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im Elsass"
Blotzheim
(Dep. Haut-Rhin / Alsace / Oberelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Blotzheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1914.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1689 werden vier
jüdische Familien am Ort genannt. 1716 waren 21, 1789 47 jüdische Familien am Ort
wohnhaft.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1846 etwa 260 jüdische Einwohner, 1861/67 etwa 400 (etwa 18 % von insgesamt 2.560 Einwohnern),
um danach durch Aus- und
Abwanderung sehr schnell zurück zu gehen. 1890 gehörten nur noch 14 Familien
zur jüdischen Gemeinde; 1905 gab es noch 39 jüdische Gemeindeglieder, 1910 nur
noch 3.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der
jüdischen Gemeinde wurden auf dem Friedhof in
Hegenheim beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war.
Die jüdische Gemeinde war bis Anfang des 20. Jahrhunderts Sitz eines Rabbinates.
Letzte Rabbiner waren Samson Spiegel (bis 1890) und Henri (Nathali) Levy. Dieser
war vermutlich direkter Nachfolger von Samson Spiegel in Blotzheim. 1900 wurde
er Rabbiner in Sierentz, von wo aus er das
Rabbinat von Blotzheim verwaltete. 1910 wurde - nach dem Tod von Rabbiner Levy -
das Rabbinat aufgelöst.
Die jüdische Gemeinde wurde noch vor der Zeit des Ersten Weltkrieges
aufgelöst. Um 1920 lebten keine jüdischen Personen mehr am
Ort.
Von den in Blotzheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): Jakob (Jacques) Brunschwig (1860), Arthur Levy
(1907), Georgette Levy geb. Rueff (1886), Georges Rueff (1916), Gaston Weill
(1909),
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte des
Rabbinates
Zum Tod von Rabbiner Samson Spiegel (1890)
Anmerkung: Rabbiner Samson (auch Simon) Spiegel (geb. 1811 in Habsheim, gest.
1890 in Blotzheim), war seit 1854 Rabbiner in Seppois-le-Bas (Niedersept),
zuletzt Rabbiner in Blotzheim.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1890: "Blotzheim
(Ober-Elsass). Am Tag vor Schabbat Haggadol verschied unser Rabbiner,
Samson Spiegel, in hohem Alter. Unsere Gemeinde, die früher zu den
blühensten des Elsass gehörte und noch unter unserem früheren Rabbiner,
Herr Dreyfus, dem jetzigen Rabbiner von Zabern,
eine große Chewra - Schass (Talmudverein) hatte, ist inzwischen
sehr zusammengeschmolzen und besteht nur noch aus 14 Familien, sodass es
wohl der letzte Rabbiner von Blotzheim ist, den wir zu Grabe getragen
haben." |
Frage nach der Auflösung der vakanten Rabbinerstelle
in Blotzheim (1905)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. April 1905:
"Aus dem Elsass, 29. März (1905). In der Sitzung des
Landesausschusses vom 9. dieses Monats fragte der Abgeordnete Götz bei
der Beratung des Kultusetats an, ob die vakanten Rabbinerstellen im
Oberelsass (darunter befindet sich Blotzheim mit 52 Seelen)
eingezogen und ihre Gehälter zu Verbesserung der Lage der übrigen
Rabbiner verwendet werden könnten. Unterstaatssekretär Dr. Petri
erklärte, dass die israelitischen Konsistorien auf eine desfallsige
Anfrage der Regierung noch nicht geantwortet hätten. Wie verlautet, soll
im Mai oder Juni, ungefähr ein Jahr nach der Anfrage der Regierung, eine
Gesamtsitzung der drei Konsistorien stattfinden, in der diese
Angelegenheit zur Beratung kommen wird." |
Auflösung des Rabbinates Blotzheim (1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1909: "Straßburg,
28. Januar (1909). Mit dem 1. April sollen die heute in Elsass-Lothringen
bestehenden 40 Rabbinate (abgesehen von den Oberrabbinaten) auf 28
verringert werden. Neun dieser Rabbinate, alle im Oberelsass, sind schon
seit langen Jahren nicht mehr besetzt, nicht so sehr aus Mangel an
Kandidaten, als weil die Seelenzahl der betreffenden Gemeinden viel zu
gering war. Vier Rabbinate waren unter 100 Seelen gesunken. Das geringste,
Blotzheim, zählte 1905 nur noch 39 Seelen. Alle diese, ebenso auch das
seit zwei Jahren erledigte Rabbinat Maursmünster
werden bis jetzt von benachbarten Rabbinern interimistisch verwaltet,
sollen aber von 1910 ab, nebst noch einigen anderen, aufhören, als
Rabbinate zu existieren." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Der Krieg bedroht auch viele Orte mit jüdischen
Gemeinden im Oberelsass (1914)
Anmerkung: die angegebene Zahl der jüdischen Gemeindeglieder bezieht sich
auf ca. 1890.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18.
