamtmann
teilte am 28. April 1889 der Distriktsschulinspektion Lohr in Frammersbach
mit: "Inhaltlich hoher Regierungs-Entschließung vom 18. dieses
Monats Br. 7841 besteht gegen die Erteilung des Religionsunterrichtes zu
Steinbach seitens des israelitischen Religionslehrers Jakob Weichselbaum
in Adelsberg keine Erinnerung, wovon ich zur eigenen Kenntnisnahme und
Verkündigung der königlichen Lokalschulinspektion Steinbach Mitteilung
zu machen mich beehre."
Anmerkung: nach dem Tode des Steinbacher Lehrers Lazarus Eisemann 1888
musste Ersatz für die Unterrichtung der Steinbacher Kinder gefunden werden.
Offenbar war Jacob Weichselbaum, der ohnehin auch in Lohr unterrichtete, als
Nachfolger für Lazarus Eisemann vorgesehen. Der Bezirksamtmann hat dies
offensichtlich 1889 durch den hier abgebildeten Bescheid gebilligt.
|
Zum Tod von Lehrer Jacob Weichselbaum (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. November 1929: "Adelsberg,
10. November (1929). Lehrer Jacob Weichselbaum hat bei Eingang des Sabbat Paraschat
Bereschit (Schabbat mit der Toralesung Bereschit = 1. Mose 1,1
- 6,8, das war Schabbat, 2. November 1929) seine reine Seele ausgehaucht.
Von seinem Seminaraustritt bis zu seinem unerwarteten Tode, nahezu 46
Jahre, bekleidete er das Amt eines Religionslehrers dahier sowie in den
mitverbundenen Gemeinden Gemünden und Lohr am Main. Unersetzlich ist für
uns sein Verlust. Er war ein Mann von gediegenen weltlichen und
religiösen Kenntnissen. Ein aufrichtiger Charakter, bescheiden,
freundlich, wohltätig. Er genoss großes Ansehen in weiten Kreisen der
Bevölkerung. Der Verlust von zwei hoffnungsvollen Söhnen im Weltkrieg,
von denen der eine ebenfalls den Lehrerberuf erwählt hatte, hat ihn tief
erschüttert. Sein wahrhaftiges Gottvertrauen hielt ihn aufrecht. Seine
Beerdigung gestaltete sich zu einer eindrucksvollen Trauerkundgebung, wie
sie unser Ort noch nie gesehen hat. Seiner Ehrwürden Herr Rabbiner Dr.
Bamberger in Bad Kissingen schilderte tief bewegte den edlen Charakter des
Entschlafenen, seine tiefe Religiosität, sein verdienstvolles Wirken in Schulen,
Synagoge, Haus und Gemeinde und erteilte ihm zu, Schluss für seine
reichen Torakenntnisse den Chawer-Titel. Unter Hinweis auf die
Worte der Haftora (Prophetenabschnitt der Woche = 1. Samuel 20,18-42): 'Und
er sprach zu ihm: Morgen ist Neumond und man wird dich vermissen, weil
dein Sitz leer bleiben wird' (1. Samuel 20,18) rief Oberlehrer
Freudenberger von Thüngen dem lieben Jugendfreund und teuren Amtsbruder
warme Worte des Gedenkens nach und dankte im Namen des Jüdischen Lehrehrvereins
in Bayern für die unablässige Förderung der idealen Bestrebungen dieser
Vereinigung. Tief empfundene Worte des Dankes widmeten dem Entschlafenen
Kultusvorstand Birk für die Gemeinde Gemünden und
Lehrer Strauß - Lohr
für die treueste Pflichterfüllung und für die reichen Erfolge seiner
Erzieher- und Lehrtätigkeit. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens. F."
Anmerkung: Aus der Würdigung des Lebens von Jacob Weichselbaum ergibt sich
unter anderem, dass er das Amt des Religionslehrers "nahezu 46 Jahre" in
Adelsberg,
Gemünden und Lohr bekleidet
hat. Er unterrichtete daher in Lohr ca. ab 1883/1884, sodass in Lohr
mit Weichselbaum über lage Zeit die bislang ständige Suche nach einem Lehrer
ein Ende hatte. |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Mitteilung über Vorstandsneuwahl (1910)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Januar 1910:
"Lohr am Main. Für den zurückgetretenen Leon Strauß ist Bernhard
Hirsch zum Kultusvorstand gewählt worden." |
Anmerkung: Auch das 1. Protokollbuch der
Gemeinde, das 1867 beginnt und 1913 die letzten Vorstandswahlen für den
Zeitraum 1913/1914/1915 protokolliert sowie sonstige Belege bestätigen die
Wahl von Bernhard Hirsch im Jahre 1910. Sein Vorgänger Leon Strauß hat wohl
eine Wiederwahl abgelehnt, weil er seit 1898 und damit insgesamt 12 Jahre
bzw. vier Amtsperioden lang Vorstand der Gemeinde war. Dass sich die
Gemeinde in einer momentanen Krise befand, weil laut Protokollbuch auch
Bernhard Hirsch 1913 eine erneute Wiederwahl ablehnte, lässt sich nicht ganz
ausschließen. Das Bezirksamt verfügte nämlich 1913, dass Hirsch wie bisher
(wohl für ein Jahr) im Amt bleiben müsse. Da der Folgeband, das
2.Protokollbuch für die Jahre 1914 bis 1938 fehlt, haben wir für mehrere
Amtsperioden bislang keinen Beleg dafür, wie es nach Bernhard Hirsch 1914
personell weiterging. Erst ab 1923 befinden wir uns wieder auf sicherem
Boden. 1923/1924/1925 war Hayum Winheimer, ein Lohrer Handelsmann,
Kultusvorstand. Möglicherweise ab 1926, mit Sicherheit aber ab 1929 war
Simon Strauß Nachfolger von Hayum Winheimer. Gemäß einem Lohrer notariellen
Vertrag aus anderem Anlass ("Arisierung der Synagoge") war Simon Strauß am
3. Januar 1938 das letzte Mal vor Auflösung der Gemeinde (1939) im Amt
bestätigt worden. |
Ergänzend eingestellt (erarbeitet von
Wolfgang Vorwerk): Vorstände der Israelitischen Kultusgemeinde Lohr
gemäß den 1. Protokollbuch 1867-1913 (CAHPD/Lo1/3) und ab 1914 gemäß anderen
Quellen, da das 2. Protokollbuch 1914-1938 beim Novemberpogrom 1938
verschwand:
Online eingestellt (pdf-Datei). |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Frummet Gutkind in Steinbach (1884)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1884:
"Nekrolog. Steinbach bei Lohr am Main, den 16. März (1884).
Wiederum hat der unerbittliche Todesengel eine edle Seele ihrer irdischen
Hülle entführt. Am 10. Adar verschied dahier Frau Frummet Gutkind in
ihrem 90. Lebensjahre. Sie war zu Niederstetten
geboren, zu Affaltrach verheiratet
und wohnte sei den letztern Jahren hier, um den Abend ihres Lebens im
Hause ihrer Tochter zuzubringen. Mit der Verblichenen sank ein echtes
jüdisches Weib in Grab, dessen erhabenen Tugenden und edlen Eigenschaften
es verdienen, in weiteren Kreisen bekannt gemacht zu werden. Schon in
frühester Jugend wurde sie für die Wahrhaftigkeit und Heiligkeit unserer
Religion empfänglich gemacht. Sowohl im Hause ihrer Großeltern, als im
Hause ihrer Eltern war der reine ungeschminkte Torageist heimisch. Solange
die Kinder unmündig, waren ständige Hauslehrer engagiert, welche der
ganzen Familie den lautern Born unserer heiligen Religion erschlossen und
sie mit dem Wesen und der Bedeutung der göttlichen Gebote bekannt und
vertraut machten. Das patriarchalische Leben unserer Stammeltern, hatte
sich treulich in ihrem Hause abgespiegelt. Die Eltern waren überall das
leuchtende Vorbild, und die Kinder hatten keinen anderen Wunsch, als den
gelebten Eltern nachzuleben. Eine solche Erziehung kann und muss für die
Beteiligten gute Früchte reifen, und ich darf gestehen, die Aussaat war
bei der nunmehr Verklärten auf keinen unfruchtbaren Boden gefallen. Der
reiche Schatz an Gotteserkenntnis und Gottesfurcht, den sie in ihrem
Elternhause aufgenommen, er hat sich während ihres Lebens zur herrlichen
Blüte entfaltet. Zu jeder Zeit, in jeder Lage hatte sie Gott vor Augen.
Sie mag im Glücke sich gesonnt haben, oder von harten Schicksalsschlägen
- und solche blieben ihr nicht erspart - getroffen worden sein, immer und
überall erkannte sie den Vater aller Geschicke, die weise Leitung der
himmlischen Vorsehung. Jede Regung der Freunde, jede Zuckung des Schmerzes
war Gott geweiht, den sie so sehr geliebt und dessen heilige Gebote mit
der größten Gewissenhaftigkeit und genauester Pünktlichkeit zu
erfüllen bestrebt war. Tagtäglich verweilte sie stundenlang in der
Synagoge, um daselbst ungestört ihr aufrichtiges Gebet zum Allvater empor
zu senden. Sie versäumt es nicht, regelmäßig Psalmen zu sagen,
in ihrem ... und anderen jüdisch-deutschen Büchern zu lesen, und diese
Beschäftigung zog sie der besten Unterhaltung vor. Auf den Ewigen setz
deine Hoffnung, Er wird dich versorgen, war ihr Wahlspruch. Stets -
erzählte sie häufig - habe ich mein Schicksal Gott anheimgegeben, und
immer - setzte sie unter Tränen hinzu - hat er mich erhört und mir geholfen.
- Aber diese tiefernste Gottesfurcht war es nicht allein, von der sie
erfüllt war, auch die ungeheuchelte, edle Menschenliebe sag ihr warm im
Herzen. Freundlich und gefällig gegen Jeden, war sie besonders den Armen
sehr zugetan. Gleich dem Hause unseres Erzvaters Abraham war das ihrige
der Armut geöffnet. Hier hielten alle an, hier rasteten sie, hier legten
sie ihr Gepäck nieder und hier erfreuten sie sich der besten Aufnahme und
Bewirtung. Keiner verließ hungrig ihre Schwelle, und nicht nur leibliche
Nahrung spendete sie, sondern auch Worte der Hoffnung und des Trostes gab
sie dem Wanderer mit auf den Weg, sodass alle leichten Herzens das Haus
verließen.
Bekunden schon diese Tugenden den hohen Adel ihrer Gesinnung, so kamen ihr
noch tiefe Demut und Bescheidenheit zustatten, um sich bei Verwandten und
Bekannten, Israeliten wie Nichtisraeliten, beliebt zu machen. Kinder wie Erwachsenen
unterhielten sich gern mit ihr, sie wusste Jeden durch ihr feines Benehmen
anzuziehen und zu gewinnen. Kein Wunder also, wenn der Tod der Dahingeschiedenen
allgemeine Trauer veranlasst hat. Jeder, zu dem die Kunde von ihrem
plötzlichen Ableben drang, eilte herbei, um ihr die letzte Ehre zu
erweisen. Ihr einziger Wunsch, Gott möge ihr kein langes Krankenlager
bescheiden, ging in Erfüllung. Ohne vorherige Krankheit fühlte sie
abends ihr Ende herannahen, segnete ihre Töchter, reichte ihr die Hand,
wie zum Abschiede, sagte alle Sterbegebete selbst mit und schlummerte dann
sanft und ruhig hinüber ins bessere Jenseits. Dort wird sie nun den
reichlichen Lohn ihres tugendhaften Lebens genießen. Möge der Allgütige
uns und Allen, die um die Hingeschiedene trauern, himmlischen Trost
senden. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Über
die Betreuung der jüdischen Patienten in der Heil- und Pflegeanstalt in
Lohr
vgl. die bei Aschaffenburg
eingestellten Texte
Bemühungen des "Fürsorgevereines für israelitische Nerven- und
Geisteskranke" in Aschaffenburg (1921)
Anmerkung: Die im Folgenden dokumentierten Bemühungen des
Fürsorgevereins um einen eigenen Küchenbau für die koschere Verpflegung der
jüdischen Kranken in Lohr und um einen Seelsorger sind alle berücksichtigt von
Wolfgang Vorwerk in: Der ehemalige "Israelitische Pavillon" auf dem Gelände des
heutigen Bezirkskrankenhauses am Sommerberg. In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts-
und Museumsvereins e.V. 2019.
Online
eingestellt. Zu Simon Strauß ders. ebenda: Simon Strauß – ein Lehrer und
Seelsorger mit Leib und Seele und ein Menschenfreund (1887-1940).
Online eingestellt
Die nachfolgenden Anzeigen und Nachrichten sind in beiden Aufsätzen
berücksichtigt.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1921: "AUFRUF
zur Errichtung eines Heims für israelitische Nerven- und Geisteskranke.
Ein großer Prozentsatz der Nerven- und Geisteskranken gehört der
jüdischen Glaubensgemeinschaft an. An dieser Tatsache darf unsere
humanitäre und religiöse Fürsorge nicht achtlos vorübergehen. Eine
unabweisbare Pflicht der jüdischen Gemeinschaft ist es, ihren Nerven- und
Geisteskranken eine Existenzmöglichkeit zu verschaffen, die ihren
Ansprüchen als Kranken wie als Juden in gleicher Weise gerecht
wird.
