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im Elsass"
Hégenheim (Dep. Haut-Rhin
/ Alsace / Oberelsass)
Jüdische Geschichte / Histoire Juive - Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Hégenheim bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1920, deren Entstehung in
die Zeit des 17. Jahrhunderts zurückgeht. Der Friedhof der
Gemeinde wurde 1673 angelegt. Er wurde (beziehungsweise wird bis heute) auch von anderen jüdischen
Gemeinden im Bereich um Hégenheim (im 19. Jahrhundert auch Basel) genutzt. 1689
wurden in Hégenheim 14 jüdische Familien gezählt, 1694 kamen Familien
aus Birseck und Allschwil dazu.
Am Ende des 18. Jahrhunderts waren es 83 jüdische Familien (1784) mit zusammen 409
Personen am Ort. Seit 1789 kam es
mehrfach zu Pogromen gegen Juden. 1815 wurde die Synagoge in Hégenheim
geplündert und zerstört. Zwischen Februar und April 1848 kam es im Sundgau zum
sogenannten "Judenrumpel", der zur Zerstörung mehrerer jüdischer
Häuser in Hegenheim und zur zeitweisen Vertreibung von 850
Juden dieses Bereichs führte.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts
gehörten von den damals 2.151 Einwohnern Hegenheims bis zu 785 der jüdischen Gemeinde
an (etwa 160 Familien).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde außer dem schon genannten Friedhof
eine Synagoge (s.u.), eine Religions- und Konfessionsschule, eine jüdische
Bibliothek (seit 1898 s.u.) sowie ein rituelles
Bad. Von 1772 bis 1910 war Hégenheim Rabbinatssitz. Rabbiner waren:
- von 1772 bis 1824 Moïse David Ginsburger
(1724-1824);
- von 1824 bis 1829 Pinkas Hirsch Katzenellenbogen (vor 1797-1829);
- von 1830 bis 1834 der
später in Straßburg hochbedeutende Rabbiner Arnaud Aron (1807-1890);
- von 1834 bis
1884 Moise/Moses Nordmann (1809-1884), der von Hegenheim aus bis 1884 auch die
jüdische Gemeinde in Basel betreute und sich
entschieden für die Gleichberechtigung der Juden in der Schweiz einsetzte); -
von 1898 bis 1908 Dr.
Salomon Schüler (1870-1938), der den Rabbinatssitz 1907 nach Saint
Louis verlegte.
Zu ihrer Blütezeit hatte die Gemeinde
mehrere Vereine und ein blühendes Gemeindeleben.
Die zahlenmäßig größten jüdischen Familien am Ort hießen Bloch, Dreyfus,
Ginzburg, Levy und Nortemann (auch Nordemann und Nordmann).
Bereits
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch
Aus- und Abwanderung schnell zurück (1905 110 Personen).
Trotz des weiter starken Rückgangs der jüdischen Bevölkerung im
20. Jahrhundert und der Unterbrechung durch die Deportation der damals noch
in Hegenheim lebenden jüdischen Einwohner 1940 nach Südfrankreich bestand die Gemeinde
auf Grund einer Neubegründung nach 1945 bis 1956 (1954 20 jüdische
Einwohner).
Von den in Hégenheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): Flore Ach (1878), Arthur Dreyfus (1895), Emmanuel
Dreyfus (1884), Allen Ginsbourg (1883), Hermine Ginsbourger (1880), Julie
Ginsbourger (1879), Marthe Ginsbourger (1895), Conrad Goldmann (), Emma Lang
geb. Picard (1869), Hans Lehmann
(1913), Virginie Levy (1864), Héléne Picard (1900), Jeanne Picard (1901),
Camille Wiener geb. Goetschel (1882), Constant Wiener (1920).
