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Baden-Württemberg
Külsheim (Main-Tauber-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In der bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts kurmainzischen
Stadt Külsheim bestand eine jüdische Gemeinde im Mittelalter
(Judenverfolgungen 1298, 1337 und 1348/49) und in der Neuzeit bis 1940. Nach der
Judenverfolgung in der Pestzeit werden erstmals wieder 1378 jüdische Personen
am Ort genannt. Sie standen unter Schutz des Erzbischofs Adolf von Mainz.
Die
Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts
zurück, wenngleich seit dem Ende des 14. Jahrhundert vermutlich immer einige
Juden in der Stadt waren.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1825 51 jüdische Einwohner (2,0 % von insgesamt 2.539
Einwohnern), höchste Zahl um 1864 211 Personen, danach wieder
zurückgehend: 1871 196 jüdische Einwohner (10,7 % von 1.833), 1880 185 (10,0 %
von 1.841), 1892 178 (in 23 Familien), 1897 150 (von insgesamt 1651 Einwohnern,
in 32 Familien), 1898 143 (in 28 Haushaltungen), 1899 115 (in 32 Haushaltungen), 1900 122 (7,3 % von 1.680), 1910 106 (6,3 % von 1.670).
Die jüdischen Familien in Külsheim lebten überwiegend vom Handel mit
Vieh und Landesprodukten, einige gründeten seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Ladengeschäfte.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine Schule
(Konfessionsschule bis 1876, danach Religionsschule; im Gebäude der Synagoge
untergebracht), ein rituelles Bad (auf Grundstück Nr. 543 im Meßhofweg;
Badhaus wurde nach 1945 abgebrochen) und einen Friedhof
(Bezirksfriedhof auch umliegender Gemeinden). Zur Besorgung religiöser Aufgaben
der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig war (siehe Ausschreibungstexte der Stelle unten). 1870 wird Samuel
Würzburger als Lehrer genannt (Quelle).
In besonderer Erinnerung am Ort blieb Lehrer Salomon Levy, der 33 Jahre lang -
von 1891 bis 1924 - in der Gemeinde wirkte (siehe unten Bericht zu seiner
Zurruhesetzung 1924 und zu seinem Tod 1929, der als ein Ende der jüdischen
Gemeinde empfunden wurde; 1897 unterrichtete er 23 Kinder, 1898 24 Kinder, 1899
20 Kinder).
1827 wurde Külsheim dem Bezirksrabbinat Wertheim
zugeteilt, das 1850 bis 1864 vorübergehend seinen Sitz in Tauberbischofsheim
hatte.
Von den Gemeindevorstehern werden u.a. genannt: um 1892 M.L. Brückheimer,
M. Held und J. Brückheimer, um 1894 S. Hahn, J. Brückheimer, S. Blum, um 1896 J.
Held, S.B. Blum und M. Brückheimer, um 1897 J. Held, S. Held und M. Brückheimer.
Als Rendant wird genannt: um 1896/97 A. Weißbacher.
Von den jüdischen Vereinen werden genannt: Israelitischer
Jünglingsverein (um 1896/97 unter Leitung von L. Adler), Israelitischer
Frauenverein (um 1896 unter Leitung der Frau von F. Hahn), der Verein
Chewra kadischa (Beerdigungs- und Sozialverein, 1896/97 unter Leitung von S.
Scheuer), der Verein Chewra Maarif bismano (1896 unter Leitung von Is.
Held).
Im Kriege 1870/71 nahmen auch jüdische Männer aus Külsheim teil. Ihre
Namen stehen auf der Ehrentafel 1870/71 am alten Rathaus. Im Ersten
Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Hermann Blum (geb.
16.8.1894 in Burgpreppach, gef. 3.11.1918), Emil Held (geb. 8.8.1878 in
Külsheim, gef. 10.8.1914), Moritz Kahn (geb. 26.12.1884 in Külsheim, gef.
1.7.1916) und
Salomon Kahn (geb. 12.3.1894 in Külsheim, gef. 18.11.1916). Ihre Namen (nicht
der Name von Hermann Blum) stehen auf den Marmor-Tafeln der Gefallenen-Gedenktafel 1914/18 an der katholischen
Kirche St. Martin.
Um 1924, als noch 64 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (3,9
% von 1.652 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Max Brückheimer
I, Samuel Scheuer, Meier Naumann und Bernhard Hahn. Der bereits genannte Lehrer
Salomon Levy, der 1924 in den Ruhestand trat, unterrichtete damals noch vier
jüdische Kinder in Religion. 1932 waren die Gemeindevorsteher Bernhard
Hahn und Meier Naumann (letzterer im Amt des Schatzmeister). Als Vorbeter war
Moses Brückheimer tätig. Im Schuljahr 1931/32 waren noch drei jüdische
Schulkinder in Religion zu unterrichten. Bis zuletzt war die jüdische Gemeinde
streng orthodox geprägt. Die Mitglieder des Israelitischen Männervereins,
der von 1843 bis ungefähr 1925 bestand, versammelten sich jeden Abend nach dem
Gebet zu einer religiösen Belehrung.
Um 1933 waren im
Besitz jüdischer Personen die folgenden Gewerbe- und Handelsbetriebe: Viehhandlung Lazarus Adler
(Hauptstraße 64, abgebrochen), Hutladen Hannchen Baum (Hauptstraße 65, abgebrochen), Viehhandlung und Metzgerei Max Brückheimer
(Boxtalstraße, abgebrochen), Weiß- und Wollwarengeschäft Zerline Brückheimer
(Ecke Haupt-/Spitalstrasse), Viehhandlung Abraham Hahn (Spitalstraße 7), Viehhandlung Bernhard Hahn
(Hauptstrasse 123, Manggasse), Schuhgeschäft Kahn
(Hauptstraße 52), Jüdische (streng rituell geführte) Wirtschaft Meier Naumann
(Hauptstraße 57), Mazzenbäckerei Albert Reichert (Rathausstraße, abgebrochen), Öl- und Fetthandlung Samuel
Scheuer
(Hauptstraße 44, abgebrochen, Wohnhaus Hauptstraße 51), Viehhandlung Anselm Stern
(Spitalstraße 14), Kolonialwarengeschäft Max Zucker (Hauptstraße 56).
1933 wurden noch 36 jüdische Einwohner in Külsheim gezählt. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im Herbst 1937
mussten die Viehhändler ihren Beruf aufgeben. Im Lauf des Jahres 1938 mussten
die letzten jüdischen Geschäfte schließen. Zu den Vorgängen bei und nach dem
Novemberpogrom 1938 siehe unten. Drei jüdische Männer wurden damals
verhaftet und in das KZ Dachau verbracht. Bis 1940 sind insgesamt zehn
jüdische Personen in andere Orte verzogen, elf konnten emigrieren (davon sechs
in die USA, vier nach Erez Jisrael, eine Person nach Argentinien), sechs
verstarben in dieser Zeit in ihrem Heimatort. Am 22. Oktober 1940 wurden
die letzten 13 jüdischen Einwohner nach Gurs deportiert.
Von den in Külsheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ester Adler geb.
Hahn (1864), Nathan Adler (1885), Nathan Adler (1887), Samuel Adler (1880),
Feist Baum (1890), Johanna Baum (1872), Johanna Benedik geb. Brückheimer
(1875), Jakob Blum (1873), Fanny Brückheimer (1879), Hedwig Brückheimer
(1896, "Stolperstein" in Wertheim,
Bahnhofstr. 4), Hilde Brückheimer (1894, "Stolperstein" in
Wertheim, Bahnhofstr. 4), Max Brückheimer (1882), Selma Brückheimer
(1893, "Stolperstein" in Wertheim,
Bahnhofstr. 4), Therese Brückheimer geb. Pappenheimer (1863), Zerline Brückheimer
(1889), Berta Bär geb. Hausmann (1886), Luise Bär (1922), Samuel Bär (1883),
Bernhard Hahn (1880), Jettchen Hahn (1887), Jakob Kahn (1882), Rebekka
Kastanienbaum (1869), Helene Kaufmann geb. Brückheim (1877), Barbara Kuhn
(1882), Bella Levy (1893), Berta Neumann geb. Hahn (1884), Leopold Neumann
(1882), Albert Reichert (1895), Johanna Reichert geb. Kuhn (1899), Rosalie
Rosenberg geb. Held (1863), Recha Scheuer geb. Rosenberg (1891), Samuel Scheuer
(1877), Sophie Scheuer (1922), Moses Schloß (1871), Sophie Schwarzschild geb. Brückheimer (1881,
"Stolperstein" in Dertingen, Aalbachstr.
42),
Ella Seligmann (1876), Karoline Sichel geb. Neumann (1854), Moses Strauß
(1879), Abraham Strauß (1869), Caroline Weingarten geb. Hahn (1861), Aron Weißbacher (1885).
Hinweise: einige Angaben zu dieser Seite konnten am 14.8.2009 mit Hilfe von
Otto Spengler, Külsheim korrigiert werden.
Für Samson Rothschild (geb.
11. Januar 1848 in Külsheim, gest. 1939 in London; Foto links: Stadtarchiv Worms) wurde
in Worms ein "Stolperstein" verlegt (Haus Adenauerring 12), siehe
http://www.warmaisa.de/stolpersteine/rothschild-samson-1848-1939/ Samson
Rothschild war Lehrer, zunächst 1868 bis 1872 in
Grötzingen, danach ab 1872 in Worms (ab
1874 Hauptlehrer an der städtischen Volksschule bzw. der "Stadtschule Worms" -
als erster jüdischer Lehrer im Großherzogtum Hessen an einer städtischen
Volksschule - und Religionslehrer am
Gymnasium, aktiv in zahlreichen Ämtern der jüdischen Gemeinde Worms,
insbesondere als Gemeindearchivar und Historiker (war befreundet mit dem
Stadtarchivar Prof. August Weckerling), verfasste zahlreiche Texte zur jüdischen
Geschichte der Stadt (vgl. u.a. Seite Texte zur
jüdischen Gemeinde Worms) und zur allgemeinen Fragen der Stadtgeschichte;
bis 1933 eine in Worms ebenso bekannte wie geachtete Persönlichkeit; auch im
allgemeinen Leben der Stadt engagiert (Vorstandsmitglied der Musikgemeinschaft
und Liedertafel); im Alter von 91 Jahren im Februar 1939 nach London emigriert, wo
er am 10. Juni 1939 verstarb.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1872 /
1876 / 1878 / 1881 / 1884 / 1886 / 1891
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Oktober 1872: "Külsheim.