Nachdem wir seit Jahren uns die rituelle Verpflegung der israelitischen
Kranken der Heil- und Pflegeanstalt Lohr am Main, die jüdische Patienten
aus ganz Deutschland aufnimmt, haben angelegen sein lassen, ist uns nun
durch Beschluss der bayerischen Staatsbehörde vom 23. August dieses
Jahres auf dem Terrain der genannten Heilanstalt ein größerer Platz zur
Verfügung gestellt worden, um darauf ein Heim für jüdische Nervenkranke
mit allem Zubehör wie Küche, Wohnhaus, Krankenpavillon etc. zu
errichten.
Wir sind nun Danke dem Entgegenkommen der bayerischen Regierung in der
Lage einen Plan zur Ausführung zu bringen, der schon lange ein ernstes
Anliegen aller ist, die Verständnis und Gefühl besitzen für die
bedauernswerte Lage von Kranken, deren Schicksal wie kaum ein anderes
Mitleid herausfordert und Mitleid verdient und deren Los doppelt tragisch
ist, wenn sie sich in ihrer Vereinsamung auch vom Judentum abgeschnitten
fühlen.
An alle, die uns bei der Verwirklichung unseres Planes helfen können,
wenden wir uns mit der Bitte, dass sie uns helfen sollen.
Gebt uns die Mittel in die Hand, den Bau unseres Heims so ausführen zu
können, wie es den Bedürfnissen unserer armen Kranken entspricht! Lasst
Euch nicht zu der irrigen Meinung verleiten, dass jüdische Nervenleidende
mit der Gesundheit ihres Geistes auch das religiöse Bewusstsein
eingebüßt haben. Wer jemals Gelegenheit hatte, zu beobachten, wie
erstaunlich rege und hell in lichten Momenten das jüdische Bewusstsein
auch in kranken Gemütern ist, wie in diesen armen, bedauernswerten Seelen
das religiöse Gewissen nicht erloschen ist, vielmehr bei jeder
Gelegenheit hervorbricht, sobald sich die Patienten nur etwas freier und
wohler fühlen, - wer jemals unter dem erschütternden Eindruck dieser
Tatsache stand, wird uns seine tatkräftige Hilfe nicht versagen.
Groß sind die finanziellen Mittel, deren wir bedürfen, um nur den
Grundstein unseres Werkes legen zu können, Sie zählen in unserer Zeit
der Geldentwertung nach, vielen Tausenden.
Gebt sie uns, damit wir unsere Aufgabe erfüllen können! Zahlungen werden
unter Nr. 3527 an das Postscheckamt Nürnberg erbeten.
Fürsorgeverein für israelitische Nerven- und Geisteskranke: Dr.
Brauer, Distriktsrabbiner, Aschaffenburg und Dr. Stein,, Distriktsrabbiner
Schweinfurt. |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Oktober 1921:
"Aschaffenburg, 28. September (1921). Der rühmlichst bekannte
Fürsorge-Verein für israelitische Nerven- und Geisteskranke in
Aschaffenburg, der sich seit Jahren der rituellen Verpflegung der
jüdischen Kranken in der Heil- und Pflegeanstalt Lohr am Main annimmt,
wird, dank dem Entgegenkommen der bayerischen Regierung, nunmehr bald in
der Lage sein, auf dem Terrain der genannten Heilanstalt ein eigenes Heim
für jüdische Nervenkranke mit allem Zubehör zu erreichten. Wer die
furchtbare seelische Not kennt, die in unzähligen Fällen durch die
Unmöglichkeit der Unterbringung jüdischer Geistes- und Nervenkranker in
ein wahrhaft jüdisches religiöses Milieu hervorgerufen wird, muss die
Bemühungen des Aschaffenburger Vereines aufs dankbarste begrüßen. Bei
dieser Dankbarkeit darf es aber nicht bleiben. Es handelt sich vielmehr
jetzt vor allem darum, die finanziellen Mittel aufzubringen, die zur
Errichtung und inneren Einrichtung des Baues selbst notwendig sind,
nachdem die bayerische Staatsregierung den Grund und Boden unentgeltlich
zur Verfügung gestellt hat. Trotz den großen Kisten, die ein solcher Bau
unter den heutigen Verhältnissen verursacht, kann nicht daran gezweifelt
werden, dass die Mittel in jüdischen Kreisen vorhanden sind, um das
Unternehmen durchzuführen. Möchte nur die rechte Opferfreudigkeit sich
in diesem Falle rasch und wirksam betätigen. Ausdrücklich sei darauf
hingewiesen, dass die Pflegeanstalt jüdische Patienten aus ganz
Deutschland und nicht etwa nur aus Bayern aufnimmt. Wir verweisen auf den
im Inseratenteil der vorigen Nummer enthaltenen Aufruf. Briefliche
Mitteilungen nehmen die Herren Distriktsrabbiner Dr. Breuer, Aschaffenburg
und Dr. Stein, Schweinfurt, entgegen. Zahlungen sind unter Nr. 3527 an das
Postscheckamt Nürnberg erbeten." |
|
Bericht über eine in Lohr abgehaltene Generalversammlung
des Fürsorgevereins für israelitische Nerven- und Gemütskranke (1932)
siehe unter den Texten zur jüdischen
Geschichte in Aschaffenburg. |
Spendenaufruf für den Fürsorge-Verein (1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März 1922: "Aufruf!
Unsere Arbeit steht im Dienste der jüdischen Insassen der staatlichen
Heil- und Pflegeanstalt in Lohr am Main. Jüdische Nerven- und
Geisteskranke aus allen Teilen des Reiches können dort untergebracht
werden und wurden schon in großer Zahl dort untergebracht. Sie werden
durch unseren Verein rituell verpflegt. Ihnen auf dem Gelände der Anstalt
ein eigenes Heim zu schaffen, ist unseres Strebens Ziel.
Nur dann, wenn es gelingt, in weiten Kreisen Verständnis und Mitgefühl
die die jammervolle Lage jener zahlreichen Kranken wachzurufen, denen es
nicht möglich ist, in einem kostspieligen Privat-Sanatorium unterzukommen,
werden wir unser Ziel erreichen.
An Alle, die sich in das Unglück einer jüdischen Familie
hineinversetzen können, die nicht in der Lage ist, einem nervenkranken
Angehörigen entsprechende Unterkunft zu verschaffen, wenden wir uns mit
der Bitte:
Unterstützt unser Fürsorgewerk mit reichen Spenden! Sendet uns namhafte
Beträge, die der heutigen Geldentwertung angepasst sind! Fördert ein
Werk, in welchem sich die Interessen religiöser Fürsorge mit den
edelsten Aufgaben der Nächstenliebe begegnen!
Fürsorge-Verein für israelitische Nerven- und Geisteskranke
e.V.
Dr. Breuer, Distrikts-Rabbiner, Aschaffenburg. Dr. Stein,
Distrikts-Rabbiner, Schweinfurt.
Zahlungen werden unter Nr. 3527 an das Postscheckamt Nürnberg
erbeten." |
Der Fürsorgeverein sucht einen Geschäfts- und Betriebs-Leiter
(1923)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1923:
"Auf dem Gelände der staatlichen Heil- und Pflegeanstalt in Lohr am
Main haben wir zur rituellen Verpflegung der jüdischen Kranken einen
Küchenbau mit schöner Wohnung und großem Garten errichtet. Wir suchen
einen tüchtigen, zuverlässigen, verheirateten Geschäfts- und
Betriebsleiter, der für unseren Verein auch propagandistisch tätig
ist und dessen Frau die Küche übernimmt. Streng religiöse Bewerber
wollen ihre Gesuche mit Referenzen baldigst dem Unterzeichneten einsenden.
Fürsorgeverein für israelitische Nerven- und Geisteskranke e.V.
Dr. Breuer, Distrikts-Rabbiner in Aschaffenburg." |
Zum 70. Geburtstag des Lehrers Simon Strauß, der
seinen Lebensabend als Seelsorger in der Heil- und Pflegeanstalt in Lohr verbrachte
(1937)
(zuvor langjähriger Lehrer in Burghaun)
Anmerkung: siehe ausführlich zu Simon Strauß und seinem Leben und Wirken den
Aufsatz von Wolfgang Vorwerk: Simon Strauß – ein Lehrer und Seelsorger mit Leib
und Seele und ein Menschenfreund (1887-1940).
Online eingestellt.
Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4.
Februar 1937: "Lohr, 2. Februar 1937: "In diesen Tagen begeht
Herr Lehrer i.R. Simon Strauß den siebzigsten Geburtstag. In
Jahrzehntelanger, hingebungsvoller Erzieherarbeit hat Herr Strauß sich
nicht nur einen großen Kreis dankbarer Schüler geschaffen, er hat auch
bei den Mitgliedern der Gemeinden, in denen er wirkte, sich große
Verehrung und Wertschätzung erworben. Seine Pflichttreue, verbunden mit
einer auf gutem jüdischem Wissen aufgebauten toratreuen Überzeugung,
haben sein Ansehen bei all den Menschen gesteigert, mit denen er in
Berührung kam. Mehrere Jahrzehnte wirkte er in der kleinen jüdischen
Gemeinde Burghaun. Es verdient gerade in heutiger Zeit hervorgehoben zu
werden, dass die jüdischen Lehrer in diesen kleinen Gemeinden in
besonderem Maße Träger der Überlieferung sind. Dieser Aufgabe hat Herr
Lehrer Strauß in reichem Maße gedient: Die Liebe, die er ausstreute,
strahlt auf ihn zurück in der Liebe seiner Kinder und Kinderkinder zu
ihm. Im Verein mit seiner gleichgesinnten Gattin spendet Herr Strauß
heute noch den armen unglücklichen Menschen, die in der Heil- und
Pflegeanstalt zu Lohr untergebracht sind, reichen Segen. Möge es ihm
vergönnt sein, noch lange Jahre an der Seite seiner Gattin und im Kreise
seiner Kinder, die ausnahmslos auf toratreuem Standpunkte stehen, in
Glück und Gesundheit zu verbringen. 'Bis 120 Jahre (alles Gute)!'" |
|
Links:
"Der Israelitische Pavillon", der für die rituelle Verpflegung und seelische
Betreuung der jüdischen Geistes- und Nervenkranke in der damaligen sog.
"Heil- und Pfegeanstalt" in Lohr von 1924 bis 1938 zur Verfügung stand. Der
Geschäftsführer war Simon Strauß.
(Foto: Wolfgang Vorwerk) |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen des Manufaktur- und Konfektionsgeschäftes E.
Rothschild (1899 / 1900 / 1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. November 1899:
"Für mein Manufaktur- und Konfektionsgeschäft suche ich per sofort
einen jungen
Commis, mit schöner Handschrift, als Verkäufer und Comptoirist.
Nur branchekundige Bewerber wollen sich melden.
E.
Rothschild, Lohr am Main." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1900:
"Für mein Manufaktur- und Konfektionsgeschäft suche ich per sofort
einen jüngeren
Commis mit schöner Handschrift als Buchhalter und
Verkäufer.
E. Rothschild, Lohr am Main." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1900:
"Für mein Manufaktur- und Konfektions-Geschäft suche ich einen
jüngeren
Commis als Buchhalter und Verkäufer zum sofortigen Eintritt. Offerten
bitte Photographie und Gehaltsansprüche beizufügen. Kost und Wohnung im
Hause.
E. Rothschild, Lohr am Main." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1901:
"Für mein Manufaktur- und Konfektionsgeschäft suche ich per 15. Mai
einen
Lehrling mit guten Schulkenntnissen.
Kost und Logis im Hause.
E. Rothschild, Lohr am Main." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1901:
"Für mein Manufaktur- und Konfektionsgeschäft suche ich per
sofort einen in der Branche kundigen
jungen Mann
als Buchhalter und Verkäufer. Kost und Wohnung im Hause.
Offerten mit Gehaltsansprüchen nebst Photographie erwünscht.
E. Rothschild, Lohr am Main." |
Anmerkung: E. (Emanuel) Rothschild
(1857-1924), ein gebürtiger Grünsfelder
bei Tauberbischofsheim, kam wohl um 1880 nach Lohr, heiratete 1884 Fanny
Schloßmann (1858-1942), übernahm das Lederwarengeschäft seines
Schwiegervaters Isaak Schloßmann und machte daraus ein gut gehendes
Konfektionswarengeschäft. Er war ab 1890 im Vorstand des 1854 gegründeten
Bürgervereins, dem auch der Glashüttenbesitzer Gustav Woehrnitz, der
Eisenfabriksbesitzer Georg Ludwig Rexroth und der Buchdruckereibesitzer
Friedel Keller angehörten. Noch 1905/1906 war Emanuel Rothschild in einer
Spendenliste für Hilfsbedürftige verzeichnet. 1907 zog er nach Berlin, da er
im Protokollbuch der Gemeinde in diesem Jahr als aus dem Vorstand
"abgegangen" vermerkt wird. Sein Schwager Joseph Schloßmann hatte zu der
Zeit bereits ein kleines Textilimperium in Berlin aufgebaut. Auch in Berlin
blieb Emanuel Rothschild als "Kaufmann" der Textilbranche treu. Er starb
1924 und wurde auf dem zentralen jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee
bestattet. Auch seine 1942 bereits mit ihrem Bruder Joseph in einem sog.
"Judenhaus" lebende Ehefrau Fanny liegt nach Angaben der Friedhofsverwaltung
anonym an seiner Seite. Sie starb 1942 an Krebs. Sohn Bernhard ist in
Auschwitz ermordet worden (siehe Opferliste), Sohn Ludwig konnte 1938 mit
der Familie in die USA auswandern, eine Tochter konnte in Deutschland dank
ihres nichtjüdischen Ehemannes überleben. Vgl. zu Emanuel Rothschild und
seiner Familie, insbesondere zu seinem Sohn Ludwig den Aufsatz von Wolfgang
Vorwerk: Lohr – Berlin – San Francisco: Erinnerungen von Ellen Isaak an
ihren Vater Ludwig, Sohn von Emanuel Rothschild und seiner Frau Fanny, geb.
