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in Bretten
Bretten (Kreis Karlsruhe)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Bretten wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt. Neueste Einstellung vom
29.6.2020.
Übersicht der eingestellten Texte:
Aus
der Geschichte des Rabbinates in Bretten
Zum Tod von Bezirksrabbiner
Veit Flehinger
(1855)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Januar 1855: "Aus dem Badischen, im Januar (1855). Am 28.
Dezember vorigen Jahres starb der Nestor der badischen Rabbinen,
Bezirksrabbiner Veit Flehinger in Bretten. Mit ihm ging der letzte der
badischen Rabbinen zu Grabe, welche, ohne geordnete Universitäts-Studien
gemacht zu haben, als Rabbinen in Baden fungierten. Er bekleidete seine
Stelle während einer Reihe von 48 Jahren bis zu seinem Lebensende bei
fortwährend ungetrübter noch rüstiger Geisteskraft, sowie bei ungestörtem
Gebrauche seiner äußeren Sinne, mit Ausnahme des Gehörsinnes, welchen
er seit einiger Zeit allmählich ganz verloren hatte. Der Entschlafene
hatte sich zwar mittelst eines mündlichen letzten Willens eine allzu rühmende
Anerkennung und Preisung seiner Verdienste nach seinem einstigen Ableben
verbeten. Trotzdem konnten es die bei seiner am 31. vorigen Monats unter
zahlreicher Teilnahme seiner Rabbinats-Angehörigen stattgehabten
Beerdigung anwesenden Amtsbrüder desselben, unter welchen drei seiner
Schwiegersöhne waren, sich nicht versagen, ihm Worte der Verehrung und
des Nachruhms nachzurufen. So hielten dessen Schwiegersöhne Rabbiner Grünwald
von Freudental, Rabbiner Wälder von
Laupheim, Klausrabbiner Ettlinger von Mannheim, sowie Oberratssekretär Altmann von
Karlsruhe, teils im
Sterbehause vor Abgang der Leiche, teils vor der Stadt, ehe dieselbe auf
den 2 ½ Stunden entfernt liegenden Kirchhof verbracht wurde, teils auf
dem Friedhofe selbst passende Reden. Da die Zeit bereits zu sehr vorgerückt
war, so war es dem ebenfalls anwesenden Stadt- und Bezirks-Rabbiner B.
Willstätter von Karlsruhe auf der Friedhofstätte nicht mehr möglich,
ebenfalls zu sprechen, weshalb derselbe nach Rückkehr der
Leichenbegleitung nach Bretten im Hause des Verstorbenen demselben noch
einige Worte der Hochachtung und Anerkennung weihte, in welchen |
derselbe den dem Verstorbenen im hohen Grade eigenen
edlen Zug liebender Duldung und Freundlichkeit gegen Andersdenkende auf
dem Gebiete religiöser Überzeugung mit Zugrundelegung der auf die
Bedeutung jenes Tages (den 10. Tebet) passenden Prophetenstelle Sacharja
8,19 in begeisterter Rede besonders hervorhob. Schließlich halten wir
noch die Tatsache der Mitteilung und der öffentlichen Verbreitung wert,
dass der Verstorbene mittelst mündlichen festen Willens ausdrücklich
verordnete, dass derselbe nicht vor Ablauf von 48 Stunden nach seinem
Ableben (der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit) beerdigt werden dürfe.
Eine ähnliche Bestimmung hatte auch der im Jahre 1837 verstorbene rühmlichst
bekannte Ascher Löw zu Karlsruhe getroffen. Möge das belehrende Wort des
eigenen Beispiels, das aus den Gräbern dieser beiden als streng orthodox
und talmudgelehrt rühmlichst bekannten Rabbinen der ältern Zeit hervortönt,
von nachhaltigem belehrendem Einflusse sein zur endlichen allseitigen Abstellung
des hier und da noch, und zwar als ein Erzeugnis vermeintlicher
Orthodoxie, in Israel herrschenden Missbrauchs eines ungebührlichen Drängens
auf Beerdigung Verstorbener vor Ablauf der gesetzlichen
Frist!" |
Rabbinatsverweser Weil hält seine Antrittspredigt in der Synagoge Bretten
(1855)
Anmerkung: Rabbiner Siegmund Weil ist als Sohn des Vorsängers Josef Weil 1814
in Eichstetten geboren und 1886 in
Mosbach gestorben. Nach seinem Studium war er
von 1843 bis 1855 in Eichstetten tätig;
von hier hat er sich u.a. 1847 als Rabbiner in Krotoszyn Prov. Posen beworben,
1855 hielt er eine Antrittspredigt in Bretten, doch war er hier nur wenige
Monate (Neuausschreibung der Stelle unten im August 1855), um anschließend in
Mosbach als Rabbiner tätig zu sein. 1856
Heirat mit Caroline geb. Thalheimer aus
Merchingen.
Artikel
in der "Karlsruher Zeitung" vom 8. Februar 1855: "Bretten. Jüngsten
Samstag hielt Herr Rabbinatsverweser Weil aus
Eichstetten vor einer großen
Zuhörermenge, aus sämtlichen Konfessionen und Ständen bestehend, in der
hiesigen Synagoge seine Antrittspredigt. Der Ruf, der diesem Geistlichen
voranging, berechtigte schon zu schönen Erwartungen, und in der Tat, sie
wurden erfüllt. Denn diese Predigt war äußerst sinnreich und gehaltvoll;
reine Gottesverehrung und allumfassende Menschenliebe waren die edlen
Grundzüge, die daraus hervorleuchteten. Dabei war sein Vortrag bei
angenehmem Organ klar und seelenanregend. Möge dieser Geistliche, von dessen
amtlichem Wirken wir uns für seine Gemeinden noch vieles Gute und Veredelnde
versprechen, dem Bezirk Bretten erhalten bleiben." |
Die jüdische Gemeinde Eichstetten bedauert den Weggang von Rabbiner Sigmund Weil
(1855)
Anzeige
in der "Karlsruher Zeitung" vom 11. Februar 1855: "Eichstetten.
Nachruf. Ende vorigen Monats verließ uns nach 12jährigem Aufenthalt hier
Herr Rabbiner Sigmund Weil, um, dem Rufe des großherzoglichen Oberrates
zufolge, die Verwaltung des Rabbinates Bretten anzutreten. Derselbe hat
während dieser Zeit durch seine gehaltvollen Predigten die israelitische
Gemeinde erbaut, durch seinen Wandel ein Vorbild gegeben, und allenthalten
Rat und Trost erteilt, wo man dessen bedurfte; sodass wir uns gedrungen
fühlen, dem Herrn Rabbiner Weil auch öffentlich unsere Anerkennung zu zollen
und unsern Dank auszusprechen. Möge der Allmächtige ihm ferner und lange
Gesundheit und Kraft verleihen, dass er treu und in Ehren arbeite und wirke
zum Heile der ihm anvertrauten Gemeinden!
Eichstetten, den 4. Februar 1855.
Der Synagogenrat. A. Weil. Schmay L. Burger. L. Epstein.
Herz Bickert. Adolf Weil." |
Ausschreibung
der Stelle des Bezirksrabbiners in Bretten (1855)
Anzeige
im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis"
vom 18. August 1855 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bekanntmachung.
(Nr. 531). Das Bezirksrabbinat Bretten, mit welchem ein fixer
Gehalt von 300 fl., ferner 75 fl. für Wohnung, sowie die üblichen
Rabbinatsgefälle verbunden sind, ist in Erledigung gekommen.
Die berechtigten Bewerber um diese Stelle haben ihre desfallsigen Gesuche
binnen 14 Tagen bei Großherzoglichem Oberrate der Israeliten
einzureichen. Karlsruhe, den 10. August 1855.
Großherzoglicher badischer Oberrat der Israeliten. Der
Ministerial-Kommissär: Schmitt. vdt. Mos. Heimerdinger."
|
Dienstantritt von Rabbiner
Moses Elieser Liberles (1856)
Anmerkung: Moses Elieser Liberles
ist als "Süßmann Lieberles" am 22. Mai 1824 in
Kirchen
geboren. Er war ein Sohn von Elias Lieberles (Lieberleß, Liberles,
geb. 1765 als Sohn von Tias Lieberles und der Esther geb. Weil, gest.
1833), der bis 1822 als Vorsänger und Lehrer in
Rust, danach bis 1833 in
derselben Stellung in Kirchen tätig war. Elias Lieberles war in erster
Ehe verheiratet mit Sara geb. Günzburger (geb. um 1783 als Tochter
des Rabbiners Günzburger in Schmieheim, gest. 20.5.1821), mit der er
fünf Kinder hatte: Samuel (1810-1887, war als Webermeister und
Judenwirt in Kirchen tätig), Pfeiffer (1812-1874, war als
Trödler, später als Eisenbahnarbeiter tätig), Bernhard (war
später als Drehermeister tätig), David (1818), Resta (Esther, geb./gest.
1818). In zweiter Ehe war Elias Lieberles verheiratet mit Lina geb.
Sussmann (1797-1856) mit der er vier Kinder hatte: Süßmann
(1824), Joseph (1825-1876), Bärle (1827) und Vögele
(1829-1832). Süßmann Lieberles wird im Revolutionsjahr 1849 als
Mitglieder der Bürgerwehr in Kirchen genannt. Seit 1848 studierte er am
jüdischen Seminar und an der Universität in Würzburg; in dieser Zeit
hat er wohl als Vornamen Moses Elieser angenommen. 1855 wurde er
Bezirksrabbiner in Bretten, wo er 1872 starb.
Artikel
in der "Karlsruher Zeitung" vom 22. Februar 1856: "Bretten, 20.
Februar (1856). Am vergangenen Dienstag traf Herr Rabbiner Liberles,
am Bahnhof freundlichst empfangen, hier ein, um das ihm vom großherzoglichen
Ministerium übertragene hiesige Bezirksrabbinat sofort anzutreten. War ihm
durch den Ruf, der ihm vorausgegangen, schon im voraus das Vertrauen
zugewendet, so wurde dasselbe in hohem Grade gesteigert und befestigt durch
die am darauf folgenden Samstag in der Synagoge zu Bretten abgehaltene
Antrittspredigt, zu der sich eine sehr ansehnliche Zuhörerschaft aus allen
Konfessionen und Ständen, insbesondere auch unser Herr Amtsvorstand und die
Geistlichen der beiden christlichen Konfessionen eingefunden hatten. Der
gehaltvolle, von der wärmsten und aufrichtigsten Glaubenstreue durchwehte
Vortrag über die Aufgabe eines israelitischen Geistlichen hatte die
Bibelworte 3. Mose 21,6 und 8 zum Texte und machte sowohl durch seinen
lehrreichen Inhalt, als durch die ansprechende Form nach allen Seiten hin
einen wahrhaft wohltuenden Eindruck, sodass man nur wünschen muss, der
Redner möchte mit seiner begeisterten, uns begeisternden Rede recht oft von
der geweihten Stätte herab die Gemeinde belehren und erbauten. Wir haben
hierbei die wohlbegründete Überzeugung gewonnen, in welche gute Hände unsere
Behörde die Leitung der religiösen Angelegenheiten unseres Bezirks gelegt
hat. Möge sie dafür des Dankes des ganzen Rabbinatsbezirks versichert sein."
|
Todesanzeige für Bezirksrabbiner
Moses Elieser Liberles
(1872)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3.
Juli 1872: "Todesanzeige. Verwandten, Freunden und Bekannten widmen wir
die traurige Nachricht, dass es dem Allmächtigen gefallen hat, unserem teueren
Vater, Gatten, Bruder und Schwager, Herrn Bezirksrabbiner S. Liberles, heute früh 7 Uhr nach längerem Leiden in ein besseres Jenseits
zu sich zu rufen. Es bitten um stille Teilnahme
die trauernden Hinterbliebenen. Bretten (Baden), 30. Juni 1872."
