In dem vom 17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts den
Grafen von Oettingen gehörenden Aufhausen bestand eine jüdische Gemeinde bis
1910, danach bis zu ihrer Auflösung 1925 als Filialgemeinde zu Oberdorf.
Die Entstehung der Gemeinde geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Kurz nach 1500 hatten
die Reichsstädte Bopfingen und Nördlingen ihre Juden vertrieben. 1560 wird mit
dem Juden Abraham erstmals ein Jude in Aufhausen genannt. 13 weitere Namen erfährt
man bis 1600 aus den Nördlinger Messgeleitbüchern. Um 1600 lebte der damals
weitbekannte engagierte Apologet und Kämpfer für das Judentum Salomon Zebi (Zvi,
Hirsch) in
Aufhausen. Er nahm den literarischen Streit mit antijüdisch eingestellten
Konvertiten auf (insbesondere mit Samuel Friedrich Brenz, Verfasser von
"Jüdischer abgestreifter Schlangenbalg").
1658/59 kam es zu vorübergehenden
Vertreibung der Juden aus Aufhausen und anderen damals zur Grafschaft
Oettingen-Baldern gehörenden Orten. Danach zogen wieder mehrere Familien zu.
1806 umfasste die Gemeinde 36 Familien, 1812 204 Personen (1824 234, 1831
276, 1843 328). Die höchste Zahl jüdischer Einwohner
wurde um 1846 mit 346 Personen erreicht. Die jüdischen Familien lebten vor
allem vom Handel mit Vieh, Getreide und Rauchwaren sowie vom Hausierhandel. Seit
der Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der Juden am Ort durch Aus- und
Abwanderung stark zurück, sodass 1900 nur noch 56 (1910 15) jüdische Einwohner
gezählt wurden.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule (seit 1825 Konfessionsschule, zunächst im Gebäude der
Synagoge, 1857 in einem Wohnhaus, nach 1864 in dem neu erbauten Schulhaus der
Ortsgemeinde, siehe Abbildung unten), ein rituelles Bad (1839 erbaut, vor 1914
verkauft, Gebäude erhalten, siehe Fotos unten) und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle
und Berichte unten). Die Gemeinde war dem Rabbinat in Oberdorf
zugeteilt. Hinweis: neben dem öffentlichen rituellen Bad gab es auch mindestens eine
private Mikwe, die bis heute im Keller des zwischen 1829 und 1840 gebauten
Hauses Lauchheimer Straße 6 erhalten ist. Das Haus gehörte Jakob Weil und seiner
Frau Edel Chaja geb. Schwabacher (gest. 1878 bzw. 1887). Im Keller des Hauses
befindet sich ein gewölbter Raum mit einem Tauchbecken.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Josef Leiter (geb.
22.3.1892 in Aufhausen, vor 1914 in Bopfingen wohnhaft, gef. 25.12.1914) und Moritz
Leiter (zuletzt gleichfalls in Bopfingen wohnhaft). Ihre Namen stehen auf der Gedenktafel für
die Gefallenen des Ersten Weltkrieges im jüdischen Friedhof
in Oberdorf sowie auf dem Gefallenendenkmal in Bopfingen.
Außerdem ist gefallen: Louis Hilb (geb. 27.4.1880 in
Aufhausen, vor 1914 in Pforzheim wohnhaft, gef. 27.9.1916).
1933 lebten noch fünf jüdische Personen in Aufhausen - Alfred
Wassermann, Ida Wassermann, Justine Wassermann, Isaak Wassermann, Sophie
Wassermann -, von denen nur die letztgenannte die NS-Zeit überlebt hat, nachdem
sie 1939 nach England emigrieren konnte.
Von den in Aufhausen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Mathilde Abraham
geb. Adler (1880), Albert Adler (1890), Selma Adler geb. Rosenfelder (1879),
Fanny Bunzel geb. Hess (1864), Max Falk (1867), Pauline Jacoby (1855), Rosa
Kocherthaler geb. Falk (1879), Betty Lauchheimer geb. Leiter (1883), Mina Leiter
geb. Leiter (1896), Rosa Leiter (1898), Karl Levi (1887), Therese Levi geb.
Neumetzger (1867), Ida Silber geb. Falk (1872), Anna Stern geb. Blum (1871),
Hannchen Walz geb. Hess (1864), Adolf Wassermann (1889), Alfred Wassermann
(1884), Ida Wassermann (1893), Isaak Wassermann (1892), Isaak Wassermann (1888),
Joachim Wassermann (1879), Therese Wassermann (1884), Luise Weil geb. Heß
(1856), Rosalie Weil (1860), Betty Wolf geb. Blum (1877), Hannchen Würzburger
geb. Hoff (1862), Lina Zinner geb. Adler (1884).
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Februar 1927:
Lehrer Baruch Adler führt das Mittagsgebet in der
Religionsschule ein (1894) Gemeint ist Baruch Adler (geb. 10. Februar 1856 in Braunsbach,
gest. März 1925 in Augsburg): nach dem Besuch des Lehrerseminars in
Esslingen 1872-1875 war er
zunächst Lehrer in Eschenau (1875-1878), seitdem bis 1901 in
Aufhausen; von
1901 bis 1919 in Niederstetten. Seit 1922 wohnte er
- bis zu seinem Tod - in Augsburg.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1894: "Aus
Aufhausen. 'Kommt her, ihr Kinder, höret mir zu! Ich will euch
Gottesfurcht lehren!' Eingedenk dieser goldenen Worte des 34. Psalms
(Vers 12) hat Lehrer B. Adler dahier in seiner Schule die erwähnenswerte
Anordnung getroffen, dass an den Werktagen nach Schluss des
Nachmittagsunterrichts in Anwesenheit des Lehrers und sämtlicher Kinder Tefilat
Mincha laut gebetet wird. Möge diese, die Jugend zur Religiosität
heranbildende Anordnung auch in anderen jüdischen Schulen Nachahmung
finden!"
Zum Tod von Lehrer Moses Mack (1899)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Dezember 1899: "Aufhausen
bei Bopfingen. Lehrer Moses Mack, welcher seit 12 Jahren in der hiesigen
Gemeinde lebte und sich einer allgemeinen Achtung erfreuen durfte, wurde
heute zu Grabe getragen. Lehrer B. (Baruch) Adler widmete dem im Schulamte
ergrauten Lehrer eine erhebende Grabrede. Der sanft Entschlummerte,
welcher nahezu das selten hohe Alter von 85 Jahren erreicht, wirkte 51
Jahre in den bayrischen Gemeinden Memmelsdorf
und Reckendorf als Elementarlehrer. Dem Verblichenen wurde die hohe
Auszeichnung zuteil, dass er bei seinem 50jährigen Lehrerjubiläum von
der königlichen Regierung Bayerns die Verdienstmedaille des Ludwigsordens
verliehen bekam."
25jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Adler (1900) Siehe oben Näheres zu Baruch Adler
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1900: "Aufhausen
(Württemberg), 29. Januar (1900). Am vorvergangenen Sonntag beging die
hiesige Gemeinde ein schönes Fest, das Zeugnis ablegte von der
Wertschätzung, die in allen Kreisen der Bevölkerung für den Lehrerstand
herrscht. Es galt der Feier des 25jährigen Dienstjubiläums des Herrn
Lehrer Adler. Dem allgemein beliebten Herrn wurde Abends von den Sängern
des Liederkran und des Kriegervereins ein Ständchen gebracht; eine
Deputation, an deren Spitze Herr Schultheiß Wörle, überbrachte dem
Jubilar die Glückwünsche namens der Gemeinde. Hierauf sammelten sich die
Festteilnehmer zu einem Bankett im Gasthaus zur Traube, wo zunächst Herr
Dr. Kroner seine Glückwünsche namens der israelitischen Gemeinde
ausdrückte und in einer ehrenvollen Ausführung den Jubilar als Lehrer,
Vorsänger und Vorstand der israelitischen Gemeinde feierte und ihm ein
wertvolles Geschenk übergab. In gleicher Weise hob der Herr
Ortsschulinspektor Pfarrer Kingeter in seinem Glückwunsch die Verdienste
hervor, die sich Adler als tüchtiger Lehrer und Erzieher erworben und die
ihm von allen Schulinspektoren bezeugt wurden.
Der Vorstand des Kriegervereins verband seinen Glückwunsch mit der
Übergabe eines sehr hübschen Taktstockes. Tief ergreifend wirkte der
Vortrag eines geistvollen Gedichts durch die Schülerin Emma Wassermann
und nachfolgender Übergabe eines hübschen Krugs. Toaste auf den Jubilar,
auf die anwesenden Geistlichen, auf den konfessionellen Frieden u.a. sowie
die abwechselnden Gesangsvorträge der beiden vereine gaben dem Feste den
Grundton, das einen gleich ehrenvollen Verlauf für den Gefeierten wie
für die Gemeinde Aufhausen nahm.
Die Israelitische Oberkirchenbehörde schickte durch das Rabbinat Oberdorf
ebenfalls ein Glückwunschschreiben, in dem es heißt: 'Wir haben
während dieser Zeit wiederholt Veranlassung gehabt, die Amtstreue und
Gewissenhaftigkeit, das würdige amtliche und außeramtliche Verhalten,
den erfreulichen Erfolg auf dem Gebiete der unterrichtlichen und
liturgischen Wirksamkeit des Herrn zu beobachten. Wir wünschen daher
demselben von Herzen zu seiner 25jährigen gesegneten Tätigkeit Glück
und auch für die Zukunft die segensreiche Hilfe des Allgütigen.' Auch
vom Vorstande des israelitischen Lehrervereins Württemberg erhielt der
Jubilar ein schönes Gratulationsschreiben."