Die hiesige Religions- und Vorsängerstelle, mit Schächterstelle
verbunden, ist mit einem festen Gehalte von 350 Gulden und 175 Gulden
Nebenverdiensten, sowie freier Wohnung bis 1. November dieses Jahres
wieder zu besetzen. Anmeldungen nimmt entgegen.
Der Synagogenrat L. Adler, Vorstand." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November 1876: "Die hiesige
Religionslehrerstelle, verbunden mit Vorsänger- und Schächterdienst,
kommt bis 15. März kommenden Jahres in Erledigung. Gehalt 700 Mark, Schächtergefälle
und Nebenverdienst ungefähr 400 Mark und freie Wohnung. Bewerber um diese
Stelle haben sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse an den Unterzeichneten zu
wenden. Külsheim (Baden), den 22. Oktober 1876.
Der Synagogenrat. M.L. Brückheimer." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1878: "Die
Religionslehrerstelle, verbunden mit Vorbeter- und Schächterdienst, ist
sofort zu besetzen. Fixer Gehalt 700 Mark, Nebenverdienste 300 Mark und
ist einem tüchtigen Schulmann Gelegenheit geboten, seinen Gehalt weiter
zu erhöhen. Bewerber (Polen sind ausgeschlossen) wollen sich unter
Vorlage ihrer Zeugnisse baldigst melden. Külsheim (Baden), 22. Juli
1878.
Der Synagogenrat: M.L. Brückheimer." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juli 1881: "Die
Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle hier ist vakant und soll
bis Oktober dieses Jahres besetzt werden, eventuell könnte dieselbe auch
vorher angetreten werden. Fixer Gehalt 700 Mark Nebeneinkommen ca. 400
Mark. Nur befähigte (deutsche) Bewerber mögen sich melden. Nähere
Auskunft erteilt. Külsheim (Baden), 8. Juli 1881. Der Synagogenrat: M.L.
Brückheimer." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. April 1884: "Auskündigung
einer Religionsschulstelle. Die israelitische Religionsschul- und
Kantorstelle in Külsheim, mit welcher freie Wohnung, ein fester Gehalt
von 700 Mark, der Schächterdienst mit 300 Mark Verdienst und ca. 200 Mark
Nebeneinkommen verbunden ist, soll zum 1. Juli dieses Jahres neu besetzt
werden. Bewerber, unter denen ledige und seminaristisch Gebildete
bevorzugt werden, wollen ihre Meldungen nebst Zeugnissen baldigst anher
gelangen lassen. Merchingen, den 20. April 1884.
Die Bezirkssynagoge Tauberbischofsheim. Dr. L. Heilbut." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1886: "Külsheim.
Die Religionsschulstelle in Külsheim, verbunden mit dem Vorsänger- und
Schächterdienst, soll durch einen seminaristisch gebildeten Lehrer per 1.
Mai besetzt werden. Fester Gehalt Mark 700. Nebenverdienste ungefähr Mark
500 und freie Wohnung. Bewerber wollen ihre Zeugnisse an den Synagogenrat
Külsheim einsenden. Der Vorstand Hona Hahn." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Februar 1891: "Vakanz.
Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter und Schächterstelle ist auf
1. Mai dieses Jahres anderweitig zu besetzen. Das Gesamteinkommen beläuft
sich bei einem fixen Gehalt von 700 Mark auf mindestens 1.200 Mark und dürfte
sich bei einer tüchtigen Kraft noch erhöhen. Seminaristisch gebildete
Lehrer, die mit guten Zeugnissen versehen sind, wollen ihre mit
Zeugnisabschriften belegten Gesuche innerhalb 4 Wochen bei uns
einreichen.
Külsheim (Baden), 11. Februar 1891. Der Synagogenrat." |
Zum Tod des langjährigen Lehrers in Külsheim Samuel
Würzburger (1902, Lehrer in Külsheim von ca. 1842 bis 1872)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 4. Dezember 1902: "Karlsruhe. Vor einigen Tagen starb
dahier der emeritierte Religionslehrer der israelitischen
Religionsgesellschaft, Samuel Würzburger. Wer den Verstorbenen
noch in seinen besten Jahren gekannt hatte, wie er sich oft so leidend
fühlte, der hätte dem braven und tüchtigen Manne kein so langes Leben
(fast 87 Jahre) in Aussicht stellen können. Und wie war er in seinem
hohen Alter noch so geistig frisch sein Auge war nicht getrübt und
seine Säfte nicht geschwunden (5. Mose 34,7). Es war ein seltener
Genuss, mit dem ehrwürdigen Greise sich zu unterhalten. Schrift und
Inhalt seiner Briefe trugen bis vor Kurzem noch ganz den Stempel
jugendlicher Frische. Würzburger war in Siegelsbach,
Rabbinat Sinsheim, geboren und besuchte das evangelische Seminar zu
Karlsruhe, nachdem er vorher schon die Stelle eines Religionslehrers
bekleidet hatte. In Karlsruhe war er durch seine hervorragenden
hebräischen und talmudischen Kenntnisse und seine Leistungen, besonders
auf dem kantoralen Gebiete, ein Lieblingsschüler des seligen Oberrats
Epstein. Seine erste Lehrerstelle nach seiner Entlassung aus dem Seminare
war Külsheim, in welch großer Gemeinde er fast ein Menschenalter
verbrachte und seine Schule durch seine Unterrichtsresultate zu einer der
ersten des Großherzogtums emporhob. Man muss den genialen Lehrer in
seinem Berufe gesehen haben. Wie hatte er es verstanden, die Schüler
geistig zu wecken; man musste, ob man wollte oder nicht, ein
Zurückbleiben gab's nicht. Unterstützt wurde seine Lehrgabe durch eine
stramme Disziplin. Das talmudische die Ehrfurcht vor deinem Lehrer
gleiche der Ehrfurcht vor Gott (Aboth 1,3; 4.12) bestand bei all
seinen Schülern. Der Wunsch, seine Kinder höheren Lehranstalten
zuzuführen, veranlasste ihn, die so lange innegehabte Stelle in Külsheim
aufzugeben und eine solche bei der israelitischen Religionsgesellschaft zu
Karlsruhe anzunehmen, wo ihm eine Anzahl Mitglieder von seiner Seminarzeit
her noch ihre Liebe und Verehrung bewahrt hatten. Auch hier wirkte er
lange Zeit, bis ein körperliches Leiden ihn zwang, seinem Berufe zu
entsagen. Da er von seiner geistigen Frische nichts eingebüßt hatte,
traf man den ehrwürdigen Greis immer bei seinen Büchern. Stets
liebenswürdig im Umgang, tolerant auch gegen Andersdenkende, hat er sich
viele Freunde erworben, die mit seinen zahlreichen Schülern ihm stets ein
treues Andenken bewahren werden. Worms. S. Rothschild."
|
Von den Schwierigkeiten eines jüdischen
Elementarlehrers (1879)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Januar 1879: "Aus Baden,
5. Januar (1879). Die 'Germania' lässt sich schreiben: 'Die von uns
bereits gemeldete Nachricht von der in Külsheim erfolgten Besetzung einer
seither stets nur von Katholiken innegehabten Lehrerstelle durch einen Juden
hat in den beteiligten Kreisen große Erbitterung (!?!) hervorgerufen, und zu
verschiedenen Vorstellungen an die Behörden geführt. Der Badische Beobachter
(ein extrem ultramontanes Blatt!) meint, dass in der Gemeinde die
Erfordernisse absolut nicht vorhanden seien, welche die Behörde berechtigen
könnten, einen Lehrer der Minderheit anzustellen. Es hätten in Külsheim nie
konfessionell geformte Schulen bestanden, und es hätten die Juden durch die
neue Ordnung der Dinge keinen Lehrer verloren, da sie früher auch keinen
hatten; ein Gemeindebeschluss liegt ebenfalls in dieser Hinsicht nicht vor.
Allerdings gehe die Rede, dass die Stadtväter den Beitrag von 160 Mark für
den Religionsunterricht der jüdischen Kinder verweigert (haben), und es
darauf ankommen lassen, dass man ihnen einen jüdischen Lehrer schicke. Den
scheine nun auch die Oberbehörde nach Külsheim gesandt zu haben, ohne zu
bedenken, dass sie zwar 29 Judenkindern den Religionsunterricht sichert,
dagegen 256 Christenkindern denselben verkümmert.'
Es versteht sich von selbst, dass auch an dieser Simultanschule den Schülern
jeder Konfession der konfessionelle Religionsunterricht
erteilt wird. In den profanen Fächern muss der Lehrer alles spezifisch
Konfessionelle vermeiden, mag der Lehrer, welcher Konfession es sei, angehören.