Anmerkung: S. Liberles meint seinen Geburtsnamen "Süßmann Liberles". |
Zum Tod von Bezirksrabbiner
Moses Elieser Liberles (1872)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 10.
Juli 1872: "Wiesloch, 3. Juli (1872). Heute wird mir die traurige
Pflicht, von dem Dahinscheiden eines Mannes zu berichten, der eine Zierde
seiner Gemeinden sowohl als der ganzen Judenheit, ein wackerer Charakter
in jeder Beziehung war. Herr Moses Elieser Liberles, Bezirksrabbiner in
Bretten, ist nicht mehr unter den Lebenden. Nach mehr als 2 Jahre langem
Leiden hauchte derselbe am Sonntag, 1. Juli früh 7 Uhr seine Seele in
einem Alter von 45 Jahren, aus. Nachdem mir die so betrübende Nachricht
wurde, eilte ich als Schüler des Verblichenen nach Bretten, um meinem
teuren Lehrer die letzte Ehre zu erweisen. Das Leichenbegängnis fand
gestern Vormittag 10 Uhr statt, an welchem sich die Gemeindeglieder des
Bezirks sehr zahlreich beteiligten; es fehlten aber auch nicht das Amtspersonal, die Gemeindebehörden, die Geistlichen, die Lehrer und noch
verschiedene Bürger der Amtsstadt. Herr Bezirksrabbiner Schleßinger aus
Bruchsal wusste in sehr beredter Weise das Leben des Dahingeschiedenen zu
schildern und ganz besonders wies er darauf hin, dass der Heimgegangene
nur dann im Andenken seiner Bezirksangehörigen bleibt, wenn sie sich der
leider zu früh verwitweten Frau und ihrer noch kleinen, hilfslosen und
unmündigen 5 Kinder annehmen, mit allen Kräften unterstützen und so das
verwaiste Leben der Hinterbliebenen angenehm machen.
Auf dem Friedhofe in Flehingen (es war des Verstorbenen Wunsch,
dort beerdigt zu werden) angelangt, sprach Rabbiner Schleßinger nochmals,
worauf ein Verwandter des Verstorbenen, Herr Stiftsrabbiner Weil aus
Karlsruhe, ebenfalls eine ergreifende und vom Herzen kommende Rede hielt.
Die Krone unseres Hauptes ist gefallen (hebräisch dasselbe). Wir
verlieren an dem Verblichenen im wahren Sinne des Wortes einen
vollkommenen Jehudi. Wie war ihm das Studium unserer heiligen Tora
so lieb, wie war sein Unterricht ein so klarer und deutlicher, wie war er
doch ein liebevoller Gatte, ein tüchtiger Erzieher seiner Kinder, ein tüchtiger
Staats- und Gemeindebürger! So
möge denn sein Geist aufsteigen zu dem, der tötet und belegt; seine
verklärte Seele möge aufgenommen werden unter den Lebenden im Jenseits.
Beten möge er dort für das Wohlergehen seiner so schwer heimgesuchten
Hinterbliebenen, aber auch für uns, die wir von ihm sagen: das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen.
Ackermann, Lehrer." |
Über die Umstände, die zu einer Nichtbesetzung des
Rabbinates führten – oder: ein religiöses Gemeindeglied bedauert die
schwach ausgeprägten religiösen Interessen des Vorstandes (1872)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 27.
November 1872: "Bretten, den 15. November (1872). Wenn bisher die religiösen
Interessen unseres Kreises für allgemeine Besprechung wenig Anlass boten,
so dürften sie doch im Augenblick recht geeignet sein, sie der
Beurteilung eines weiteren Publikums zugänglich zu machen. Vor einigen
Monaten brachten diese Blätter die Kunde von dem Hinscheiden unseres
Rabbiners Liberles – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen, eines
Mannes, der wie Wenige mit voller Kraft für die ungeschmälerte
Aufrechterhaltung des glaubenstreuen Judentums, für den Fortbestand echt
religiösen Lebens in seinem Kreise eingestanden war. Während er in
diesen Bestrebungen in der Gemeinde Flehingen kräftige Unterstützung
fand, wurde dem Erfolg in der hiesigen Gemeinde durch unausgesetzte
kleinliche Plackereien, durch kleinere und größere Rücksichtslosigkeiten,
in die sich der Vorstand und der größere Teil der Gemeindemitglieder
redlich teilten, völlig illusorisch gemacht. Doch war es ihm wenigstens möglich,
wenn auch unter Kämpfen, die seine Gesundheit immer mehr untergruben, der
Zanksucht durch charakterfeste Autorität erfolgreichen Widerstand zu
bieten. Mit seinem Hinscheiden begann aber auch die religiöse Lage recht
trostlos zu werden. Ein Rabbiner schien der Gemeindevertretung ein |
sehr entbehrlicher Luxus und in edler Fürsorge für
das Seelenheil der Gemeinde hatte ein weiser Vorstand nichts Eiligeres zu
tun, als sich durch Aufhebung des dortigen Rabbinatssitzes zu verewigen. Böse
Gemüter meinten zwar, das Vermögen der Gemeindevorsteher und ihrer
meisten Pflegebefohlenen würden durch Wohltätigkeit geben und ähnliche
Gemeinnützigkeiten so wenig angegriffen und der Pensionsgehalt, den sie
der Witwe des verstorbenen Rabbiners und ihren unerwachsenen Kindern
ausgesetzt, sei ein so unanständig geringer, dass der finanzielle Bestand
der Gemeinde nicht erschüttert worden wäre, wenn man dem Drängen der
Flehinger, einen eigenen Rabbiner zu berufen, Folge gegeben hätte. Hatte
ja ohnedies der im Geldsparen unermüdliche Vorstand in rührender
Aufopferung für das Wohl seiner Gemeinde vor circa 4 Jahren die Auflösung
der jüdischen Elementarschule und die Abdankung des Elementarlehrers,
eines bejahrten Gemeindebeamten, dekretiert. Doch im Bewusstsein der edeln
Tat unterließ trotz alledem der höchst fürsorgliche Vorstand die
Wiederbesetzung und schloss sich dem Rabbinate Bruchsal an. Wir sind weit
entfernt, die anerkannten Fähigkeiten und religiöse Gesinnungstüchtigkeit
des dortigen Rabbiners Schleßinger in Zweifel zu ziehen. Aber die
Pflicht, wenn irgend möglich den religiösen Mittelpunkt, den geistigen Führer
auch weiter an unsere Gemeinde zu fesseln, die Rücksicht auf die
Gemeindemitglieder, welche abweichend von den Ansichten des Vorstandes
noch einiges Bedürfnis nach religiöser Belehrung empfanden, die
Aufforderungen der so lange mit Bretten vereinigten Flehinger Gemeinde,
welche durch die Lostrennung der Letzteren außer Stande ist, einen eigenen
Rabbiner anzustellen, hätte einen skrupulösen Vorstand vielleicht dazu
vermocht, auch auf die Interessen derer Rücksicht zu nehmen, deren
Religion und jüdisches Leben höher als Geldcoupons stehen. Welche Früchte
die religiöse Zerfahrenheit seit dem Tode des Rabbiners schon getragen,
lehrt folgende verbürgte Tatsache, die uns von einem Ohrenzeugen
mitgeteilt wurde. An der Mikwe war eine Stufe zerbrochen, sodass eine
Person beim Besuche sich nicht unerheblich verletzte. Als hierauf der
Vorsteher von einer Dame aufgefordert wurde, es doch wieder reparieren zu
lassen, erklärt er, der Mikwe-Besuch seit etwas, das vor zweihundert
Jahren in Mode gewesen sei, heute aber werde er sich hüten, dafür Geld
herzugeben. Die Frau hat, glaube ich, zu erwidern vergessen, dass wohl vor
zweihundert Jahren so - - pflichtgetreue Vorsteher 'Mode gewesen' sein mögen,
die rücksichtslos genug waren, ihre |
Gewissenlosigkeit auch ihren Gemeindemitgliedern aufzwängen
zu wollen, dass aber heutzutage die Gemeinde sich selbst genug brandmarkt,
deren 'Auserlesene' es wagen dürfen, solche Brutalitäten zur Schau zu
tragen. Wer die fortwährenden Zänkereien, denen die jüdischen
Gemeindebeamten preisgegeben sind, erkennt, wundert sich nicht, dass der jüdische
Religionslehrer, ein sehr fleißiger und gewissenhafter junger Mann, der
in seinen freien Stunden auch noch den Religionsunterricht der
Nachbargemeinde Diedelsheim, erteilte, wegen dieser Freveltat von den missgünstigen Gemeindemitgliedern schikaniert wird. Weiß man doch, dass
gewisse Leute, welche keine Kinder haben, auch die natürlich auf
Gemeindekosten erhaltene Religionsschule aufgehoben sehen möchten, und zu
diesen Leuten, welche keine Kinder haben, gehört – unser erster
Vorsteher. Hinc illae lacrimae. Unser Rabbinatsstuhl ist verwaist, unsere
Religionsschule, die heilige Erziehungsstätte unserer Kinder, ist vom
Untergang bedroht, unsere heiligen Einrichtungen, werden verhöhnt, nur
eins bleibt uns zu unserem Heile: - unser Vorsteher." |
Bezirksrabbiner
Lazarus Schlessinger lässt seine Reden in
den Synagogen des Bezirks lesen (1889)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Januar 1889: "Der
Bezirksrabbiner L. Schleßinger in Bretten (Baden) hat die löbliche Einführung
getroffen, an den Festtagen in den Synagogen der Gemeinden seines
Sprengels, welche des Predigers entbehren, kleine von ihm verfasste Reden
und Ansprachen verlesen zu lassen. Die Rede für das Wochenfest, und ‚Tischrifesthalle’,
Predigt für Neujahr und Versöhnungstag, liegen gedruckt vor (Bretten
1888); besonders letztere ist bei aller Kürze schön und inhaltsreich.
Auch die tief empfundene Leichenrede, welche Herr Bezirksrabbiner Schleßinger
am Grabe des im kräftigen Mannesalter plötzlich verstorbenen Herrn Jacob
Koppel in Bretten den 22. Oktober dieses Jahres gehalten hat, ist im Druck
erschienen (Bretten 1888)." |
Richtigstellung einer Pressemitteilung über Rabbiner
Schlessinger (1889)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Januar 1889: "Aus
Baden, im Januar (Berichtigung). In Nr. 1 Ihres geschätzten Blattes
brachten Sie eine Notiz, die der Richtigstellung bedarf. So wenig ich wünsche,
dass Herrn Bezirksrabbiner Schleßinger in Bretten ein ungerechter Tadel
durch die Presse gegeben wird, ebenso unlieb wäre mir, schon im Interesse
der Wahrheit, wenn demselben ein unverdientes Lob gespendet wird. Die in
der Notiz erwähnte Einrichtung, wonach Herr Bezirksrabbiner Schleßinger
den Gemeinden seines Rabbinats an den Festtagen Festreden zusendet, ist
keineswegs eine von Herrn Bezirksrabbiner Schleßinger selbständig
getroffene. Vielmehr hat der Großherzogliche Oberrat der Israeliten im
Jahre 1886 die Bezirksrabbiner Badens angewiesen, den israelitischen
Gemeinden jeweils an den Festtagen Festpredigten zuzusenden. Ich war
mehrere Jahre im Bezirk Bretten angestellt und kann konstatieren, dass
Bezirksrabbiner Schleßinger im ersten Jahre der Einrichtung nur 3, während
andere Rabbiner 6-7 Reden sandten. Herr Schleßinger kann sich also nicht
rühmen lassen, der einzige Rabbiner Badens zu sein, der seinen Gemeinden
die Festreden zukommen lässt. Dies zur Steuer der Wahrheit.