Lehrer und Vorsänger Baruch Adler verlässt die
Gemeinde (1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September
1901: "Aufhausen, bei Bopfingen, Ende August (1901). Nach fast
25-jähriger Tätigkeit an der hiesigen israelitischen Konfessionsschule
verlässt uns unser in der ganzen Umgegend allgemein beliebter Lehrer und
Vorsänger B. Adler, um seine neue Stelle in Niederstetten
anzutreten. Von der israelitischen und politischen Gemeinde wurde dem Scheidenden
eine Abschiedsfeier bereitet, welche es verdient, dass von ihr hier
berichtet wird.
Anwesend waren die Ortsvorstände von Aufhausen und Oberdorf, bürgerliche
Kollegien, Ortsschulinspektor, die Herren Lehrer, israelitisches
Kirchenvorsteheramt, Kirchenchor und Kriegerverein von Aufhausen, sowie
viele Freunde und Bekannte von Aufhausen, Oberdorf und
Bopfingen.
Den Reigen der Abschiedstoaste eröffnete Herr Schultheiß Wörle, welcher
der vielen Verdienste des Scheidenden gedachte, die er sich als Lehrer,
Vorsänger, Rechner der öffentlichen israelitischen Pflege, als Vorstand
der israelitischen Gemeinde, als Dirigent des Kriegervereins und als
Bürger während seiner 23-jährigen Berufstätigkeit erworben. Herr
Bezirksrabbiner Dr. Kroner - Oberdorf, welcher verhindert war, an der
Abschiedsfeier teilzunehmen, widmete seinem Lehrer einen schriftlichen
Abschiedsgruß, welch' letzterer von Schultheiß Wörle vorgelesen wurde.
Herr Ortsschulinspektor Pfarrer Kingeter rühmte in seiner trefflichen
Rede die große Berufstreue und den edlen, guten Charakter seines Lehrers.
Vorstand des Kriegervereins, Herr Gold, dankte in herzlichen Worten dem
Lehrer Adler als langjährigen eifrigen Dirigenten des Kriegervereins von
Aufhausen. Herr G. Thalheimer sprach im Namen aller früheren Schüler und
spendete seinem verehrten Lehrer wohlverdiente Dankesworte.
Zum Andenken erhielt Herr Lehrer Adler von der israelitischen Gemeinde
Aufhausen einen sehr schönen silbernen Chanukkaleuchter.
Lehrer Adler dankte allen Rednern und Anwesenden, dankte ferner der
israelitischen Gemeinde für das schöne Andenken und schloss seine Rede
mit der Versicherung, dass er Aufhausen, welches ihm zur Heimat geworden,
nie vergessen werde."
Zum Tod von Hauptlehrer Baruch Adler (1925)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1925: "Niederstetten,
26. März (1925). Die hiesige Gemeinde wurde durch die dieser Tage
eingetroffene Nachricht von dem in Augsburg
erfolgten Tode des Hauptlehrers a.D. Baruch Adler in tiefe Trauer
versetzt. Obwohl fünf Jahre vergangen sind, seit Herr Lehrer Adler uns
verlassen hat, so war seine Tätigkeit in unserer Gemeinde und waren die
Vorzüge seiner Person noch in so guter Erinnerung, dass sein Hinscheiden
tiefen Eindruck machen musste. Hauptlehrer Adler seligen Andenkens war in Braunsbach
in Württemberg geboren. Er hatte nur zwei Stellen inne; Aufhausen,
wo er über 25 Jahre lang wirkte und Niederstetten, wo er fast 20 Jahre
lang tätig war. Ob er seine Schüler unterrichtete, ob er als Vorbeter am
Omed (Vorlesetisch) stand, ob er mit Rat und Tat dem Einzelnen half, oder
ob seine Tat der ganzen Gemeinde galt, oder auch wenn er sich im
geselligen Kreise bewegte – immer war er von einer tiefen Lauterkeit des
Gemütes erfüllt und immer ging ihm das Streben nach Frieden über alles.
So hat er sich im Herzen seiner Schüler und aller Mitglieder der Gemeinde
ein unvergängliches Denkmal gesetzt und alle, die ihn kannten sind dessen
gewiss, dass ihm die Frömmigkeit in dieser Welt den Anteil an jener Welt
sichern werde. Bei der in Augsburg stattgehabten Beerdigung war die
hiesige Gemeinde durch Herrn Oberlehrer Oberndörfer vertreten, welcher am
Grabe den Gefühlen der Gemeinde Ausdruck verlieh."
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1929:
Über die Einhaltung des Fasttages am 17. Tammus in der
Gemeinde (im Jahr 1824 (Bericht von 1930) Anmerkung: Zum Fasttag am 17. Tammus siehe Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Schiwa_Assar_beTammus.
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1930: Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.
Artikel in der Zeitschrift "Der
treue Zionswächter" vom 26. Oktober 1847: "Aus dem Ries...
In unserm benachbarten Aufhausen, hat schon wieder ein Israelit den
ersten Preis beim Bezirks-Landwirtschaftsverein erhalten. Dieser Israelit
bebaut seine Felder selbst, und ist ein sehr orthodoxer Jude, so wie alle
Juden dieser Gegend, die von Zeit zu Zeit Preise von dem
landwirtschaftlichen Verein erhalten. Die Herren von Papa lügen also auch
nach dieser Richtung, wenn sie das orthodoxe Judentum und den orthodoxen
Juden, als dem Feldbau widerstrebend bezeichnen."
Die Geschichte von Salomon Zebi (bzw. Zvi, Hirsch) - ein engagierter Kämpfer für das Judentum am
Anfang des 17. Jahrhunderts (Bericht von 1846)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Juni 1846: "Korrespondenz.
Hechingen, im April 1846. Salomon Zebi, der Theriakolog. …
Der milde Frühling ist erschienen, und ich arbeite wieder in meinem
freundlichen Zimmer, das eine schöne Aussicht in die freie Natur
darbietet. Die Felder grünen, die Bäume treiben Blüten, die Quellen
rieseln, und diese Quellen erinnern an die Pflicht, die Quellender
Vorurteile gegen das Judentum und des religiösen Indifferentismus in
demselben aufzusuchen. Es ist in diesen Blättern, aus Anlass des von
einem Christen unter dem Namen eines Juden versuchten Mädchenraubes, die
Geschichte einer beabsichtigten Ermordung der Israeliten in Oettingen
wegen der ihnen zur Last gelegten Tötung eines Knaben mitgeteilt worden.
Steigen wir in die düsteren Schächte der Zeit weiter hinab, so finden
wir in Oettingen selbst die trübe Quelle dieser bösartigen Verleumdung.
Es bestätigt sich das altjüdische Sprichwort, dass alles Böse gegen die
Juden von Juden selbst herkomme. Bei diesem Anlass lernen wir aber auch
einen Mann kennen, der mit kühnem Mute und edler Selbstaufopferung die
Verteidigung der Unschuld übernommen hat. Salomon Zebi war ein würdiger
Verteidiger seine Glaubensgenossen. Er verdient es, dass man seinem
Andenken eine ehrenvolle Aufmerksamkeit widme. Er lebte zu Aufhausen
(nicht: auf Uffenhausen) unter dem Schenkenstein, welches Dorf seit 1806
zu Württemberg gehört, und in das Oberamt Neresheim eingereiht ist. Das
Jahr 1614 war schrecklich für die Bewohner des Rieses. Mangel und Elend
blickten aus allen Gesichtsmienen hervor. Dabei waren die Israeliten in
peinlicher Angst, denn sie fürchteten sich vor den Christen. Im Jahre
1384 waren die Israeliten in Nördlingen teils getötet und teils
vertrieben worden. Diese ließen sich in den umliegenden Dörfern nieder.
Gräuelszenen wiederholten sich nicht selten, und sie zitterten bei jedem
Unglück, das die Christen betraf, denn sie mussten es büßen. Zwar hatte
Kaiser Matthias den Schutzbrief bestätigt, aber seine Hilfe war zu ferne,
und nur der ewige und einzige Herr und Beschirmer konnte sie vor dem
mordlustigen und raubsüchtigen Pöbel schützen. Um jedoch den Schein des
Rechtes für sich zu gewinnen, wurden den Unglücklichen Verbrechen
angedichtet, und um es wahrscheinlich zu machen, dass die Gedemütigten
und Friedliebenden sich verbrechen gegen die Christen erlaubten, wurde der
Religionshass als Quelle ihres Frevelmutes angegeben. Auf den Grund
solcher Verdächtigungen ließ sie Kaiser Wenzel aus Prag vertreiben; sie
mussten aber vorher den Edelleuten die Schuldscheine zurückgegeben, und
den Bürgern die Hälfte der Forderungen erlassen. Ähnliche Verfügungen
erließen im Jahre 1604 Maximilian, Erzherzog von Österreich, Adolf II.,
Fürst zu Anhalt-Köthen, und andere Fürsten des deutschen Reiches. Es
ist also kein Wunder, dass die armen Israeliten des Haardtfeldes in
entsetzlicher Furcht schwebten, denn von Innen quälte sie der Hunger und
von Außen schreckte sie der Pöbelhass.