Wie daher die Anstellung eines jüdischen Lehrers den katholischen
Religionsunterricht verkümmern könne, ist nur ultramontanen Geistern
findbar. Sie mögen immerhin behaupten, dass in einer Simultanschule der
katholische Religionsunterricht überhaupt verkümmert sei – die
Konfession des Lehrers tut nichts dazu, es sei denn, die Herren setzen
voraus, der katholische Lehrer genüge der übernommenen Pflicht nicht,
und bringe doch das spezifische Konfessionelle in den Profanunterricht
hinein." |
|
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Februar 1879: "Tauberbischofsheim,
den 25. Januar. Es ist zum Staunen, mit welcher Dreistigkeit ultramontane
Blätter und Blättchen die einfachsten Tatsachen entstellen. Käme dies
nicht gar zu häufig vor, man könnte annehmen, dass diese Blätter von
ihren Korrespondenten schlecht bedient seien; allein die bekannte
Verleumdungssucht und systematische Verbreitung von Unwahrheiten lässt
eine solche mildere Auffassung nicht zu.
So ist der Fall, welchen die Germania respektive der Badische Beobachter
betreffs der Külsheimer Lehrerstelle, mitgeteilt in Nr. 4 dieser Zeitung,
vollständig entstellt und habe ich Ihnen den Sachverhalt der Wahrheit gemäß
in Nr. 3 berichtet. Ich wiederhole nur, dass nicht der Oberschulrat den jüdischen
Unterlehrer oktroyiert hat, dass vielmehr der dortige Gemeinderat aus
Sparsamkeitsgründen, die allerdings zunächst aus Überwollen gegen die
Ansprüche der jüdischen Gemeinde entsprungen, denselben verlangte. Zur
weiteren Orientierung teile ich noch mit, dass außer dem jüdischen
Lehrer noch zwei christliche Hauptlehrer an derselben Schule wirken, die
gemeinsam mit den Geistlichen den Religionsunterricht erteilen. Die mit so
großer Emphase in der Germania beklagte Verkümmerung des katholischen
Religionsunterrichts ist also nur Geflunker, darauf berechnet, dem Volke
Sand in die Augen zu streuen und dabei die Behörden zu diskreditieren.
Die in dem Artikel weiter hervorgehobene große Erbitterung in den
beteiligten Kreisen existiert auch nur im Kopfe des Korrespondenten, dem
wahrscheinlich der Untergang der Welt nahe zu sein scheint, weil ein jüdischer
Lehrer statt eines christlichen, Rechnen, Schreiben, Lesen, sowie den
Anschauungsunterricht und noch einige andere Fächer in den ersten zwei
Schuljahren erteilt, als ob diese Gegenstände irgend mit der Konfession
etwas zu tun hätten. Die Zeit aber geht über diese Rekrimination zur
Tagesordnung über, wenn auch hie und da noch die Anschauungen gewisser
Volkskreise durch die giftigen Auslassungen fanatisch angelegter Naturen
getrübt werden. Nach einigen Jahrzehnten wird man sich wundern, dass eine
so einfache Tatsache, die doch bei Jedem, dessen Blick nicht durch
Vorurteil getrübt ist, als eine Forderung der Gerechtigkeit angesehen
werden muss, so viel Staub aufwirbeln konnte.
Die Herren müssten doch endlich begreifen, dass der heutige Staat nur auf
den Grundsätzen der Gerechtigkeit, d.h. der Gleichheit Aller vor dem
Gesetze aufgebaut sein kann. M." |
70. Geburtstag von Lehrer Markus
Kahn (in Hechtsheim 1931)
Anmerkung: Markus Kahn ist am 18.
Januar 1861 in Westerburg geboren,
besuchte 1874 bis 1876 die Präparandenschule in
Höchberg, dann bis 1879 das
israelitische Lehrerseminar in Würzburg. Nach
Abschluss der Ausbildung war er von 1879 bis 1882 Lehrer in
Schornsheim (mit Niedersaulheim und
Udenheim), 1882 Lehrer in Flonheim,
anschließend Lehrer in Rimbach, dann
Külsheim; von ca. 1896 bis 1911 Lehrer in
Bernkastel, und von 1911 bis 1931 Lehrer in
Hechtsheim.
Es ist unklar, wann genau Markus Kahn in Külsheim Lehrer war. Vor seiner
Zeit in Bernkastel, also vor 1896 ist unklar, da bereits ab 1891 Lehrer Salomon
Levy in Külsheim tätig war.
Artikel
im "Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen
Religionsgemeinden in Hessen" Nr. 1 1931: "Hechtsheim
(in Rheinhessen). Am 18. Januar 1931 kann Herr Lehrer M. Kahn, der seit 20
Jahren in der hiesigen Gemeinde als Lehrer, Vorbeter und Schochet tätig ist,
seinen 70. Geburtstag feiern. Herr Kahn ist am 18. Januar 1861 in
Westerburg, Provinz Hessen Nassau,
geboren, fand als dreizehnjähriger Jüngling Aufnahme in der israelitischen
Präparandenschule zu Höchberg bei
Würzburg und trat nach zweieinhalbjähriger Vorbildung in dieser
Präparandie in das Israelitische Lehrerseminar
in Würzburg ein. Als er im Jahre 1879 diese Lehrerbildungsanstalt
verließ, fand er sofort Anstellung in der damals starken israelitischen
Gemeinde Schornsheim, Rabbinatsbezirk
Alzey. Von hier aus erteilte er auch den Religionsunterricht in
Nieder-Saulheim und Udenheim.
Nach drei Jahren siedelte er nach Flonheim
bei Alzey über und fand dann eine umfangreiche Tätigkeit in
Rimbach im Odenwald. Nach sechsjähriger
Tätigkeit in dieser Gemeinde fand er eine Anstellung in Külsheim,
Rabbinat Mosbach in Baden. Nach einer weiteren Amtstätigkeit von
zwölfeinhalb Jahren in Bernkastel an
der Mosel wurde Herr Kahn, wie oben erwähnt nach
Hechtsheim berufen. Neben seinen
Hechtsheimer Obliegenheiten versieht Herr Kahn auch die Unterrichts- und
Schächter-Tätigkeit in Ebersheim-Harxheim,
Hahnheim,
Bodenheim,
Undenheim und
Schornsheim. Seit über 50 Jahren ist
so Herr Lehrer Kahn im Dienste jüdische Gemeinden tätig, hat hunderte von
jüdischen Kindern in den Lehren des Judentums unterwiesen, hat manche
Gemeinde als Sch'liach Zibbur (Vorbeter) im Gebet vereint und als
gewissenhafter Schächter der Erfüllung dieser heiligen Aufgabe gedient. Er
hat sich in seinen alten Tagen auch noch unserem Landesverband der
israelitischen Religionsgemeinen Hessens zur Verfügung gestellt und hat die
beschwerlichsten Wege in Nachbargemeinden zwecks Ausübung seiner
Berufstätigkeit nicht gescheut. Wir sprechen Herrn Kahn unsere Glückwünsche
zu seinem Jubeltage aus und wünschen ihm in Gesundheit und weiterer rüstiger
Schaffenskraft: ad meoh weesrimm schonoh." (= alles Gute bis 120
Jahre). |
Lehrer Salomon Levy sendet Neujahrsgrüße (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1902:
"Allen Verwandten, Freunden und Bekannten senden herzlichste
Neujahrsgrüße ('gute Einschreibung und Versiegelung').
Lehrer Levy & Frau, Külsheim in Baden." |
Abschied von Lehrer Salomon Levy (1924, Lehrer in
Külsheim von 1891 bis 1924)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Dezember 1924: "Külsheim (Baden),
10. Dezember (1924). Die hiesige Gemeinde veranstaltete am Schabbat Wajeze
eine Abschiedsfeier für unseren allverehrten Lehrer Herr Levy, der nach
54jähriger Dienstzeit, davon 33 Jahre in hiesiger Gemeinde,
ununterbrochen in vorbildlicher Weise tätig war. Die Feier wurde Samstag
früh nach dem Gottesdienste in der festlich mit zartem Grün geschmückten
Synagoge im Beisein aller Gemeindemitglieder mit einer eindrucksvollen
Festrede des Herrn Bezirksrabbiner Dr. Greilsheimer – Mosbach,
eingeleitet. Als weitere Ehrengäste sah man die Herren Stadtpfarrer Eck
von der politischen Gemeinde, Herrn Bürgermeister Spengler nebst einem
Herrn vom Gemeinderat. Für das hiesige Lehrerkollegium Herr Oberlehrer
Seitz. Nach der Predigt, die auf alle Anwesenden einen mächtigen Eindruck
machte, verlas der Herr Bezirksrabbiner ein Schreiben vom Oberrat der
Israeliten, in welcher dieser Dank an den Jubilar ausspricht. In
formvollendeter Rede sprach nun Herr Justin Held als ehemaliger Schüler.