L….e." |
Kritisches zu
einigen Anordnungen des Bezirksrabbinates
(1889)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 28.
Januar 1889: "Aus Baden. In Nr. 4 des 'Israelit' wird aus Baden von der
Maßregel des Großherzoglichen Oberrats berichtet, Predigten von den
Bezirksrabbinern ausarbeiten und sie durch den Lehrer oder Kantor in
denjenigen Gemeinden, welche keine Prediger haben, vortragen zu lassen. Es
wird die segensvolle Wirkung dieser schönen Einrichtung zuerst anerkannt,
aber am Ende nichts destoweniger der Wunsch beigefügt, dass die Reden
nicht nur Worte bleiben, sondern auch zur segensreichen Tat übergehen mögen.
In diesem Zwiespalt jener Korrespondenz muss ich mich auf Grund
meiner Erfahrungen für die zweiten Version entscheiden. Es ist mir nicht
eine einzige gute Tat bekannt, die seit dem neuen Predigtverfahren mehr geübt,
und nicht ein einziges Unrecht, das weniger begangen wurde. Dagegen ließen
sich außer den in jener Korrespondenz angedeuteten Missständen, noch
manches Moment für das Bedenkliche dieser neuen Einrichtung geltend
machen; ich will mich jedoch heute nur auf eins beschränken. - Ihr
Korrespondent feier die homiletische Meisterschaft des Herrn
Bezirksrabbiners Schleßinger in Bretten, an der ich gewiss nicht zu
zweifeln wage. Wenn aber trotz dieser Meisterschaft, die Reden bisher nur
Worte geblieben und nicht in segensreiche Taten übergegangen sind, so
muss man, die Schönheit der ganzen Einrichtung vorausgesetzt, ein wenig
nach der Ursache suchen.
Ich glaube zum Beispiel, dass die Worte des Herrn Bezirksrabbiners Schleßinger
viel nachdrucksvoller wirkten, wenn in dem Tun und Lassen ihres Führers
den Bezirksgemeinden nicht manches widerspruchsvoll oder doch rätselhaft
erscheinen würde.
In Bretten hat der Herr Bezirksrabbiner einem sonst unbescholtenen
Manne untersagt, vor der Gemeinde vorzubeten, weil derselbe am Feiertag
auf dem Wochenmarkte Einkäufe machte. - Gut. -
In Flehingen, der Vaterstadt des Herrn Bezirksrabbiners Schleßinger, muss
jeder, der als (ehrenamtlicher) Vorbeter fungieren will, sich vorher bei
dem Rabbiner in Bretten einer Probe unterziehen. - Auch gut. -
Aber in Eppingen darf ein Metzger, der an Schabbat und Feiertag Fleisch
aushackt und verkauft und dasselbe sogar, wie mir mitgeteilt wird, durch
seine schulpflichtigen Kinder austragen lässt, der ferner in seinem
Schlachthaus Kälber stechen, sich im unjüdischen Wirtshaus
Fleischspeisen auftischen lässt, dieser Metger darf an Kol Nidre, am
Mussafgebet von Jom Kippur und an anderen Tagen als ehrenamtlicher
Vorbeter fungieren! - Der betreffende Metzger ist allerdings –
Gemeindevorstand!
Es begreift sich, dass man schon ein guter Prediger sein muss, um
diesen Widerspruch einigermaßen plausibel zu machen." |
|
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 4.
April 1889: "Aus Baden. In Nr. 4 Ihres geschätzten Blattes wird von
einer Anordnung Großherzoglichen Oberrats gesprochen, wonach die badischen
Rabbiner Predigten für die Feiertage abzufassen haben, die an den Orten,
welche keine Rabbinatssitze sind, von den Vorbetern vorzulesen sind.
Zugleich wird die Meisterschaft des Herrn Rabbiner Schleßinger in
Bretten, die in den vom ihm verfassten Predigten zutrage tritt, gerühmt.
Schreiber dieser Zeilen kann die Predigten des Herrn Rabbiner Schleßinger
als sehr gut gefasst und zu Herzen gehend empfehlen, nachdem er selbst
alle gelesen. In Nr. 8
Ihres Blattes hingegen wird hervorgehoben, dass die Predigten des Herrn
Rabbiner mehr wirken würden, wenn, wie ich wenigstens den Inhalt dieses
Artikels verstehe, Herr Rabbiner Schleßinger in seinen Anordnungen mehr
konsequent und weniger parteiisch wäre. Die Gründe, wodurch der
betreffende Herr seinen Angriff auf Herr Rabbiner Schleßinger
rechtfertigen zu können glaubt, sind aber bei genauerer Betrachtung hinfällig.
In Bretten hat der Herr Rabbiner einem Manne das Vorbeten mit
vollem Rechte vorboten, weil derselbe am Feiertag auf dem Heimwege von der
Synagoge Lulaw und Etrog tragend, um einen Hahn auf öffentlichem Markte
feilschte, denselben auch kaufte, was allgemeinen Anstoß erregte. Ich
glaube, dass man dieser Verfahren des Herrn Rabbinen billigen muss.
- Dass der Herr
Bezirksrabbiner diejenigen prüft, welche als (ehrenamtliche) Vorbeter
fungieren wollen, wenn dieselbe noch nie als solche fungiert haben, daran
sehe ich durchaus nichts Tadelnswertes; ich muss diese Maßregel vielmehr
loben.
Dagegen soll Herr
Schleßinger einem Manne in Eppingen, der Fleisch am Schabbat und Feiertag
verkauft, das Vorbete an den ehrfurchtgebietenden Tagen nur deshalb nicht
verboten haben, weil derselbe Gemeindevorstand ist.
Diese Anschuldigung entspricht nicht der Wahrheit. Herr Rabbiner
Schleßinger hat vor circa 1 ½ Jahren den Betreffenden vor dem
Synagogenrat zur Rede gestellt und ihm eröffnet, dass er den
Fleischverkauf am Schabbat und Feiertag, sowie alles Sonstige in Nr. 8
Ihres Blattes Gerügte unterlassen müsse, widrigenfalls er nicht mehr
vorbeten dürfe. Der Getadelte versprach, nicht mehr als Vorbeter zu
fungieren, worauf der Gemeinde mitgeteilt wurde, dass der Herr Vorsteher
nicht mehr vorbeten dürfte. Könnte der Herr Rabbiner mehr tun? Wenn die
Gemeinde ihren Vorstand doch wieder veranlasst vorzubeten und derselbe
Folge leistete, - kann dies dann dem Herrn Schleßinger zur Last gelegt
werden?
Aus diesen Ausführungen
wird der betreffende Herr ersehen, dass der Herr Rabbiner in allen von ihm
angeführten Fällen konsequent und gerecht verfahren ist, und möchte ich
dem Schreiber jener Zeilen raten, in Zukunft vor einem derartigen Angriffe
seine Waffen zu prüfen." |
Publikation
von Predigten des Rabbiners Schlessinger (1889)
Hinweis in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Mai 1889: "Herr Bezirksrabbiner L. Schlessinger in
Bretten hat jüngst eine 'Pessach- und Schawuosrede'
veröffentlicht." |
25-jähriges Amtsjubiläum von Bezirksrabbiner
Schlessinger (1895)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. November 1895: "Bretten, 20. November (1894). Am 9. vorigen
Monats erschienen der gesamte Synagogenrat und der Bezirksälteste unserer
Gemeinde nach Schluss des Morgengottesdienstes in der Wohnung des Herrn
Bezirks-Rabbiners Schleßinger, um demselben zu seinem 25-jährigen
Amtsjubiläum ihre Glückwünsche darzubringen. Vorsteher Herzberger hielt
eine ergreifende Rede und gratulierte im Namen der ganzen Gemeinde. Anknüpfend
an das Wort aus den Sprüchen der Väter: 'Wer lernt, in der Absicht zu
lehren, dem gelingt es zu lernen und zu lehren; wer aber lernt, um auszuüben,
dem gelingt es zu lernen, zu lehren und auszuüben,' schilderte er das
dienstliche und private Leben des Herrn Rabbiners als ein segensreiches.
Sein Wirken in der hiesigen Gemeinde sei kein vergebliches; das bezeuge
die große Anhänglichkeit und Dankbarkeit, welche hierbei alle
Gemeindeglieder bekundeten, als es galt, ihrem Rabbiner unter Glückwünschen
eine Feier zu veranstalten. Hier überreichte der Vorsteher im Namen der
Gemeinde ein kostbares Geschenk. Sodann ergriff der Bezirksälteste
Rothschild das Wort: Er glaube im Namen des gesamten Bezirkes zu sprechen,
wenn er für den bewiesenen Fleiß und die Berufstreue des Jubilars seinen
tief gefühlten Dank ausdrücke; auch er bitte den Allgütigen, dass es
dem Herrn Rabbiner noch lange vergönnt sein möge, zur Verbreitung
unserer Religion kräftigst beizutragen. Hierauf dankte der Jubilar überrascht
und sichtlich ergriffen den anwesenden Herren, sowie der ganzen
Gemeinde." |
Publikation von Predigten des Bezirksrabbiners
Dr. Schlessinger (1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1901:
"Aus Baden. Von Herrn Bezirksrabbiner Dr. Schleßinger
in Bretten, der sich auf dem Gebiete der Kanzelberedsamkeit ergebliche
Verdienste erworben hat und dessen 23 Festpredigten weite Verbreitung
gefunden haben, ist eine neue Sammlung von homiletischen Vorträgen unter
der Presse, welche durch die Buchhandlungen bald beziehbar sein
wird.
Die Sammlung wird außer den Sabbatpredigten mehrere für Peßach,
Schobuot, zehn Sukkotvorträge, für Rosch Haschana, Jom Kippur,
Schmini Aseret und Simchat Tora etc. enthalten.
Sehr zu begrüßen sind die Vorträge für Bar Mizwa, für Kaisers-
und Großherzogs-Geburtstage, für die Literatur nur wenige aufzuweisen
hat. Wir haben von einigen gedruckten Bogen Einsicht genommen und können
dadurch bezeugen, dass der Inhalt auf echt jüdischer Basis beruht. Bibel,
Talmud, Midrasch und religiöse Philosophie sind Hauptmomente der
Vorträge. Möchten die Predigten weitere Verbreitung finden.
H." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901: "Aus
dem Rabbinatsbezirk Bretten. Die bereits in diesen Blättern
angekündigte Herausgabe von Kanzelreden von Herrn Bezirksrabbiner Schleßinger
in Bretten, liegt nun im Drucke vollständig vor uns, und ist im
Kommissionsverlag bei A.J. Hofmann in Frankfurt am Main zu
beziehen. Ich habe sämtliche 24 Fest-, Sabbat- und Gelegenheits-Reden
durchgelesen und gefrunden, dass sie von biblischen, talmudischen und
midraschischen Stellen durchwebt, also von echt jüdischem Geiste getragen
sind. Die Darstellung der Reden sind nach Form und Inhalt gediegen, was
jeder rabbinisch und allgemein wissenschaftlich Gebildete offen gestehen
muss. Sie sind daher Rabbinern, Predigern und Laien, besonders auch zu
Hochzeits- und Geburtsangebinden, sowie Barmizwa-Geschenken etc. bestens
zu empfehlen." |
Zum
Tod des 18-jährigen Sohnes von Rabbiner Dr. Schlessinger (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901: "Aus
dem Rabbinatsbezirk Bretten. Es ist ein trauriges Ereignis, welches
ich Ihnen heute mitzuteilen habe. Unser hochverehrter Herr Bezirksrabbiner
Dr. Schleßinger, nebst seinen Angehörigen, wurden in tiefe Trauer
versetzt. Sein einziger, hoffnungsvoller Sohn ist in dem jugendlichen
Alter von 18 Jahren aus diesem Leben geschieden. Der Verblichene
absolvierte das Gymnasium in Karlsruhe und kurz vor dem Abiturium hatte
eine heimtückische Krankheit ihn überfallen, der er trotz ärztlicher
Kunst und Bemühung, erlegen ist. Am Dienstag, 14. Aw, hat unter
zahlreicher Beteiligung seine Beerdigung in Bretten stattgefunden. Herr
Rabbiner Dr. Posener aus Karlsruhe hat als Lehrer und Freund des
Dahingeschiedenen die Trauerrede gehalten. In erhebenden und tröstenden
Worten schilderte er, wie der Verblichene durch sein Talent und Fleiß,
sein rühmliches Betragen, seltene Bescheidenheit und aufrichtige
Religiosität der Liebling seiner Lehrer und Schüler war.