Salomon Zebi aber wusste nichts von dieser Furcht. Ein einziger Gedanke
beseelte sein ganzes Wesen; er ließ ihn Alles vergessen, was außer ihm
vorging. Er war ein hart bedrängter Familienvater. Seine kummervolle Frau
forderte Geld, und seine sechs unerzogenen, hungerbleichen Kinder
verlangten Brot; aber er hatte weder Geld noch Brot. Die Sorgen rissen ihn
schmerzlich in das Alltagsleben herab, aber er unterdrückte die Tränen
der Wehmut über das eigene Unglück, denn die Not seiner Glaubensgenossen
erschien ihm größer, und sie zu mildern hielt er für die heiligste
Pflicht. Er fühlte sich glücklich in dem Bestreben, seine Gefühle, die
sein Herz erfüllten, seine Gedanken, die seinen Geist bewegten,
niederzuschreiben. Die Beschuldigung nämlich, dass der jüdische Glaube
Hass und Verachtung gegen das Christentum und seine Bekenner vorschreibe,
war von getauften Juden ausgegangen, die, nachdem sie ihren Geld- und
Charakter-Kredit bei ihren Glaubensgenossen verloren hatten, durch
Anschwärzung und Verleumdung derselben ihr Heil bei den Christen
versuchten. In diesem Sinne und zu diesem Zwecke gaben sie Schriften
heraus, z.B. Anton Margarita, Der ganze jüdische Glaube (1530, Wolfii
Bibl. Hebr. I.III No. 335); Viktor von Carben, Juden-Büchlein (1550, No.
565), Ernst Ferdinand Heß, Juden-Geißel (1601, No. 217); Johann Adrian
von Emden, Send- und Warnungsschreiben an die Juden (1610, No. 809). Im
Jahre 1614 gab Samuel Friedrich Brenz, höchgräflicher Diener zu
Oettingen,
geboren zu Osterberg bei Memmingen,
getauft zu Feuchtwangen 1610 nebst Frau und zwei Kindern, eine Schrift
unter dem Titel heraus: 'Jüdischer abgestreifter Schlangenbalg' (Wolfii
Bibl. Hebr. I. III No. 2131), worin er seine früheren Glaubensgenossen
und ihre Religionsschriften von der schändlichsten Seite darstellte,
sodass der Unwille gegen sie sehr groß wurde. Salomon Zebi war ein weit
gereister und im Hinblick auf seine Zeit gebildeter und vorurteilsfreier
Mann. Auf seinen Wanderungen durch 'Deutschland und Welschland' hatte
er Gelegenheit, mit christlichen Gelehrten, und durch sie mit dem Neuen
Testamente bekannt zu werden. Oft wurde er in Versuchung geführt, seinen
Glauben zu verlassen. Die so genannte Judenbekehrung wird angestrebt, weil
man sie als vollgültige Zeugen für die Echtheit des Christentums
gewinnen möchte, wie man etwa die Mitglieder einer vom Throne gestoßenen
Dynastie zur Anerkennung der neuen Regierung zu bewegen sucht; dann aber
auch, weil man es für ein religiöses Verdienst hält, wie sich, ein
Jahrhundert später, eine von dem König Friedrich von Preußen unterm 8.
August 1703 in Betreff des Alenu-Gebetes erlassene Verfügung offiziell
ausdrückte: 'In Erwägung, dass die Statthalter Gottes auf Erde nicht
allein die zeitliche Wohlfahrt ihrer anvertrauten Untertanen befördern,
sondern weil dieselbe nicht allein vor diese Welt geschaffen, und in dem
sterblichen Leibe eine unsterbliche Seele tragen, auch dafür nötig zu
sorgen haben, dass, wo sie nicht alle zu Gott bekehret, wenigstens doch
ihr Gericht einstens ihnen nicht schwerer werde – wenn dann in solcher
Erwähnung Wir mit erbarmenden Augen das arme Judenvolk, so uns Gott in
unsern Landen unterwürfig gemacht, ansehen, so wünschen wir herzlich,
dass dieses Volk, welches der Herr ehemals so herzlich geliebet, endlich
von seiner Blindheit möge befreit und mit uns zu einer Gemeinschaft im
Glauben gebracht werden etc. etc.' (Beck vom Rechte der Juden, Kap. II
§ 1). Zebi hatte aber seinem Gemüte den väterlichen Glauben zu tief
eingeprägt, als dass er je in demselben hätte erschüttert werden
können. Er las die christlichen Religionsschriften offenbar nur in der
Absicht, um die Feinde der israelitischen Religionsschriften mit ihren
eigenen Waffen zu bekämpfen, was in jeder Zeit als notwendig erscheint,
weil man dadurch mit der Verteidigung den Angriff verbinden, und den
Kampfplatz auf das jenseitige Gebiet verlegen kann, nach der Taktik der
Franzosen, die immer den Krieg in das Ausland wälzten und dadurch in dem
eigenen Lande Ruhe und Frieden erhielten. Durch seine freimütigen
Äußerungen schützte er sich vor weiteren Bekehrungsversuchen. Aber der
redliche Zebi hatte zuviel Zutrauen zu den Menschen, seine eigenen Freunde
betrogen ihn um sein Vermögen. Gleichwohl glühte in seinem Herzen das
Feuer der Liebe zu seinen unglücklichen Glaubensgenossen, das kein
Missgeschick zu dämpfen vermochte. Die Widerlegung des Schlangenbalges
nahm seine ganze Denk- und Tatkraft in Anspruch, sodass er für jedes
andere Geschäft untauglich war. Standespersonen hatten ihm bemerkt, dass
die in der bezeichneten Schrift den Juden zur Last gelegten Fehler, Laster
und Verbrechen nicht unwahr sein müssten, weil sie sonst von einem
jüdischen Gelehrten widerlegt werden würden. Wenn auch die
Bessergesinnten sie bezweifeln wollten, so sei doch das rohe Volk
jederzeit geneigt, das Böse zu glauben. Er kaufte das Buch und las mit
Schrecken die grässlichen Beschuldigungen gegen seine Glaubensgenossen,
die dadurch in ein tiefes Elend gestürzt werden sollten. Zebi beteuerte,
dass Brenz ein unverschämter Lügner sei. Dieser kam am Vortrage des
Zerstörungstages Jerusalems im Harnisch und mit Waffen nach Aufhausen,
stellte sich vor die Türe des Hauses, in welchem sein Gegner wohnte, und
fragte ihn, wie er es wagen konnte, sein gegen die Juden geschriebenes
Buch ein Lügenbuch zu nennen? Werde er seine Beleidigung nicht
zurücknehmen und widerrufen, so werde er ihn auf der Stelle töten. Zebi
aber ließ sich nicht aus der Fassung bringen; vor der Menge, die
zusammenlief, schalt er ihn einen Lügner und Verleumder, und schwur, dass
er seine Behauptung vor aller Welt noch in diesem Jahre in einer
Gegenschrift beweisen werde. Der Feige hatte diesen Mut nicht erwartet,
und fluchend und drohend zog er sich zurück. Zebi aber kaufte sich
Papier, Feder und Tinte, und verfasste seine Verteidigungsschrift. Er
wollte eifern mit der heiligen Glut des Feuereifers wie Elias, der
Tischbite gegen die Baalsdiener, er wollte schreiben mit geharnischten
Worten wie Josephus gegen den Griechen Apion, denn schon zu viele
Lästerschriften seien bisher in Deutschland erschienen, ohne dass von
einem Israeliten eine Verteidigung geschrieben worden wäre, sodass man
zuletzt glauben müsste, die Beschuldigungen seien in die Wahrheit
gegründet. Er sei zwar kein wirklicher Rabbiner, aber eben deswegen
konnte er den Kampf wagen, denn sagte er, … wenn er irren sollte, so
werde man sagen, dass nur Salomon Zebi
von
Aufhausen geirrt habe; werde er aber Ehre erhalten, so werde man sagen,
dass, wenn schon Salomon Zebi solche Ehre errungen hat, wie erst müssten
die großen Rabbiner Israels zu Ruhm gelangen, wenn sie sich auf den
Kampfplatz begeben wollten. Übrigens fühle er sich einer solchen Arbeit
gewachsen, weil er durch eigenen Schaden klug und erfahren wurde, und in
fremden Sprachen und in den christlichen Religionsschriften nicht
unbewandert sei. Freilich wisse er wohl, dass er nicht allen Lesern
gefallen werde; aber selbst Moses habe ja nicht Jedermann gefallen
können, um wie viel weniger dürfe es Salomon Zebi von Aufhausen
erwarten!
Er schrieb an alle bedeutenden Rabbiner in Deutschland und in Prag,
stellte ihnen die Wichtigkeit des Unternehmens vor, und bat sie dringend
um ihre Unterstützung. Sie schrieben ihm zwar aufmunternde Antworten zu,
aber luden ihm allein das Joch auf den Hals. Deshalb sagte er, habe ich,
weiß Gott, der Alles weiß, große Mühe und leidensvolle Arbeit, weiten
Weg, großes Geld und Versäumnis länger als dreiviertel Jahr gehabt,
denn ich habe mein Weib mit sechs kleinen Kindern in Elend bei teurer Zeit
nackt und bloß zurückgelassen, und ist nicht auf das Papier zu
schreiben, welche Not und Angst ich und sie seither gehabt haben. Aber ich
habe Gott, den Allmächtigen, den man vor allen Menschen lieben, und dem
man, wie Abraham, die Kinder lieber opfern muss als seine Befehle
übertreten, angerufen, und Weib und Kind in den Wind geschlagen, um
meinen Traktat verfertigen zu können. Ich habe das Buch mit deutschen
Lettern drucken lassen, auf Verlangen von hohen und niedrigen christlichen
Standespersonen (Anmerkung: Wolf a.a.O. III No. 576 befindet sich im
großen Irrtum, wenn er übersetzt: exposui in libro illo, quem contra
Christianos scripsi), aber auch mit hebräischen Lettern für jüdische
Männer und Weiber, damit sich Jedermann in vorkommenden Fällen gegen
Christen zu verteidigen wisse, auch daraus einsehe, welch eine große
Sünde es ist, einen Christen zu betrügen mit Worten oder Werken.