Schloßmann. In: Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins Lohr a. Main
e.V. 2020/21.
Online eingestellt. |
Anzeige des Manufakturwaren-, Herren- und
Damenkonfektionsgeschäftes Leopold Markus (1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 31. Oktober 1901:
"Suche für mein Manufakturwaren-, Herren- und
Damenkonfektionsgeschäft einen Lehrling.
Kost und Logis im Hause. Samstags und Feiertage streng
geschlossen.
Leopold Markus, Lohr am Main". |
Anmerkung: Leopold Markus (1856-1931) war
Inhaber eines Herren- und Damenkonfektionsgeschäfts in der Lohrer
Hauptstraße. Dessen Ehefrau war Therese, eine geb. Schloß (1857-1909). Sohn
Benno fiel 1916 im 1. Weltkrieg. Während Vater Leopold noch den Verlust
seines Sohnes im Ersten Weltkrieg miterleben musste, musste er nicht mehr
das Los anderer naher Familienmitglieder miterleben. Tochter Selma starb
1935. Tochter Else (verh. Goldbach), Schwiegersohn Jakob Stern (der Mann der
1935 verstorbenen Tochter Selma, geb. Markus) und deren Tochter Lotte wurden
alle Opfer des Holocaust. Der Grabstein des in Steinbach geborenen Leopold
Markus auf dem Laudenbacher Friedhof
erinnert noch an die ehemalige jüdische Gemeinde in Steinbach (s. Foto
unten). Zum Schicksal der erwähnten Familienmitglieder von Leopold Markus
siehe den Aufsatz von Wolfgang Vorwerk: Das Schicksal der ehemaligen
jüdischen Mitbürger Lohrs im Nationalsozialismus. In: Jahrbuch des
Geschichts- und Museumsvereins Lohr a.Main e.V. 2018.
Online eingestellt S. 250-260. |
Anzeige der Pension v.d. Walde (1921)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1921: "Pension
v.d. Walde.
Lohr am Main.
Gute und reichliche Verpflegung". |
Verlobungsanzeige von Lea Hirsch und Dr. Julius
Heinemann (1930)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
30. Mai 1930: "Gott sei gepriesen.
Lea Hirsch - Dr. jur. Julius Heinemann. Rechtsanwalt.
Verlobte. Lohr am Main - Fulda
/ Bergen. 1. Siwan (= 28. Mai
1930)". |
Anmerkung: Lea Hirsch war die Tochter von
o.g. Bernhard Hirsch (1874-1947) und seiner Frau Emilie (1879-1972). Der
Vater war Inhaber eines Textilgeschäfts in Lohr, im Vorstand des oben
genannten Aschaffenburger Fürsorgevereins und Vorstand der Kultusgemeinde
von 1910-1914, außerdem letzter geschäftsführender Vorstand nach der
erzwungenen Abreise des letzten gewählten Vorstands Simon Strauß ab
1.4.1939, ehe auch Hirsch im August mit Frau nach England flüchtete. Er galt
als "ein sehr auf religiösen Frieden bedachter Mann." Lea Hirsch und ihr
Mann Julius Heinemann hatten von Fulda aus
ihre eigene Ausreise sowie die der Eltern Bernhard und Emilie Hirsch
organisiert. Von Lea stammt der Satz aus einem Brief von 1987 an den Leiter
des Lohrer Schulmuseums, Eduard Stenger: "Wir hatten bis zuletzt gehofft,
wie viele andere Freunde, dass das Regime plötzlich wechseln würde. Mein
Vater ließ sich gerne von wohlmeinenden Kunden überreden zu verbleiben, was
leider zu der Letzten-Minute-Ausreise führte." Das "Wir hatten bis zuletzt
gehofft" war auch das Thema einer Lohrer Schülerarbeit von 1989 über die
Lohrer jüdische Gemeinde. Siehe Christine Becher u.a.: "Wir haben bis
zuletzt gehofft" Jüdische Mitbürger in Lohr - Ihre Integrationsversuche und
ihr Schicksal. Lohr 1989 (Schülerarbeit der 10a des
Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasiums).
Online eingestellt (pdf-Datei). |
Hochzeitsanzeige von Sidie Strauss und Moritz
Katzenstein (1931)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1931:
"Gott
sei gepriesen. Sidie Strauss - Moritz Katzenstein.
Lohr am Main -
Berlin geben ihre - so Gott will - Montag am 2. Cheschwan /
12. Oktober in Fulda stattfindende Vermählung bekannt. Trauung 1 Uhr
Bürgerverein." |
Anmerkung: Sidie (Sidonie) Strauß war das
zweitälteste (*1904) der fünf Kinder von Simon und Sara Strauß (s.
ausführlich oben). Die Eltern waren 1924 vom Fürsorgeverein aus
Burghaun nach Lohr geholt worden
(online). Simon Strauß war spätestens seit 1929 Vorstand der Lohrer
jüdischen Gemeinde. "Des Lehrers Sidie" wurde sie von den Burghaunern
genannt, wo Strauß vor seinem Umzug nach Lohr langjähriger Lehrer war. In
Fulda heirateten 1931 Sidie und der in
Berlin lebende Kaufmann Moritz Katzenstein (*1908). 1938 wanderten sie mit
ihren beiden Töchtern Beata (1933) und Miriam (*1936) in die USA aus. Die
beiden Töchter leben heute (2021) noch dort. |
Verlobungsanzeige für Ruth Rosenstock und Walter
Strauss (1934)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 13. Dezember 1934:
"Gott sei gepriesen. Statt Karten.
Ruth Rosenstock - Walter Strauss. Verlobte.
Darmstadt - Jerusalem . Lohr am Main -
Petach Tikvah". |
Anmerkung: Walter Strauß (1909-1976) war
das vorletzte der fünf Kinder von Simon und Sara Strauß. Die Eltern waren,
wie oben erwähnt, 1924 vom Fürsorgeverein aus
Burghaun nach Lohr geholt wurden. Walter
gehörte zur ersten Lohrer Auswanderwelle nach Palästina. Er ist 1934 dorthin
ausgewandert. 1933 waren schon Schwester Frieda (*1910) und sein Bruder
Robert mit gleichem Ziel ausgewandert. Dort lernte der in der
Verlobungsanzeige genannte Walter auch seine Frau Ruth Rosenstock kennen.
Die Nachkommen von Walter Strauß leben noch heute (2021) in Petach Tikvah
bei Tel Aviv. |
Weiteres Dokument
Karte an
Hermann Rothschild
in Lohr (1922) |
|
|
Die Karte wurde
von Eugen Faßnacht in Rieneck am 15. März 1922 an Hermann Rothschild in
Lohr am Main (Marktplatz) geschickt. Faßnacht bittet um die Lieferung von
10 m Betttuchleinen, 1,50 m breit. Hermann Rothschild war einige Zeit
Beisitzer im Vorstand der jüdischen Gemeinde (Angabe von 1932). Er starb
1932; sein Grab ist im jüdischen
Friedhof in Laudenbach (hier auch der Bericht über seinen Sohn, den
"jüdischen Kaplan" Bruno Paul Rothschild. |
Anmerkung: Hermann Rothschild (1868-1932)
übernahm 1907 das Konfektionswaren-Geschäft seines nach Berlin verzogenen
Bruders Emanuel Rothschild (s.o.) und war ab 1920 alleiniger Inhaber. Die
Postkarte zeigt, dass Hermann Rothschild wie alle Lohrer Handels- und
Kaufmänner beste Geschäftsbeziehungen weit über die Stadtgrenzen hinaus
hatten. Nach seinem Tode 1932 übernahm seine Frau Helene (1876-1951) das
Geschäft. Hermann Rothschild war einer der am Besten integrierten jüdischen
Mitbürger in Lohr. Er war im Bürgerverein wie sein Bruder, über 25 Jahre
lang aktives Mitglied in der Lohrer Feuerwehr, wofür er von der Stadt
ausgezeichnet wurde, und Schatzmeister im Radlerverein sowie im
Einzelhandel. Viele Würdenträger und Honoratioren nahmen vor Abgang es
Leichenzugs auf den Friedhof Laudenbach vor seinem Haus am Oberen Marktplatz
mit ehrenden Worten Abschied. Seine Frau wurde ob ihrer Hilfsbereitschaft
von den Nachbarn die "liebe Frau Rothschild" genannt. Dennoch spielte man
ihr in der Reichspogromnacht mit am Schlimmsten mit. Sohn Alwin, Tochter
Irma und deren Tochter Helga Mannheim konnten ebenso wie 1940 als letzte
jüdische Mitbürgerin Helene Rothschild ("bettelarm") in die USA auswandern.
Das stattliche Haus war 1938 "arisiert" worden. |
|
Hinweis auf Bruno
Rothschild, Sohn von Hermann und Helene Rothschild |
Bruno Rothschild
(geb. 1900) war Sohn von Hermann und Helene Rothschild. Sohn Bruno hat
am Ersten Weltkrieg teilgenommen, dann in Lohr sein Notabitur gemacht, wurde
zunächst nach einem Pharmaziestudium Apotheker, ehe er 1929 zum katholischen
Glauben übertrat, ein Theologiestudium aufnahm und 1932 zum Priester geweiht
wurde. Sein plötzlicher Herztod auf dem Nürnberger Hauptbahnhof am
24.12.1932 rief das Hetzblatt der Nazis, den "Stürmer", auf den Plan (siehe
Ausgabe 2 vom Januar 1933). Der Artikelschreiber legte der dortigen
Staatsanwalt nahe, Ermittlungen in Lohr aufzunehmen, da auf "Akumdienst"
(christlicher Kirchendienst, so der Artikelschreiber im "Stürmer"), dessen
sich Bruno Rothschild schuldig gemacht habe, bei den Juden die Todesstrafe
stünde. Die Machtergreifung der Nazis warf ihre Schatten voraus.
Über die
Bekehrung des "jüdischen Kaplans" Bruno Paul Rothschild und seinen Vater
Hermann Rothschild siehe Bericht im "Israelit", eingestellt auf Seite
zum jüdischen Friedhof in Laudenbach. |
Über die von Verhaftungen beim Novemberpogrom 1938 betroffenen jüdischen
Geschäftsleute
(Hinweis: während die meisten jüdischen Männer aus Lohrer Familien nach wenigen
Tagen aus dem Lohrer Gefängnis wieder freigelassen wurden, wurden drei Männer in
KZs gebracht. Zusammenstellung von Wolfgang Vorwerk)
1. Philipp Hanauer: geb. 30. August
1889 in Wiesenfeld. Viehhändler in Lohr. Festnahme in der
Pogromnacht am 10. November 1938 und Inhaftierung im Lohrer Gefängnis, Entlassung am 27. November. Wiederfestnahme am
29. November 1938. Der Bezirksarzt hatte attestiert: 'lagerfähig'. Internierung bis
12. Dezember 1938 im KZ Dachau. Noch am Tag der Haftentlassung Stellung eines Antrags durch Hanauer auf Auswanderung mit Ziel New York. Amtlich vermerkt ist in Lohr, dass Philipp Hanauer am 27. Juli 1939 mit Ehefrau Rebekka nach London verzogen sei. Anmerkung: Die Aufgabe der wirtschaftlichen Existenz war schon mit Abmeldung seines Geschäfts am 1. August 1938 erfolgt. Durch Inhaftierung in Dachau wollte man wohl nun seine Ausreise erzwingen.
2. Heinrich Meyer: geb. 5. August 1893 in Oppenheim. Inhaber eines Schuhgeschäfts in der Färbergasse in Lohr, das schon am 11. August 1938 an
'arischen Unternehmer verkauft' worden war. Verhaftung am 10. November 1938 in Frankfurt, wohin Meyer wohl nach Geschäftsverkauf verzogen war. Internierung im KZ Buchenwald. Entlassung im Januar 1939 auf einen Bittbrief seiner Frau und ihren Hinweis auf die
'Frontkämpferurkunde' ihres Mannes aus dem Ersten Weltkrieg hin. Amtlich abgemeldet verzog Meyer nach den Lohrer Akten erst am
27. März 1939 von Lohr nach Frankfurt/Main. Die Familie emigrierte noch im gleichen Jahr in die USA. Anmerkung: auch hier ist Meyer nach
'Arisierung' des Geschäfts wohl durch die Inhaftierung entsprechend unter Druck gesetzt worden, Deutschland zu verlassen.
3. Isidor Winheimer: geb. 23. Oktober 1895 in Lohr: Sohn von Hayum
Winheimer, einem Lohrer Viehhändler. Verhaftung von Vater Hajum W. und Sohn Isidor am 10. November 1938 gegen 21 Uhr, nachdem die Wohnung der Familie völlig zerstört worden war. Während der über 70jährige und kranke Vater Hayum W. am 14. November 1938 freigelassen wurde,
wurde Isidor vom 29. November – 13. Dezember 1938 im KZ Dachau interniert. Ein Bittschreiben des Vaters und eine Urkunde über Isidors Teilnahme am Ersten Weltkrieg
hatten Erfolg. Er wurde freigelassen. Er emigrierte mit Vater und Schwester nach New York (die Mutter war 1938 verstorben). Amtlich vermerkt ist in den Lohrer Akten nur, dass die Familie Winheimer am 14. April
1939 nach Frankfurt, Uhlandstraße verzogen sei. |
Zur Geschichte der Synagoge
Zu möglicherweise im Mittelalter und im 16. Jahrhundert
vorhandenen Einrichtungen älterer jüdischer Gemeinden (falls überhaupt je – was
unwahrscheinlich ist - in ausreichender Zahl jüdische Familien in der Stadt
wohnten) liegen keine Informationen vor. Siehe ausführlich oben eingangs.