Tief ergreifend war es, als auch der trauernde Vater unter Tränen und in
rührenden Worten von seinem teuren, unvergesslichen Sohne Abschied
nahm.
Auch wir fühlen und empfinden mit der tief trauernden Familie diesen
herben Verlust. Der Verblichene war, obgleich noch ein Jüngling an
Jahren, doch schon ein Soken (ein Alter) an Weisheit.
Wenn geteilter Schmerz, halber Schmerz, und Teilnahme ein Trost ist, dann
kann es unserem verehrten Herrn Rabbiner nebst seiner geschätzten Familie
ein beruhigender Trost sein, da nicht allein der Schmerz geteilt, sondern
auch die Teilnahme bei Nah und Fern groß ist. Dem so früh
Dahingeschiedenen wird in allen seinen Bekanntenkreisen ein ehrendes,
dauerndes Andenken bewahrt werden. Der Allgütige, der in seinem Frühling
dahinschwand, des ewigen süßen Friedens teilhaftig sein. Friede,
Friede gib ihm. Josef Herz. |
Zum Tod der Frau von Bezirksrabbiner Dr. Schleßinger
(1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23.
Januar 1902: "Aus dem Rabbinatsbezirk Bretten, 19. Januar (1902). Schon
wieder ist unser hoch verehrter Herr Bezirksrabbiner Dr. Schleßinger in
tiefe Trauer versetzt worden. Noch sind nicht sechs Monate verflossen, da
der Tod ihm den einzigen hoffnungsvollen Sohn entrissen; noch ist diese
große Wunde nicht vernarbt, noch fließt manche stille Träne um diesen
Verlust, und heute ist schon wiederum von ihm, wie von seinen Kindern, ein
teures Leben zu beweinen. Am Sonntag, 5. Schewat, ist seine hochedle
Gattin nach langer, schmerzvoller Krankheit, in dem kräftigsten und
besten Lebensalter von 44 Jahren, aus diesem Dasein geschieden. Am
Dienstag, 7. Schewat, fand unter großer Beteiligung die Beerdigung der
Verblichenen statt. Aus Nah und Fern waren Verwandte und Bekannte
herbeigeeilt, um der so früh Dahingeschiedenen die letzte Ehre zu
erweisen. Die zahlreiche Trauerversammlung war der sichtlichste Beweis,
welche Liebe sie sich erworben und welch große Teilnahme unserem
verehrten Herrn Rabbiner für diesen herben Verlust sich kund gab. Am
Grabe gab Herr Bezirksrabbiner Dr. Doktor aus Bruchsal in erhebenden und
tröstenden Worten ein getreues Lebensbild von der Entschlafenen. Rührend
war es und kein Auge blieb tränenleer, als der |
trauernde Gatte in seinem und im Namen
seiner Kinder von der treuen Lebensgefährtin Abschied nahm und das letzte
Lebewohl ihr zurief.
Auch wir müssen an dieser Stelle noch besonders hervorgeben, dass unser
Herr Rabbiner eine Perle weiblicher Tugend an seiner Gattin verloren. Man
kann von ihr gleichsam wie von der Stammmutter Sara sagen (hebräisch und
deutsch:) 'sie wirkte im Zelte.' Ihr ganzes Streben entsprach nur
dem Gedanken, welches der König Salomon in seinem Liede von dem
Biederweibe singt: (hebräisch und deutsch:) 'sie tat nur
Gutes und nie Böses'. Es wird ihr auch in allen ihren
Bekanntenkreisen ein ehrendes und bleibendes Andenken bewahrt bleiben.
Möge daher auch der (hebräisch und deutsch:) gute Name, den die
edle Verblichene zurückgelassen, unserem Herr Rabbiner und seinen
trauernden Kindern ein beruhigender und sanfter Trost sein. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Rabbiner
Dr. Schleßinger versorgt die Gemeinden seines Distriktes mit Vorträgen (1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 18. Juni 1903: "Aus dem Bezirk Bretten. Herr Bezirksrabbiner
Dr. Schleßinger in Bretten hat diesmal wieder auf die
Schowuausfeiertage an die Gemeinden seines Rabbinats-Distrikts eine zum
Vortrag in den Synagogen bestimmte Rede gesendet, deren Inhalt viele in
letzter Zeit in der Welt geschehene und in der Öffentlichkeit besprochene
Tatsachen vom Standpunkte der israelitischen Religion aus philosophisch
beleuchtet. Die angeführten Zitate aus Bibel, Talmud und Midrasch geben
dem Vortrag ein echt-jüdisches Gepräge. Wir sprechen dem Herrn Rabbiner
für seinen nie ermüdenden Fleiß den wohlverdienten Dank
aus." |
Bezirksrabbiner Schleßinger veröffentlicht
weitere Predigten
(1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21.
September 1903: "Bezirk Bretten. Mit unermüdlichem Fleiße hat Herr
Bezirksrabbiner Schleßinger zwei Festreden verfasst, davon eine für Jom
Kipur, und eine für Sukkot an die Gemeinden seines Rabbinatssprengels zum
Vortrage beim öffentlichen Gottesdienste gesandt. In sinniger Weise sind
die Stellen im Pentateuch von 'Und Jakob zog aus von Beer Scheba' bis 'und
sie erkannten den Laban' auf den Versöhnungstag bezogen, in der ersten
Rede dargelegt und auf die wahre Rückkehr zu Gott hingewiesen. Recht schön
knüpft sich die Sukkotrede daran mit Erörterung des mehrseitigen Zweckes
dieses Herbstfestes. In passender Weise wurde die talmudische Geschichte
von der Armut, Bescheidenheit und Genügsamkeit des Rabbi Jehuda bar Ilai
mit eingeflochten. Möge der Zweck der Reden, Gottesfurcht und Liebe zu
Gottes Geboten zu verbreiten, in Erfüllung gehen." |
40-jähriges Amtsjubiläum von Bezirksrabbiner Dr.
Schlessinger (1910)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. September 1910: "Anlässlich des 40-jährigen Amtsjubiläums des Bezirksrabbiner Dr.
Schlesinger in Bretten fand hier ein Bankett statt, dem Dr. Appel als
Vertreter der israelitischen Kirchenbehörde, Oberamtmann Hofmann und
Oberamtsrichter Dr. Strobel als Vertreter der Staatsbehörde, die
Stadtpfarrer Wurth und Dreher als Vertreter der beiden Kirchengemeinden,
Vertreter der israelitischen Gemeinden des Bezirks usw. beiwohnten." |
|
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. September 1910:
derselbe
Text wie in der AZJ s.o.
|
Zum Tod
von Bezirksrabbiners Lazarus Schleßinger (1924)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1924:
"Karlsruhe, 15. Juli (1924). Am Mittwoch, den 9. Juli wurde in Bretten
die sterbliche Hülle des Bezirksrabbiners L. Schleßinger zu Grabe
getragen. Mit ihm ist der älteste unter den Rabbinern der jüdischen
Religionsgemeinschaft in Baden aus dem Leben geschieden. Seine Beerdigung
gestaltete sich demgemäss zu einer großen Trauerkundgebung. Freunde aus
vielen Orten beteiligten sich daran, die Behörden Brettens, die
Synagogenräte und Lehrer seiner Bezirksgemeinden. Der Sarg wurde
zunächst in die Synagoge gebracht, und hier bot der Schwiegersohn,
Bezirksrabbiner Dr. Grzymisch - Bruchsal
in seiner ergreifenden Gedenkrede eine groß angelegte Darstellung von dem
Charakter und der priesterlichen Wirksamkeit des Verblichenen in Amt und
Familie. Auf dem Friedhofe bekundete Rabbiner Dr. Unna - Mannheim die
warme Wertschätzung des Oberrates der badischen Israeliten,
Bezirksrabbiner Dr. Pinkus - Heidelberg gab der treuen Teilnahme der
badischen Rabbiner Ausdruck, und Lehrer Herz - Ittlingen
betonte die herzliche Anhänglichkeit der Religionslehrer des Bezirks.
Synagogenrat Bernhard Kauffmann - Bruchsal
gedachte namens der dortigen Gemeinde mit Anerkennung der Tätigkeit des
Verewigten im Bezirk Bruchsal, und der Schwager, Rechtsanwalt Dr.
Gunzenhauser - Stuttgart, Mitglied des Oberkirchenrats, legte für die
Familie von der Liebe zu dem Dahingeschiedenen Zeugnis ab. Bezirksrabbiner
Schleßinger, geboren und gestorben in Flehingen, erreichte ein Alter von
81einhalb Jahren und war von 1870 bis 1920, also 50 Jahre, im Amte." |
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1869 / 1881 /
1884 / 1885 / bzw. eines Aushilfsvorbeters 1903 / 1904
Anzeige
in der "Karlsruher Zeitung" vom 17. März 1869: "Auskündigung einer
Religionsschulstelle. Bretten. Die israelitische Religionsschulstelle
Bretten - Synagogenbezirk Bretten - ist bis zum 23. April dieses Jahres
durch einen Lehrer ledigen Standes zu besetzen. Einkommen: 265 fl. festen
Gehalt, 1 fl. 12 kr. Schulgeld für jedes die Religionsschule besuchende
Kind, freie Wohnung für einen Unverheirateten. Anmeldungen sind binnen 14
Tagen bei der Bezirkssynagoge Bretten durch das betreffende
Bezirksrabbinat einzureichen.
Bretten, den 12. März 1869. Großherzoglich badische Bezirkssynagoge.
Liberles, Bezirks-Rabbiner. A.H. Rothschild."
|
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Mai 1881: "Lehrerstelle
vakant! Die Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle soll in
hiesiger Gemeinde auf den 1. Juli dieses Jahres wieder durch einen tüchtigen,
geprüften Mann besetzt werden. Fixer Gehalt bei freier, geräumiger
Wohnung Mark 800-1000, Nebeneinkünfte ca. Mark 1.300. Reflektanten wollen
sich unter Beschreibung ihres bisherigen Wirkungskreises an den
Unterzeichneten wenden, und erhalten Diejenigen, die ein badisches Seminar
absolviert, den Vorzug. Bretten, 1. Mai 1881. G. Reis, Vorsteher."
|
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. April 1884: "Die unterm 8.
März ausgeschriebene Religionsschul-, Kantor- und Schächterstelle zu
Bretten ist dem bisherigen Inhaber wieder übertragen worden. Die Großherzogliche
Bezirkssynagoge in Bretten." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. April 1885: "Die
Religionslehrer-, Kantor- und Schächterstelle der Synagogen-Gemeinde zu
Bretten, mit einem jährlichen Gehalt ein Eintausend Mark, mindestens 900
bis 1.000 Mark Gefällen, sowie geräumige, freie Dienstwohnung, ist bis
Mitte Mai zu besetzen. Qualifizierte Bewerber haben ihre frankierte
Anmeldung – belegt mit beglaubigten Zeugnisabschriften über Befähigung
und sittlich-religiöse Führung – baldmöglichst an das Großherzogliche
Bezirksrabbinat in Bretten zu senden. Die Großherzogliche
Bezirkssynagoge: L. Schleßinger, Bezirksrabbiner. A.H. Rothschild." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 24. August 1903:
"Bretten (Baden).