Die Schrift erschien zu Hanau 1615 in der Druckerei von Elias Ulmo, unter
dem Titel 'Jüdischer Theriak' (Anmerkung: Name des von dem Arzte
Anthromachus unter Nero erfundenen, aus Schlangenkraut, Vipernfleisch und
anderen Bestandteilen zusammengesetzten Gegengifter. Vgl. Babylonischer
Talmud, Traktat Sabbat 109b, Traktat Nedarim 41b. Richtig schreibt
Maimonides Teriak. Tur Or. Ch. (Wiener Ausg.) Kap. 442: Teriak.
Sch.Ar. § 4: Teriaka).
Er schrieb gegen seinen Gegner, wie man immer in jener zeit schrieb, mit
persönlicher Anzüglichkeit und leidenschaftlicher Hitze, denn der Kampf
gegen die Sache war ein Kampf gegen die Person. Mit naivem, treffendem
Witze beschämte er oft den Gegner durch derbe Anspielungen auf dessen
früheren Lebenswandel. Oft hätte er Tatsachen, die er in Abrede stellte,
durch den Umstand entschuldigen können, dass auch der Israelite eine
Galle habe, und dass ja selbst der Wurm sich krümme, wenn er getreten
werde. Seine Bitte, dass man ihm die Schrift abkaufen wolle, wenigstens
aus Mitleid mit ihm, seiner Frau und seinen Kindern, die er in dieser Zeit
der Hungersnot wegen der Ausarbeitung der Verteidigungsschrift sich selbst
überlassen müssen, und in Erwägung, dass ihm die Kosten der deutschen
Ausgabe nicht ersetzt würden, sowie in Betracht, dass dieses Werk neu in
seiner Art, wie noch keines erschienen sei, wurde nicht beachtet. Er
reiste selbst zu den zerstreut wohnenden Glaubensgenossen, um sein Werk
abzusetzen, und auf dieser Reihe starb er zu Regensburg auf offener
Straße – den Hungertod. Aber die Stimme des treuherzigen Theriakologen
war nicht verhallt, selbst nicht in den Stürmen des Dreißigjährigen
Kriegs. Wohl hatte das Schlangengift des Argwohns und Verdachtes
verderbliche Früchte getragen; aber auch die Theriakologie hatte in
manchem Herzen Zutrauen und Leitseligkeit erregt. Im Jahre 1680 wurde das
Werk in jüdischen Lettern zu Altdorf in der Universitäts-Buchdruckerei
neu aufgelegt, und 1681 zu Nürnberg von dem Prediger und Professor Johann
Wülfer mit Anmerkungen herausgegeben. Eisenmenger hat sich unendlich
viele Mühe gegen, Gegenbeweise herbeizubringen (Entdecktes Judentum, Th.
I siehe Register S. 982); aber Eisenmenger hat den Flug eines schuldlos
gedrückten Volkes seinem Namen eingeprägt, und das Andenken Zebi's
wird gesegnet, seinem heiligen Eifer wird das Gefühl der Bewunderung und
seinem Unglück die Träne des Mitleids gezollt."
Artikel zu Samuel
Friedrich Brenz in der Jewish
Encyclopedia
In der Geschichte Feuchtwangens von Wilhelm Schaudig findet sich
die Bemerkung: "Unter dem Dekan Monninger, 1597 bis 1607, der zuvor Rektor zu Ansbach gewesen war, wurde am 12. Juli 1599 jener Jude Löw nebst seinem Weib Oedelein und zwei Söhnen getauft, der 1612 zu Nürnberg den "Abgestreiften jüdischen Schlangenbalg" herausgab. Er erhielt den Namen Samuel Friedrich Brenz. Der ältere Sohn Viktorin Christoph Brenz war später Pfarrer in Auernheim und wurde als Insimus in Feuchtwangen 1620 mit der Bürgerstochter Margarete Beck getraut."
(Quelle).
Jüdische Persönlichkeiten aus Aufhausen:
Leopold
Liebmann (geb. 1805 in Aufhausen als Sohn des Lehrers und Handelsmannes
Joseph Liebmann und der Fanny geb. David): Besuch der Talmudschule in Oettingen,
seit 1822 Studium am Lehrerseminar in Esslingen. Seit 1825 Lehrer an der
israelitischen Volksschule in Esslingen; verheiratet mit Babette geb. Schwarz
aus Pappenheim (gest. 1842). 1842 wurde Leopold Liebmann Lehrer und Hausvater
des damals neu gegründeten Israelitischen
Waisenhauses "Wilhelmspflege" in Esslingen; 1842 zweite Ehe mit
Sophie geb. Veit aus Sontheim. Liebmann war jüdischer Religionslehrer am
Lehrerseminar Esslingen und weiterhin Vorsänger in der Israelitischen Gemeinde
in Esslingen. 1873 Zurruhesetzung und nach Stuttgart verzogen, wo er 1893
verstarb und im israelitischen Teil des Pragfriedhofes beigesetzt wurde.
Samuel
Liebmann (geb. 1799 in Aufhausen, älterer Bruder zu Leopold Liebmann s.o.):
ließ sich zum Landwirt und Bierbrauer ausbilden; kaufte 1830 das Schlossgut
Schmiedelfeld (Gemeinde Sulzbach-Laufen, Kreis Schwäbisch Hall) und betrieb
hierin eine Kleinbrauerei (galt wenig später als Musterökonomie); 1840 nach
Ludwigsburg verzogen, da Liebmann durch den Umzug in die Stadt seinen Kindern
eine gute Schulbildung ermöglichen wollte. In Ludwigsburg Inhaber des
Gasthauses "Zum Stern" mit Brauerei. 1854/55 wanderte die Familie
Liebmann nach New York aus, wo Samuel Liebmann die Liebmann'sche Brauerei
begründete, innerhalb weniger Jahre eine der bedeutendsten Brauereien im Land.
Die Familie genoss höchstes Anwesen in Brooklyn und New York. Samuel Liebmann
starb 1872.
Weiteres zur Geschichte siehe Beitrag von Rolf Hofmann: "Die Liebmann
Brauerei in New York": Die Geschichte
der Rheingold Brauerei (Brauerei der Familie Liebmann) in New York(pdf-Datei) Artikel
von R. Hofmann in der Zeitschrift "Der Aufbau"
(englisch)
Über den aus Aufhausen stammenden Fabrikanten Gustav Heß
in Paris (geb. 1817 in Aufhausen)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1868:
"Pflaumloch (Württemberg). In Ihrem geschätzten Blatte, in welchem
gerne Notizen über Männer unseres Glaubens, die sich durch eigenes
Verdienst Anerkennung und Auszeichnung verschafft, Aufnahme finden, wolle
gefälligst nachstehendem Toaste, ausgebracht von dem pensionierten
Musterlehrer Löwenstein in Pflaumloch bei einem Hochzeitsmahle auf Herrn
Fabrikanten Gustav Heß, Ritter des Friedrichsordens in Paris, ein Raum
gestattet werden, da das Wirken des Gefeierten Vielen als Muster gelten
dürfte. Der Toast lautete, so viel uns erinnerlich, also:
'Ich erlaube, dem allverehrten Gaste unseres Festes, Herrn
Fabrikant, Herrn Fabrikanten Gustav Heß aus Paris, Inhaber vieler
Ehrenmedaillen, Ritter des Friedrichsordens, einen Toast auszubringen.
Geboren am 27. November 1817 zu Aufhausen, einem kleinen Dörfchen
diesseitigen Amtes, von wenig bemittelten, aber wahrhaft frommen Eltern,
hatte derselbe nach dem Austritte aus der Schule das Tuchmacherhandwerk
erlernt. Mit leerer Tasche trat er nach erstandener Lehrzeit eine
Wanderreise an; aber Schätze, mehr geeignet den Weg zum Glück zu bahnen
als Geld und Gold, Schütze, die kein Zufall rauben kann, nahm er mit
sich. Eine gute Erziehung, ein heller, strebsamer Geist, ein liebevolles
Herz, ein heiterer Sinn und empfehlendes Äußeres, das waren die
Reisemittel, die den Mann, dem unser Toast gilt, in die größeren
Werkstätten Deutschlands und Italiens einführten, von wo er, bereichert
mit Kenntnissen seines Faches und getrieben von Lernbegierde, nach Lyon
ging, und von da trieb ihn sein Wissensdurst bald nach der Stadt, von der
die Mode ausgeht für die Welt, nach Paris. Dort als Werkführer einer
größeren Fabrik angestellt, legte er seine Ersparnisse sicher an, durch
die er 1843 schon für eigene Rechnung eine Werkstätte zur Erzeugung von
Modestoffen anlegte. In
den
Ausstellungen 1840 in Paris, 1851 in London und wieder in späteren
Ausstellungen wurden seine Fabrikate mit Medaillen gekrönt. König
Wilhelm von Württemberg lohnte dieses schöne Streben eines geborenen
Württembergers bei der Ausstellung in Paris 1854 durch Verleihung der
goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft und 1861 durch Auszeichnung
des Bandes des württembergischen Kronenordens. 1862 ward ihm die erste
Medaille (Prize Medall) in der Ausstellung zu London zuerkannt und wieder
1867 die erste Medaille (Silberne Medaille) bei der Ausstellung zu
Paris. 1867, während des Aufenthaltes des Königs Karl von Württemberg
in Paris, wurde er, in Anerkennung seiner großen Verdienste, zum Ritter
des Friedrichsordens ernannt.