Die erste sicher nachweisbare jüdische Gemeinde gab es in Lohr erst im 19.
Jahrhundert. Die 1864 konstituierte Gemeinde musste sich zunächst mit
angemieteten Räumen für gemeindliche Zusammenkünfte in der Kellereigasse
begnügen (Eingang in heutiger Lotte-Stern-Gasse neben dem neuen Rathaus). Siehe
Foto unten. Eine landesweite Kollekte für den Erwerb einer Synagoge hatte das
bayerische Kultusministerium mit dem Hinweis zurückgewiesen, die Gemeinde habe
sich bei Gründung verpflichtet, die Voraussetzungen für Gottesdienst und
Unterricht aus eigener Kraft zu schaffen (Verfügung vom 16. April 1867). Von
1867 bis 1871 dienten diese wohl gleich angemieteten Räume als Synagoge. Diese
erste Synagoge in der Stadt wurde auch als solche wahrgenommen, nicht nur von
der Kultusgemeinde. So berichtete auch der Lohrer Anzeiger vom 28. Mai 1868,
dass der damalige schon o.g. Religionslehrer der Gemeinde, Jonas Löwenthal, am
26.Mai 1868 "in der Synagoge Gottesdienst mit einer erhebenden Rede und einem
ergreifenden Gebete für das Wohl seiner Majestät und des königlichen Hauses
[hielt]" Anlass: das 50-jährige bayerische Verfassungsjubiläum, gab doch die
Verfassung auch den jüdischen Gemeinden in Bayern durch wesentliche
Besserstellung ihrer Rechtsstellung Grund zum Feiern.
Siehe hierzu ausführlich: Wolfgang Vorwerk: Die erste Synagoge der
jüdischen Kultusgemeinde in Lohr: ein Betsaal. In: Lohrer Jahrbuch des
Geschichts-und Museumsvereins. 2017.
Online
eingestellt (pdf-Datei).
Erst 1871 war die Kultusgemeinde in der Lage, für ca. 3000 Gulden (so der
Wert des Gebäudes in der Versteigerungsanzeige) das geräumige Anwesen Haus Nr.
351 (heute Fischergasse 32) zu ersteigern. Zügig ließ sie es zu einem
Gemeindehaus mit Synagoge im ersten Stock, einem Unterrichtsraum und
Lehrerzimmer und einer Mikwe im Hofraum des Hinterhauses umbauen. Im Hinterhof des Gebäudes war
der Leichenwagen der Gemeinde untergebracht, mit dem die Verstorbenen der
Gemeinde zum jüdischen Friedhof nach Laudenbach gebracht wurden. In diesem
Hinterhof wurde auch geschächtet.
Am 18. November 1871, an einem Schabbat, wurde die Synagoge mit dem
Gemeindezentrum in Anwesenheit von Bürgermeister und Stadtmagistrat feierlich
durch Distriktsrabbiner Abraham Adler aus
Aschaffenburg eingeweiht. Darüber liegt folgender Bericht vor:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1871: "Aus Unterfranken. Noch sind wenige Jahre verflossen,
seitdem sich in Lohr a.M. eine jüdische Gemeinde gebildet hat. Wiewohl dieselbe
noch zu den kleinen Gemeinden unseres Kreises zu zählen ist, so ist es ihr Gott
sei Dank doch schon gelungen, für eine Synagoge, ein Schullokal, eine
Lehrerwohnung und ein rituelles Bad bestens zu sorgen. Und das Alles ist nur
durch guten Willen, reine Absicht und frommen, einheitlichen Sinn erzielt
worden.
Vor einigen Monaten ist nämlich von dieser jungen Gemeinde ein sehr geräumiges
Haus zu erwähnten Zwecken angekauft worden.
Am Schabbat mit der Toralesung Toledot (18. November 1871) ward nun die Synagoge
in sehr würdiger Feier ihrer heiligen Bestimmung übergeben; ihre Einweihung
fand in Gegenwart der Herren des Magistrats und des Bürgermeisters statt. Herr
Distriktsrabbiner Adler aus Aschaffenburg - sein Licht leuchte - verlieh
dieser heiligen Feier durch die Anordnung eines sehr gelungenen Festprogramms,
ganz besonders aber durch seine feurige erbauliche Festrede, die sich des
allgemeinen Beifalls zu erfreuen hatte, den rechten Glanz. Mögen aber auch
seine gediegenen Worte von der israelitischen Gemeinde zu Lohr beherzigt und
sein wohlmeinender Rat, recht bald einen tüchtigen Religionslehrer anzustellen,
befolgt werden; denn dann erst hat sie ein wahres Gotteshaus für sich und ihre
Kinder gegründet, dann wird sie fernerhin nicht sein 'wie eine Herde, die
keinen Hirten hat'.
Die Leitung des feierlichen Gottesdienstes wurde von Seiten des Herrn
Distrikt-Rabbiner Adler und der Gemeinde, Herrn Lehrer Eschwege aus Karbach, der
mit Herrn Adler von da, der Chinuch-Feier wegen, anwesend war,
anvertraut, und erntete derselbe durch seine meisterhaften Gesangsvorträge und Rezitative
allgemeines, wohlverdientes Lob." |
Über 60 Jahre war die Synagoge im Haus Fischergasse 32
Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in Lohr. Überliefert ist etwa der
feierliche Trauergottesdienst vom 24. Juni 1886 für den im Starnberger See
ertrunkenen König Ludwig II, verdankten doch die bayerischen Juden ihm
Freizügigkeit (1868) und Gleichheit der Konfessionen (1869). Die Trauerrede
hielt der damalige Kultusvorstand Feist Hirsch vor vollständiger israelitischer
Gemeinde, vielen Andersgläubigen und dem kgl. Regierungsrat Ullrich. Die
finanziellen Verhältnisse waren durch den Synagogenkauf wohl noch länger
angespannt. So waren zahlreiche Ausstattungsstücke wie einzelne Torarollen und
Toravorhänge für den Toraschrein im 19. Jahrhundert nicht Eigentum der
Kultusgemeinde, sondern Leihgaben von Gemeindemitgliedern. Ab 1891 wurde die
Synagoge immerhin mit Gas beleuchtet und das "Badhaus" neu angestrichen. 1927
spendete der spätere jüdische Ehrenbürger Joseph Schloßmann den nötigen Betrag
von 700 RM, um eine vom langen Gebrauch zerschlissene Torarolle
wiederherzurichten. In den folgenden Jahren scheint es trotz begrenzter Finanzen
aber doch noch möglich gewesen zu sein, den Gebetsraum neu einzurichten und die
Mikwe neu zu kacheln.
Beim Novemberpogrom 1938, der am Morgen des 10. 11. begann, war die
Synagoge sogleich Hauptziel der SA. Augenzeugen berichteten: Es wurde die
Inneneinrichtung kurz und klein geschlagen. Die fünf Torarollen (Texte der fünf
Bücher Mose) wurden, da aus Pergament, von der SA mit ihren Messern in Stücke
zerschnitten. Die Bänke im Betraum wurden mit der o.g. schweren eichernen
Gedenktafel für die jüdischen Teilnehmer des 1. Weltkrieges zerschlagen. Das
Protokollbuch der Jahre 1913-1938 ist seit damals ebenfalls verschollen. Wie
durch ein Wunder wurde das schon o.g. 1. Protokollbuch der Gemeinde für die
Jahre 1867-1938 übersehen und ist heute in Yad Vashem archiviert. Eine
Esther-Rolle wurde 1996 anonym zurückgegeben und befindet sich heute als
Ausstellungsstück in der Synagoge von Urspringen. Ein Nachbar der Synagoge
bemerkte: "Gegenüber der Synagoge stand am Eckstein unseres Hauses der Rabbi
[Simon Strauß], der alles mitansah. Er hat bitterlich geweint. Dann hat er sich
abgewandt und ist in Richtung Steinmühle weggegangen." Am Nachmittag kam die SA
zur Synagoge zurück und zerschlug den am Morgen übersehenen Unterrichtsraum. Der
schließlich, der den Trupp anführte, "zerschlug mit Eisenstangen
höchstpersönlich die schönen weißen neuen Marmorkacheln" des Frauenbades im
Keller (so Wilhelm Burk, der damals im Erdgeschoss des Synagogengebäudes,
Anwesen Fischergasse 32 mit seinen Eltern wohnte). Nur ein einziges Foto (s.u.)
ist vom Inneren der Synagoge überliefert. Es zeigt den Toraschrein wohl aus dem
19. Jahrhundert im Gebetsraum. Er wurde ebenfalls zerstört. Das vermeintliche
Hakenkreuz auf dem Toraschrein war allerdings kein Hakenkreuz, wie es den
Anschein hat, sondern ein einfaches Liniendekor, hinter dem sich ein uraltes, in
vielen Kulturen verbreitetes Sonnensymbol verbirgt, wie in der Beilage "Aus
alter und neuer Zeit" des Israelitischen Familienblattes vom Januar 1930 mit
einem Foto des Schreins erklärt wird. Es muss also auf dem Lohrer Schrein lange
vor der Zeit aufgebracht worden sein, als das Hakenkreuz in den zwanziger Jahren
von den Nationalsozialisten zum Symbol ihres antisemitischen Rassenhasses wurde.
Siehe:
http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/pageview/11342445 . Das
Foto vom Toraschrein (s.u.) zeigt im Hintergrund auch eine hölzerne Trennwand,
hinter der sich, wie in streng orthodoxen Gemeinden üblich, der abgetrennte
Frauenbereich befand. Das im September 2021 wegen Verkaufs leergeräumte
Synagogen-Anwesen lässt noch heute den ehemaligen Betraum mit Abtrennung des
Frauentrakts und eigener Tür für die Frauen erkennen. Auf dem Dachboden wurde
der Torso des oberen Teils des Toraschreins ohne Türen entdeckt, in dem sich
früher die Tora-Rollen befanden. Der Sockel, auf dem der Schrein aufsaß, fehlt,
ebenso die Säulen, die den Toraschrein rechts und links flankierten. Auch das
nach 1939 zweckentfremdete, weiß gekachelte Badhaus ist noch vorhanden.
Die Räumlichkeiten wurden am 10. November 1938 auf Veranlassung wohl der Familie
Burk, die dort, wie erwähnt, zur Miete wohnte, polizeilich versiegelt, um einer
Inbrandsteckung des Gebäudes durch einige jugendliche Hitzköpfe zuvorzukommen.
Dadurch war aber auch eine "organisatorisch-vereinsmäßige Tätigkeit" der
Gemeinde ab 10. November 1938 in Lohr nicht mehr möglich (so der Lohrer Landrat
am 31. Januar 1939 in einem Schreiben an die Gestapo wörtlich), da die
Räumlichkeiten nie mehr entsiegelt wurden. Aus einem Vorgang des Amtsgerichts
Gemünden geht im Detail die sog. "Arisierung" der Lohrer Synagoge 1938/1939
hervor. Da sich für die Gemeinde wegen Mitgliederschwund ("Arisierung" der
jüdischen Geschäfte und Auswanderung) bereits 1938 die "Auflösungsnähe"
abzeichnete, räumte Simon Strauß im September 1938 dem "Verband der
Israelitischen Gemeinden in Bayern" mit Sitz München ein notarielles
Vorkaufsrecht ein, wie es die Verbandssatzung für solche Fälle vorsah. Aber auch
der Präsident dieses Verbandes, Alfred Neumeyer, konnte die "Arisierung" nicht
mehr aufhalten, die mit der entsprechenden Verordnung vom 3. Dezember 1938 nicht
mehr "freiwillig" war, sondern den jüdischen Hauseigentümern aufoktroyiert
wurde.
Siehe hierzu den Aufsatz von Wolfgang Vorwerk: Die "Arisierung" der Lohrer
Synagoge 1939. In: Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins Lohr a. Main e.V.
2020/21.
Online eingestellt.
Am 12. September 1939 wurde der Eigentumswechsel und damit die "Arisierung" auch
grundbuchrechtlich vollzogen. Der mit den Nachbarn der Synagoge abgeschlossene
Kaufvertrag umfasste gemäß Vertrag des Lohrer Notars Thürauf: das Wohnhaus, u.a.
mit Frauenbad und Hofraum und mit allem, was nicht niet- und nagelfest war,
"ausgenommen das im Betsaal befindliche, zu Kultuszwecken bestimmte [Inventar]."
Diese im Einzelnen nicht bekannten Ritualobjekte sind laut Ophir (S. 348-350)
dem Verband der Bayerischen Israelitischen Gemeinden übergeben worden, aber
heute nicht mehr auffindbar. Die sonstigen schriftlichen Unterlagen der Gemeinde
wurden von der Gestapo bei Räumung der Synagoge an das Staatsarchiv Würzburg
abgegeben worden. Darunter befand sich offenbar das mehrfach genannte 1.
Protokollbuch der Gemeinde für die Jahre 1867-1913, das nach dem Krieg seinen
Weg nach Yad Vashem fand. Das 2. ebenfalls bereits mehrfach erwähnte
Protokollbuch für die Jahre bis 1938 ist bis heute verschollen. Wahrscheinlich
ist es im November 1938 zerstört worden.
Nach 1945. Das Gebäude, in dem sich der Betsaal und die anderen
Einrichtungen der jüdischen Gemeinde befanden, blieb erhalten und wurde zu
einem Wohnhaus umgebaut. Das Äußere des Gebäudes hat sich im Wesentlichen bis
heute so erhalten, wie es auch die jüdische Gemeinde 1871 erworben und fast 70
Jahre genutzt hat. Es handelt sich um ein barockes Gebäude, das am Türsturz
inschriftlich auf das Jahr 1732 datiert ist. Die für Synagogen typischen
Rundfenster hatte der Lohrer Betsaal anders als der Steinbacher Betsaal nie.