Auf dem Foto oben die auf dem Denkmal für die in der NS-Zeit ermordeten
Juden genannten Personen aus Hegenheim (Foto: Detlef Ernst Rosenow)
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Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stellen der Lehrer und Kultbeamten 1850 bis 1903
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. Februar 1850: "Kommendes Semester (Rosch Chodesch
Ijjar) wird an unserer Schule die Stelle des Religionslehrers vakant,
für die eine Besoldung von 900 französischen Franken (circa 440 Gulden)
bestimmt ist. Der betreffende Lehrer hat den Religionsunterricht, den der
hebräischen und deutschen Sprache zu erteilen und den Chorgesang beim
Gottesdienst zu leiten, welche letztere Funktion besonders bezahlt wird,
Tüchtige Kandidaten mögen zur Zeit ihre Anmeldung nebst Zeugnissen
portofrei an dien unten folgende Adresse einsenden.
Hegenheim, den 10. Februar 1850.
Moses Nordmann, Rabbiner in Hegenheim, Oberelsass, par adresse von HH.
Gebrüder Dietesheim in Basel, Schweiz." |
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Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. Februar 1850: "Zur gefälligen Beachtung. Dass
die in No. 8 dieser Zeitung offerierte Religionslehrerstelle zu Hegenheim
(Oberelsass) bereits wieder besetzt ist, wird hierdurch bekannt gemacht. Moses
Nordmann, Rabbiner in Hegenheim." |
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Ausschreibung einer
Lehrerstelle 1853 |
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. August 1853:
"An der israelitischen Schule zu Hegenheim (haut-Rhin, France) wird
auf das kommende Semester (Rosch Chodesch Cheschwan) eine
Lehrerstelle erledigt. Es wird verlangt tüchtige Kenntnis der
hebräischen und deutschen Sprache. Der Betreffende hat auch einen gut
geübten Sängerchor beim Gottesdienst zu leiten. Die fixe Besoldung ist
900, sage neun Hundert Franken. Die Kandidaten haben ihre Anmeldung nebst
Zeugnisse portofrei einzusenden an den Unterschiedenen.
Hegenheim, den 24. Juli 1853. M. Nordmann, Rabbiner.
per Adresse von: Herrn Léon Piccard, Basel, Schweiz." |
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Ausschreibung der
Religionslehrerstelle 1861 |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Februar 1861:
"Vakanz. An der israelitischen Schule zu Hegenheim, Haut-Rhin,
France, in welcher 3 Lehrer fungieren, wird bis zum 10. April die Stelle
des Religionslehrers, der zugleich die deutsche Sprache zu unterrichten
hat, vakant mit einer Besoldung von elfhundert Franken. Sollte ein
Kandidat sich finden, der, bei musikalischer Bildung, zugleich die
Funktion des Vorbeters versehen kann, so ist es wahrscheinlich, dass ihm
auch diese übergeben wird, und steigt dann die Besoldung mit dem Casual
auf circa 1.600 Franken nebst freier Wohnung. Die Kandidaten haben sich
franco zu melden bei M. Nordmann, Rabbiner zu Hegenheim." |
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Dieselbe
Anzeige erschien neben den orthodoxen Zeitschrift "Der Israelit"
(s.o.) auch in der liberalen "Allgemeinen Zeitung des
Judentums", was eine liberale Grundeinstellung der Gemeinde in
Hegenheim zeigt. |
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Ausschreibung einer
Lehrerstelle 1867 |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Januar 1867:
"Die israelitische Gemeinde zu Hegenheim, Frankreich,
Oberrhein, sucht für nächstens Sommersemester (welches mit 1. Mai 1867
beginnt) einen israelitischen Lehrer zum Unterricht für deutsche Sprache
und Religion. Jährlicher Gehalt Frcs. 1200. Kandidaten wollen sich in
frankierten Briefen an Herrn David Levy zu Hegenheim wenden." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. Januar 1867: "Die israelitische Gemeinde zu Hegenheim
(Frankreich, Oberrhein) sucht für nächstes Sommersemester, welches mit
1. Mai 1867 beginnt, einen israelitischen Lehrer zum Unterricht für
deutsche Sprache und Religion. Jährlicher Gehalt Frcs. 1200. Kandidaten
wollten sich in frankierten Briefen an Herrn David Levy zu
Hegenheim wenden." |
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Ausschreibung einer
Elementar- und Religions-Lehrerstelle 1869 |
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Januar 1869:
"Die israelitische Gemeinde Hegenheim (Haut-Rhin) in Frankreich,
3/4 Stunden von Basel, wünscht einen deutschen-israelitischen Lehrer
(unverheiratet), der deutschen Elementar-, Religions- und hebräischen
Unterricht zu erteilen, und sogleich oder am 1. April einzutreten hat.