Für die heiligen Festtage suchen ein Vorbeter.
Offerten erbeten an Isidor Laemle, Synagogenrat". |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juli 1904: "Für die beiden
hohen Festtage suchen einen Aushilfsvorbeter.
Offerten zu richten an
Synagogenrat Isidor Laemle, Bretten (Baden)." |
Konferenz der Israelitischen
Lehrer des Rabbinatsbezirkes (1897)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1897:
"Aus dem Bezirksrabbinate Bretten. Unter dem Vorsitze des
Herrn Bezirksrabbiners Dr. Schleßinger fand am verflossenen Sonntag die
amtliche Konferenz der Religionslehrer des Rabbinats in Bretten statt.
Nachdem der Vorsitzende die Anwesenden in passenden Worten begrüßt hatte
und die Herren Eichstetter in Eppingen und Geismar in Gemmingen zu
Sekretären ernannt worden waren, ging man zur Verhandlung der
Tagesordnung 'Unterricht im Gebetübersetzen der oberen Schuljahre' über.
Die Reihenfolge der Besprechung der vier eingelaufenen Arbeiten der Herren
Liberles - Grötzingen, Kahn - Jöhlingen,
Eichstetter - Eppingen und Rothschild
- Bretten wurde durch das Los bestimmt. Diese ausführlichen Arbeiten,
welche den Stoff (bis im günstigsten Falle die Durchnahme des ganzen
Gebetbuches) und die verschiedenen Methoden des Unterrichts behandelten,
wurden als gut anerkannt. Die wenigen Einsprachen einer vom Vortrage
abweichenden Methode wurde durch gegenseitige Auseinandersetzungen
gehoben. Eine längere Verhandlung nahm die Sache in Anspruch, ob vor oder
nach dem Übersetzen eine sachliche Erklärung des Stückes vorzunehmen
sei. Die Mehrzahl entschied sich für das Erstere. Während der Konferenz
zeigte sich wieder neuerdings, wie sehr Herr Rabbiner Schleßinger mit
pädagogischem und didaktischem Wissen gebildet ist. Gemeindevorsteher und
Synodalmitglied Herr Herzberger, welcher den Verhandlungen von Anfand bis
Ende beigewohnt hat, bat die Lehrer, schon bei den Kindern auf Handhabung
der so notwendigen Synagogenordnung hinzusehen, damit die Jugend schon
daran gewöhnt werde. Zum Schlusse legte der Bibliothekar, Herr
Eichstetter - Eppingen
Rechenschaftsbericht über die gegründete Lehrerbibliothek ab. Man schied
mit dem Bewusststein, durch den kollegialischen Gedankenaustausch wieder
Vieles gelernt zu haben." |
Konferenz der israelitischen Lehrer des
Rabbinatsbezirkes (1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2.
November 1903: "Bretten, 28. Oktober (1903). Heute fand im Schulsaal der
israelitischen Gemeinde dahier eine Konferenz der Lehrer des
Synagogenbezirks Bretten unter dem Vorsitze des Herrn Bezirksrabbiners
Schleßinger statt. In der einleitenden Rede des Vorsitzenden wurde hauptsächlich
der geschäftliche Teil der Konferenz besprochen und zu den Themas ausführlich
Stellung genommen, dabei die Freude wegen Anwesenheit des in Ruhe
gesetzten Ehrengastes, Herrn Lehrer Eichstetter in Karlsruhe, früher in
Eppingen, mit dem Wunsche ausgesprochen, derselbe möchte nicht nur einen
vergnügten Lebensabend, sondern sogar einen vergnügten Lebensnachmittag
noch genießen. Hierauf wurden die zwei jüngsten Lehrer, Präger –
Menzingen und Ottenheimer – Gemmingen, zu Protokollführern ernannt. Zu
den gegebenen Themas wurden viele Arbeiten geliefert, aber zu je einem
Thema nur zwei Arbeiten zum Vortrag gebracht. De erste Aufgabe 'Hebräisches
Leben und hebräische Grammatik' fanden durch die Vorträge der Herren
Referenten, in Verbindung mit den belehrenden Bemerkungen des als tüchtigen
Schulmannes bekannten Herrn Vorsitzenden, die beste Lösung. Ebenso das
zweite Thema: 'Davids Flucht und Absaloms Untergang, Ursache, Wirkung und
daraus sich ergebende Lehren. Nach
dieser amtlichen Konferenz kam der gemütliche Teil im Gasthause 'Zur
Blume', bei welchem Herr Bezirksrabbiner Schlessinger auf die Lehrer, und
der Ehrengast, Herr Eichstetter aus Karlsruhe, auf den Herrn Rabbiner
toastierten. Man trennte sich mit dem Bewusststein, heute wieder Vieles
und Gutes gelernt zu haben."
|
9. Lehrerkonferenz für die Israelitischen Lehrer des
Rabbinatsbezirkes (1904)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 28.
Juli 1904: "Aus Baden. Im Monat Juni dieses Jahres fand im
israelitischen Sitzungssaale in Bretten, unter dem Vorsitz des
Bezirksrabbiners Schleßinger, die 9. Lehrerkonferenz statt. Von den 13
Religionsunterricht erteilenden Lehrern waren 12 anwesend.
Nach Begrüßung der Versammlung und Bekanntgabe des Zwecks der
Einberufung durch den Vorsitzenden hielt derselbe einen einleitenden
Vortrag über Religionsschule, Unterricht, Zahl der Schüler und
Ferientage, betonte, dass die Eltern eigentlich die geborenen
Religionslehrer in Vorbild und religiöser Erziehung sein sollten, ging zu
den namentlich von Samuel gestifteten Prophetenschulen über und besprach
unter Darlegung des Lebensganges des mit dem Hasmonäerhause verwandten
Simon ben Schetach, dessen segensreiche Wirksemkeit für den religiösen
Jugendunterricht und die diesbezgliche spätere Erweiterung und
Verbreitung durch den Hohenpriester Jusua ben Hamla. Diese beiden großen
Männer, der erste vor ca. 2.000 Jahren lebend, sind als die eigentlichen
Begründer der Religionsschulen anzusehen!
Zwei Konferenzthemata waren seinerzeit hinausgegeben, die von vier
beziehungsweise drei Mitgliedern eingeliefert wurden: 1. Missbrauch der
physischen Kraft unter dem Spiegelbilde der biblischen Geschichte: Simon
und Goliat und den Propheten Jeremias: Motto 'nicht rühme sich der Starke
seiner Stärke', und 2. grammatikalische und exegetische Berarbeitung des
Psalms 8. Erstes
wurde von den Herren Herz – Ettlingen, Levy – Berwangen, Ottenheimer
– Gemmingen, Rothschild –
Bretten bearbeitet und die Reihenfolge der Vortragenden durchs Los
bestimmt. Die bald umfangreicheren, bald kürzeren Aufsätze betonten,
dass der Geist höher stehen müsse als der Körper, und dass an Stelle
von Ruhmsucht und Prahlerei, Demut und Gottvertrauen (wie bei David) am
Platze sei! Nach kurzer Diskussion über Allgemeines und Spezielles, ward
die Behandlung des 2. Gegenstandes aufgenommen, den sich die Lehrer Hecht
– Gondelsheim, Prager – Menzingen – Münzesheim und abermals Levy
unterzogen hatten. Der Vorsitzende erwähnte noch kurz die verschiedenen
Verfasser und Überschriften des Tehillimbuchs (Psalmenbuches), sowie die
talmudische Einteilung in 147 Kapitel und die spezielle Benennung der drei
zusammengelegten Kapitel, gab gelegentliche Erklärung, warum und dass wir
– den auch vom Hohenpriester in Jerusalem nur ein Mal im Jahre, am
heiligsten Tage und am allerheiligsten Orte auszusprechenden
vierbuchstabigen Gottesnamen mit 'Adonai' hörbar bezeichnen bis zu den
messianischen Zeiten, bis keine Trübung des Gottesbegriffs und seiner
Lehre mehr möglich: er wird sein einzig und sein Name Echad, der
'Ewig-Einzige'! Schließlich
empfahl derselbe bei passenden Gelegenheiten auf das im Großherzogtum
Baden vor Jahren gegründete jüdische Lehrlingsheim
hinzuweisen."
|
Kantor
Simon Metzger von Sulzburg kommt nach Bretten (1905)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Dezember
1905: "Karlsruhe: "Das neueste Verordnungsblatt des
Großherzoglichen Oberrates der Israeliten meldet folgende Veränderungen
in der Besetzung der Religionsschullehrerstellen: Jakob Lewin seither in Lorsch
nach Randegg, Sally Rosenfelder in Eubigheim
nach Buchen, Nathan Adler von Külsheim
nach Eubigheim, Kantor Simon
Metzger von Sulzburg nach
Bretten, Samuel Strauß von Berlichingen
nach Sulzburg, Jakob Schloß von Talheim
nach Malsch bei Ettlingen. Auf Ansuchen wurden von ihren Stellen enthoben:
Kantor Weiß in Gailingen und
Religionslehrer Jakob Lorch in Untergrombach,
letzterer behufs Übernahme der Verwalterstelle der M.A. d.
Rothschild'schen Lungenheilstätte in Nordrach." |
Hauptlehrer
Meier Moch wird nach Pforzheim berufen
(1911)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 27.
Juli 1911: "Bretten, 20. Juli (1911). Herr Hauptlehrer Moch, welcher
seit sechs Jahren an der hiesigen Volksschule tätig gewesen, ist nach
Pforzheim berufen worden. Als Mensch und Lehrer hat sich Herr Moch während
seines Hierseins die Hochachtung und Wertschätzung aller Einwohner ohne
Unterschied der Konfession erworben. Seine berufliche Wirksamkeit wurde
seitens seiner vorgesetzten Behörde stets anerkannt, und Schule und
Gemeinde verlieren diese tüchtige und erprobte Lehrkraft mit größtem
Bedauern." |
Über Kantor und Schochet Leo Aach (1919-1938 in Bretten tätig)
Anmerkung: Lehrer Leo Aach ist am 20. Dezember 1889 in
Trier geboren. Er war verheiratet mit Irma geb.
Blum, die am 13. März 1889 in Hagenbach
geboren ist. Leo Aach war seit 1913 Lehrer in Gernsheim
(zuvor vermutlich in Wickrath) und wechselte von hier
am 1. Dezember 1919 nach Bretten. Er starb in
Bretten am 31.7.1938 im Alter von erst 49 Jahren und wurde auf dem dortigen
Friedhof beigesetzt.
Leo Aach
(1889-1938)
mit Frau Irma geb. Blum (1889-
und Sohn Hans Aach (geb. 1920, 1937 in die USA emigriert,
seit 1948 in New Haven, Conn. verheiratet
mit Ruth geb. Salmon aus
Wiesbaden-Dotzheim) |
|
Weitere Fotos aus der
Sammlung von
Lehrer Leo Aach siehe auf Seite zur Synagoge |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Sonn- und Feiertagsregelungen für jüdische Gewerbetreibende
(1847)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Januar 1847: "Großherzogliches
Bezirksamt Bretten, 11. November (1847). Da es wiederholt von Seiten der
geistlichen Behörden zur Anzeige kam, dass den längst bestehenden
Verboten ungeachtet an Sonn- und Feiertagen die Israeliten, namentlich
aber die so genannten Schacherjuden sich in den Orten einfinden und Geschäfte
aller Art vorzunehmen sich erlauben, wodurch nicht allein die Sonn- und
Feiertagsfeier entheiligt, sondern auch die christlichen Einwohner in
ihren religiösen Handlungen gestört und gehindert werden, so sieht man
sich unter Hinweisung auf die bereits bestehenden polizeilichen
Verordnungen veranlasst, Folgendes speziell zu verfügen:
1) An Sonn- und Feiertagen ist das Handeln der Israeliten mit den
Christen, sowie überhaupt die Vornahme aller Art Geschäfte der Ersteren
in den Orten des Amtsbezirks vor beendigtem Nachmittagsgottesdienst bei
Vermeidung von 5-15 Gulden Strafe oder angemessenen Arreste für jeden
Dawiderhandelnden verboten.