Bei allen diesen hohen Auszeichnungen, bei dem großen Reichtume, dessen
sich unser edler Freund erfreut, richtete er stets seinen Blick dankend
aufwärts zu Gott, sah nie stolz herab auf andere. Wie er keine größere
Freude kannte als seine Eltern, so lange sie lebten, zu ehren und zu
erfreuen, und wie er deren Grab mit kindlich-frommen Dankgefühlen
besucht, so hat er ein liebend Herz seinen Geschwistern, seinen
Verwandten, seinen Jugendfreunden, seinem Geburtsorte bewahrt. Für Arme
hat er stets offene Hand. Die heutige Hochzeitsfeier seiner Nichte, die
meinen Nachfolger im Amte geehelicht, schmückt er mit seiner Gegenwart
und zwei liebliche Blumen aus seinem Familiengarten, zwei seiner Kinder
brachte er mit zur Teilnahme.
Mit gerechtem Stolze nennen Geschwister und Verwandte den Mann, der so
viel geleistet und der solcher Auszeichnung sich erfreut, den ihrigen, und
seine Glaubensgenossen, denen er mit warmer Liebe stets angehört, freuen
sich nicht minder darob.
Sie, geehrte Anwesende, stimmen, gewiss freudig darein, wenn ich Sie nun
auffordere, unserm verehrten Gaste ein dreimaliges Hoch auszubringen!' -
Es erfolgte ein stürmisches Hoch."
Die jüdischen Gefallenen des Ersten
Weltkrieges
Rechts: Die Kriegergedenktafel
von Aufhausen verzeichnet als Gefallenen auch Louis Hilb (geb. 27. April
1880, gefallen 16. September 1917 in Galizien); dieser wohnte wohl
vorübergehend in Aufhausen. Im Gedenkbuch "Die Jüdischen Gefallenen
des deutschen Heeres usw. 1914-1918" wird er unter Pforzheim genannt
(Angaben von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries, in dessen Sammlung sich
auch die Kriegergedenktafel befindet).
Rechts: Gefallenendenkmal
in Bopfingen für
die im Ersten Weltkrieg umgekommenen Soldaten, darunter Josef und
Moritz Leiter aus Aufhausen (Fotos: Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries;
die beiden lebten vor dem Ersten Weltkrieg bereits in Bopfingen)
70. Geburtstag von Sanitätsrat Dr. Sigmund Weil (geb.
1860 in Aufhausen) (1930) Anmerkung: Sigmund Weil ist am 27. März 1860 in Aufhausen geboren als Sohn
von Salomon Weil (geb. 4. März 1818) und der Babette geb. Gutmann (geb. 3.
November 1826). Die Großeltern waren Seligmann Weil und Esther geb. Heß bzw.
Moses Gutmann und Bertha geb. Gutmann. Sigmund war das elfte in der Reihe von
insgesamt 13 Kindern des
Ehepaares.
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. März 1930: Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken.
75. Geburtstag von Sali Heß (geb. in Aufhausen) (1935) Anmerkung: Sali (Salomon) Heß ist am 1. September 1860 in Aufhausen als
achtes Kind (davon mehrere früh verstorben) der Eheleute Abraham Heß (geb. 23.
Juni 1827) und der Bertha geb. Oberdorfer (geb. 28. August 1824) geboren. Die
Großeltern waren Jakob Heß und Kehle geb. Fuchs bzw. Joseph Oberdorfer und
Jette geb. Wassermann.
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. September 1935: "Stuttgart.
Am 1. September durfte Privatier Sali Heß in voller geistiger und
körperlicher Frische seinen 75. Geburtstag feiern. In Aufhausen geboren,
kam der Jubilar schon in jungen Jahren nach Stuttgart, wo er mit seinem
Bruder ein Posamenteriewaren-Geschäfte gründete. Sali Heß gehörte zu
den am längsten in Stuttgart wohnenden Mitgliedern unserer Gemeinde. Er
betätigt seine treue Zugehörigkeit zu seiner Gemeinschaft vor allem auch
durch einen besonders regen Besuch des Gotteshauses. Durch sein
bescheidenes, anspruchsloses Wesen hat sich der Jubilar einen großen
Kreis von Freunden erworben, die ihm an seinem Geburtstage ihre Verehrung
und Anhänglichkeit in reichem Maße bekundeten. Mögen Sali Heß noch
viele Jahre in Gesundheit und Freude an der Seite seiner Gemahlin
beschieden sein."
Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter"
vom 25. Januar 1848: "Eine Reise in das württembergische
Unterland. Von Ulm. (Fortsetzung). Aufhausen, allwo der rüstige Kämpfer für Wahrheit und Recht,
Sal. Zebi, geboren wurde, lebte und wirkte, zählt zwischen siebzig bis
achtzig israelitische teils wohlhabende Familien, die sich fleißig mit
Feldbau beschäftigen. Die schöne Synagoge wurde vor etwa zwanzig Jahren
neu erbauet. In der Person des wackern Lehrers, Herr Frank, habe ich eine
mir sehr teure Bekanntschaft gemacht. dieser hat, seiner gediegenen Kenntnis
und seines ehrenwerten Charakters wegen, so wie Herr Löwenstein in
Pflaumloch, seitens der oberen Schulbehörde die Erlaubnis erhalten,
Schulkandidaten unterrichten zu dürfen, von welcher Erlaubnis schon beide
mit dem besten Erfolg Gebrauch gemacht haben.
Außerhalb Aufhausens ersteigt man einen Höhenrücken, der eine
Wasserscheide zwischen Rhein und Donau bildet, das Ries bekränzt und die
Fernsicht in das Remstal eröffnet. - Das auf einen zuckerhutsähnlich
geformten Berg liegende schöne Schloss, das man von hier aus, rechts,
erblickt und das den ganzen Sechtachgrund beherrscht, ist Hohenbaldern.
Hier lebten bis zum Jahre 1801, zu welcher Zeit der letzte Sprössling
dieses Hauses starb, die Grafen von Hohenbaldern, die Schutzherren der
Juden zu Oberdorf und zu Aufhausen. Am Fuße des Bergs liegt das Dorf Baldern,
wo einst auch Juden gewohnt haben, und man zeigt noch das Frauenbad und
das Haus, in welchem die Synagoge gewesen."
Opferbereitschaft der Gemeinde für verfolgte russische Glaubensgenossen (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1891: "Künzelsau
(Württemberg). Infolge Anregung in Nummer 39 und 40 des 'Israelit und
Jeschurun' haben sich die hiesigen Gemeindemitglieder zusammengefunden, um
wegen des russischen Unterstützungsprojektes zu beraten. Die Anwesenden
haben je einen Beitrag von 2-5 Mark gezeichnet und sich verbindlich
gemacht, diesen Beitrag monatlich, auf die Dauer von 6 Monaten zu spenden.
Die erste Sammlung ergab 72 Mark. Da von einer dem Mittelstande
angehörenden Gemeinde mit etlichen 20 Familien dieses geleistet wurde, so
könnte, wenn diesem Beispiele in der ganzen jüdischen Diaspora
nachgeahmt würde und besonders die Leistungsfähigen nicht zurückstehen,
Großes und Ersprießliches erreicht werden. (Auch von der kleinen
Gemeinde in Aufhausen bei Bopfingen wird uns von der großen
Opferwilligkeit der Gemeindemitglieder berichtet, welche auf eine Predigt
des Herrn Lehrer Adler 68 Mark spendeten. Red.)."
Aus dem Prospekt des Fremdenverkehrsvereins (1913)
Aus
dem Prospekt des "Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs" in
Aufhausen: "Ein im Jahre 1912 gegründeter Verein zur Hebung des
Fremdenverkehrs greift überall helfend, schmückend, erhaltend und
zierend ein; er besitzt auch eine vom Schultheißenamt verwaltete
Auskunftsstelle und Wohnungsnachweis. Katholischer und israelitischer
Gottesdienst findet im Ort statt, während evangelischer Gottesdienst
in dem nahen Bopfingen (mit der Bahn in 7 Minuten erreichbar) geboten
ist."
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1926: Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken.
Werbung für das Kinderheim in Aufhausen (1926 / 1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1926:
"Kinderheim. Luftkurort Aufhausen. Linie Stuttgart - Nördlingen. Ab
2. Mai finden Kinder von 4 Jahre ab beste Aufnahme. Streng rituell,
glänzende Verpflegung, gewissenhafte pädagogische Aufsicht, ärztliche
Überwachung. Auf Wunsch Prospekte sowie erstklassige Referenzen.
Anmeldung bald erwünscht. Leitung: Frl. Laura Wassermann, Frl. Lina
Nager, Nördlingen-Bayern."
Anzeige in der Zeitschrift des "Central-Vereins"
(CV-Zeitung) vom 5. März 1926.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Mai 1928.
Weitere Dokumente
(alle aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim /
Ries; zusätzliche Angaben auf Grund der Recherchen von P.K. Müller)
Schreiben des
Synagogenrates in Gailingen
an das Schultheißenamt in Aufhausen
(1899)
Schreiben
"die Verlassenschaft der verstorbenen Salomon Kubitschek Witwe
Babette geb. Metzger betreffend";
diese war die 2. Ehefrau des
Salomon Kubitschek aus Aufhausen, war aber vorher in Gailingen mit Daniel
Hirsch Kahn verheiratet.
Brief von
Koppel David Schloss aus Laudenbach
an
Heinrich Thalheimer in Aufhausen (1863)
Der Brief wurde
am 29. Oktober 1863 von Koppel David Schloss aus Laudenbach verschickt.
Koppel war der Neffe von Heinrich Thalheimer, dessen Schwester Esther am
21. Mai 1829 David Schloss aus Laudenbach heiratete. Im Brief teilt der
Neffe seinem Onkel die Geburt seiner Tochter Thekla mit, und dass Mutter
und Kind wohlauf sind. Der Empfänger Heinrich Thalheimer ist am 22. Juni
1822 in Aufhausen geboren, heiratete am 9. September 1835 Sophie geb. Fröhlich;
er war von Beruf Weber.