Herr Stadtpfarrer Eck drückte in herzlichen Worten seine Freude darüber
aus, dass es im vergönnt sei, einer so seltenen Feier beizuwohnen. Herr Bürgermeister
Spengler schilderte den Jubilar in seiner Eigenschaft als Lehrer, sowie in
seiner amtlichen Tätigkeit und brachte in schönen Worten das friedliche
Zusammenleben der Konfessionen in hiesiger Gemeinde zum Ausdruck. Nach der
schönen Rede des Herrn Oberlehrer Seitz für das hiesige Lehrerkollegium
trugen noch drei Schüler reizende Abschiedsgedichte vor. Zum Schluss
sprach der derzeitige Vorstand Max Brückheimer I. allen Erschienenen den
Dank im Namen der Gemeinde wie des Jubilars aus. Als äußeres Zeichen des
Dankes überreichte die Gemeinde dem Jubilar einen prachtvollen
Ruhesessel. Tief bewegt dankte der Jubilar jedem einzelnen, womit die schöne
Feier ihr Ende erreichte." |
Zum Tod von Lehrer Salomon Levy (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. März 1929: "Külsheim
(Baden), 17. März (1929). Die letzte Stütze im schwankenden Gefüge
unserer Gemeinde ist mit dem Hingange des Lehrers Salomon Levy
zusammengebrochen. Wenn er auch seit wenigen Jahren im Ruhestand gelegt
hat, so bot er doch noch immer die geistige Kost durch seine aus
gründlichstem Torawissen fließenden Schiurim (Lehrstunden), durch seine allen
Höchstforderungen genügende Toravorlesung. Nur ein Mann mit seinen
jüdisch-religiösen Qualitäten konnte der, bei seiner vor ca. 35 Jahren
erfolgten Anstellung etwa 30 Familien starken Gemeinde genügen, in deren
Mitte die Tora damals wie eine Edelpflanzung liebreichste Wartung und
sorgfältigste Pflege erfahren hatte. Und es war für ihn sicher der
herbsten Schmerzen einer, dass er mit ansehen musste, wie die Alten sich
zu Grabe legten, wie die Jungen aber in die Welt hinauszogen, hinter sich
eine in sich zerfallende Kehilloh (Gemeinde) zurücklassend. Es zeugt für
seine bekannte Bescheidenheit und Demut, dass er sich letztwillig jeden
Hesped (Trauerrede) verbat. Wenn trotzdem Bezirksrabbiner Greilsheimer
für Gemeinde und Bezirk, Lehrer Kaufmann namens der badischen Lehrer in
Kürze das Wort nahmen, so wollten sie dem Schmerz um den Verklärten
wenigstens die bitterste Schärfe nehmen.
Als der Grabhügel sich schloss, um den, neben dem Bürgermeister, der
ganze Gemeinderat sich versammelt hatte, mag manchem Nachdenklichen in der
Gemeinde die bange Frage das Herz erschüttert haben: Von woher wird uns
nun Hilfe werden? Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Anmerkung: Lehrer Salomon Levi starb am
15. März 1929 und wurde am 17. März 1929 beigesetzt (Angabe im
RSA-Familienbuch Külsheim; Quelle). |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Pesla Adler (1879)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1879: "Külsheim (Baden).
Am heiligen Schabbat Paraschat Lech
Lecha (Schabbat mit der Toralesung Lech Lecha, d.i. 1. Mose
12,1 - 17,27, das war am 25. Oktober 1879) wurde eine hiesige Frau in ein
besseres Jenseits abgerufen, deren Lebensweise zu veröffentlichen
geeignet sein dürfte. Pesla, Frau des Herrn N. Adler, Töchter eines längst
verstorbenen Gelehrten, konnte man mit vollem Rechte eine Schülerin Arons
nennen. Ihr ganzes Bestreben war, allenthalten Frieden zu stiften, sowohl
im Familienzirkel als nach außen. Sie versäumte selten den Gottesdienst,
selbst seit mehreren Jahren als leidende Person.
Galt es einer Kollekte für Notleidende, ihr Scherflein fehlte nicht; sie
spendete öfters mehr als ihr Stand erlaubte und wie verwirklichte sie die
Eigenschaft der Bescheidenheit -?- Man glaubt nicht zu
übertreiben, wenn man behauptet, dass diese Eigenschaft bis zu ihrem Ende
sich gesteigert hat. Schon als Jungfrau hatte sie außergewöhnliche Kämpfe
durchzumachen, doch die religiöse Erziehung, ihre Bescheidenheit
erhielten sie immer aufrecht. Ihr letzter Wille war die Ermahnung zum häuslichen
Frieden.
So möge sie frei von Kämpfen den himmlischen Frieden genießen. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Moses Held (1892)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1892: "Külsheim in Baden,
13. Dezember (1892). Heute starb plötzlich Herr Moses Held von
hier im Alter von 60 Jahren. Wahrhafte ungeheuchelte Frömmigkeit,
Biederkeit des Charakters, Freundlichkeit, Friedensliebe, Geradheit der
Gesinnung und strenge Gerechtigkeit sowie echte Menschenliebe zählten zu
seinen Tugenden. Bei Allen, die ihn kannten, bei Juden und Nichtjuden,
stand er in hohem Ansehen. Seinen Kindern gab er eine musterhafte religiöse
Erziehung, und hatte er das hohe Glück, dieselben in seinem Sinne
heranwachsen zu sehen." |
Tödlicher Unfall des Viehhändlers Salomon Hahn
(1903)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. November
1903: "Külsheim (statt Hülsheim; Amt Wertheim). Beim
Besichtigung von Vieh in einem Neunkirchener Stalle wurde der Viehhändler
Salomon Hahn von einem der Tiere getreten. Er erlitt so schwere innere
Verletzungen, dass er nach 1 1/2 Tagen starb." |
Lehrer Nathan Adler von Külsheim wird Lehrer in Eubigheim (1905)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Dezember
1905: "Karlsruhe: "Das neueste Verordnungsblatt des
Großherzoglichen Oberrates der Israeliten meldet folgende Veränderungen
in der Besetzung der Religionsschullehrerstellen: Jakob Lewin seither in Lorsch
nach Randegg, Sally Rosenfelder in Eubigheim
nach Buchen, Nathan Adler von Külsheim
nach Eubigheim, Kantor Simon Metzger
von Sulzburg nach Bretten,
Samuel Strauß von Berlichingen
nach Sulzburg, Jakob Schloß von Talheim
nach Malsch bei Ettlingen. Auf
Ansuchen wurden von ihren Stellen enthoben: Kantor Weiß in Gailingen
und Religionslehrer Jakob Lorch in Untergrombach,
letzterer behufs Übernahme der Verwalterstelle der M.A. d.
Rothschild'schen Lungenheilstätte in Nordrach." |
Goldene Hochzeit von Salli Scheuer und seiner Frau geb. Hahn (1915)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar 1915: "Külsheim
(Baden), 4. Januar (1915). Das hiesige Ehepaar Salli Scheuer und Frau geb.
Hahn feiern am Sonntag, den 10. Januar dieses Jahres, das seltene Fest der
Goldenen Hochzeit in voller geistiger und körperlicher Frische.
Das ganze Städtchen ist stolz auf dieses greise Jubelpaar und wünscht
ihm noch ein langes, glückliches Beisammensein." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. Januar 1915: "Das Ehepaar Salli Scheuer und Frau geb.
Hahn in Külsheim (Baden) feierte am 10. dieses Monats das seltene
Fest der goldenen Hochzeit in voller geistiger und körperlicher Frische.
Das ganze Städtchen ist stolz auf dieses greise Jubelpaar und wünscht
ihm noch ein langes, glückliches
Beisammensein". |
Zum Tod von Lazarus Brückheimer (1920)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Juli 1920: "Külsheim in
Baden, 11.
Juli (1920). Am letzten Siwantage (sc. 30. Siwan 5680 war der 16. Juni
1920) starb hier nach kurzem Kranksein Herr Lazarus Brückheimer.
Voll tiefster Frömmigkeit von frühester Jugend an, versuchte er noch in
vorgeschrittenem Alter in fleißigstem Selbstunterricht in die Tora
einzudringen und im jüdischen Schrifttum durch Heranziehung aller ihm zugänglichen
Werke bekannt zu werden. Mit liebevollstem Pflichteifer stellte er sich in
Gottes Dienst, betrat jeden Morgen als erster das Bethaus und stand in
vorderster Reihe, wenn es galt, gemeinnützige jüdische Anstalten zu
erhalten, Armut und Elend zu verringern. Seine besondere Liebe galt dem
heiligen Lande, dessen Not die seinige war, und von dem eine Handvoll Erde
ihm ins Grab mitgegeben wurde.
Wenn man unter Kiddusch Haschem
(Heiligung des Gottesnamens) eine Lebensführung versteht, die auch dem
Nichtjuden die imponierende Größe jüdischer Ethik vor Augen führt und
so dem jüdischen Sehnsuchtsziele: Dass die Einzigkeitslehre Gemeingut
aller Völker werde, Bahn bereitet, so war des Verklärten Leben eine
bedeutsame Zeitspanne voll reichster Werte. Denn das Bedauern über den
redlichen Geschäftsmann und den gefälligen Mitmenschen war bis in die
entlegensten Dörfer echt und aufrichtig. Sein Sohn, Lehrer in Marktbreit,
hielt auf dem Friedhofe, - wegen des eingehenden Sabbats – in aller Kürze
– ein Hesped (Trauerrede), dem er den Vers 'Mein Vater, mein Vater!
Israels Wagen und seine Reiter' (2. Könige 2,12) zugrunde legte. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
"Mescholim" - Geschichten von dem aus
Külsheim stammenden Lehrer Simon Brückheimer, Marktbreit (1925)
Leseproben aus den "Mescholim"
von Simon Brückheimer
(Geschichten über jüdische
Charaktere aus
Wertheim,
Külsheim usw.) |
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Artikel in der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 5. November 1925, darunter Nr. 15: "In H.
war ein Gendarm stationiert, der besonders die jüdischen Hausierer gerne
zwackte und schikanierte. Einmal ertappte er den Frum Hersch, als er sein
Patent (Hausier-Erlaubnisschein) vergessen hatte. Zuerst weidete sich der
Gendarm an der Ängstlichkeit des Juden, der unzählige Male
hintereinander beteuerte, dass der Schein zuhause, in Külsheim im
Hausrock stecke. Dann sagte er: 'Frum Hersch, ich will Euch nicht
anzeigen. Aber den Schein muss ich sehen, heute noch! Lauft
heim!'
Drei Stunden heim, drei Stunden zurück! Was blieb Frum Hersch anderes
übrig. Abends um neun Uhr zeigte er das Patent vor. Und musste dann müde
und ohne Verdienst noch einmal den langen Weg machen. 'Heute bin ich
gelaufen,' sagte Frum Hersch vor sich hin, 'Du läuft auch noch, Rakef
(=Reiter, Gendarm).