2) Es darf sich kein Israelit aus einem anderen Ort vor beendigtem
Nachmittagsgottesdienst in einem anderen Orte einfinden, bei Vermeidung
der von dem Bürgermeister innerhalb der Grenzen seiner Kompetenz zu
erkennenden Strafe und im Wiederholungsfalle bei Vermeidung der
Arretierung und Vorführung bei Amt, woselbst er sodann gebührend
bestraft werden soll.
3) Israeliten, welche gegen das ad 1-2 erlassene |
Verbot
handeln, sind zudem sogleich aus dem Orte, in welchem sie betreten und
nicht wohnen, auszuweisen.
4) Der Viehtransport an Sonn- und Feiertagen wird ebenfalls
wiederholt unter Strafandrohung verboten, insonderheit aber während des
Gottesdienstes bezüglich auf die diesseitige Verfügung vom 15. August
1836 und unter Hinweisung auf die desfallsige Verordnung im Anzeigeblatt
No. 63 von 1836.
5) Die Bürgermeister
haben dieses zu verkünden, insonderheit aber die Israeliten, welche auswärtigen
Handel treiben hiervon speziell, in Kenntnis setzen zu lassen, sodann aber
auch das Polizeipersonal und jene zur genauen Beaufsichtigung darnach zu
verständigen, welche an Sonn- und Feiertagen während des Gottesdienstes
die Wache im Orte zu versehen haben.
gez. Pfister.
Hiernach ist im Amtsbezirk Bretten Folgendes rechtens: Der
Viehtransport ist an Sonn- und Feiertagen den Juden und den Christen
untersagt. Hingegen sind die Juden, welche doch nach § 7 der Verfassung,
in jeder Hinsicht, wo dieses Grundgesetz nicht namentlich und ausdrücklich
eine Ausnahme macht, ihren christlichen Mitbürgern gleichberechtigt sind,
im Amte Bretten noch weiter folgenden Beschränkungen unterworfen. Sie dürfen
kein Geschäft irgendeiner Art vor Beendigung des
Nachmittagsgottesdienstes vornehmen, also, kein Jude darf bei einem
christlichen Bäcker und kein Christ bei einem jüdischen (Bäcker) Brot
kaufen und umgekehrt Etwas in Verwahrung gehen; keiner darf bei dem andern
irgendeine Arbeit, ein Paar Schuhe, einen Rock bestellen, keiner dem
andern einen Auftrag geben. Noch
mehr: Kein Israelit darf sich vor beendigtem Nachmittagsgottesdienst in
einen Ort des Amtsbezirks Bretten begeben, er würde sonst hinausgewiesen,
im Wiederholungsfalle sogar arretiert, vor Amt geführt und bestraft. Kein
Israelit darf daher in jener Zeit zu seinem christlichen oder jüdischen
Freunde oder Verwandten in einen Ort des Amts Bretten kommen; keiner dahin
auch bloß spazieren gehen und ein jüdischer Arzt muss warten, bis der
Nachmittagsgottesdienst beendigt ist, wenn er einen Kranken im Amte
Bretten zu besuchen hat. Ein durchreisender Jude muss sich an einem
Feiertage vor dem Amtsbezirk Bretten wohl hüten; hoffentlich werden
jedoch die Reisenden durch Abweissteine gehörig gewarnt werden. |
Und
glauben Sie nicht, dass diese Verordnung, zu deren Vollzug eine vollendete
Inquisition erforderlich ist, bloß auf dem Papiere steht; ich kann Ihnen
verschiedene Fälle nennen, wo sie mit aller Strenge zur Anwendung kam.
Ein Heidelsheimer Jude führte den verbrecherischen Gedanken aus, an einem
Sonntage nach Neibsheim zu gehen und im Lamm ein Glas Wein zu trinken; er
wurde auf der Tat ertappt und um 5 Gulden gestraft. Ein Jude kam an einem
Sonntage von Bretten her nach Gondelsheim, um von da weiter zu gehen, er
wurde hier aber aufgegriffen und hatte diesen ungesetzlichen Schritt mit
15 Kreuzer zu büßen. Zwei christliche Landleute von Zaisenhausen wurden
an einem Sonntage in der Wohnstube eines Juden zu Gondelsheim getroffen;
sie wurden von dem Polizeidiener fortgeführt und für ihren Frevel um 15
Kreuzer gestraft. Der
Jude, in dessen Zimmer diese Tat verübt wurde, begab sich hierauf am
Amtstage zu dem Herrn Oberamtmann Pflister,
um sich zu beschweren, aber der Herr Oberamtmann hatte keine Zeit, ihn
anzuhören. Die gesetzgeberische Weisheit und der Sinn für Gerechtigkeit
und freie Bewegung der Bürger, welche in jenem Erzeugnisse der
Polizeigewalt waltet, verdient gewiss alle Bewunderung. Schade nur, dass
der Einfall nicht ein origineller ist. Denn nicht allein hat es in den
finstersten Zeiten des Mittelalters manche Städte gegeben, in welchen ähnliche
Verordnungen galten, sondern Herr Dr. Fauth hatte auch einmal, als er noch
in Mosbach amtierte, eine lange, in viele Paragraphen gegliederte
Verordnung von ähnlichem Schlage erlassen und bereits in seinem
Amtsblatte bekannt gemacht; allein die großherzliche Regierung des
Unterrheinkreises ließ sie, sobald sie davon Kenntnis erhielt, nicht in
Wirksamkeit treten. Wir wollen sehen, ob die großherzogliche Regierung
des Mittelrheinkreises, an deren Spitze nun Herr Regierungsdirektor Rettig
steht, das gleiche Verfahren einhalten wird."
|
Rabbiner
Wälder (Berlichingen) dankt den Synagogenräten in Bretten (1847)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. Oktober 1847: "Danksagung.
Den verehrlichen Synagogenräten, den Herren Vorstehern B. Herzberger, S.
Reis und J. Lämmle, sowie auch dem Herrn Bezirksvorsteher, Amtsaktuar
Heinsheimer in Bretten, Großherzogtum Baden, welche mich zur
Veranstaltung des solennen Erntedankfestes am 22. August dieses Jahres mit
der Abhaltung eines religiösen Vortrags beauftragten, sage ich für die
Überreichung eines silbernen Ehrenpokals in Begleitung einer herzlich
ansprechenden Adresse im Namen der Gemeinde, auf diesem Wege meinen
verbindlichsten Dank, und wird mir beides, Pokal und Adresse, Zeit meines
Lebens zum ewigen Angedenken bleiben.
Berlichingen (im Königreich
Württemberg), den 2. September 1847. Rabbiner Wälder".
|
Antisemitische Ausschreitungen (1892)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 25.
Januar 1892: "Bretten (Baden), 13. Januar (1892). Vorgestern Nacht war
hier ein großer Skandal, der damit endigte, dass jüdischen Einwohnern
die Fenster eingeworfen wurden. Es handelt sich also wieder um eine
Heldentat der Antisemiten. Die Polizei hat Erhebungen gemacht, deren
Ergebnis man mit Spannung entgegensieht. Dieses bedauernswerte Ereignis
ist nur eine Wiederholung von Rohheiten der hiesigen Antisemiten, welche
sich im vorigen Monate bei einem Viehmarkte abwickelten. Die Folge davon
war, dass wie bereits berichtet, die fremden jüdischen Viehhändler beim
gestrigen Viehmarkte vollständig fehlten, sodass der Verkehr zum großen
Ärger der hiesigen Geschäftsleute ein sehr schwacher gewesen und die
Bahnverwaltung fast keinen Transport zu machen hatte. Und das geschieht in
Bretten, wo vor zwei Jahren ein jüdischer Bürger bei einem
ausgebrochenen Brande sich so hervortat, dass der Unglückliche, der kurz
vorher sich erst verheiratet hatte, sein Leben dabei einbüßte. Es ist
noch in jedermanns Erinnerung, wie damals der Großherzog der Witwe des
Verunglückten seine Teilnahme aussprechen ließ. So schnell vergessen die
Antisemiten die edlen Taten ihrer jüdischen Mitbürger. - Inzwischen
erfahre ich, dass der Bürgermeister von Bretten an verschiedene jüdische
Vorstände geschrieben und sie gebeten, ihren Gemeinden doch mitzuteilen,
dass er für die Folge jede Verantwortung übernehme, und dass man doch
den Viehmarkt wieder beschicke. So muss es kommen." |
50-jährige Jubelfeier des Großherzogs
(1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7.
Mai 1902: "Aus dem Bezirk Bretten. Die Festrede, welche Herr
Bezirksrabbiner Schleßinger zur 50-jährigen Jubelfeier der Regierung
Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs verfasst und an alle Gemeinden
seines Rabbinatssprengels zum Vortrag in der Synagoge versandt hat,
verbindet in schöner Weise die Bedeutung des Pessachfestes mit der in
ganz Baden stattfindenden Jubelfeier. In der Rede werden in kernigen
Worten die Hauptpunkte der tatenreichen, segensvollen und glorreichen
Regierung unseres Landesvaters hervorgehoben und ebenso der Großherzogin
gedacht, welche als Vorbild für die Frauen des Landes ein Muster jeder
Art von Wohltätigkeit und Nächstenliebe überall segensvoll wirkt. Eine
Sache des Edelmutes und Elternverehrung, welche die Rede enthält, darf
hier nicht verschwiegen werden. Während die Großherzogin ihren
kaiserlichen Vater mit Mannesmut und eigener Lebensgefahr bei einem
Attentat geschätzt, hat der Großherzog beim Kranksein seines Vaters, als
dieser ihm die Hand reichte und dabei einschlief, eine Stunde stehend
gewartet, um den Vater nicht zu wecken, und erst nach dem Erwachen des
Vaters wurde die Hand des Sohnes frei. |
Gerichtsentscheidung gegen antisemitische
Beleidigungen (1926)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 19. Februar 1926:
"Um die Frage der
Kollektivbeleidigung. Eine wichtige Gerichtsentscheidung. In der alten
Melanchthon-Stadt Bretten (Baden), deren jüdische und christliche Mitbürger
immer in friedlichem Einvernehmen lebten, war anlässlich der
Reichstagswahl vom 4. Mai 1924 ein von Beleidigungen der jüdischen Bürger
Brettens strotzendes Flugblatt der Völkischen Partei ausgegeben und
verteilt worden, dessen Hersteller und Verbreiter nun endlich nach
vielerlei Hin und Her verdientermaßen bestraft wurden. Fünf Brettener Jünglinge,
deren Mut jedenfalls im umgekehrten Verhältnis zur Größe ihres
Mundwerkes stand, erhielten zunächst wegen des überaus beleidigenden
Inhaltes jenes Machwerkes einen Strafbefehl über 150 Mark, gegen den sie
jedoch Berufung einlegten, weil sie sich die bekannte Ausrede zu eigen
machten, sie hätten die Brettener jüdischen Bürger nicht persönlich
beleidigen wollen. Tatsächlich fand sich ein Richter, der ihnen das
glaubte und sie auf ihre eingelegte Revision hin freisprach. Die Begründung
des Urteils, das von dem Amtsgericht Bretten am 9. Januar 1925 gefällt
wurde, besagte ausdrücklich, dass 'sich die Beleidigungen nicht gegen
einen bestimmt begrenzten Personenkreis richten, da das Judentum in seiner
Gesamtheit getroffen sei'. Als die Sache dann vor dem Oberlandesgericht
Karlsruhe zur abermaligen Verhaltung kam, stellte die Revisionsinstanz
fest, dass 'die Beleidigung sich inhaltlich gegen jeden einzelnen in
Bretten wohnenden Israeliten richte'. Das amtsgerichtliche Urteil wurde
also aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung
dem Amtsgericht Pforzheim überwiesen. Diese neue Verhandlung fand am 28.