September 1914: "Hagenau, 10. September (1914). Die schweren Kämpfe
im Oberelsaß, die in letzter Zeit zwischen den Franzosen und Deutschen
ausgefochten wurden, erinnern uns daran, dass die dortige Gegend ziemlich
stark von Juden bewohnt ist, die jetzt nicht nur zum großen Teil
gezwungen waren, Heim und Herd zu verlassen, sondern neben der schweren
seelischen Not auch viel durch die Zerstörung von Hab und Gut zu dulden
haben. Es wohnen in dem vielgenannten Altkirch
289 jüdische Seelen, Hirsingen 74,
Dammerkirch (Dannemarie) 15, Hagenbach
26, Bergheim 110, Grussenheim
314, Neubreisach 102, Blotzheim
62, Bollweiler 120, Ensisheim
27, Regisheim 154, Dürmenach
205, Hegenheim 169, Hüningen
50, Kolmar 1105, Dornach
202, Mülhausen 2271, Niederhagental
145, Niedersept 124, Pfastatt
73, Markirch 147, Rappoltsweiler
134, Habsheim 73, Rixheim
69, Sennheim 151, Wattweiler (Wattwiller)
37, St. Ludwig 60, Kembs
50, Sierenz 113, Uffheim
120, Gebweiler 305, Sulz
182, Thann 163, Winzenheim
421 Juden. Die meisten Familien, besonders in der Mülhauser Gegend, haben
sich flüchten müssen, viele davon haben sich während dieser schweren
Zeit in der Schweiz niedergelassen.". |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Späte Ziviltrauung zur Regelung von
Erbschaftsverhältnissen (1874)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. Dezember 1874: "Als eine kleine Illustration zu dem
Korrespondenzartikel in Nr. 45 'Aus dem Elsass' möchte ich folgendes
Ereignis mitteilen. Im Monat August fand auf der Bürgermeister von Blotzheim
(Elsass) die Ziviltrauung eines gewissen N. Wolff, 74 Jahre alt,
mit der L. Levy, 70 Jahre alt, statt. Es sind jetzt 32 Jahre her,
dass sich dieses Paar nach jüdischem Ritus hatte trauen lassen. Was hatte
sie bis jetzt an der Legalisierung ihrer Ehe verhindert? Der Vater Wolffs
hatte ihm ein beträchtliches Vermögen hinterlassen, aber da er taubstumm
war, so verlangten seine nächsten Verwandten im Jahre 1838 vom Tribunal
von Altkirch ein Heiratsverbot, selbstverständlich um der Aussicht auf
die reiche Erbschaft willen. Der Gerichtshof verwarf das Gesuch, aber der
königliche Hof von Colmar sprach das Verbot aus. Dies verhinderte Wolff
nicht, sich im Auslande religiös trauen zu lassen, und dieser Ehe
entsprossen sieben Kinder, von denen vier noch leben. In Folge jener
Interdiktion wurde das Vermögen Wolffs von vier Vormündern aus seinen
voraussetzlichen Erben verwaltet, und diese verwilligten nicht mehr al 75
Frcs. monatlich, später 100 Frcs. Wolff musste sich fügen. Jetzt,
nachdem Elsass deutsches Reichsland geworfen, wandte sich Wolff an den
kaiserlichen Gerichtshof zu Mülhausen, und dieser erklärte, nach der
sorgfältigsten Untersuchung und im Widerspruch mit dem, meist aus
voraussetzlichen Erben zusammengesetzten Familienrat, dass Wolff sich im
vollen Besitze seiner geistigen Fähigkeiten befinde und von jeder
Vormundschaft zu befreien sei. In Folge dessen konnte die Ziviltrauung vollzogen
werden und so befinden sich auch die Kinder Wolffs in der Eigenschaft