Brief von Christian Weiß
aus Stuttgart
(nichtjüdisch) an David Jacobi
in Aufhausen (1851)
Der Brief - mit
einer der ersten württembergischen Briefmarken (die es erst seit dem 15.
Oktober 1851 gab) - wurde am 30. Oktober 1851 von Stuttgart nach
Aufhausen geschickt. Der Absender Christian Weiss jun. teilt David Jacobi
mit, dass er einen Schuldschein von ihm erhalten hat, um dessen
Begleichung er hiermit bittet. Nach den jüdischen Familienbüchern von
Aufhausen ist David Jacobi am 25.4.1815 als Sohn von Alexander Jacobi in
Aufhausen geboren und war seit 21.10.1846 mit Nanette geb. Bär
verheiratet.
Erinnerung an die jüdische Brauerei
"Blaue Ente", die einzige jüdische Brauerei in Aufhausen und
Umgebung
Besitzer und Gründer der Brauerei war Nathan Hess, sein Nachfolger
Mathias Fels, der bis 1920 die Brauerei betrieb; die unten abgebildete Ansichtskarte aus Aufhausen mit dem Gasthaus und der Brauerei zur
Ente wurde 1920 nach Lauchheim verschickt. Der Besitzer und Gründer des Gasthauses und der Brauerei "Zur Ente" war
Nathan Hess (geb. 14. Mai 1824, war seit 16. Oktober 1849 verheiratet mit
Jeanette geb. Heß, geb. 24. April 1830; die Eltern von Nathan Hess waren Leonhard Heß und
Zortele geb. Liebmann; die Eltern von Jeanette Heß waren Jakob Heß und Kehle geb.
Fuchs). Auf einer im ehemaligen Sudhaus eingelassenen Steintafel findet sich folgender Eintrag:
"Erbauth von Nathan Heß - 1850 " (vgl. den Presseartikel). In der Ortsansicht
ist auch die Synagoge von Aufhausen zu erkennen.
Ansichtskarte von
Aufhausen
"Gasthaus und
Brauerei zur Ente"
Die Synagoge in der Karte von
Aufhausen
Rechts: Presseartikel von
Reinhard Schwind
in der "Ipf- und Jagst-Zeitung" vom 29.8.1997: "Koscheres Bier kaum aus Aufhausens 'Blauer Ente'" (zum Lesen bitte Abbildung anklicken)
Erinnerung an das
früher jüdische Gasthaus "Zur Traube"
Künstler-Ansichtskarte mit dem Gasthaus zur Traube von E. Fröhlich, versandt nach Lyon am 21. Dez. 1911.
Der erste Besitzer und Wirt des Gasthaus "Zur Traube" der Familie Fröhlich war
Salomon Hirsch Fröhlich (geb. 1. August 1812 in Aufhausen). Von Beruf war er Seifensieder.
1841 verzog er von Aufhausen nach Schwäbisch
Hall. 1844 kehrte er von Schwäbisch Hall zurück und wurde Wirt vom Gasthaus
"Zur Traube" bis zu seinem Tod am 14. November 1864. Er war
verheiratet mit Karoline geb. Maier (geb. 6. Oktober 1812 in Schnaittach),
mit der er neun Kinder hatte (fünf sind früh verstorben). Seine Tochter Emilie
(Emily) Fröhlich (geb. 3. Mai 1842 in Schwäbisch Hall) übernahm nach dem Tode des Vaters das Gasthaus
"Zur Traube" und führte dieses bis zum Jahr 1901. In diesem Jahr
verkaufte sie das Gasthaus an einen nichtjüdischen Nachfolger.
Emily Fröhlichs Schwager Maier Fröhlich (geb. 16. Juli 1799 in
Aufhausen) war zunächst Lehrer in Aufhausen. Später war er Wirt der "Blauen Ente"
(siehe oben) bis zu seinem Umzug 1841 nach Ellwangen, wo er
Wirt des "Gasthauses Waldhorn" wurde. Die Ausschnittvergrößerung rechts
zeigt die Synagoge Aufhausens auf der Karte.
Panorama-Ansichtskarte
von
Aufhausen und Umgebung (um 1913)
Es handelt sich um
eine Ansichtskarte mit rückseitiger Gaststätten-Werbetafel, u.a. Gasthof
zur Traube von Emilie Fröhlich (siehe oben).
Eine identische Karte in der Sammlung von Peter Karl Müller wurde am 17.
Juni 1913 versandt.
Sonstiges Erinnerung an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert
Grabstein für Bernard Hess in New Orleans (1856-1932) Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd., aufgenommen. Bernhard Heß/Hess ist am 13. April 1856 in Aufhausen als viertes Kind der
Eheleute Ezechiel Heß (Glasermeister in Aufhausen) und der Sophie geb. Blum
geboren. Die Großeltern waren Seligmann Heß und Hanna geb. Bär
beziehungsweise Bernhard Blum und Jette geb. Benedikt.
Grabstein
(rechts) mit Inschriftenplatte (link) im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans
für:
"Bernard Hess born in Aufhausen Württemberg,
Germany, April 13, 1856, died in New Orleans,
November 29. 1932".
Schon seit der 2. Hälfte des 16.
Jahrhunderts war vermutlich ein Betsaal in einem jüdischen Privathaus
eingerichtet. Im Zusammenhang mit dem Bau einer Synagoge 1730 wird von
einer "neuen Synagoge" geredet. Der Standort dieser Synagoge ist nicht mehr
bekannt.
Bereits 1777 war der Neubau einer Synagoge nötig
(Gebäude Nr. 41). Dieses Gebäude wurde im Herbst 1821 verkauft, nachdem man
ein neues Grundstück zum Bau einer Synagoge gekauft hatte.
Vom Frühjahr 1822 an wurde eine neue Synagoge
erbaut, in der auch die die Wohnung des Vorsängers und seit 1829 eine jüdische
Schule untergebracht war. Die Synagoge wurde 1824
fertiggestellt und mit einem feierlichen Gottesdienst am 18. September 1824
(25. Elul 5584) eingeweiht. Die Predigt hielt Rabbinatskandidat Wolf
Seligmann Rothenheim aus Wallerstein. Der am Gebäude angebrachte "Traustein" (Chuppa-Stein)
trug die Inschrift (übersetzt): "Das Haus, das die Heilige Gemeinde Aufhausen für G"tt gebaut
hat im Jahr 584 nach der kleinen Zählung" (entspricht 1824). Für
die damals etwa 250 Gemeindeglieder wurde ein stattlicher Bau erstellt, der über
ein Jahrhundert Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens war.
Predigt zur
Synagogeneinweihung: "Der wahre Tempel. Predigt gehalten bey der
Einweihung des Bethauses der Israeliten zu Aufhausen im Königreiche
Württemberg (am 25. Ellul 5584) den 18. September 1824 von Wolf
Seligmann Rothenheim. Cand.Theol. aus Wallerstein. Nördlingen,
gedruckt mit Beckschen Schriften. Vorwort. Ich habe den Aufforderungen meiner geehrten Gönner und
Freunde diese Predigt dem Publikum zu übergehen nicht widerstehen können
- und dieses ist die Ursache weshalb ich sie der Presse übergab. Allzu große
Unruhen, die in dem Tempel während des Gottesdienstes herrschten - und
eine Folge der großen Volksmenge war, die sich hier versammelte, machten
es unmöglich diese Rede ganz - und so wie ich es eigentlich wünscht,
vortragen zu können. Durch den Druck derselben glaube ich also auch
diejenigen einerseits zu entschädigen, die da von Ferne herbeikamen - das
lebendige Wort Gottes verkünden zu hören. Der
Verfasser."
(die Predigt konnte durch Hinweis von Rolf Hofmann, Stuttgart
eingestellt werden)
Im Gottesdienst der Synagoge Aufhausen wurde eine für die damalige Zeit hoch
moderne Synagogenordnung eingeführt. Ein auswärtiger Besucher des
Synagogengottesdienstes berichtete 1838 tief beeindruckt über einen
Gottesdienstbesuch in Aufhausen:
Beeindruckt vom Gottesdienst in der Synagoge Aufhausen (Bericht
von 1838)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6.
September 1838: "Ich hatte am 11. dieses Monats Gelegenheit in dem
württembergischen Dorfe Aufhausen dem Gottesdienste nach der neu
eingeführten Ordnung beizuwohnen und wurde durch die dabei herrschende
ehrfurchtsvolle Stille, namentlich aber durch den herrlichen mit größter
Präzision und Reinheit ausgeführten vierstimmigen Gesang wahrhaft erbaut
und tief ergriffen. Ich hatte bis jetzt die Anordnung durchgängig
vierstimmiger Gesänge als einen Missgriff angesehen, der an der
Ausführung scheitern müsse, aber hier habe ich die Ausführbarkeit auf
eine vollständig befriedigende Art gesehen. Dank, innigen Dank der
königlich württembergischen Oberkirchenbehörde, welche durch Aneignung
und allgemein Einführung dieser herrlichen Gesänge sich ein neues
Verdienst um die jüdische Liturgie erworben und damit zugleich auch eine
Vermittlung zwischen dem, der Synagoge immer fremd bleibenden,
protestantischen Choralgesang und den allzu weltlichen Melodien bewirkt
hat; Anerkennung dem Talent des Herrn Lehrers Frank, welcher durch
seine musikalischen Kenntnisse, unterstützt von einem glücklichen Organ
den Gesang auf eine solche Stufe gehoben hat, wie man ihn in einer
Synagoge nicht leicht hören wird. Dank aber auch dem edlen Eifer der
Herren Kirchenvorsteher, welche eine Ehre darein setzen, allen höheren
Anordnungen den pünktlichsten Vollzug zuzuwenden, wodurch sie vielen
ihrer Kollegen in und außer Württemberg ein würdiges Beispiel
geben."