Januar 1926 statt. Die einzelnen Angeklagten suchten sich nach
Schulbubenart herauszureden; telefonische und andere Missverständnisse
sollten ihr Verhalten zu erklären suchen. In der einen Druckerei wurde
das Flugblatt gesetzt, in einer anderen dann gedruckt, weil die erste
schließlich ein Haar in der Suppe fand. Schon diese Art der Entstehung
des Flugblattes kennzeichnet die Güte der Sache und den Mut der jungen
Deutschland-Erretter zur Genüge. Das Amtsgericht verstand denn auch
keinen Spaß und verurteilte die einzelnen Angeklagten zu Geldstrafen
zwischen 50 und 120 Mark sowie zuz den wesentlich höheren Kosten; außerdem
muss das Urteil innerhalb zwei Monaten im 'Süddeutschen Volksblatt', dem
deutschnationalen Lokalblatt, und der 'Brettener Zeitung' veröffentlicht
werden. Diese letzte Bestimmung ist wohl die schmerzlichste von allen,
weil ohne sie die teutschen Leser natürlich nie etwas von der Blamage
dieser Heldenjünglinge erfahren hätten. In der Begründung des Urteils
heißt es ausdrücklich, dass der Wahrheitsbeweis misslungen sei, und dass
mit der somit festgestellten Beleidigung tatsächlich jeder der in Bretten
ansässigen jüdischen Bürger sich habe getroffen fühlen müssen. Dr. A.
Kuntzemüller (Freiburg im Breisgau)." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Isaak
Ettlinger soll sich zum Kriegsdienst melden (1829)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1829 S. 428 (Quelle: Stadtarchiv
Donaueschingen): "Vorladung. Isaak Ettlinger von Bretten wird
hiermit aufgefordert, sich unfehlbar binnen 6 Wochen bei diesseitiger
Stelle zu sistieren, um die ihm wegen Versuchs sich zum Kriegsdienst
untauglich zu machen, zuerkannte Strafe zu erstehen, und sich wegen
böslicher Entfernung zu rechtfertigen, widrigens die gesetzliche Strafe
gegen ihn ausgesprochen werden wird.
Bretten, den 9. Juni 1829. Großherzoglich Badisches Bezirksamt. Ertel."
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Der
in Bretten inhaftierte Weber Michael Zimmermann von Mittelschefflenz hat
vermutlich einen jüdischen Händler bestohlen (1829)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1829 S. 546 (Quelle: Stadtarchiv
Donaueschingen): "Bei dem gestern Abends dahier eingebrachten
Weber Michael Zimmermann von Mittelschefflenz, Bezirksamts Mosbach fanden
sich die unten näher bezeichneten Tücher, welche derselbe zwischen Basel
und Riechen von einem Juden um 3 Gulden gekauft haben will, die aber ihrer
Beschaffenheit nach gestohlen zu sein scheinen.
Dieses wird anmit zur öffentlichen Kenntnis mit dem Bemerken gebracht,
dass Zimmermann nach Ausweis seines Wanderbuchs seit April dieses Jahres
Freiburg, Gundelfingen, Villingen, Urloffen, Karlsruhe, Sinsheim,
Neckargemünd, Gernsbach, Wolfach, Bonndorf, Alt Breisach, und Achern
passiert und in einigen von diesen Orten in Arbeit gestanden
ist.
Der rechtmäßige Eigentümer dieser Tücher wird anmit aufgefordert,
unter Beibringung seiner Ausweise sich dahier zu melden.
Beschreibung der Tücher:
2 Stücke gebleichte Leinwand, jedes von 7 Ellen lang, 5/4 Ellen
breit.
1 Stück gebleichten Zwillig von stark 3 Ellen lang und 7/4 breit.
Dann
1 Stück Zwillich von 3 1/2 Ellen lang und 1/2 Elle breit, wahrscheinlich
eine Handzwehle.
Bretten, den 7. August 1ß28.
Großherzoglich badisches Bezirksamt. Ertel." |
Seligmann
Ettlinger aus Bretten soll sich zum Militärdienst melden (1844)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 23. März 1844 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Bretten [Konskriptionspflichtiger]. Der pro 1844
Konskriptionspflichtige Seligmann Ettlinger aus Bretten erschien
bei der Assentierung nciht. Er wurde mit Nr. 41 assentiert, und soll zum
Militär einrücken. Es wird daher derselbe aufgefordert, sich innerhalb 4
Wochen umso gewisser dahier zu sistieren und über sein Ausbleiben zu rechtfertigen,
andernfalls er als Refraktär behandelt und das weiters Gesetzliche über
ihn verfügt werden wird.
Bretten, den 18. März 1844. Großherzogliches
Bezirksamt." |
Zum Tod von Marx Nathan Veis (1876)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24.
Mai 1876: "Bretten (Großherzogtum Baden). Vor wenigen Tagen – 8.
Ijjar – wurde dahier ein Mann zu seiner letzten Ruhestätte begleitet,
der als guter Jehudi und Torakundiger es wohl verdient hat, dass ihm in
diesem Blatte ein ehrender Nachruf gewidmet werde. Herr Marx Nathan Veis
hier starb am 30. April nach kurzem Krankenlager im Alter von 77 Jahren.
Es hat sich an ihm bewahrheitet, dass 'ein guter Name...' wovon die sehr
zahlreiche Leichenbegleitung, an der sich Freunde und Bekannte aller
Konfessionen von hier und Umgegend beteiligten, einen ehrenvollen Beweis
lieferte. Als langjähriger Mohel (Beschneider) für hier und Umgegend war
es ihm vergönnte, eine den Zahlenwert seines Namens Jaakow Mordechai weit
übersteigende Zahl von Israeliten in den Abrahamsbund einzuführen.
Ebenso segensreich wirkte er als Mitbegründer und vieljähriger Vorstand
und Kassenverwalter des dahier bestehenden Vereins für Brautausstattung.
Mit seiner innigen, keine Opfer scheuenden Hingabe an seinen Gauben
verband er einen für seine beruflichen Verhältnisse als Geschäftsmann
seltenen Fleiß zum Studium der Tora, sowie er überhaupt alle Pflichten
übte, die auf Wohltätigkeit und Frömmigkeit abzielen. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Über
den Mord an dem
Handelsmann Wertheimer aus
Bretten (1883)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. März
1883:"'Es kommt Alles an das Licht der Sonnen.' Man
schreibt aus Kaltental (Württemberg) vom 19. Februar. Der Leichnam des
vor etwa 2 Jahren verschwundenen israelitischen Handelsmanns Wertheimer
ist bei Gelegenheit eines Brandes hier aufgefunden worden. Die näheren
Umstände hierbei sind folgende: Vergangenen Freitag früh morgens gegen
halb 3 Uhr entstand im Hause des Steinschlägers Jakob Götz, Küferssohn,
hier ein Brand, der zuerst vom Schäfer, welcher eben zum Pferch gehen
wollte, bemerkt wurde und, da sofort Hilfe zur Hand war, nur den Dachstock
des Hauses zerstörte. Der besonderen bei Entstehung des Brandes
beobachteten Umstände wegen und weil es bei Götz vor 10 Jahren unter
ähnlichen Umständen ebenfalls gebrannt hatte, wurde derselbe bald
allgemein durch den Volksmund als Brandstifter bezeichnet und auf Anzeige
des Schultheißenamts nahm die Königliche Staatsanwaltschaft
Veranlassung, die Verhaftung des Götz anzuordnen, welche am Freitag
Nachts 10 Uhr erfolgte. Bald nach dieser Verhaftung wurden auch wieder
Stimmen laut, welche an das Verschwinden des Wertheimer erinnerten, wegen
dessen Götz als des Mords verdächtig seinerzeit eingezogen worden war,
aber auf die Aussage von 4 Zeugen aus Vaihingen auf der Filder, welche den
Wertheimer am Tage, nachdem Götz mit ihm verkehrt hatte, noch gesehen
haben wollten, wieder in Freiheit gesetzt wurde. Namentlich scheint Landjäger
Wieland von Vaihingen, der seit 2 Jahren den Götz unausgesetzt beobachtet
hat, die Bitte gestellt zu haben, bei Gelegenheit des Abräumens des
Brandschuttes das Haus nochmals einer eingehenden Durchsuchung unterwerfen
zu dürfen. In Folge dieser Bitte erschien denn auch heute früh mit
Wieland Herr Polizeiinspektor Kern von Stuttgart und nahm diese
Durchsuchung vor. Mitanwesend war Gemeinderat Bertsch von hier. Als nun
dieser im Keller des Hauses mit dem Stock mehrmals auf den Boden stieß,
glaubte er einen dumpfen Laut zu vernehmen, der einen hohlen Raum
anzeigte. man grub alsbald nach und kam auf eine Dohle, die Götz voriges
Jahr angelegt hatte, und als man neben derselben zu beiden Seiten weiter
grub, fiel es auf, dass plötzlich der Boden nicht mehr durchwachsen,
sondern durch senkrecht führende Spatenstiche glatt abgestochen war.
Indem man diesen Stichen folgte, wurde von einem der Grabenden plötzlich
ein Stück Filz zutage gefördert, und als man sodann mit äußerster
Vorsicht die Arbeit fortsetzte, wurde bald in einer Tiefe von etwa 4 Fuß
der vollständig bekleidete Leichnam des Wertheimer bloßgelegt, der in
einem förmlichen Grabe lang ausgestreckt, das Gesicht mit dem Filzhut,
den der Arbeiter getroffen hatte, bedeckt, dalag. Die Heute Mittag von der
Staatsanwaltschaft, dem Untersuchungsrichter und den Gerichtsärzten
vorgenommene Feststellung des Tatbestandes ergab, dass sämtliche Taschen
des Wertheimer geleert, dagegen die Uhr und ein Ring am Leichnam gelassen
worden waren. Am Leichnam fanden sich folgende Verletzungen: an der linken
Seite des Vorderhauptes eine 3 cm lange, von einem scharfen Beilhieb
herrührende klaffende Wunde, an der linken Kopfseite mehrere Hiebe, die
von dem stumpfen Teil eines Beiles herrührten, der Kehlkopf war zu, die
5., 6. und 7. Rippe der rechten Seite eingedrückt. Daraus lässt sich
annehmen, dass der Täten, als welcher nach der ganzen Sachlage Götz
bezeichnet werden muss, zuerst durch die Schläge auf den Kopf sein Opfer
betäubt und dann vollends erdrosselt hat. Die Vornahme der Sektion war
deshalb noch vollständig möglich, weil der Leichnam durch das
Stickwasser der Dohle noch vollständig erhalten war und keine Spur von
Verwesung zeigte. Nahezu unglaublich ist die Rohheit und Gewissenlosigkeit
des Mörders, der den Leichnam an einem Orte eingrub, den er seit 2 Jahren
fast täglich betrat, ja über den er, so oft er sich einen Trunk auf dem
Keller holte, weggehen musste; der Leichnam lag genau in der Richtung von
der Kellerstaffel zum Mostfasse. Drei der Zeugen aus Vaihingen, auf deren
Aussagen hin Götz seinerzeit wieder in Freiheit gesetzt wurde, sind
gleichfalls eingezogen. Von der Auffindung des Leichnams weiß Götz noch
nichts und wähnt sich nur wegen Brandstiftung verhaftet. Wertheimer soll
zur Zeit seiner Ermordung gegen 5.000 Mark bei sich geführt haben.