Siehe das historische Foto der Steinbacher Synagoge gleich folgend.
Adresse/Standort des Betraums/der Synagoge:
erster Betraum 1867-1871 Kellereigasse 4/Eingang heutige Lotte-Stern-Gasse; Synagoge von 1871 Fischergasse 32
Fotos
"Judenhof"
in Lohr - Steinbach |
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Historisches
Foto des "Judenhofes" in Steinbach,
erkennbar sind die alten Fenster des Betsaals
(Foto erhalten von W. Vorwerk)
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"Judenhof" in
Steinbach, in dem
sich auch eine Synagoge und
jüdische Schule befanden |
Auf einigen
Grabsteinen des jüdischen
Friedhofes
in Laudenbach erinnert der
Ortsname "Steinbach"
an die jüdische
Geschichte des heutigen Stadtteiles von Lohr |
(Foto: Hahn, Aufnahme
vom September 2006) |
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Der Judenhof im Sommer
2014
(Fotos vom August 2014 von
Jürgen Hanke, Kronach) |
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Blick auf die
Häuser des früheren "Judenhofes" -
von der Eichhornstraße beziehungsweise von der Buchentalstraße aus
gesehen. |
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Bei einem der
Häuser (Nr. 5) ist noch die Ritze der Mesusa am Eingang erkennbar. |
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Haus des ersten
Betsaales
von 1867/68 bis 1871
(Foto: Karl Anderlohr) |
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Der Betsaal
(Gebäude Kellereigasse 4) befand
sich in dem kleinen Hinterhaus; am Torbogen ist 2018 die Anbringung einer Hinweistafel
erfolgt mit der Inschrift:
"Betsaal. In diesem Haus befand sich in den Jahren zwischen
1867/68 und 1871 der erste Betsaal der 1864 in Lohr gegründeten
israelitischen Kultusgemeinde, ehe im November 1871 die Synagoge in der
Fischergasse eingeweiht wurde". Siehe hierzu den Aufsatz von
Wolfgang Vorwerk: Die erste Synagoge der jüdischen Kultusgemeinde in Lohr:
ein Betsaal. In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins Lohr
a.Main e.V. 2017.
Online
eingestell . |
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Das Gebäude der 1871
eingeweihten Synagoge
(Foto links: Hahn, Aufnahmen vom September 2006) |
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Das Gebäude des ehemaligen
jüdischen
Gemeindezentrums in der Fischergasse
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Gedenkstein an der
Grafen-von-Rieneck-Straße: "Die Stadt Lohr am Main gedenkt ihrer
Ehemaligen jüdischen Mitbürger und aller Opfer des
Nationalsozialismus" (Fotos: W. Vorwerk, August 2021).
Diese Tafel wird seit 2019 durch eine zweite Tafel, die auch die Namen der
ermordeten 17 Opfer aus Lohr a.Main und die Tötungsorte nennt (siehe oben),
ergänzt. Seitdem werden immer wieder von gedenkenden Personen anonym Blumen
am Gedenkstein niedergelegt. |
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Fragment des Toraschreines
(Foto links: Kleinfelder, Lohr;
erhalten über Wolfgang Vorwerk) |
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Fragment des
in der Reichspogromnacht am 10. November 1938 zerstörten Thoraschreins aus
dem Betsaal der ehemaligen Synagoge. Das Fragment wurde im September 2021
auf dem Dachboden des Gebäudes gefunden. Es wird vom Spessartmuseum in Lohr
übernommen. Das Foto rechts zeigt den Toraschrein um 1930 (in "Aus alter und
neuer Zeit" vom 20.2.1930). |
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Kriegerdenkmal in Lohr
(gleichfalls in der Anlage gegenüber dem Klinikum Main-Spessart,
Grafen-von-Rieneck-Straße 5) mit der
Eintragung des Namens des jüdischen
Gefallenen: "BENNO MARKUS + 15.9." (1916), der 1935 von den
Nazis entfernt, aber nach dem Krieg wieder eingefügt worden war. |
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Erinnerungsarbeit vor Ort -
einzelne Berichte
November 2008:
Gedenken zum 70. Jahrestag des Novemberpogroms
1938 |
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Pressebericht
im "Lohrer Echo" (Lokalteil des "Main-Echo" Aschaffenburg) am
8./9. November 2008
Beiträge von Wolfgang Weismantel und Monika Büdel
(Artikel kann in Abschnitt angeklickt und eingesehen werden; Artikel
wurde zur Verfügung gestellt von Fred G. Rausch) |
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Oktober 2009:
Erinnerung an den Ramboursonntag vor 100
Jahren
mit Erwähnung der jüdischen Geschäfte von Feist Hirsch und von E.
Rothschild (vgl. Anzeigen oben) |
Artikel
im "Lohrer Echo" (fin) vom 23. Oktober 2009: "Wie
feierten die Lohrer vor 100 Jahren?"
(Artikel
wurde zur Verfügung gestellt von Fred G. Rausch)
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken. |
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Artikel von Josef
Harth im "Lohrer Echo" (online "Main-Netz") vom 10.
März 2012: "Samuel Selig war 1862 der Erste.
Jüdische Gemeinde: Vor 150 Jahren durfte der Kaufmann von Steinbach nach
Lohr ziehen - 50 Jahre Gesellschaft für christlich-jüdische
Zusammenarbeit..."
Link
zum Artikel; siehe jetzt auch ders.: 77 Jahre nach Ansiedlung Samuel
Seligs war die Lohrer Judengemeinde dem Nazi-Terror erlegen. In: Jahrbuch
des Lohrer Geschichts- und Museumsvereins Lohr a. Main e.V. 2018.
Online eingestellt. Zu den schwierigen Anfängen der jüdischen Gemeinde
in Lohr siehe auch: Zum 80. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938: Das
Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger Lohrs im Nationalsozialismus.
In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins Lohr a. Main e.V.
2018.
Online eingestellt (pdf-Datei). |
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Mai/Juni
2013: In Berlin wird ein
"Stolperstein" für den Lohrer Ehrenbürger Joseph Schloßmann
verlegt |
Rechts: Artikel im
"Lohrer Echo" (online
"Main-Netz") vom 24. Mai 2013: "'Stolperstein'
in Berlin für Lohrer Ehrenbürger. NS-Opfer:
Künstler Gunter Demnig verlegt am 6. Juni
Gedenkstein für Joseph Schloßmann an der
Claudiusstraße 5 im Hauptstadtbezirk
Tiergarten..." |
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Anmerkung
(formuliert von Fred G. Rausch): Joseph Schloßmann wurde am 17. April 1860 in
Wiesenfeld geboren. Vier Jahre später siedelte die Familie nach Lohr, wo sein Vater eine Lederwarenhandlung in der Stadtmitte am Oberen Markt eröffnete. Sein Sohn Joseph Schloßmann verließ 1882 Lohr und ging als Kleiderhändler über Landshut von 1886 bis 1898 in die USA, wo er in verschiedenen Unternehmen als Kaufmann arbeitete. Nach seiner Rückkehr aus Amerika wohne er in Berlin. Mit seiner Frau Minna hatte er fünf Kinder. Mit der Stadt Lohr und ihren bedürftigen Bürgern hielt der am 16. Januar 1930 zum Ehrenbürger ernannte Joseph Schlossmann regen Kontakt und unterstützte sie finanziell sehr großzügig (seit 1904). Am 27. April 1934 entzog die Lohrer Nazi-Stadtregierung Schloßmann das Ehrenbürgerrecht. 1941 musste er sein Haus in Berlin räumen und in das Judenhaus in der Bamberger Straße ziehen. Am 17. August 1942 wurde er von der Gestapo
'abgeholt' und mit einem Alterstransport mit weiteren 1000 Juden in das
Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort verstarb er am 4. Januar 1943 im Alter von 82 Jahren. Seine Frau Minna ist bereits 1926 verstorben und im jüdischen
Friedhof Berlin-Weißensee beerdigt. Auf dem von Joseph Schloßmann errichteten Grabstein ist auch der Name
'Geh. Kommerzienrat Jos. Schlossmann' eingraviert.
Ergänzung von Wolfgang Vorwerk am 19.8.2021: Die fünf Kinder von Joseph
Schloßmann konnten alle noch rechtzeitig, teils sogar mit Hilfe von
Bankbürgschaften des Vaters, in die USA, nach Südafrika und nach Schweden
auswandern. Warum der Vater nicht mit auswanderte, ist den Nachfahren ein
Rätsel. Vielleicht verzichtete er seiner Schwester wegen auf eine
Auswanderung. Auch vermochte er sich als erfolgreicher Geschäftsmann und
Teilnehmer am 1. Weltkrieg wohl nicht vorzustellen, dass ihn ein solches
Schicksal wie die Deportation nach Theresienstadt ereilen könnte.
Joseph Schloßmanns Schwester Fanny Rothschild, geb. Schloßmann (verheiratet
mit dem o.g Emanuel Rothschild) hatte seit 1938 bei ihrem Bruder gewohnt.
Sie wurde mit ihm in das sog. "Judenhaus" in der Bamberger Straße gebracht.
Sie starb vor der Deportation am 22. Mai 1942. Sie liegt neben ihrem Mann
Emanuel auf dem jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee. Siehe hierzu
ausführlich: Wolfgang Vorwerk Lohr – Berlin – San Francisco: Erinnerungen
von Ellen Isaak an ihren Vater Ludwig, Sohn von Emanuel Rothschild und
seiner Frau Fanny, geb. Schloßmann. In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und
Museumsvereins 2020/21.
Online eingestellt (pdf-Datei)
Anm.: Die Aberkennung des Ehrenbürgerrechts für Joseph Schloßmann durch den
mehrheitlich nationalsozialistischen Lohrer Stadtrat ist von Anfang an
nichtig, teilte die Stadt Lohr in einer Presseerklärung 1985 mit (Lohrer
Echo 1.2.1985). Zu der Gedenktafel der Stadt vom 19. September 2019 auf dem
jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee in Erinnerung an ihren Ehrenbürger
Joseph Schloßmann siehe unten Monika Büdel "Damit seine Seele weiterlebt.
Gedenken: An Lohrs Ehrenbürger Joseph Schloßmann erinnert Tafel auf Berliner
Friedhof Weißensee..." (online
eingestellt). |
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Oktober/November
2017: An die aus Steinbach stammende
Rebecka Weil geb. Eisemann erinnert ein "Stolperstein" in Sulzbürg |
An die 1942 nach der Deportation ermordete Rebecka Weil geb. Eisemann aus
Steinbach und ihre Familie erinnern fünf Stolpersteine, die am 16.
Oktober 2017 in Sulzbürg verlegt wurden.
Dazu Artikel von Wolfgang Vorwerk im "Lohrer Echo" vom 9.
November 2017: "Stolperstein erinnert an Steinbacher Juden..."
(zum Lesen des Artikels Bilddatei links anklicken) |
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April
2018: Über die erste Synagoge
anlässlich der Anbringung einer Gedenktafel am 16. April 2018 |
Artikel
von Monika Büdel im "Main-Echo" vom 15. April 2018: "Lohrs erste Synagoge entdeckt.
Geschichte: Am Haus gegenüber der Kellereischeune wird diesen Montag eine Gedenktafel angebracht
Lohr a.Main. Bekannt ist, dass es an der Fischergasse in Lohr bis zur Zerstörung durch die Nationalsozialisten eine Synagoge gegeben hat. Doch sie hatte eine Vorgängerin an der Kellereigasse. An dem Anwesen, in dem sich bis vor 147 Jahren Menschen jüdischen Glaubens zum Gebet trafen, wird diesen Montag um 11 Uhr eine Gedenktafel angebracht.
Hinweis in Häuserverzeichnis. Heimatforscher Wolfgang Vorwerk ist auf Lohrs erste Synagoge gestoßen und schreibt darüber im neuesten Band der Veröffentlichungen des Lohrer Geschichts- und Museumsvereins
(siehe den Aufsatz von Wolfgang Vorwerk zur ersten Synagoge (online
eingestellt, pdf-Datei). Im Gebäude an der Ecke der Kellereigasse gegenüber der Kellereischeune hatten die Lohrer Juden Räume für einen Betsaal gemietet. Die entscheidenden Hinweise fand Vorwerk im bislang unveröffentlichten Häuserverzeichnis des Zimmermeisters Heinrich
Geiskopf. Dieser Heinrich Geiskopf verfasste seine Chronik laut Vorwerk 1940/41 und dokumentiert darin die Gebäude im Zeitraum von in etwa 1870 bis 1941, nennt Besitzer und Mieter und liefert teilweise Details. Zum Haus mit der Nummer 173 zitiert Vorwerk
Geiskopf: 'Der Besitzer des Hauses war A. Spiegel, Steindruckerei, auch war die Judensynagoge früher in dem Hause, bevor die Juden das Anwesen in der Fischergasse Hs. Nr. (ohne Nummer) erwarben.'
Das Fachwerkhaus liegt, fußläufig vom Marktplatz zum Schlossplatz, rechter Hand. Nach Vorwerks Recherchen war es
'stets, soweit es sich zurückverfolgen lässt, ein Wohnhaus: 1741 umgebaut, im Kern aber möglicherweise sogar aus dem 14. Jahrhundert stammend.'