Zwei Monate später, am Geburtstage des Großherzogs, war Frum Hersch
wieder in H. Die Parade, die der Veteranenverein abgehalten, war gerade
beendigt, und der Gendarm kam in Galauniform, mit Helm und langem Säbel,
die untere Dorfstraße herauf. Als er Frum Hersch sehen musste, fing der
an, von einem Bein auf das andere zu hüpfen und nervös an allen Taschen
herumzutasten. Plötzlich aber drehte sich Frum Hersch um seine Achse und
lief wie der Winde die Dorfstraße hinauf dem Ortsausgang zu.
'Frum Hersch! Frum Hersch!' rief der Gendarm hinter im herspringend. Aber
Frum Hersch hörte nicht. Er lief und lief. Zuerst auf der Landstraße,
dann ging's in einen holperigen Feldweg, später durch einen Laubwald mit
dichte, Unterholz. Unaufhaltsam lief Frum Hersch; bald langsamer, bald
schneller. Und der Gendarm hinter ihm drein.
Als sich die ersten Häuser des nächsten Dorfes zeigten, läutete man
dort gerade Mittag.
Frum Hersch tat jetzt gemütlicher, sodass ihn der Gendarm bald eingeholt
hatte. Der keuchte und pustete. Der schwere Helm und die fest
anschließende Uniform trieben ihm den Schweiß aus allen
Poren.
'Frum Hersch, heut' zeig' ich Euch an! Warum seid Ihr auf mein Rufen hin
nicht stehen geblieben?' Ich hab' Sie nicht gehört, Herr Gendarm.
Bei dem Wind hört mer nit gut. Und warum wolle Sie mich anzeigen, Herr
Gendarm?' 'Ihr habt Euer Patent wieder nicht!' 'Wieso, Herr
Gendarm? Wer hat das gesagt, Herr Gendarm? Wolle Sie's sehe?'
Frum Hersch kramte erst ein wenig in verschiedenen Taschen und wies dann
den Schein vor. 'Ja, zum Teufel,' schrie der Gendarm in hellem Zorn,
'warum seid Ihr denn so eilig aus H. fortgelaufen?' 'Entschuldige
Sie vielmals, Herr Gendarm; der Hoffmanns Christian will mir heut' sei
Woll' verkaufe und hat mich auf zwölf Uhr bestellt. Wenn Sie mir nit
glaube, könne Sie ja mitgehe!'
Der Gendarm war nicht bösartig. Später hat er dieses Vorkommnis selbst
lachend erzählt. Und hat von da ab die jüdischen Handelsleute in Ruhe
gelassen." |
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Nr. 17:
"Früher bezogen die Külsheimer den Koscher-Käse aus der
Käserei, die von den Mönchen des Klosters Bronnbach betrieben wurde und
eine besondere rituelle Abteilung hatte. Der Pförtner des Klosters war
ein Schalk, der sich seine Zeit am Tore mit allerhand kurzweiligen
Späßen vertrieb. Als Herz einmal Einlass begehrte, stellte sich der
Mönch hinter das Gitter und rief hindurch:
'Herz, zuerst musst Du mir eine Frage beantworten! Was ist der Unterschied
zwischen einem Juden und einem Esel?'
'Das Gitter,' was Herzens prompte Erwiderung." |
Zum Tod des aus Külsheim stammenden Liebmann Strauß
(1927 in Karlsruhe)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. November
1927: "Karlsruhe, 30. Okt. In der Stunde, in welcher der
Jom HaKippurim (Jom Kippur = Versöhnungstag) bereits die Strahlen
seiner Heiligkeit über die Welt sandte, trug man in Karlsruhe einen Mann zur
ewigen Ruhe, welcher, geliebt von den Seinen, betrauert von einer Gemeinde,
eine große Lücke in dem Kreise der gesetzestreue Judenheit in Karlsruhe
hinterlassen hat. Liebmann Strauß, dessen Name weit über die Grenzen
dieser Stadt als eines wahrhaften Gottesfürchtigen bekannt war, wurde
im hohen Alter von 85 Jahren aus dieser Welt abberufen. Gebürtig aus
Külsheim, einem kleinen, aber heute noch gut jüdischen Städtchen in
Baden, gelang es ihm, die hier erworbenen jüdischen Kenntnisse im Frankfurt
– in dem
Frankfurt Samson Raphael Hirschs – zu erweitern und zu vertiefen.
So war er wie kein anderer dazu geeignet, bei der Gründung der
Israelitischen Religionsgesellschaft in Karlsruhe, wohin er seinen Wohnsitz
verlegt hatte, in die Reihe der Männer zu treten, welche es unternahmen, den
Nivellierungsbestrebungen des damaligen Oberrats der Israeliten und des
Synagogenrats Karlsruhe mit dieser Gründung ein Paroli zu bieten. Mit ihm
hat die Adass Jeschurun (= Israelitische Religionsgesellschaft) ihren
letzten Gründer verloren. So war Liebmann Strauß zu allen Zeiten seines
gesegneten Lebens ein Mann der Tat, ein Mann der treuen Pflicht und dieses
hohe Pflichtbewusstsein zeichnete ihn nicht nur in seinem Berufe aus,
welcher ihm die Sorge für die Erfüllung eines heiligen Gebetes (Hebräisch)
für viele Tausende in jedem Jahr aufs Neue auferlegte, sondern auch sonst im
Leben war die Weisung Gottes ihm alleiniger Wegweiser zu allen seinen
Handlungen. Wir erinnern uns an den Brand, welcher im Juni 1871 die
Karlsruher Synagoge bis auf den Grund zerstörte und aus welchem Liebmann
Strauß unter Lebensgefahr sämtliche Torarollen (Sifrei Tora) rettete,
ohne zu beachten, dass sein neben dem brennenden Gotteshause liegendes
Anwesen, welches sein gesamtes Eigentum beherbergte, ebenfalls in hellen
Flammen stand. Der 'Israelit', welcher damals ausführlich über diesen Brand
berichtete, würdigte die hohe Tat dieses edlen Mannes in geziemender Weise.
Liebmann Strauß war ein Mann der Tat, so leitete er Jahrzehnte hindurch im
Vorstand und auch als ihr Präses, die Chewrah Kadischa (Heilige
Bruderschaft) in Karlsruhe, die Chewra Dawar tow
('Gesellschaft Gute Sache'), welche sich die heiligen Pflichten der
Nächstenliebe zur hohen Aufgabe gestellt hat. Jahrzehnte hindurch war er 1.
Vorsitzender der 'Frühsynagoge' und hat in dieser Zeit unermüdlich bis in
die letzten Jahre seines Lebens als Baal Tokea (Schofarbläser)
und ehrenamtlicher Vorbeter gewirkt. Gewiss war Liebmann Strauß durch
die Bescheidenheit seines Charakters nie der Mann der hohen Worte, aber
durch sein Leben und Wissen, durch seinen klugen und lebenserfahrenen Rat,
welcher sich auf tiefes jüdisches Wissen gründete, war er eine
Persönlichkeit, welche in Karlsruhe eine Stütze all derer bedeutete, welche
treu zu der Fahne des überlieferten Judentums hielten. Das Leben dieses
seltenen Mannes liegt heute abgeschlossen vor uns, möge es allen denen,
welche in seinem Sinne, in dem einzig richtigen Sinne, das Judentum
verstehen, als ein Beispiel fortwirken. Seine Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens."
Anmerkungen: - Liebmann Strauß:
https://de.wikipedia.org/wiki/Matzenfabrik_Strauss
- Samson Raphael Hirsch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Samson_Raphael_Hirsch
- Israelitische Religionsgesellschaft = Adass Jeschurun:
https://de.wikipedia.org/wiki/Israelitische_Religionsgesellschaft_(Karlsruhe)
- Synagogenbrand 1871: Siehe
https://www.alemannia-judaica.de/karlsruhe_synagoge_a.htm über den Brand
in der Weinbrennner-Synagoge, Kronenstraße. |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Anzeigen des Bäckers Hirsch Hahn (1890 / 1900 / 1901 / 1904 /
1907) bzw. der Mazzenfabrik Hahn (1924)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1890: "Ein kräftiger Junge
kann sofort in die Lehre treten bei
Hirsch Hahn, Bäcker, Külsheim." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1900:
"Ein selbständiger Bäckergeselle,
der auch Matzenschießen
kann, findet dauernde Beschäftigung, bei Bäcker Hahn, Külsheim,
Baden.
Eintritt sofort, Samstags und Feiertage streng
geschlossen." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1901:
"Ein Bäckergeselle
kann sofort eintreten. Samstags und
Feiertage streng geschlossen.
Bäcker Hahn, Külsheim in Baden." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1904:
"Ein kräftiger Junge
kann unter günstigen Bedingungen die
Bäckerei erlernen. Samstags und Feiertage geschlossen. Eintritt Ostern.
H.
Hahn, Bäcker, Külsheim (Baden)." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1907: "Ein jüngerer Bäckergeselle
kann sogleich nach Ostern eintreten bei
Bäcker Hahn, Külsheim (Baden).
Samstag und Feiertage geschlossen." |
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Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. Dezember 1924: "Mazzenfabrik
sucht
für Stuttgart einen bei der Privatkundschaft und Bäckereien gut
bekannten Platzvertreter gegen angemessene Provision.
Gefl. Offerten erheben an
Mazzenbäckerei H. Hahn Witwe, Külsheim i. Baden". |
Anzeige von Moritz Weißbacher (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September 1902: "Zu
verkaufen.
3 Stück Ia gut erhaltene Schabbos-Lampen, das
Stück zu 25 Mark unter Nachnahme, wozu ich Liebhaber suche.
Ferner versende ich bei Post-Collie-Abnahme 10 Pfund franco, nach allen
Postationen neue Grüne Kern 1902er Ernte, unter Nachnahme zu 3
Mark und bitte um gefälligste Bestellungen. Bei Bahnsendungen
billigere Preise.