Wahrscheinlich wurde er, während er im Stalle mit Götz handelte, von
diesem ermordet, von dort in den nahen Keller geschleppt und eingegraben.
- Die Frau des verhafteten Götz hat sich vergangene Nacht erhängt. (N.T.)."
|
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Artikel in der "Allgemeinen
Zeitung des Judentums" vom 9. Oktober 1883": "Der Prozess
gegen den Mörder des israelitischen Handelsmannes Wertheimer aus Bretten,
den Bauern Götz von Kaltental, der vom hiesigen Schwurgericht zum Tode
verurteilt wurde, wird, da das Reichsgericht auf die Berufung des
Verteidigers das Urteil aufgehoben hat, noch einmal hier zur Verhandlung
kommen." |
Feuerwehrmann Emil Ettlinger stirbt bei einem Einsatz
(1890)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24.
Februar 1890: "Bretten, 31. Januar (1890). Welch große Teilnahme unser
Landesvater, der Großherzog, an dem Wohl und Weg seiner Untertanen, ohne
Unterschied der Konfession nimmt, haben wir hier erst jüngst wieder
erfahren. Der in allen hiesigen Kreisen beliebte Herr Emil Ettlinger fand
bei einem ausgebrochenen großen Brande, bei welchem er als Feuerwehrmann
tätig war, durch einen herabgestützten brennenden Balken seinen Tod. Sämtliche
Einwohner der Stadt waren von dem Unglücksfall schmerzlich berührt und
die tiefste Teilnahme wurde der noch jungen Witwe bezeugt. Auch der Großherzog
ließ Frau Ettlinger durch seinen Geheimsekretär Freiherrn von
Ungern-Sternberg ein Trostschreiben zugehen, welches folgenden Wortlaut
hat: 'Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist von dem schweren
Verluste unterrichtet worden, der Sie am 19. dieses Monats durch den Tod
Ihres Ehegatten, des Herrn Emil Ettlinger, betroffen hat. In opferwilliger
und mutiger Ausübung seiner Pflicht als Feuerwehrmann ist derselbe
verunglückt und in Folge dessen seiner Familie, seinem Berufe und seinen
Mitbürgern in frühem Alter und in der Fülle jugendlicher Lebenskraft
entrissen worden. Seine Königliche Hoheit nehmen den herzlichsten Anteil
an der Trauer über das plötzliche Hinscheiden Ihres Ehegatten, der durch
seine trefflichen Charaktereigenschaften und durch die in seiner Familie,
seinem Berufe und im öffentlichen Leben bewährten Tugenden sich die
Liebe und Anerkennung seiner Mitbürger in hohem Grade erworben hat. Seine
Königliche Hoheit wünschen, dass Sie in der allgemeinen Teilnahme,
welche Ihnen entgegengebracht wird, und in dem ehrenden Andenken, das dem
frühzeitig Geschiedenen seine Mitbürger bewahren, Trost und Kraft finden
möchten, Ihr herbes Leid zu tragen. Durch die vorstehende Mitteilung
entspreche ich dem mir erteilten höchsten Auftrage. Freiherr von
Ungern-Sternberg." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen sowie weitere Dokumente
Werbung für Schabbat- und Chanukka-Lampen
(1865)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1.
November 1865: "Lampen für Schabbat und Chanukka.
Die Unterzeichneten
empfehlen ihre für alle Sorten Mineralöle eingerichteten Chanukka-Lampen
mit einer Beracha (Segenswort) in Goldschrift, in feiner und ordinärer
Ausstattung. Schabbat-Lampen in Messing und Bronze mit 3 bis 6 Flammen.
Muster stehen gegen Nachnahme zu Diensten. Wiederverkäufer erhalten
Rabatt.
Bretten, im Großherzogtum Baden. C. Beuttenmüller & Comp." |
Anzeigen des Tuch- und Modewaren-Geschäftes H. J.
Rothschild (1868)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3.
Juni 1868: "Offene Lehrlingsstelle. In meinem Tuch- und Modewaren-Geschäft
ist für einen mit den nötigen Vorkenntnissen versehenen jungen Menschen
eine Lehrlingsstelle offen. Auch ist daselbst eine Commisstele frei. An
Sabbat- und Feiertagen ist das Geschäft geschlossen.
Bretten, 24. Mai
1868. H. J. Rothschild." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1868: "H.J.
Rothschild in Bretten.
sucht einen im Manufakturwaren-Geschäft wohlerfahrenen Commis; der
Eintritt könnte sogleich geschehen; am Sabbat ist das Geschäft
geschlossen." |
Lehrlingssuchen des Aussteuer- und Modewarengeschäftes
A. H. Rothschild (1889/90)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 3. Juni 1889:
"In meinem Modewaren- und Aussteuergeschäft ist eine Lehrlingsstelle
offen. Kost und Logis werden im Hause gegeben. Sabbat und Feiertage
ist das Geschäft geschlossen.
Bretten, im Mai.
A. H. Rothschild". |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16.
April 1890: "In meinem Aussteuer- und Modewarengeschäft, ist eine
Lehrlingsstelle offen. Kost und Logis im Hause, an Sabbat und Festtagen
ist das Geschäft geschlossen.
A. H. Rothschild, Bretten (Baden)." |
Lehrlingssuche des Eisen- und Maschinengeschäftes
M.A.
Laemle (1891)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14.
Mai 1891: Bretten. Für mein Eisen- und Maschinengeschäft suche einen
jungen Mann als Commis und für kleinere Reisen. Nur solche, welche schon
in ähnlicher Stellung tätig waren, wollen Offerten nebst Gehaltsansprüche
einreichen an M.A. Laemle." |
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Dazu zwei Karten aus der Sammlung von Peter
Karl Müller, Kirchheim / Ries (mit Anmerkungen von Peter Karl
Müller): |
Postkarte
von M.A. Laemle von 1900 |
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Es handelt sich hier um eine vorgedruckte Postkarte
des Eisen- und Maschinengeschäfts beziehungsweise der Ofen- und Herdfabrik M. A. Laemle aus Bretten. Die Karte wurde
am 12.2.1900 an den Gerichtsvollzieher König in Durlangen versandt. Vermutlich kam es des Öfteren vor,
dass Kunden von M. A. Laemle bei der Bezahlung ihrer Einkäufe nicht zahlen konnten oder nicht zahlen
wollten.
Im Buch "Bretten. - Erinnerungsblätter aus 2000 Jahren" gesammelt von Bürgermeister F. Withum aus
dem Jahr 1902 finden sich im Kapitel "Straßen und Hausbesitzer am 1. Januar 1902" folgende Einträge.
Melanchthonstraße Nr. 18 - Lämle M. A., ( Firma) Eisenwarengeschäft ( zu Nr.94)
Melanchthonstraße Nr. 90 - Lämle M. A., ( zu Nr. 94 )
Melanchthonstraße Nr. 94 - Lämle M. A., Ofen - und Herdfabrik ( Nr. 18 und Nr. 90 ). |
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vgl. Postkarte
an die Eisenhandlung Leopold Lämmle (Bretten),
zur Zeit bei J. Grünsfelder in Crailsheim (1897) |
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Die obige Postkarte war ursprünglich nach Bretten adressiert, um dann als Nachsendung in Crailsheim
anzukommen (versandt am 27. August 1897). Empfänger war Leopold Lämmle, der
nach Adressenangabe in Bretten eine Eisenhandlung betrieb (Inhaber von M.A.
Laemle?), sich seinerzeit aber in Crailsheim bei J. Grünsfelder
(Crailsheim, Seiler Straße) aufhielt.
Text auf der Rückseite: "Loffenau, den 27. August 1897. Geehrter Herr Lämle. Theile Ihnen mit,
daß ich unmöglich am 29. August nicht kommen kann. Indem daß ich krank nach Hause
gekommen bin werde ich gleich keine Stelle annehmen, denn ich muß wenigstens
einige Woche zu Hause bleiben und mich wieder erholen. Es grüßt Sie ergebenst - Maril Adam." |
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Schreiben
aus Bretten (Bezirksrabbiner Schlessinger?) an die Zichorienfabrik H. Frank
Söhne in Ludwigsburg (1898)
(aus der Sammlung von D. Silbermann, Berlin) |
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Im Schreiben geht
es um die Frage der Überwachung der Koscher-Zichorien der Firma H. Frank
Söhne in Ludwigsburg. Die Fabrikation der Zichorien war zuvor (zeitweise?) in Lahr (Firma
Daniel Volker) unter Aufsicht des
Schmieheimer Bezirksrabbiners Rawicz. Rabbiner Schlessinger ist bereit,
die Aufsicht zu übernehmen und die rituelle Zubereitung zu bescheinigen. Die
mit hebräischen Buchstaben geschriebenen (deutschen) Worte sind: "Koscher
Zigorie unter (unter) Aufsicht des Bezirksrabbiners Bretten".
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Lehrlingssuche der Eisen- und Glashandlung S. Wertheimer
(1912)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen
Familienblatt" vom 21. Juni 1906:
"Lehrling gesucht per Juli oder später mit guter Schulbildung.
Kost und Logis im Hause.
S. Wertheimer Eisen-
und Glashandlung Bretten
in Baden." |
Lehrlingssuche der Ofen- und Herdfabrik
M.A. Lämle
(1922)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24.
August 1922: "Wir suchen kaufmännischen Lehrling, Israelit, mit
Mittelschulbildung, aus guter Familie, oder jungen Mann, Israelit, möglichst
aus der Eisenbranche, mit guten Zeugnissen per sofort oder später. M.A. Lämle
A.-G., Ofen- und Herdfabrik, Bretten (Baden)." |
Anzeige
der Metzgerei und Wurstlerei Ludwig Dreyfuß (1924)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 10. April 1924: "Gegründet
1893 - Koscher - Gegründet 1993. Was Sie suchen, finden Sie stets
bei mir in allererster Qualität:
die altbekannten Brettener Wurst- und Fleischwaren.
Zu horrend billigen Preisen empfehle Ihnen.
Ia Cervelat pro Pfund 1,20 Mark. Ia Lyoner pro
Pfund 1,40 Mark Ia Kochwurst (Krakauer) pro Pfund 1,80
Mark.
sowie I a Pökel-, Rauchfleisch und Zungen zum billigsten Tagespreis.
Wiederverkäufer erhalten Preisermäßigung.
Ludwig Dreyfuß, Metzgerei und Wurstlerei Bretten
(Baden)." |
Verlobungs- und Hochzeitsanzeige von Max Reis und Gretel geb. Ettlinger
(1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. November 1928:
"Gretel Ettlinger - Max Reis. Verlobte.
Bretten - Heilbronn.
Oktober 1928." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1928:
"Max Reis - Gretel Reis geb. Ettlinger. Vermählte.
Heilbronn -
Bretten in Baden. 26. Dezember 1928 / 13 Teweth 5689.
Trauung: Hotel
Nassauer Hof, Karlsruhe i.B." |
Nach
1945: Todesanzeige für Selma Günzburger geb. Wertheimer (USA, 1949)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 22. April 1949:
"Unsere herzensgute Mutter und Schwiegermutter, Frau
Selma Günzburger geb. Wertheimer (früher Bretten -
Karlsruhe)
ist uns plötzlich entrissen worden. In tiefstem Schmerze:
Erich Gunzburger 1419 S. Florence, Tulsa, Oklahoma.
Marianne Gunzburger geb. Rothschild". |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
für die in Bretten
geborene Elisabeth Lämmle |
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Kennkarte (ausgestellt in
Mainz 1939) für Elisabeth (Elly, Lisette) Lämmle
(geb. 11. Mai 1881 in Bretten), wohnhaft in Mainz, am 4. März 1942
verhaftet und in das
KZ Ravensbrück verschleppt, später in das Vernichtungslager Auschwitz,
am 11. Oktober 1942 ermordet. |
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