Nicht vor 1861. Die Zeit, in der Teile des Anwesens als Synagoge genutzt wurden, lässt sich eingrenzen: Vor 1861 hatte es wegen der Zuzugsbeschränkungen in Lohr keine jüdischen Einwohner gegeben. Der erste Jude, der nach Lohr zog,
'war 1862 Samuel Selig aus Steinbach, wo es eine kleine jüdische Gemeinde gab', schreibt Vorwerk. Zwei Jahre später waren es schon sieben Familien. Die Synagoge in der Fischergasse war 1871 ihrer Bestimmung übergeben worden.
Daraus ergibt sich, dass das Gebäude an der Kellereigasse höchstens neun Jahre Versammlungsort und Gebetsstätte der Lohrer Juden gewesen sein kann. Wie die von Vorwerk zitierten Quellen zeigen, dauerte es jedoch nach 1862 noch einige Zeit, bis eine Synagoge eingerichtet wurde.
Kein Geld für eigenes Gebäude. Grund war, dass die wenigen Lohrer Juden zum damaligen Zeitpunkt kein eigenes Gebäude finanzieren konnten und ihnen eine Spendensammlung nicht genehmigt wurde. Zunächst waren sie am Sabbat und den Feiertagen zum Judenhof nach Steinbach gelaufen, was gegen die strengen Sabbatregeln verstieß.
Deshalb waren die Lohrer Juden angehalten, eine eigene Kultusgemeinde zu gründen und eine Synagoge einzurichten. Das Problem wurde schließlich dadurch gelöst, dass die inzwischen 37 Menschen umfassende jüdische Gemeinde auf ministerielle Empfehlung vom 6. April 1867 Räume mietete, und zwar im Hinterhaus am Anwesen mit der Haus-Nummer 173. Dieser Gebäudeteil gehörte nach Geiskopfs Aufzeichnungen damals dem Lohrer Dachdeckermeister Peter
Schadler, was laut Vorwerk Unterlagen des Lohrer Vermessungsamtes bestätigen.
Perfekt geeignet. Dieses Hinterhaus beschreibt Vorwerk als ideal: Es hatte einen separaten Eingang, entsprach mit seiner ungefähren Ausrichtung der Fenster nach Osten, und damit nach Jerusalem, den religiösen Regeln. Außerdem konnte der Betsaal in zwei Zimmern eingerichtet werden, womit Frauen und Männer vorschriftsmäßig getrennte Räume nutzen konnten.
Und der Betsaal befand sich im ersten Stock, über dem sich nur noch ein unbewohnter Dachboden befand. Damit war eine weitere Regel erfüllt: Die Synagoge sollte an der höchsten Stelle einer Stadt liegen beziehungsweise zwischen ihr und Gott wenigstens niemand wohnen.
Synagoge 1938 geschändet. Vier Jahre nach der ministeriellen Empfehlung, Räume für eine Synagoge zu mieten, war die jüdische Gemeinde in der Lage, ein Haus zu kaufen: das Anwesen an der Fischergasse. An der Kellereigasse befand sich Lohrs erste offizielle jüdische Kultusstätte, an der Fischergasse die zweite und letzte. 67 Jahre nach deren Eröffnung zerstörten SA-Leute während des Novemberpogroms 1938 die Synagoge und schändeten sie."
Link
zum Artikel |
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November 2018:
Warum es in Lohr keine
"Stolpersteine" gibt |
Artikel
von Thomas Josef Möhler in der "Main-Post" vom 14. November 2018: "Lohr.
Hintergrund: Keine 'Stolpersteine' in Lohr
Warum gibt es in Lohr keine 'Stolpersteine'? So nennt der Künstler
Gunter Demnig ins Pflaster eingelassene kleine Gedenktafeln vor dem letzten
Wohnsitz ermordeter Juden. Der frühere Lohrer Kulturamtsleiter Meinrad
Amrhein, der die Veranstaltung moderierte, begründet das damit dass keine
Juden direkt aus Lohr in Vernichtungslager deportiert worden seien. Denn sie
seien bereits vorher fortgezogen. Diese Argumentation wollte Michael Stolz
vom Würzburger Arbeitskreis Stolpersteine nicht gelten lassen. Demnig
verlege die Stolpersteine vor dem letzten frei gewählten Wohnsitz der Juden.
Spätestens seit der Reichspogromnacht 1938 könne von frei gewählten
Wohnsitzen nicht mehr die Rede sein. Amrhein gab zu bedenken, dass viele der
Häuser nicht mehr existieren. So stehe heute eine Eisdiele dort, wo der
jüdische Ehrenbürger Lohrs, Josef Schlossmann gewohnt habe. 'Dann sitzen sie
mit ihrem Eis auf einem Stolperstein.' Wolfgang Vorwerk erinnerte daran,
dass ein Teil der Juden in Deutschland um Charlotte Knobloch gegen die
Stolpersteine als Form des Gedenkens ist. In Würzburg orientiert man sich
laut Stolz an dem in der Domstadt lebenden Josef Schuster. Der Präsident des
Zentralrates der Juden in Deutschland sei für die Stolpersteine. Stolz regte
an, über eine Verlegung auch in Lohr nachzudenken."
Link zum Artikel |
Siehe
hierzu den eigenen Weg, für den sich die Stadt Lohr 2019 entschieden hat.
Dies wird ersichtlich aus der am Ende folgenden Zusammenstellung der
verschiedenen Gedenktafeln und Gedenkstätten in Lohr für die ehemaligen
jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie für die jüdischen und
nichtjüdischen Euthanasieopfer der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt (heute
kurz: Bezirkskrankenhaus). |
Vgl.
Artikel von Israel Schwierz in hagalil.com: "Gedenktafel
für die erste jüdische Gebetsstätte in Lohr am Main" - http://www.hagalil.com/2018/05/lohr-am-main/ |
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November 2018:
Gedenken zum 80. Jahrestag des
Novemberpogroms 1938 |
Artikel
von Thomas Josef Möhler in der "Main-Post" vom 12. November 2018: "Die
düstersten Kapitel der Geschichte.
Judenverfolgung: Gedenkweg mit drei Stationen am 80. Jahrestag der
Reichspogromnacht..."
zum Lesen bitte Textabbildung anklicken |
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Artikel
von Thomas Josef Möhler in der "Main-Post" vom 15. November 2018 über einen Vortrag von Wolfgang
Vorwerk: "Schicksale Lohrer Juden geklärt.
Pogromnacht: Neue Erkenntnisse, was mit den Ex-Mitbürgern nach dem Verlassen
der Stadt passiert ist..."
zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.
Anm.: Zum Artikel von Josef Möhler "Die düstersten Kapitel der Geschichte"
vom 12. November 2018 in der "Main-Post" wie auch zu seinem Artikel
"Schicksale Lohrer Juden geklärt" vom 15. November 2018, ebenfalls in der
"Main-Post" vgl. grundlegend Wolfgang Vorwerk: Zum 80.Jahrestag der
Novemberpogrome von 1938: Das Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger
Lohrs im Nationalsozialismus. In: Jahrbuch des Geschichts- und
Museumsvereins Lohr a. Main e.V. 2018.
Online eingestellt (pdf-Datei). |
Links derselbe Artikel im "Lohrer Echo" vom 15. November 2018.
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Zwei
Artikel in der "Main-Post" vom 10. November 2018 von Christiane Kuhn:
- "Ein Kreis schließt sich. Samuel Stern. 1935 emigrierte der
jüdische Lohrer nach Palästina. Zufall oder Fügung: 45 Jahre später kreuzt
sich der Weg eines seiner Urenkel mit dem einer Frau aus dem Spessart..."
- "Vorwerk füllt Lücken der Lohrer Geschichte. Vorsitzender des
Geschichtsvereins hat die Spuren einstiger jüdischer Mitbewohner
verfolgt..."
Beide Artikel sind
eingestellt als pdf-Dateien. |
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Dezember 2018/Januar 2019:
Von der "Schloßmann-Hütte"
wurden die Fundamente gefunden |
Die
1930 von Josef Schloßmann (vgl. Artikel oben; das Foto links entstand bei
der Einweihung der "Schloßmann-Hütte" am 11. Mai 1930) anlässlich seiner
Ehrenbürgerernennung gestiftete "Schloßmannhütte" wurde in der NS-Zeit
zerstört. Fundamentreste haben sich erhalten. Darüber berichtet ein Artikel
von Wolfgang Vorwerk in der "Main-Post" vom 4. Januar 2019: "Schloßmann-Hütte:
Es gibt noch Relikte.
Spurensuche: Am Buchenberg Fundamente der vom Ehrenbürger Josef Schloßmann
gestifteten Hütte gefunden..." (eingestellt als pdf-Datei).
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März 2019:
Weitere Gedenktafeln und
"Erinnerungshilfen" sind im Lohrer Stadtgebiet geplant
|
Artikel
von Johannes Ungemach in der "Main-Post" vom 22. März 2019:
"Erinnerungshilfen an das Schicksal Lohrer Juden.
Im Lohrer Stadtgebiet sollen noch in diesem Jahr verschiedene Gedenktafeln,
Straßennamen und ein Aussichtspunkt dazu beitragen, dass die Erinnerung an
das vor rund 80 Jahren durch die Nationalsozialisten eliminierte jüdische
Leben in der Stadt nicht vollends verblasst..." Ein entsprechendes
Konzept, das gemeinsam vom Geschichtsverein und der Kulturinitiative Lohr
erarbeitet wurde, billigte der Lohrer Stadtrat in seiner Sitzung am 20. März
2019 einstimmig."
Artikel ist eingestellt als pdf-Datei. |
Siehe hierzu die Zusammenstellung der Gedenktafeln und Gedenkstätten in Lohr
für die ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie für die
jüdischen und nichtjüdischen Euthanasieopfer der ehemaligen Heil- und
Pflegeanstalt (heute kurz: Bezirkskrankenhaus). Die Zusammenstellung siehe
unten. |
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September 2019:
Informationstafel zum Gedenken
an Simon Strauß am Bezirkskrankenhaus in Lohr enthüllt
Anmerkung: Simon Strauß wurde 1867
in Ober-Seemen geboren. Er war
zunächst Religionslehrer in Mansbach, dann
von 1902 bis 1924 in Burghaun bei Fulda.
Von 1924 bis 1939 war er Verwalter der rituellen (koscheren) Küche für die
jüdischen Patientinnen und Patienten der Heil- und Pflegeanstalt in Lohr. Er
betreute die jüdischen Kranken auch religiös. Von 1928 an war er
Vorsitzender der israelitischen Kultusgemeinde in Lohr. Nach der Zerstörung
der rituellen Küche und der Kündigung seiner Wohnung zog Strauß 1939 nach
Bad Nauheim. Er starb im April 1940
in Frankfurt.
Anmerkung: nach neueren Belegen war der 1924 nach Lohr gekommene Simon
Strauß möglicherweise bereits ab 1926, mit Sicherheit aber ab 1929 Vorstand
der Israelitischen Kultusgemeinde Lohr. |
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September 2019:
Informationstafel zum Gedenken
an den jüdischen Pavillon am Bezirkskrankenhaus in Lohr enthüllt
|
Artikel
von Monika Büdel im "Lohrer Echo" vom 14./15. September 2019: "Erinnern,
um zu lernen. Jüdisches Leben: Tafeln am Bezirkskrankenhaus in Lohr zum
Gedenken an Simon Strauß enthüllt" (eingestellt als pdf-Datei). Hier
auch ein Bericht: "*Wir wussten das alles nicht'. Geschichte: Urenkelin aus
Israel möchte die Informationen des Lohr-Besuchs in der großen Familie
weitergeben". |
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September 2019:
Auf
dem jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee erinnert eine Tafel an Lohrs
Ehrenbürger Joseph Schloßmann |
Artikel
von Monika Büdel im "Lohrer Echo" vom 21./22. September 2019: "Damit
seine Seele weiterlebt. Gedenken: An Lohrs Ehrenbürger Joseph Schloßmann
erinnert Tafel auf Berliner Friedhof Weißensee..." (eingestellt als
pdf-Datei). Auf der Tafel steht: "IM GEDENKEN AN JOSEPH SCHLOSSMANN
EHRENBÜRGER DER STADT LOHR A.MAIN GEB: 17.4.1860 IN WIESENFELD GEST:
4.1.1943 IM GHETTO THERESIENSTADT." |
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September 2019:
Erinnerung an den Pfarrer
jüdischer Abstammung Werner Sylten |
Artikel
in der "Main-Post" vom 23. September 2019: "Jüdischer Lohrer wurde zum
Pfarrer - in NS-Zeit ermordet.
Pfarrer Michael Kelinske begrüßte beim jüngsten Dienstagstreff der
evangelischen Kirchengemeinde Lohr den Vorsitzenden des Geschichts- und
Museumsvereins, Dr. Wolfgang Vorwerk, zum Vortrag über 'Juden in Lohr'.
Vorwerk stellte dar, dass während der Zeit des Nationalsozialismus die
jüdischen Deutschen aus Lohr, die sich 'in erster Linie als deutsch und erst
in zweiter Linie als jüdisch empfanden', recht häufig durch eine ihnen
nahegelegte Auswanderung zumindest ihr Leben retten konnten. Dem
evangelischen Theologen Werner Sylten, der 1913 die Abiturprüfung in Lohr
ablegte, gelang dies nicht.
Geburtsname Silberstein. 'Vor zwei Jahren habe ich mit Syltens Sohn
Walter ein langes Telefongespräch führen können', erzählte Vorwerk
nachdenklich, der die rund 25 Zuhörenden mit dem Geburtsnamen von Syltens
Vater überraschte: Silberstein. 'Syltens Vater war ein gebürtiger Jude, der
zum evangelischen Glauben konvertiert war', so Vorwerk. Die Umbenennung in 'Sylten'
sei der Konversion gefolgt. Es sei ein Lohrer Lehrer gewesen, der Werner
Sylten motiviert habe, evangelische Theologie zu studieren und Pfarrer zu
werden. Die Recherche, um welchen Lehrer es sich gehandelt haben könnte,
stehe noch aus.