Das Ende der Synagoge
Nachdem schon in
der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg kaum mehr ein Minjan zum Gottesdienst
zusammenkam, wurde die Synagoge 1925 geschlossen und ging nach Auflösung der
Gemeinde in den Besitz des Israelitischen Oberrates über. 1931 kam es zuerst zu
Verhandlungen mit der neuapostolischen Gemeinde Oberdorf, die die Synagoge als
Kirche verwenden wollte. Am 31. August 1931
verkaufte der Oberrat die Synagoge an die politische Gemeinde Aufhausen zum
Preis von 1.800 RM. Zum Verkauf finden sich nähere Informationen in den
nachfolgenden Presseartikeln:
Verkauf der Synagoge an die politische Gemeinde (1931)
Artikel vom 15. Juni 1931, vermutlich erschienen im
"Bopfinger/Neresheimer Tagblatt" (zugesandt von Peter Karl
Müller, Kirchheim/Ries): "Aufhausen, 13. Juni (1931). (Verkauf
der Synagoge in Aufhausen am Schenkenstein). Die hiesige Synagoge ist
vom Oberrat der israelitischen Religionsgemeinschaft an die politische
Gemeinde Aufhausen verkauft worden um den Preis von 1.800 RM und zwar so,
dass 1.000 RM anbezahlt werden müssen und die restlichen 800 RM in 2
Jahresraten zu 400 RM und 4 Prozent Zins beglichen werden müssen. Sollte
die politische Gemeinde die Synagoge vor dem 1.12.36 wieder verkaufen, so
würde sich der Kaufpreis von 1.800 RM erhöhen um die Hälfte des
erhaltenen Mehrerlöses. Als beschränkt persönliche Dienstbarkeit im
Sinne des § 1090 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist bestimmt vom Oberrat,
dass der Kaufgegenstand (die Synagoge) nie zu Badezwecken, zu Gerberei-
und Stallzwecken und nicht zum Zweck der Beseitigung oder Verarbeitung
menschlicher oder tierischer Abfallstoffe verwendet werden darf. Seitdem
die treue Synagogenhüterin, Frl. Hilb gestorben, steht die Synagoge leer.
Der Oberrat der israelitischen Religionsgemeinschaft hat mit dem Kaufpreis
von 1.800 RM der Gemeinde Aufhausen besonderes, großes Entgegenkommen
gezeigt, gegen starke Konkurrenz und wie es heißt, weit höheres Angebot.
Dafür gebührt dem Oberrat der israelitischen Religionsgemeinschaft
besonders großer, herzlicher Dank. Großer Dank gebührt Herrn
Bürgermeister Weiler, der mit starker Initiative in richtiger Erkenntnis
der Situation und der Bedeutung des Kaufes für Gemeindezwecke die Sache
zum guten Ende führte. Ebenso großer Dank gebührt Herrn Schultheiß
a.D. Wörle, der sich trotz seiner Zurruhesetzung persönlich mit
größtem Interesse um das Gelingen des Planes bemühte, ihm vor allem
größter Dank, da Herr Schultheiß Wörle im Kauf der Synagoge eine
Stiftung machen will an die Gemeinde Aufhausen. Ehre und Dank auch dem
Gemeinderat, der sich von Anfang an mit großem Weitblick hinter seinen
Bürgermeister stellte und auch zu Opfern bereit war. Möge Gutes aus dem
Kauf für die Gemeinde Aufhausen erwachsen!"
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Oktober 1931: "Aufhausen. Am
31. August dieses Jahres hat der Israelitische Oberrat, an welchen im
Jahre 1925 infolge Auflösung der Gemeinde der Besitz der Israelitischen Religionsgemeinde
übergegangen war, die dortige Synagoge an die politische Gemeinde
verkauft. Welchem Verwendungszweck die Synagoge zugeführt werden wird,
kann noch nicht gesagt werden: jedoch ist im Kaufvertrag dafür Vorsorge
getroffen worden, dass sie nicht zu unwürdigen Zwecken Verwendung finden
wird. Bald wird jetzt nur noch der so wunderbar am Schenkenstein liegende Friedhof
von der einst so blühenden Gemeinde Kenntnis geben.
Aufhausen gehörte im Jahre 1832 zu den größten Gemeinden des Landes. Es
nahm von Jahr zu Jahr ab und heute leben nur noch wenige Israeliten dort,
die der Israelitischen Gemeinde Oberdorf-Bopfingen
zugeteilt sind. Aufhausen hat also das Schicksal mit den in der Nähe
liegenden Gemeinden Pflaumloch, das
gar keine Israeliten mehr hat, und Lauchheim,
das noch einige Seelen zählte, geteilt.
Mit tiefer Wehmut sieht man die Landgemeinden, die einst die Reservoire
der Großgemeinden bildeten, dahinschwinden."
Wie aus
einem Briefwechsel von Altbürgermeister Wörle mit seinem Nachfolger Weiler
hervorgeht, hat 1931 Wörle selbst aus seinen Ersparnissen 1.800 Reichsmark in den
Kauf der Synagoge investiert und die Synagoge als eine Stiftung in die Verwaltung der Gemeinde überführt. Zwar
war damals noch nicht klar, welchem Verwendungszweck die Synagoge zugeführt
werden sollte, doch war im Kaufvertrag - wie im obigen Presseartikel
hervorgehoben - bestimmt worden, dass sie nicht zu unwürdigen
Zwecken verwendet werden sollte. 1934/35 war geplant, entweder die Synagoge zu
einer Turnhalle umzubauen oder das Rathaus in die ehemalige Synagoge zu
verlegen. Dann war geplant, sie zu einem HJ-Heim umzubauen. Ende1938/
Anfang 1939 war das Synagogengebäude -
obwohl im Besitz der Gemeinde - der Zerstörung ausgeliefert. In seinem Brief
vom 19. Februar 1939 redet Wörle von einer "täglichen Demolierung"
bis zur Unbrauchbarkeit des Gebäudes.
Links
Bürgermeister Martin Wörle (geb. 1865 Aufhausen - 1940 Aufhausen), der
die Synagoge 1931 aus eigenen finanziellen Mitteln für die Gemeinde
kaufte und sich gegen die Demolierung und Zerstörung des Gebäudes
1938/39 zur Wehr setzte.
Brief
von Altbürgermeister Martin Wörle an seinen Nachfolger Emil Weiler vom 19.
Februar 1939: "Mein lieber Herr Weiler! Ihren Brief vom 11. ds. Mts.
habe ich erhalten und von dem Inhalt Kenntnis genommen...
Nun zu dem Zweck Ihres Schreibens: Der Karren mit der Synagoge ist
verfahren und damit auch das von mir jederzeit bewiesene Wohlwollen und
Sorgen für die Gemeinde Aufhausen. Wenn man 32 Jahre lang als
Ortsvorsteher seine Kraft bis zur Neige geopfert und muss Erfahrungen
machen, wie es bei mir der Fall war, kann man sich nicht wundern, dass an
Stelle der Sorgen um das Wohl der Gemeinde Interesselosigkeit tritt. Die
Synagoge ist beim Ankauf in halbwegs ordentlichem baulichen Zustand
gewesen und heute ist sie ein Trümmerhaufen. Dieses tägliche Demolieren
bis zur Unbrauchbarkeit des Gebäudes hätte mit allen Mitteln verhindert
werde müssen. Wenn ein der Gemeinde gehörendes Gebäude - wie mit
Absicht - zerstört werden kann, wenn Polizei und Landjäger nächste
Nachbarn sind, und sich nichts darum bekümmern, dann sind diese auch am
jetzigen Zustand nicht schuldfrei. Mir persönlich wurde in 2 Wirtschaften
hier von 2 Herren, die auf dem Rathaus sitzen, der Vorwurf gemacht: Mit
der Synagogen-Stiftung habe ich der Gemeinde nur eine Last auferlegt.