gesetzmäßiger Erben, zum Nachteil der würdigen Verwandten, die das
Ehepaar so lange in Armut haben schmachten lassen. So berichtet der
'Industrie Alsacien'." |
Zum Tod des aus Blotzheim stammenden Malers Benjamin
Ullmann (1884)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1884: "Blotzheim,
28. Februar (1884). Unser Glaubensgenosse, der französische Maler
Benjamin Ullmann, geb. 24. Mai 1829 in Blotzheim, ist am 25. Februar
in Paris gestorben. Ullmann war ein Schüler Drollings und Picots und
erhielt 1858 mit seinem Bilde 'Adam und Eva, den Leichnam Abels
auffindend', den zweiten Preis von Rom. Schon 1855 und 1857 erschien er im
Pariser Salon mit zwei Gemälden, 'Dante in der Hölle' und 'Junius Brutus'.
Seither hat er beinahe jedes Jahr im Salon und auch in Luxemburg
ausgestellt, meist biblische Gegenstände, aber auch Portraits, für
welche er eine große Begabung zeigte und von ihm haben wir die Bildnisse
der Madame Jules Claretie, Victor Schölcher, Masella und Adolf Cremieux.
Bemerkenswert sind seine Bilder: Der Einzug Karls V. in Paris, die
Glöckner von Nürnberg u.a.m. Ullmann hat auch verschiedene prachtvolle
Dekorationsmalereien ausgeführt, so im Saale des Kassationshofes in
Paris, im Schwurgerichtssaale des Justizpalastes und im öffentlichen
Sitzungssaale des Staatsrates. Er ist Inhaber von drei französischen
Medaillen, einer Medaille der Wiener Weltausstellung und seit 1872 des
Ordens der Ehrenlegion. Trotz der ihm zuteil gewordenen Auszeichnungen
blieb Ullmann dennoch stets seiner jüdischen Herkunft und seines
Geburtsortes in Liebe eingedenk. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge bestand bereits im 18. Jahrhundert. Eine neue Synagoge
in Blotzheim wurde 1843/44 erbaut und im Frühjahr 1844 eingeweiht.
Im Gebäude befand sich auch die Lehrerwohnung und die jüdische Schule (im
Westteil) sowie der Betsaal (im Ostteil). Die Maße des Synagogengebäudes sind
24 m lang und 12 m breit.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit im 19. Jahrhundert" vom 19. Mai
1844: "Der Rabbine von Colmar hat vor einiger Zeit, bei
Gelegenheit der Einweihung der Synagoge zu Blotzheim, eine Philippika
gegen den Besuch der Schule von Seiten junger Israeliten gehalten. Herr
Klein, Rabbine von Durmenach, gibt nun in dem 'Arch. Isr.' eine ebenso
gediegene als energische Zurechtweisung für den Herrn Rabbine von Colmar,
und wir wünschen, dass dieser sie gehörig beherzigen
möge." |
Wie lange angesichts der nach 1900 stark zurückgegangenen
Zahl der jüdischen Einwohner in der Synagoge Gottesdienste abgehalten wurden,
ist nicht bekannt. Spätestens um 1910 wurde die Synagoge geschlossen. Das
Gebäude wurde am 12. Juli 1918 von einem Privatmann gekauft und zu einem Wohnhaus umgebaut.
Adresse/Standort der Synagoge:
Fotos
Die ehemalige
Synagoge
in Blotzheim
(Quelle) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 154.
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n.e.
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