Moritz Weißbacher, Külsheim, Baden." |
Anzeige des Manufakturwaren-Geschäftes Samuel Held
(1902)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 24. November 1902:
"Suche für mein Manufakturwaren-Geschäft (Detail)
Lehrling
mit guter Schulbildung zum Eintritt per 1. Januar, eventuell sofort.
Samstags und Feiertage geschlossen.
Samuel Held, Külsheim (Baden)." |
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Zu Kaufmann Samuel Held ein
weiteres Dokument:
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries) |
Postkarte an Samuel Held
(1900) |
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Anmerkungen zu
der Postkarte (von Peter Karl Müller): Der Empfänger der Karte ist Samuel Held in Külsheim.
Er war ein ein Cousin (Vetter) des Absenders Emanuel Mannheimer in Mönchberg. Da ein Jacob Mannheimer aus
Mönchberg am 18.1.1870 eine Carolina Held aus Külsheim
heiratet (Quelle), war diese vermutlich eine
Schwester des Vaters von Samuel Held und der Absender ein Sohn von Jacob Mannheimer und Carolina
Held.
Zum Text der Karte: "Mönchberg, den 13.4.1900 (sc. = Sederabend,
Beginn des Pessachfestes im Monat Nissan 5660).
Meine Lieben. Soeben kam ich nach Hause und vernehme mit großer Freude, daß Du uns lieber Emil die Halbfeiertage besuchen
willst und bin ich wirklich froh, daß wir zusammen wieder einmal eine vergnügte Stunde feiern können. Bestimme mir wann Du kommst,
nämlich genau den Tag. Hoffentlich kommt auch Adolf Stern und David Scheuer mit. Ich lade dieselben noch einmal dringend ein. (sc.
die Namen Stern und Scheuer finden sich in der obigen Auflistung der um 1933 noch im Besitz jüdischer Personen befindlichen Gewerbe- und Handelsbetriebe
in Külsheim). In der Hoffnung, daß Ihr alle wohl seid, was bei uns Gott sei Dank (abgekürzt G.s.D.) auch der Fall
ist, verbleiben Euer treuer und unvergeßlicher Vetter und Cousin Emanuel Mannheimer.
Text seitlich links stehend - Haltet die Feiertage.
Text oben linke Ecke auf dem Kopf stehend - Hoffentlich kann liebe Mina und Albert nach Hause kommen, werden uns dieselben auch besuchen ...". |
Danksagung nach der goldenen Hochzeit des Ehepaars Sali Scheuer und Frau geb.
Hahn (1915)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1915:
"Für die uns erwiesene Aufmerksamkeit anlässlich unserer Goldenen
Hochzeit sagen wir Allen recht herzlichen Dank. Sali Scheuer und Frau,
Külsheim (Baden)." |
Anzeige des Restaurants M. Naumann (1921)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai 1921:
"Für
Erholungsdürftige, Sommerfrischler, die Landaufenthalt suchen, empfehle
mein streng
koscheres Restaurant bei mäßigen Preisen und guter
Verpflegung.
M. Naumann, Külsheim, Baden." |
Verlobungsanzeige von Elsa Held und Semy Strauss (1923)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31.
Mai 1923: "Elsa Held –
Semy Strauss.
Verlobte.
Külsheim in Baden, Amt Wertheim – Karlsruhe in Baden, Schlossplatz 13.
Mai 1923 – Siwan 5683." |
Hochzeitsanzeige für Semmy Strauss und Else geb. Held (1923)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Juli 1923: "Gott
sei gepriesen.
Semmy Strauss - Else Strauss geb. Held.
Vermählte.
Karlsruhe i.B. Schlossplatz 13 - Külsheim in Baden.
Trauung: 24. Juli 1923 / 11. Aw 5683 in der Synagoge der Israelitischen
Religionsgesellschaft in Karlsruhe." |
Verlobungsanzeige von Feny Hahn und Willi Rothschild
(1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1928:
"Feny
Hahn - Willi Rothschild. Verlobte.
Külsheim (Baden) - Hörstein
(Unterfranken)." |
Hochzeitsanzeige von Leo Hahn und Elsi geb. Strauß
(1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1929:
"Gott
sei gepriesen. Leo Hahn - Elsi geb. Strauß.
Vermählte. Külsheim
(Baden) - New York - Hardheim (Baden).
30. Januar
1929)." |
Verlobungsanzeige für Recha Levy und Alfons Süsser
(1931)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1931: "Recha
Levy - Alfons Süsser.
Verlobte. Külsheim (Baden) - Frankfurt am Main - Karlstadt
am Main.
August 1931 - Elul 5691." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Jeanette Wertheim aus Külsheim (1844-1921) und
Bernhard Wertheim aus Breitenbach (1843-1898)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn;
der Geburtsname von Jeanette Wertheim wird nicht mitgeteilt.
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Grabstein für
"Our Beloved Mother
Jeanette Wertheim
Born in
Külsheim Baden Germany Nov. 22, 1844
Died June 6, 1921 und
"A devoted Husband and Loving Father
Bernhard Wertheim Born in
Breitenbach-Kurhessen
March 8, 1843 Died Oct. 25, 1898". |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Über mittelalterliche
Einrichtungen ist nichts bekannt.
Eine Synagoge und ein Rabbinerhäuschen werden 1770 erstmals erwähnt. Wo
sie sich befanden und ob es sich bei der Synagoge um ein eigenes Gebäude oder
einen Betsaal in einem jüdischen Privathaus oder in dem Rabbinerhäuschen
handelte, ist nicht bekannt. Für die letztere Annahme spricht, dass die
Regierung 1792 die Errichtung einer neuen Synagoge in Külsheim nur unter der
Bedingung genehmigte, dass dafür das Rabbinerhäuschen an die Bürgerschaft
verkauft werden müsse.
Noch vor 1797 baute die jüdische Gemeinde die Scheuer der Juden Schmay
und Manasses zu einer neue Synagoge mit Wohnung für den Rabbiner um.
Dadurch konnte Ende 1797 das ehemalige Rabbinerhäuschen (eine halbe Hofreite)
versteigert werden. Für das Gebäude gab es außer einem Nichtjuden nur jüdische
Kaufinteressenten. Beim dritten Steigerungstermin wurde es für 750 Gulden dem
David Nathan zugeschlagen. Als Bedingung für den Synagogenbau war in Külsheim
verfügt worden, dass "die Judenschul auf die Gass zu ohne Fenster
geschlossen aufgeführt" werden sollte. Offensichtlich sollten die Christen
nicht durch die Gebete und Gesänge oder das laute Aufsagen des Lehrstoffs der
Kinder gestört werden. Inwieweit diese Bestimmung beim Bau eingehalten wurde,
ist nicht bekannt. Spätestens bei Um- und Ausbauten im 19. Jahrhundert wurden
Fenster zur Strasse hin eingebaut. Dennoch konnte man dem Gebäude äußerlich
nicht ansehen, dass es als Gotteshaus diente. Nachdem es im Laufe der Jahrzehnte
äußerlich einen etwas heruntergekommenen Eindruck machte, notierte der
Vertreter des Bezirksamtes anlässlich einer Ortsbereisung 1861: "Die
Synagoge hat ein so vernachlässigtes Aussehen, wie es für keinerlei zur öffentlichen
Gottesverehrung bestimmtes Haus passt, der Zustand schon längere Zeit, weshalb
man, obgleich der Vorsteher eheste Verbesserung zugesagt hat, für angemessen hält,
den Vollzug von Amt aus zu überwachen". Es ist anzunehmen, dass die
Synagoge auf Grund dieser behördlichen Stellungnahme damals nochmals renoviert
wurde.
Über das gottesdienstliche Leben in der Külsheimer Synagoge liegen
einige Berichte in den Tagebuchnotizen des Haller Professors Ulrich Gerhardt
vor, der zwischen 1907 und 1930 mehrfach die Gottesdienste in Külsheim besuchte
und sich zu den Besonderheiten Aufschriebe machte. Der 1875 geborene Gerhardt
erinnerte sich auch an "seine Jugend", als in Külsheim die jüdischen
Männer noch in ausgesprochener Festkleidung, das heißt mit Gehrock und
Zylinderhut die Synagoge besuchten. Inzwischen sei mehr und mehr der "gute
Anzug" an deren Stelle getreten. Gerhardt beschrieb die Synagoge als sehr
traditionelles Bethaus mit einem "nach alter Art" in der Mitte
stehenden und über ein paar Stufen erreichbaren Almemor und dem rechts von der
Lade stehenden Betpult. Insgesamt machte sie ihm einen "altmodischen"
Eindruck. Zum Gottesdienst am zweiten Neujahrstag am 10. September 1907 notierte
Gerhardt, dass alle verheirateten Gottesdienstbesucher nach alter Tradition im
"Sargenes" (Leichenhemd) erschienen. Die älteren Männer trugen meist
noch Bärte. Auf allen Plätzen waren an diesem Tag weiße Bezüge auf den
Pulten. Vorbeter Lewy hielt den Gottesdienst. Als Schofarbläser trat ein Herr
Adler auf, der mit dem Gebetsschal über dem Kopf blies. Der Segen wurde von nur
einem Cohen gesprochen. Lehrer Levy als einziger Levit wusch ihm die Hände.
Dazu hatte er einen alten Krug mit Kanne. Am Schluss des Gottesdienstes wurden
zwei mal 30 Töne Schofar geblasen. Mehrere Besonderheiten in der Abfolge des
Gottesdienstes wurden von Gerhardt festgehalten, die hier nicht detailliert
ausgeführt werden können. Zum Gottesdienst am 24. September 1907 (zweiter Tag
von Sukkot) berichtete Gerhardt, dass der Gottesdienst um 8 Uhr begann.