Rückhalt in Landeskirche fehlte. Wolfgang Vorwerk erläuterte, dass
sich Werner Sylten - obwohl selbst drangsaliert und am Dienst gehindert -
intensiv für kirchliche Sozialarbeit eingesetzt habe, ab 1925 als Leiter des
Köstritzer Mädchenheims. 1933 trat er der Bekennenden Kirche bei, die die
Gleichschaltung der Lehre der Deutschen Evangelischen Kirche mit dem
Nationalsozialismus zu verhindern suchte. '1936 war dann Schluss. Sylten
bekam wegen seiner jüdischen Abstammung keine Pfarrstelle mehr, er wurde aus
dem Pfarrdienst entlassen', resümierte der Referent. Der Rückhalt der
evangelisch-thüringischen Landeskirche fehlte, auch in Bayern fand der
Pfarrer keine Unterstützung mehr. Sylten konnte sich noch einige Jahre für
rassisch Verfolgte evangelischen Glaubens im sogenannten 'Büro Pfarrer
Grüber', einer kirchlichen Hilfsstelle für evangelische Nichtarier,
einsetzen, bevor er selbst 1941 verhaftet wurde, so Vorwerk.
Nach der Untersuchungshaft im KZ Dachau wurde Werner Sylten 1942 in der
Vernichtungsanstalt Hartheim bei Linz ermordet. 'Ja, das Schweigen - auch
der Kirchen - war sicher eines der Probleme. Doch ich sage immer wieder,
dass auch ich nicht weiß, wo ich zu jener Zeit gestanden hätte', so Vorwerk,
der das Schicksal jüdischer Menschen in Lohr an Personen wie Sylten sehr
persönlich erfahrbar machte."
Link
zum Artikel |
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November 2019: Gedenkfeier
mit Enthüllung einer Geschichtstafel am Schlossplatz, einer Opferliste am
Kriegsopfermahnmal sowie
mit der Benennung der Lotte-Stern-Gasse |
Artikel
von Thomas Josef Möhler im "Lohrer Echo" vom 13. November 2019: "Erinnerung
an Juden sichtbar gemacht. Geschichte: Neue Tafel am Schlossplatz -
Opferliste am Gedenkstein - Gasse nach Lotte Stern benannt..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken
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Links:
die gemeinsam mit dem Aschaffenburger Archäologischen Spessartprojekt,
zugleich Institut an der Universität Würzburg, erstellte Tafel zu "75 Jahre
jüdisches Leben in Lohr (1864-1939)". Es ist die einzige Tafel im
bayerischen Spessart, die die Geschichte des jüdischen Lebens an einem Ort
darstellt. Sie ist eine Zusammenfassung und Ergänzung zu den oben
behandelten Aspekten der Geschichte der Israelitischen Kultusgemeinde Lohr:
zu Betsaal, Synagoge in der Fischergasse, Ehrenbürger Joseph Schloßmann,
Arthur Kahn, Simon Strauß und Lotte Stern und der Gedenkkultur in der Stadt.
Die Tafel ist als Tafel 7 auch Teil der Lohrer Kulturwege des
Archäologischen Spessartprojekts und ebenfalls online eingestellt:
https://www.spessartprojekt.de/wordpress/wp-content/uploads/2019/11/KW_Lohr_3_Tafeln_7.pdf. |
Nach
Lotte Stern wurde die Gasse am Neuen Rathaus benannt: "Lotte-Stern-Gasse";
früher war sie eine namenlose Gasse zwischen der Rathausgasse und der
Kellereigasse). Lotte Stern war das jüngste der 17 Holocaustopfer aus Lohr.
Sie wurde am 17. Juli 1942 in Auschwitz ermordet – nur kurz nach ihrem 17.
Geburtstag am 8. Juni (1925). Das abgebildete Gedenkkärtchen links wurde von
Schülern und Schülerinnen des Lohrer Franz-Ludwig-von Erthal-Gymnasiums bei
der Gedenkfeier am 11. November 2019 verteilt.
Mehrere Arbeiten von jungen Leuten zur jüdischen Geschichte Lohrs sind auch
vor dem Hintergrund des Schicksals von Lotte Stern, die ihr Alter hatte,
besonders wertvoll: so von Rainer Kastl von der Staatlichen Fachoberschule
Marktheidenfeld, der als einziger bisher Gestapo-Akten am Staatsarchiv
Würzburg auswertet hat, von Philipp Steinheim u.a. zum jüdischen Ehrenbürger
Joseph Schloßmann und von Christine Becher u.a. zur Lohrer Kultusgemeinde:
"Wir haben bis zuletzt gehofft" Jüdische Mitbürger in Lohr - Ihre
Integrationsversuche und ihr Schicksal. Lohr 1989 (Schülerarbeit der Klasse
10a des Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasiums).
Online eingestellt (pdf-Datei). |
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Zusammenstellung der
Gedenktafeln und Gedenkstätten in Lohr für die ehemaligen jüdischen
Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie die jüdischen und nichtjüdischen
Euthanasieopfer
(von Dr. Wolfgang Vorwerk, Vorsitzender des
Geschichts- und Museumsvereins Lohr a. Main e.V.)
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Die
chronologische Zusammenstellung der elf Gedenktafeln und Gedenkstätten für
die ehemalige israelitische Kultusgemeinde Lohr sowie für die jüdischen und
nichtjüdischen NS-Euthanasieopfer der früheren Heil- und Pflegeanstalt
(heute BKH) und alle Euthanasieopfer wurde von Dr. Wolfgang Vorwerk,
Vorsitzender des Geschichts- und Museumsvereins Lohr a. Main e.V. erstellt:
1. Eine Tafel in Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Mitbürger Lohrs
und alle NS-Opfer ist der erste Gedenkort, der in Lohr für die ehemalige
Israelitische Kultusgemeinde der Stadt geschaffen wurde. Die Gemeinde
bestand von 1864 bis 1939. Die Gedenktafel ist auf einem Sandstein-Findling
aus dem Stadtwald an der alten Stadtmauer in der Grafen-von-Rieneck-Straße
angebracht. Die Enthüllung erfolgte am 11. November 1991 durch Bürgermeister
Siegfried Selinger gemeinsam mit Senator David Schuster, dem Vorsitzenden
der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg, und unter Beteiligung von
Altbürgermeister Gerd Graf, Stadtpfarrer Werner Bernhard und Vertretern des
evangelischen Kirchenvorstandes.
2. Auf ärztliche Initiative hin wurde 1993 das Bronzerelief eines
verkrümmt am Boden liegenden toten Menschen in unmittelbarer Nähe des
BKH-Hauptverwaltungsgebäudes in die Straße eingelassen. Dieses Werk des
Künstlers Rainer Stoltz mit dem Namen 'Finaler Adam II' erinnerte an die
jüdischen und nichtjüdischen NS-Euthanasieopfer der ehemaligen Heil- und
Pflegeanstalt ab 1940. Auf einer kleinen Pyramide wurden die damaligen
Tötungsanstalten für die NS-Euthanasie genannt. Nach irreparablen Schäden
durch den Verkehr im Laufe der Jahre und nach daraufhin erfolgter Entfernung
durch den Künstler 2016 wurde ein neues Mahnmal errichtet, das die
Künstlerin Heike Metz "Turm der Erinnerung" nannte. Die Einweihung erfolgte
am 26. Juni 2019 durch Bezirkstagspräsidenten Erwin Dotzel sowie Dekan Till
Roth und Stadtpfarrer Sven Johannsen. Der Ort des Mahnmals ist der neue
Haupteingang des BKH-Festsaals, ergänzt durch eine erläuternde Stele.
3. Die städtische Informationstafel von 2018 zum ersten Betsaal der
Israelitischen Kultusgemeinde Lohr, auch Synagoge genannt, befindet sich
am hinteren Eingang des Sparkassengebäudes in der Lotte-Stern-Gasse. Die
Tafel wurde am 16. April 2018 durch den Bürgermeister der Stadt Lohr a.Main,
Dr. Mario Paul, enthüllt. Der Betsaal war nur von 1864 bis 1871 angemietet,
weil dann das 1871 erworbene Gebäude in der Fischergasse 32 als Synagoge zur
Verfügung stand . Zum Betsaal siehe auch den Text und die Abbildung auf der
Homepage der Stadt Lohr:
https://www.lohr.de/tourismus-und-kultur/entdecken-erleben/kunst-kultur/geschichte/der-erste-juedische-betsaal
4. Das eben erwähnte, baulich in seiner Außenfassade bis heute völlig
unveränderte Gebäude in der Fischergasse 32 war Heimstatt der zweiten
Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde Lohr von 1871 bis zu seiner
zwangsweisen sog. 'Arisierung' 1939. Das Gebäude hat auch die
Reichspogromnacht von außen unbeschadet überstanden und ist damit ein
bauliches Denkmal, das per se an die jüdische Gemeinde erinnert. Öffentliche
Hinweise finden sich bislang nur auf der eben genannten Informationstafel
zum ersten Betsaal (lfd. Nr. 3) sowie auf der städtischen Informationstafel
auf dem Schloßplatz (die unter der unten folgenden lfd. Nr. 8 aufgeführt
wird). Am Hause in der Fischergasse selbst findet sich bislang wegen
Einwänden der bisherigen (verstorbenen) Eigentümer kein Hinweis auf die
Geschichte des Gebäudes. Das Haus ist 2021 an einen privaten Erwerber
veräußert worden.
5. Die städtische Tafel am Haus Sommerberg Nr. 43 erinnert an den
ehemaligen "Israelitischen Pavillon", im Volksmund die 'Judenküche' genannt,
auf dem BKH-Gelände. Die gemeinsame Enthüllung der Tafel erfolgte am 12.
September 2019 durch den Bezirkstagspräsidenten Erwin Dotzel und
Bürgermeister Dr. Mario Paul. In diesem Haus befand sich nicht nur die
rituelle (koschere) Küche für die jüdischen Patienten der damaligen Heil-
und Pflegeanstalt von 1924 bis 1938, sondern auch die Wohnung des Verwalters
der Küche und zugleich Seelsorgers, Simon Strauß, sowie seiner Familie.
Seine Frau Sara führte die rituelle Küche ehrenamtlich.
6. Die gemeinsame Informationstafel von Stadt Lohr und Bezirkstag in
Erinnerung an Simon Strauß befindet sich neben dem eben aufgeführten
'Israelitischen Pavillon' am Sommerberg 43. Die Tafel wurde ebenfalls am 12.
September 2019 durch den Bezirkstagspräsidenten Erwin Dotzel und
Bürgermeister Dr. Mario Paul in Anwesenheit von zahlreichen Nachfahren von
Simon Strauß aus Israel enthüllt. Die Tafel enthält Informationen zum Leben
und Wirken von Simon Strauß, der auch Vorstand der Israelitischen
Kultusgemeinde Lohr von 1926 bis 1939 unten in der Stadt war und der
Synagoge in der Fischergasse vorstand.
7. Eine Gedenktafel für den Lohrer Ehrenbürger Joseph Schloßmann
(1930) wurde auf dem Grab seiner Frau Mina auf dem jüdischen Friedhof
Berlin-Weißensee angebracht. Die Enthüllung erfolgte durch die 3.
Bürgermeisterin der Stadt Lohr, Ruth Steger und die Urenkelin Schloßmanns,
Maude Schloßmann, am 19.September 2019. Erinnert wird daran, dass der
Ehrenbürger Joseph Schloßmann am 4. Januar 1943 im Ghetto Theresienstadt
umgekommen ist.
8. Eine städtische Informationstafel zu '75 Jahren jüdischen Lebens in
Lohr a.Main – Erinnerung an die Israelitische Kultusgemeinde Lohr
(1864–1939)' befindet sich auf der Ostseite des Schlossplatzes. Sie
wurde am 11. November 2019 durch Bürgermeister Dr. Mario Paul unter
Beteiligung von Nachfahren der ehem. jüdischen Gemeinde, u.a. Raaya Nadel
(geb. Strauß) und der genannten Maude Schloßmann, enthüllt. Es ist die
bisher einzige Tafel in einem Ort im bayerischen Spessart, die in dieser
Form an ihre ehemalige jüdische Gemeinde erinnert. Siehe nochmals den Text
wie schon oben auf der dort abgebildeten Schautafel des Archäologischen
Spessartprojekts:
https://www.spessartprojekt.de/wordpress/wp-content/uploads/2019/11/KW_Lohr_3_Tafeln_7.pdf
9. Die bislang namenlose Gasse zwischen Rathausgasse und Kellereigasse wurde
2019 'Lotte-Stern-Gasse' genannt. Die Widmung erfolgte ebenfalls am
11. November 2019 durch Bürgermeister Dr. Mario Paul. Lotte Stern ist der
Name des jüngsten, 1925 geborenen 17-jährigen NS-Opfers aus Lohr. Lotte
Stern wurde 1942 von Westerbork in den Niederlanden aus in Auschwitz
ermordet. Sie war von ihrem Vater zu ihrer vermeintlichen Sicherheit dorthin
geschickt worden.
10. Die Tafel der Stadt Lohr mit den Namen der 17 Töchter und Söhne der
ehemaligen jüdischen Kultusgemeinde der Stadt, die Opfer der
NS-Gewaltherrschaft wurden, wurde am 11.November 2019 durch
Bürgermeister Dr. Mario Paul in Anwesenheit der schon genannten Urenkelin
von Joseph Schloßmann enthüllt. Joseph Schloßmann ist einer der 17 NS-Opfer
auf der Tafel und Ehrenbürger der Stadt. Diese Opfertafel wurde ebenfalls
auf dem oben erwähnten städtischen Gedenkstein von 1991 angebracht. Sie
wurde von Auszubildenden der Gießerei der Bosch-Rexroth-AG in Lohr im April
2019 gefertigt. Dieser Gedenkstein mit den beiden Tafeln hat sich
zwischenzeitlich auch in der Bevölkerung als zentraler Erinnerungsort
etabliert. Die Stadt Lohr gedenkt jährlich mit einem Blumengebinde am 10.