Glauben Sie mir, Herr Weiler, dass es für mich ein Vergnügen war,
seinerzeit 1.800 Mark Erspartes meiner zahlreichen Familie (nach der
Inflation) zu nehmen und zur Bezahlung der Synagoge zu verwenden? Es ist
damals auf dem Rathaus die Äußerung gefallen, 'ob nun beim Schultheiß
Wörle nichts mehr zu holen ist'. Und nun muss ich dem Zerstörungswerk
des Gebäudes zuhören und zusehen von meinem Garten aus. Meine Frau ist
wiederholt selbst zur Synagoge hinüber und musste schließlich mit einer
frechen Antwort heimkehren. Ich behaupte, dass es Leute hier gibt, welche
Interesse an der Wertlosmachung des Gebäudes haben und darum zu allem Tun
und Treiben schweigen. Wie hat man mich durch Beschlüsse des Gemeinderats
sofort nach meinem Weggang bestürmt, Schultheiß Wörle soll die
'versprochene Rückzahlung' machen und die zweite Zahlung bei der
Sparkasse vorlegen! Es handelte sich ja hier um keine 'Rückzahlung',
sondern um eine 'freiwillige Gabe'. Ich habe meinen Gehalt, den ich
gesetzlich zu beanspruchen hatte, in legaler Weise - durch Beschuss des
Gemeinderats festgesetzt - bezogen, wie meine anderen Kollegen mit
gleicher Dienstzeit. Der Unterschied war nur der, dass die Letzteren den
ganzen Gehalt behielten, und ich bereue es heute, nicht ebenso gehandelt
zu haben. Mein Dank für alles, was ich zum Wohle meiner Heimatgemeinde
getan habe, kam beim Weggang von meinem 32 Jahre lang gewissenhaft und
pünktlich besorgten Amt als Ortsvorsteher zum Ausdruck, - und zwar so,
wie es in Württemberg in keiner Gemeinde noch keinem
Kuhhirten geschehen ist. Wie Sie sich noch erinnern werden, hat bei der
Amtsübergabe der Oberamtsvorstand den versammelten Gemeinderat gefragt,
ob niemand 'sprechen' wolle; und die Herren waren sich alsbald einig, mit
einem 'Nein' zu antworten. Sogar der vielseitige 'Sprecher' konnte sich
seine Weisheit vorenthalten. War diese 'Einigkeit' verabredet, oder waren
die anderen Vertreter der Gemeinde zu naiv, um ein paar Worte des Dankes
auszusprechen? -- Als Sie ihr Amt antraten, brachte man auch mir abends -
trotz meiner Ablehnung - ein 'Ständchen' und als besonders 'hoch' habe
ich es angeschlagen, dass mir der Herr Vorstand König einen Blumenstrauß
als 'Anerkennung' und als Dank überreichte für 32 Dienstjahre. Punktum
und von vorne. - Dass ich nun in der längst 'verbockten' Synagogensache
mich wieder in voraussichtlich für mich undankbarer Weise verwenden soll,
nachdem scheint's der Handel mit Kleebauer spruchreif ist, dazu habe ich
keine Lust. Ich weiß überhaupt nicht, ob der Eintrag der Stiftung ins
Grundbuch und Amtgrundbuch - wie besprochen und auf der Urkunde vermerkt -
erfolgt ist? Ferner, ob die Gemeinde die Stiftungsurkunde seinerzeit dem
Ministerium zur Genehmigung unterbreitet hat? Nur dann gilt die
Stiftung als solche. Ist dies unterblieben, dann bin ich nach 8 Jahren nur
noch der 'Blamierte' - wenn ich jetzt Einspruch erhebe. Und ich will
mich in meinem derzeitigen krankhaften Zustand mit diesen Leuten nicht
noch verfeinden. Wenn Sie selbst an einem Kauf interessiert sind, müssen
Sie sich beeilen; soviel ich weiß, hätte am Dienstag der Kaufvertrag
beurkundet werden soll, wenn Herr Waibel nicht erkrankt wäre..."
Das Synagogengebäude wurde schließlich an
einen örtlichen Landwirt verkauft. Im Zusammenhang
mit dem Umbau zu einem Wohnhaus mit Stallungen ist es teilweise abgebrochen
worden; die Grundmauern des Erdgeschosses sind in dem
hier stehenden Wohnhaus mit Stallungen erhalten (Lauchheimer Straße 21). Mit
der Nutzung des Synagogengebäudes zu Stallzwecken wurde freilich den
Abmachungen von 1931 nicht entsprochen (s.o.).
Fotos
Historische Fotos (Quelle der Fotos obere Zeile Mitte und rechts sowie untere
Zeile rechts: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg. 1932 S. 53-54; die historische Postkarte ist abgebildet in: Bopfingen in alten Ansichten.
Nördlingen 1981 S. 78)
Historische Ansichtskarte von
Aufhausen
von 1903: rechts vor der Kirche ist die
Synagoge zu sehen.
Die Synagoge in Aufhausen
Innenansicht der Synagoge
Auf der Empore der Synagoge
Der Traustein der ehemaligen Synagoge mit der Inschrift übersetzt:
"Das Haus, das
die Heilige Gemeinde Aufhausen für G"tt gebaut
hat im Jahr 584 nach der kleinen
Zählung" (hebräisch für 1824)
Historische Ansichtskarten
von
Aufhausen mit Fotos der Synagoge
(alle Karten aus der Sammlung von
Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)
Blick auf
Aufhausen, im Hintergrund links der Ipf
Blick auf
Aufhausen, von Westen her kommen (d.h. aus Richtung Lauchheim kommend)
Das Schulgebäude in
Aufhausen, in dem
sich auch die Israelitische Schule befand
Luftaufnahme auf
Aufhausen, im Vordergrund die Ruine Schenkenstein
Die im Oktober
1913 von Aufhausen
nach Paris verschickte Karte wurde von
zwei jüdischen
Gemeindegliedern namens
Wassermann unterzeichnet
Blick auf Aufhausen
Ausschnittsvergrößerung mit
Kirche,
Schule und Synagoge
Rechts: Karte, verschickt im
Jahr 1900 aus
Aufhausen nach Speyer; angegeben ist
als Adresse im Text
"bei Isak Wassermann,
Aufhausen"; die Synagoge ist auf der
Karte
im Hintergrund zu sehen.
Die Karte aus
Aufhausen mit der Synagoge (Ausschnittsvergrößerung) wurde am 17. August
1928 (Poststempel Bopfingen) geschickt an Heinrich Gabai in Meran; die Anrede auf dem Kartentext
ist "Liebste Dilber! Liebste Nourie, liebster Heini". Auf
dem Foto rechts (Quelle)
sind aus der Familie Gabai in Meran (Foto um 1930) zu sehen (von rechts): Dilber
Gabai Perez, Moritz und Nouri Gabai Honig, Suleimann (Suli) Gabei,
Sabetai Gabai, Enrico (= Heinrich) Gabai (Sohn von Dilber) sowie
Albert und Emmy Gabai.
Absender der Karte war "Gabai bei Lamm, Oberdorf". Die Absenderin (auf Vorderseite "von Eurer
Jenny" ?) war zu Gast bei Familie Lamm in Oberdorf
(ehemals Lange Gasse 20).
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985: (Fotos: Hahn)
Wohnhaus Lauchheimer Straße 21, erbaut
über der großenteils
abgebrochenen
Synagoge; aus derselben Blickrichtung
wie das historische
Foto oben links
Seitenansicht des Gebäudes;
erkennbar die massive Ostmauer der
ehemaligen
Synagoge
Auch hier ist die Ostmauer der
ehemaligen Synagoge erkennbar
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn; Aufnahmedatum 5.9.2003)
Ansicht wie oben, jedoch
hinter
belaubten Bäumen
Vor dem Haus
Lauchheimer Straße 21
(frühere Stallungen)
Ansicht ähnlich wie oben
Das rituelle Bad -
Mikwehäuschen (auf dem Anwesen Michelfelderstraße 4-6)
Das
Mikwehäuschen wurde 1839 auf der anderen Seite der Eger gegenüber der
Synagoge errichtet. Das Gebäude wurde 1914 verkauft und zuerst zu
Wohnzwecken und dann als Lager benutzt. Fotos von ca. 1983 (Fotos: Hahn)
Außen und
Innenaufnahmen des Mikwehäuschens im Jahr 2003. Der Boden ist betoniert, das
Tauchbecken befindet sich darunter (Fotos: Hahn).
Im Sommer
2004 ist das Mikwehäuschen hinter Bäumen und Büschen versteckt (Fotos: Peter
Karl Müller, Kirchheim/Ries)
Video zur jüdischen Geschichte im
Ostalbkreis (eingestellt 12/2023) Erstellt vom Landratsamt des Ostalbkreises: Pressetext zur
Vorstellung: "Im Frühjahr 2019 wurde auf Initiative des Ostalbkreises in der
ehemaligen Synagoge in Bopfingen-Oberdorf ein Netzwerk aller Archivare und
Bürgermeister der Städte im Ostalbkreis aus der Taufe gehoben, die Spuren
jüdischen Lebens aufweisen. Ziel war es, angesichts spürbar zunehmender
antisemitischer Stimmungen alle Kräfte zu bündeln und jüdisches Leben im Kreis
sichtbar zu machen. Die Kooperation hat drei Kerninhalte, wie Landrat Dr.
Joachim Bläse bei einem der Treffen zusammenfasste: 'Wir wollen schützen,
bewahren, erforschen und voneinander lernen, und wir wollen jüdische Geschichte
im Ostalbkreis vielen Menschen, vor allem unsere Jugendlichen, transparent und
leicht zugänglich machen.'
Dafür wurde vom Netzwerk gemeinsam mit Kollektiv K ein rund 15-minütiger Film
erstellt, der die "Jüdische Geschichte im Ostalbkreis" kompakt und anschaulich
vermittelt: Seit dem Mittelalter ist jüdisches Leben im Ostalbkreis nachweisbar.
In Archiven und Museen sind noch Relikte zu finden, was aber ist heute noch in
den Städten und Gemeinden präsent? Eine Spurensuche nach Menschen, Häusern und
Geschichten".
Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern. 1966. S. 29ff.
Ursula Laurentzsch: Zur Geschichte der Judengemeinde Aufhausen bei
Bopfingen. Zulassungsarbeit zur 1. Dienstprüfung für das Lehramt an Grund-
und Hauptschulen im Frühjahr 1978 an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd
(maschinenschriftlich vervielfältigt).
1978.
Felix Sutschek/Bernhard Hildebrand: Museum zur Geschichte
der Juden im Ostalbkreis in der ehemaligen Synagoge Bopfingen-Oberdorf.
Katalog. Bopfingen 2004. S. 64-65 u.ö.
Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 33-34.
Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
Aufhausen Wuerttemberg.
Jews first settled in the 16th century and maintained a continous presence from
the late 17th century, engaging in the cattle and grain trade and reaching a
peak population of 378 in 1854. Thereafter their number declined rapidly, with
only five remaining in 1933; only one emigrated and survived.
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