Schulchandecke, Paroches und Toramäntel waren zu diesem Fest in roter Farbe.
Die Torarollen waren mit Wimpeln (Beschneidungswindeln) zusammengerollt. Auch
bei diesem Gottesdienst fielen ihm zahlreiche Besonderheiten auf. Nach dem
Gottesdienst besuchte Gerhardt die Sukka von Meier Naumann. Hier fiel ihm eine
alte Schabbeslampe mit sechs Ölröhren auf. Als Jahre später am 25. März 1925
Gerhardt wiederum zum Gottesdienst in Külsheim war, entdeckte er neue Decken am
Almemor und Schulchan. Von Maier Naumann wurde ihm nach dem Gottesdienst das
Memorbuch der Gemeinde gezeigt. Im September 1930 war Gerhardt noch zweimal zu
den Gottesdiensten in Külsheim. Beim Gottesdienst am 13. September war nur eine
Torarolle vorhanden. Maier Naumann hatte die beiden anderen zur Ausbesserung in
seine Wohnung genommen. Zu den Gottesdiensten an den Hohen Feiertagen (Gerhardt
beschrieb noch ausführlich den von ihm am 24. September 1930, zweiter Tag des
Neujahresfestes) waren die Torarollen wieder in der Synagoge zurück.
Das Synagogengebäude blieb in der Pogromnacht 1938 zunächst
unzerstört, doch wurde eine Torarolle gestohlen, nach Tauberbischofsheim
gebracht und mit den Torarollen der dortigen israelitischen Gemeinde auf dem
Marktplatz verbrannt. Entweder im Anschluss an die Ereignisse in der Pogromnacht
im November 1938 oder erst ein Jahr später wurde die Synagoge vollständig geplündert
und verwüstet. Zeugen der Ereignisse konnten sich später an den Termin dieser
Aktion nicht mehr erinnern. Jedenfalls soll die Aktion auf Befehl der
NSDAP-Kreisleitung Wertheim durchgeführt worden sein. Inwieweit auch Külsheimer
Parteigenossen beteiligt waren, wurde nie geklärt. Das Torasilber und die alten
Messing-Hängeleuchter waren, da die Gemeinde in Auflösung begriffen war, schon
im Sommer vorher verkauft worden. Nach der Plünderung war ein Korb mit Sachen
aus der Synagoge in das Rathaus gebracht worden, wo er von der Kreisleitung
abgeholt werden sollte, offenbar aber nicht wurde, denn dieser verblieb im
Rathaus Külsheim, bis im September 1946 ein Wertheimer Geschäftsmann (Max
Kozlowski) die Gegenstände an sich nahm. Seither sind sie verschollen. Über
den Verbleib des Gemeindearchives und eines in rotem Samt gebundenes Memorbuch,
die in einem kleinen Zimmer neben dem Betsaal aufbewahrt waren, ist nichts
bekannt.
Die Synagoge wurde nach den Plünderungsaktionen amtlich versiegelt. Das Gebäude
wurde am 12. Januar 1940 für 3000 RM an den Landwirt Philipp Väth
verkauft, der zur Unterbringung seines Strohs dringend Lagerraum benötigte. Ihm
gehörte auch eine unmittelbar an das Synagogengebäude angebaute Scheune. Dem
Verkauf an Landwirt Väth stimmte auch der Kreiswirtschaftsberater der NSDAP zu.
Als Verkäufer trat der Anfang 1940 noch in Külsheim lebende Samuel Scheuer
auf, der im Oktober 1940 deportiert und zwei Jahre später in Auschwitz ermordet
wurde. Am 23. August 1943 brannte das Synagogengebäude nieder. Der Brand
war entstanden, nachdem Elektromeister Reinhart von Külsheim "in fahrlässiger
Weise an der elektrischen Leitung an dem auf dem Gebäude [...] angebrachten
Dachständer gearbeitet (hatte), ohne vorher den Strom abzuschalten". Dabei
hatten sich Leitungen berührt, wodurch eine Stichflamme entstand, über die das
unter dem Dachständer befindliche Stroh in Brand gesetzt wurde. Der Brand wurde
durch die Feuerwehren Külsheim und Tauberbischofsheim gelöscht. Auch die
benachbarte Scheune und angrenzende Wohnhäuser wurden durch den Brand beschädigt.
Die bis auf Teile der Umfassungsmauern zerstörte Synagoge, für die der Eigentümer
1951 eine Nachzahlung an die Jüdische Vermögensverwaltung JRSO zu
begleichen hatte, wurde einschließlich der danebenliegenden Scheune kurz nach
dem Zweiten Weltkrieg als einheitliches Wirtschaftsgebäude wieder aufgebaut,
wobei die Kellermauern der Synagoge für den Neubau benutzt wurden. Sie erinnerten
bis 2009 an die ehemalige Synagoge (Grundstück Nr. 593 an der Bergstrasse,
gegenüber Bergstrasse 8, früher "Judenschulweg" genannt). Im Juli
2009 wurde die Scheune, mit der die ehemalige Synagoge überbaut wurde, abgebrochen.
Am 8. November 2013 wurde am Platz der früheren Synagoge - an einem
Mauerrest des Gebäudes - ein Gedenkstein eingeweiht.
Fotos
Historische Fotos:
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Die Synagoge in Külsheim |
Innenansicht der Synagoge |
Plan:
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Stadtplan Külsheim mit Eintragung der
jüdischen Einrichtungen (außer Friedhof) |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Neuere Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.9.2003) |
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Ansicht der Bergstraße
2009
(Foto: Otto Spengler, Külsheim) |
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Dieselbe Blickrichtung
wie die
historische
Aufnahme oben |
Das auf dem ehemaligen
Synagogengrundstück bis Juli 2009
stehende Gebäude. Ein Teil der
Umfassungsmauern wurde vom
Synagogengebäude übernommen |
Blick in die
Bergstraße nach
Abbruch (Juli 2009) der auf dem
Grundstück der ehemaligen
Synagoge erstellten Scheune |
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Unweit der ehemaligen Synagoge:
das
rituelle Bad
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.9.2003) |
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Entlang der Grünfläche links
des Gebäudes
verlief ein Wasserkanal, über den
die Mikwe frisches Wasser
erhielt |
Das landwirtschaftliche
Gebäude,
das heute über der ehemaligen
Mikwe steht |
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Teilweise sind die
Mauerreste des früheren Hauses über dem Bad erhalten. Im ersten
Stock
befand sich eine Wohnung. Das Tauchbecken ist unter den Brettern erhalten. |
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Tauchbecken des rituellen
Bades
(sw-Fotos erhalten von Daniel Mahr,
Walldürn) |
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Jüdische Geschäfte in
Külsheim
(sw-Fotos erhalten von Daniel Mahr,
Walldürn) |
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Manufakturwaren- und
Bankgeschäft
Samuel Held (vgl. Anzeige von 1902 s.o.) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
September 2012:
Bericht über die Forschungen von Alfred Bauch |
Artikel von Bernhard Müller in den
"Fränkischen Nachrichten" vom 12. September 2012: "FN-Heimat-Serie: Alfred Bauch erforscht mit großem Engagement die jüdische Geschichte seiner Heimatstadt.
Seit 25 Jahren ist er auf Spurensuche
Külsheim. Über 700 Jahre gibt es nachweislich Fakten und Dokumente über jüdisches Leben und jüdische Kultur in der Brunnenstadt. "Damit ist die jüdische Historie auch ein ganz wesentliches Stück Heimatgeschichte", betont Alfred Bauch. Der 58-Jährige gehört mit zu den profundesten Kennern der jüdischen Geschichte in Külsheim. Seit rund 25 Jahren ist er auf Spurensuche, forscht er und trägt alle nur erdenklichen Daten zu diesem Thema zusammen. Mittlerweile hat sich eine Sammlung aus offiziellen Dokumenten, Nachforschungen über Familienschicksale jüdischer Mitbürger, Dokumentationen, Berichten von Zeitzeugen und unterschiedlichsten Bildern in 15 Aktenordnern in seinem Archiv im Keller angehäuft. Hinzu kommt eine kleine Bibliothek von Sekundärliteratur über jüdische Kultur im Allgemeinen. Ziel soll sein: "Alle diese Informationen zusammenfassen und die "Geschichte der jüdischen Gemeinde Külsheims als Dokumentation zu veröffentlichen", wie er sagt..."
Link
zum Artikel (auch eingestellt
als pdf-Datei) |
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November 2013:
Ein Gedenkstein für die Synagoge wird
aufgestellt |
Artikel
von Hans-Peter Wagner in den "Fränkischen Nachrichten" vom 11.
November 2013: "Gedenkstein
am Mauerrest der Synagoge" (eingestellt als pdf-Datei), dazu ein
Bericht "Schule und Gotteshaus bildeten eine Einheit" (Bericht
über die Vorträge über die Geschichte und die Bedeutung jüdischer
Kultur im Anschluss an die Enthüllung der Gedenktafel in
Külsheim.
(Artikel und Foto erhalten von Otto
Spengler) |
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März 2016:
Wurde der Grundstein der Synagoge
entdeckt? |
Artikel von Michael Geringhoff im Main-Echo
vom 11. März 2016: "Steinfund beschäftigt Denkmalschützer. Historisches: Kunstvoll bearbeiteten Sandstein bei Vorbereitungen für Scheunenabriss in Külsheim entdeckt
Külsheim. In Külsheim ist ein kunstvoll beschlagener Stein wiederentdeckt worden, jetzt wird um seine Herkunft gerätselt. Wiederentdeckt wurde der Stein bei den Vorbereitungen für einen Scheunenabriss im Stadtgebiet.
An der Ecke Hauptstraße/ Bergstraße soll eine große Scheune einem Mehrfamilienhaus Platz machen. An einer Mauerecke wurde nun der rund 50 mal 50 Zentimeter große Stein wiederentdeckt und liefert seither reichlich Stoff für Spekulationen.