November, dem Tag der Verwüstungen in der Reichspogromnacht in Lohr, ihrer
ehemaligen jüdischen Bürgerschaft.
11.
Der 'Schloßmann-Blick' auf halber Höhe des Buchenbergs in Sendelbach
mit Aussicht auf die Lohrer Altstadt wurde am 20. September 2022 von
Bürgermeister Dr. Mario Paul der Öffentlichkeit übergeben. Eine Gedenktafel,
die wie in Berlin an den Tod des Ehrenbürgers Joseph Schloßmann am 4. Januar
1943 im Ghetto Theresienstadt erinnert, wurde vom Bürgermeister zusammen mit
Urenkelin Maude Schloßmann und Ururenkelin Suzanne Sederowsky feierlich
enthüllt. Der Anlass für die Ortswahl war die ehemalige auf der Spitze des
Buchenbergs befindliche 'Schloßmann-Hütte', die Joseph Schloßmann 1930 dem
Lohrer Verschönerungsverein geschenkt, aber die NS-Zeit nicht überlebt hat.
Artikel von Johannes Ungemach zur Einweihung der Gedenktafel auf dem "Schloßmann-Blick"
in der "Main-Post" vom 22. September 2022: "'Schloßmannblick' in Lohr:
Ein Aussichtspunkt wider das Vergessen..."
Link zum Artikel (eingestellt
auch als pdf-Datei)
Ergänzende Bemerkung: Die Realisierung der Gedenkstätte 'DenkOrt
Deportationen 1941-1944' am Würzburger Hauptbahnhof hat die Stadt Lohr 2018
mit einem finanziellen Beitrag unterstützt. Erinnert wird dort durch
gestaltete Gepäckstücke aus den jeweiligen Deportationsorten an die
jüdischen NS-Opfer Unterfrankens, die aus Würzburg in die Vernichtungslager
des Ostens deportiert wurden. Da 1941 bei Beginn der Deportationen aus
Unterfranken keine jüdischen Gemeindemitglieder mehr in Lohr wohnten bzw.
fast alle schon ausgewandert waren und somit niemand über Würzburg
deportiert wurde, befand der Lohrer Stadtrat 2018, dass ein symbolisches
Gepäckstück nach dem Würzburger Modell für Lohr mehr Fragen aufgeworfen als
Antworten gegeben hätte. Stattdessen wurde beschlossen, die Erinnerung an
die ehemalige jüdische Gemeinde durch die Schaffung verschiedener
öffentlicher GedenkOrte in der Stadt sichtbar zu machen und damit zu
stärken. . |
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November 2021:
Erinnerung an die jüdische
Geschichte - Interview mit Wolfgang Vorwerk
|
Artikel
von Monika Büdel im "Lohrer Echo" vom 8. November 2021: "'Es gibt nicht
den einen Weg, Erinnerung wachzuhalten': Jüdisches Leben: Wolfgang
Vorwerk über den Verkauf der ehemaligen Synagoge in Lohr, Gedenkorte und die
Aufgabe, sie jungen Menschen und Erwachsenen zu vermitteln..."
Artikel ist als
pdf-Datei eingestellt
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Juni 2023:
Das frühere jüdische Leben in
Lohr ist jetzt sichtbar |
Artikel
von Thomas Josef Möhler im "Lohrer Echo" vom 29. Juni 2023: "Jüdisches
Leben in Lohr jetzt sichtbar...
Führung: Geschichtsverein und VHS zeigen seit 2018 entstandene Gedenkorte an
die jüdische Kultusgemeinde."
Zum Lesen Textabbildung links anklicken -
auch als pdf-Datei
eingestellt |
Links und Literatur
Links:
| Website der Stadt Lohr am Main |
| Hinweis: zur Stadt Lohr gehört auch die Wallfahrtsstätte
Mariabuchen, über Jahrhunderte ständige Quelle antijüdischer
Vorurteile für ganz Unterfranken. Zum "Judenfrevelmotiv"
am Wallfahrtsort und wie heute damit umgegangen werden kann, finden sich
Überlegungen auf der Website www.mariabuchen.de
(Überlegungen von Fred G. Rausch unter >Geschichte >Geschichtliche
Hintergründe / Volkskundliche Darstellung >Das Judenfrevelmotiv am
Wallfahrtsort; vgl. gedruckte Fassung unter der Literatur). Anm.: Wie Rausch
erwähnt, ist die alte Legendentafel von Valentin Leucht von 1591 mit der
Darstellung des frevelnden Juden im Jahr 1971 aus der Wallfahrtskirche
entfernt worden. Dies auf Bitte der Diözese Würzburg. Siehe jetzt auch unten
Hans Schlumberger in "Mehr als Steine" S. 259 und Schlumbergers Anmerkungen
30-33 zu Mariabuchen. Danach könnte u.U. gerade auch das Bestreben der
Lohrer Bürger von alters her, Juden den Zugang zur Stadt zu verweigern (s.oben),
die Entstehung solcher Juden abschreckender Legenden wie im nahen
Mariabuchen gefördert haben: dass nämlich Juden nach frevelhaftem Tun an
gewissen Orten nicht vorbeigehen können, weil die vorbeiführenden Wege für
sie durch einen Bann belegt seien.
Zum antisemitischen Hintergrund der Entstehung der Wallfahrtskirche
Mariabuchen im Mittelalter nach der Legende siehe Beitrag von Theodor Ruf:
"Wunderbuche und Buchenwunder" (als
pdf-Datei eingestellt). |
Literatur:
| Christine Becher, Gabriele Bilz und Nadine
Rausch: "Wir haben bis zuletzt gehofft" Jüdische Mitbürger in Lohr –
Ihre Integrationsversuche und ihr Schicksal. Ein Beitrag zum
Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten.
Klasse 10a Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasium, 8770 Lohr am Main, 1989, S.
59. Quelle und Archivsignatur: "Körber-Archiv GW 2003-1179: Christine
Becher, Gabriele Bilz und Nadine Rausch: 'Wir haben bis zuletzt gehofft'".
Die Geschäftsstelle des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten, die
sich bei der Körber-Stiftung in Hamburg befindet, archiviert alle
Preisträgerarbeiten. Das Copyright für die Arbeit liegt ebenfalls bei der
Körber-Stiftung in Hamburg (Genehmigung zur Veröffentlichung über Wolfgang Vorwerk
erhalten:
Online eingestellt; pdf-Datei).
|
| Erika Becker: Geliebt Gesucht Gefunden. Würzburg
1996² (eine Biographie zu Bruno Rothschild, dem sog. "jüdischen Kaplan").
|
| Günter Christ: LOHR AM MAIN. Der ehemalige
Landkreis. Historischer Atlas Bayern. Teil Franken, München 2007, S. 73-77.
. |
| Germania Judaica II,1 S. 492-493; III,1 S. 758. |
| Heinrich Geiskopf: Die Häuser im alten Lohr.
Unveröffentlichtes Manuskript. Lohr 1940/41 (Stadtarchiv Lohr). |
| Josef Harth: 77 Jahre nach der Ansiedlung Samuel
Seligs war die Lohrer Judengemeinde dem Nazi-Terror erlegen, Beiträge zur
Geschichte der Stadt und des Raumes Lohr, Ausgabe 2018. S. 83-124.
|
| Karl-Ludwig Löffler: Die Juden in Lohr und seiner
näheren Umgebung in: Lohr a.Main 1333 - 1983, 650 Jahre Stadtrecht, S.
124-136. |
| Theodor Ruf: Quellen und Erläuterungen zur
Geschichte der Stadt Lohr am Main bis zum Jahr 1559. Lohr a.Main 2011,
165-166. . |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 348-350. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 85. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 506-507. |
| Fred Rausch: Frevelsagen in Franken und ihre
Entstehung. In: Maria Buchen. Eine fränkische Wallfahrt. Hrsg. von Wolfgang
Brückner unter Mitarbeit von Christoph Daxelmüller, Alois Düring, Hans
Dünninger, Fred Rausch, Hans-Theo Ruf, Erich Wimmer. Würzburg 1979. S.
59-76. |
| Philipp Schönmüller: Lohr und die Juden.
Heimatland. Heimatkundliche Beilage zur Lohrer Zeitung, Oktober 1957, Nummer
10 sowie November 1957, Nummer 11. Jeweils ohne Seitenangabe. |
| Leonhard Scherg: Jüdisches
Leben im Main-Spessart-Kreis. Reihe: Orte, Schauplätze, Spuren. Verlag
Medien und Dialog. Haigerloch 2000 (mit weiterer Literatur). S. 31-33.
|
| Wolfgang Weismantel: Übergriffe folgen durchdachtem
Plan. Vor 70 Jahren: Terror gegenüber jüdischen Bürgern in Lohr und
Wiesenfeld - Synagoge und Ritualbad zerstört. In. Sonderseite zur
Reichspogromnacht in Lohr am Main. In: Lohrer Echo (Kopf-Blatt des
Main-Echo, Aschaffenburg) am 8./9. November 2008. |
| ebd. findet sich ein weiterer zu öffnender Artikel unter der Überschrift
"Das sind alles sehr traurige Erinnerungen" - Zeitzeugin: Das Schicksal der jüdischen Familie(n Feist und Bernhard)
Hirsch".
Bei dem Text handelt es sich um die (gekürzten) Erinnerungen der Frau Lea Heinemann, geborene Hirsch (aus Lohr), deren Großvater Feist und in dessen Erbfolge ihr Vater
Bernhard Hirsch ein Textilgeschäft in Lohr in der Lohrtorstraße 276 hatte. Frau Heinemann hat ihre Erinnerungen in einem Brief vom 15. Juni 1987 niedergelegt, der heute im Archiv des Lohrer Schulmuseums liegt.
(Hinweis Fred G. Rausch vom 12.11.2008).
|
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 172-173 (zu Steinbach). |
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband
III: Unterfranken, Teil 1.
Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid,
Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg.
von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff
in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu (mit umfassenden Quellen- und
Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Abschnitt zu Lohr mit Steinbach S. 257-271. Die
Forschungsergebnisse von Hans Schlumberger und Cornelia Berger zu Steinbach
/ Lohr sind in der obigen Darstellung umfassend berücksichtigt.
|
| Wolfgang Vorwerk: Die erste Synagoge der jüdischen
Kultusgemeinde in Lohr: ein Betsaal. In: Lohrer Jahrbuch des
Geschichts- und Museumsvereins. 2017. Online
eingestellt (pdf-Datei). |
| ders.: "Ein Wiedersehen gibt es nur im Himmel!" -
Jüdische NS-Opfer aus Lohr. In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins
2017. Online
eingestellt (pdf-Datei). |
| ders.: Zum 80. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938: Das
Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger Lohrs im Nationalsozialismus.
In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins e.V. 2018.
Online eingestellt (pdf-Datei). |
| ders.: Lohr und seine ehemalige jüdische Gemeinde
(1864-1939). In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins e.V.
2019.
Online eingestellt (pdf-Datei). |
| ders.: Jüdisches Leben in Lohr. Der ehemalige
"Israelitische Pavillon" auf dem Gelände des heutigen Bezirkskrankenhauses
am Sommerberg. In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins e.V.
2019.
Online eingestellt (pdf-Datei). |
| ders.: Vor achtzig Jahren verstorben: Simon Strauß – ein
Lehrer und Seelsorger mit Leib und Seele und ein Menschenfreund (1887-1940).
In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins e.V. 2020/21.
Online eingestellt (pdf-Datei).
|
| ders.: Die "Arisierung" der Lohrer Synagoge 1939. In:
Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins 2020/21.
Online eingestellt (pdf-Datei). |
| ders.: Lohr – Berlin – San Francisco: Erinnerungen von
Ellen Isaak an ihren Vater Ludwig, Sohn von Emanuel Rothschild und seiner
Frau Fanny, geb. Schloßmann. In: Lohrer Jahrbuch des Geschichts- und
Museumsvereins 2020/21.
Online eingestellt (pdf-Datei). |
| zur Wallfahrtskirche
Mariabuchen
und ihrer Entstehungslegende: Theodor
Ruf: Wunderbuche und Buchenwunder. Aus der Geschichte Main-Spessarts
(60). Ein Ungläubiger stach mit seinem Schwert in eine Buche und es floss
Blut, erzählt die Legende. Im Baum war ein Marienbild. So entstand der
Wallfahrtsort Mariabuchen. In: Main-Post vom 10. September 2021
(Lokalausgabe MSP S. 33).
Link zum Artikel, auch
eingestellt als pdf-Datei. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Lohr am Main Lower
Franconia. Jews were victims of the Rindfleisch massacres of 1298. Few Jews
lived there from the mid-16th century until Bavarian Jews attained equal rights
in 1861. The modern community, which was founded by Jews from Steinbach,
was well integrated into the city's social and cultural life. There was
organized Jewish education for the children. The Jewish population was 91 in
1900 and 70 in 1933 (total 6.133). From the outset of Nazi rule in 1933 the Jews
suffered from anti-Jewish agitation and the economic boycott, with anti-Jewish
rioting after the Anschluss (13 March 1938). The synagogue and Jewish
homes were vandalized on Kristallnacht (9-10 November 1938). Fiftly Jews
subsequently left for other German cities and 19 emigrated.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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