Für Alfred Bauch, einen ausgewiesenen Kenner Külsheimer Judaica, bietet sich mit dem Stein die Chance, den Grundstein der einstigen Synagoge wiederentdeckt zu haben. Die Synagoge lag nahe bei, das Badehaus, die Mikwe, am Meßhofweg.
Fundstück wird eingelagert. Eher zurückhaltend bewertet die Leiterin des Külsheimer Bauamtes, Irene Trabold, den Fund, dessen Herkunft im Dunkel liege. Der schön beschlagene Stein zeige unter anderem zwei Hasen, die als Symbol der Fruchtbarkeit gelten. Sie könnten den Wunsch ausdrücken, dass das so geschmückte Gebäude immer gesegnet sein solle, auch für christliche Kirchen, könne sie sich einen solchen Stein vorstellen, sagte Trabold.
Es sei zudem keineswegs gesichert, dass der Stein überhaupt aus Külsheim stamme. Übrig gebliebene oder bei Abbrüchen zurückgewonnene Baumaterialien seien früher häufig über weite Strecken transportiert und anderswo wieder eingebaut worden. In einem ersten Schritt zur Klärung hat Trabold den Stein fotografieren lassen. Die Bilder sind dem Landesdenkmalamt in Stuttgart zur Prüfung zugeleitet worden. Dort will man derzeit noch nichts Abschließendes sagen.
In einer ersten mündlichen Stellungnahme gegenüber der Stadt Külsheim hat aber auch das Denkmalamt vorsichtige Zweifel daran geäußert, dass der Stein tatsächlich aus Külsheim stammt und dass er im Zusammenhang mit der Synagoge stehen könnte. Sollte es bei einer genauen Prüfung doch noch gelingen, diesen Beweis zu führen, so wäre das eine landesweit beachtete Sensation, denn nur sehr selten werden solche Sockelsteine am tatsächlichen Herkunftsort aufgefunden.
Eine schnelle Klärung ist derzeit wohl nicht zu erwarten. Die Stadt Külsheim wird den Stein im Zuge des Abbruches sichern und bis zur weiteren Begutachtung und Bewertung durch das Landesdenkmalamt einlagern."
Link
zum Artikel |
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Juli 2020:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Külsheim |
Artikel von Hans-Peter Wagner in den
"Fränkischen Nachrichten" vom 20. Juli 2020: "Külsheim. Wichtige Aktion
Der Künstler Gunter Demnig verlegte sieben weitere Stolpersteine in drei
Straßen der Brunnenstadt / Wichtige Zeichen gegen das Vergessen einer
schlimmen Zeit. Die Erinnerung an ermordete Mitbürger wach halten
Külsheim. Das Verlegen von Stolpersteinen zur Erinnerung an das
Schicksal ehemaliger jüdischer Bewohner der Brunnenstadt wurde am
Freitagnachmittag fortgesetzt. Der Künstler Gunter Demnig verlegte in drei
Straßen insgesamt sieben solcher Steine vor den jeweiligen Häusern und
Wohnungen der ehemaligen Mitbürger. Die Stadt Külsheim setzte mit der Aktion
auch ein Zeichen gegen Antisemitismus. Gut zwei Dutzend Menschen aus allen
Altersklassen trafen sich an der ersten Station an der unteren
Bergstraße, dem ehemaligen Judenschulweg. Alfred Bauch, profunder Kenner
der jüdischen Geschichte in Külsheim, freute sich, dass die Aktion in
Külsheim weitergeführt werde, und unterstrich, die örtliche
Pater-Alois-Grimm-Schule habe den Tag begleitend vorbereitet. Külsheims
Bürgermeister Thomas Schreglmann ergänzte, Bauch selbst sowie die Lehrkräfte
Julia Fleckenstein und Elena-Maria Bitsch hätten sich zusammen mit den
Schülern der inklusiven Klasse 9b um das Projekt gekümmert. Der
Bürgermeister betonte, die Geschichte der Külsheims sei unauslöschlich mit
der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde verbunden. Diese habe das
wirtschaftliche und das kulturelle Leben beinahe 600 Jahre lang
mitgestaltet. Es sei für Külsheim eine Verpflichtung, so Schreglmann, die
Erinnerung an die Geschichte wach zu halten und auch künftige Generationen
daran immer wieder zu erinnern. Leider sei auch in Külsheim jahrzehntelang
der jüdisch geprägte Teil der Geschichte in ein Tuch des Schweigens gehüllt
worden. Erst in den letzten Jahren habe man hier begonnen, sich dieser
Geschichte zu stellen. So seien 2014 gemeinsam mit Gunter Demnig
erste Stolpersteine verlegt worden. Der Bürgermeister erinnerte daran, dass
man sich an der unteren Bergstraße im vormaligen jüdischen Zentrum Külsheims
befinde. In unmittelbarer Nähe sei in der Obertorgasse die Mikwe, das
jüdische Ritualbad, welches noch bis heute erhalten sei. Die Sanierung des
Bades werde man in den nächsten Jahren schaffen. Die Namen derer, die
seinerzeit aus der Mitte der Stadt gerissen worden seien, dürften niemals in
Vergessenheit geraten. Demnig setzte die Steine in Külsheim behutsam,
klopfte diese besonnen ins Lot, verrichtete seine Arbeit respektvoll
schweigend, als Verbeugung vor den Menschen. Fleckenstein erläuterte, wie
die Schüler das Projekt angegangen sind, wie sie dieses technisch umgesetzt
hatten und schließlich würdig gestalten konnten. An der unteren Bergstraße
befinden sich nun die Stolpersteine für Rosi Kahn, deren Mutter Malchen Kahn
und Großmutter Sophie Kahn. Malchen Kahn führte das Schuhgeschäft ihres im
Ersten Weltkrieg gefallenen Mannes Moritz Kahn weiter. Nach 1933 nahm der
Druck der Nazis, vor allem aus Wertheim, immer mehr zu, jüdische Menschen
wurden offen terrorisiert. Rosi Kahn floh mit ihrem Mann 1936 in die USA.
Großmutter Sophie Kahn starb 1938, wurde als eine der letzten auf dem
jüdischen Friedhof in Külsheim
bestattet. Mutter Malchen Kahn erkrankte an Asthma, starb 1939 im
jüdischen Hospital in Fürth. Die
Stolpersteine für Samuel Bär und für dessen Frau Berta Bär liegen in der
Spitalstraße. Samuel Bär war Schuhmacher und Händler, zudem Wortführer der
jüdischen Gemeinde. Er wurde bei der demütigenden sogenannten 'Brunnentaufe'
am 1. September 1939 besonders heftig gequält, am 22. Oktober 1940 wie alle
badischen Juden in das Lager Gurs nach Südfrankreich verschleppt, am 10.
August 1942 nach Auschwitz transportiert und dort ermordet. Berta Bär ward
zusammen mit ihrem Mann Samuel in das Lager Gurs deportiert. Auch sie wurde
im August 1942 im Viehwaggon nach Auschwitz transportiert und ermordet. In
der Boxtalstraße sind seit Freitag die Stolpersteine für Max Brückheimer und
dessen Schwester Fanny Brückheimer. Max Brückheimer war am Ort jüdischer
Metzger. Er wurde am 11. November 1938, dem Tag nach der Reichspogromnacht,
verhaftet, nach Dachau gebracht, überlebte dieses erste Martyrium. Auch Max
Brückheimer musste die 'Brunnentaufe' über sich ergehen lassen, wurde 1940
nach Gurs deportiert. Auch er kam in die Vernichtungslager nach Auschwitz,
man erklärte ihn dort für tot. Fanny Brückheimer half im Metzgergeschäft
ihres Bruders. Auch sie wurde nach Südfrankreich deportiert, im Lager Gurs
eingesperrt. Am selben Tag wie ihr Bruder kam für sie der Transport nach
Auschwitz, wo sich ihre Spur verliert. Bauch meinte abschließend, noch seien
in Külsheim nicht alle Stolpersteine verlegt. Er sei froh, dass dies in
Külsheim gemacht werden könne, in manchen Städten gelinge dies nicht."
Link zum Artikel
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 170-171. |
| Germania Judaica II,1 S. 459-460; III,1 S. 694. |
| Wilhelm Spengler: Wirkendes Leben, ein Arzt erzählt.
Lengerich/Westfalen ohne Jahr S. 85-92 (persönliche Erinnerungen an die
jüdische Gemeinde Külsheim des in Külsheim aufgewachsenen Wilhelm
Spengler). |
| Elmar
Weiss/Irmtraut Edelmann/Helmuth Lauf: Geschichte der
Brunnenstadt Külsheim. Hg. von der Stadtverwaltung Külsheim. Band 2. Külsheim
1992. Hierin Abschnitt von Herwig John: "Geschichte der Juden in Külsheim"
S. 129-169. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 473-474. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Kuelsheim Baden. The
medieval Jewish community was decimated in the Rindfleisch massacres of 1298 and
completely wiped out in the Black Death massacres of 1348-49. It was renewed in
1378 and Jews maintained a presence over the following centuries. In the 19th
century, disabilities and social distance persisted despite liberalizing laws.
Teh jewish population grew to 196 in 1871 (total 1,833), with nearly half the
Jews operating as cattle traders at the turn of the century. From the 1880s, the
Jewish population began to drop through emgration and the exodus to the big
cities, numbering 106 in 1910 and 36 in 1933. Under the Weimar Republic, Jews
were active in public life but with the rise of the Nazis they were subjected to
increasing social and economic isolation. Sixteen Jews emigrated through 1940
while ten left for other German cities. The last 13 were deported to the Gurs
concentration camp on 22 October 1940 and six were deported after leaving
Kuelsheim; 15 perished in the camps.
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