Fixer jährlicher Gehalt 1.200 Franken. Kandidaten, mit guten
pädagogischen Zeugnissen versehen, wollen sich wenden an David Levy von
Hegenheim in Basel." |
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Ausschreibung einer
Lehrerstelle 1870 |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1870:
"Die israelitische Gemeinde Hegenheim im Elsass (bei Basel)
verlangt noch einen Lehrer, der der hebräischen Grammatik kundig, die
hebräische und deutsche Sprache zu lehren hat. Kandidaten, die das Examen
gemacht und mit guten Zeugnissen versehen sind, haben sich zu melden bei David
Levy /von Hegenheim) in Basel. Jahresgehalt Frcs. 1.200." |
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Ausschreibung der
Vorbeter- und Schächterstelle 1872 |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1872:
"In der israelitischen Gemeinde Hegenheim, Ober-Elsass, ist die
Stelle eines Vorbeters, der musikalisch gebildet sein muss, um einen Chor
leiten zu können, sogleich zu besetzen. Derselbe muss auch Schochet,
religiös und verheiratet sein. Der jährliche Gehalt beträgt 500 Gulden
nebst freier Wohnung. Bewerber wollen beglaubigte Abschriften ihrer
Zeugnisse einschicken an Herrn Isaac Wixler, Vorstand". |
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Ausschreibung der
Lehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle 1886 |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. November 1886:
"Ein geprüfter Lehrer, der zugleich auch Vorbeter und Schochet
sein muss, findet Stelle auf 1. Januar 1887. Fixer Gehalt 1.000 Mark nebst
dem Ertrag der Schechita, die ca. 400-450 Mark jährlich einträgt, und
freie Wohnung. Unverheiratete, welche fähig sind, französischen
Unterricht zu erteilen, erhalten den Vorzug.
Reflektanten wollen ihre Zeugnisse an Herrn Moritz Nordmann in
Hegenheim (Ober-Elsass) franco adressieren." |
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Ausschreibung der
Lehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle 1892 |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. November 1892:
"Nächsten 1. April (eventuell auch früher) wird in der
israelitischen Gemeinde Hegenheim (Ober-Elsass) die Lehrerstelle
vakant. Reflektanten müssen staatlich geprüft und militärfrei sein.
Dieselben müssen auch als Vorbeter und Schochet fungieren. Fixer Gehalt
1.200 Mark, freie Wohnung nebst dem Schechita-Ertrag (circa 2-300 Mark
jährlich). Bewerber wollen beglaubigte Zeugnisse einsenden an den
Vorstand M. Dreifus." |
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Ausschreibung der
Elementar-, Kantor- und Schächterstelle 1902 |
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juli 1902:
"Die Elementarlehrer-, Kantor- und Schochetstelle in Hegenheim
ist eventuell sofort zu besetzen. Gehalt 900 Mark, eventuell 1.000 Mark.
Nebeneinnahmen 500 Mark, freier Logis. Ledige Bewerber wollen ihre
Zeugnisse einsenden an Rabbiner Dr. Salomon Schüler." |
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Ausschreibung der
Religionslehrer-, Kantor- und Schächterstelle 1903 |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1903:
"Gesucht wird ein Religionslehrer, Kantor und Schochet. Gehalt
1.000 Mark. Nebenverdienst ca. 400 Mark. Logis frei. Ledige Bewerber
wollen ihre Zeugnisse einsenden an
Rabbiner Dr. S. Schüler, Hegenheim
(Ober-Elsass)." |
Zum Tod von Lehrer Max Meier (Lehrer in Hegenheim Mitte der 1850er-Jahre)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. September 1880: "Bonn, 12. September (1880). Man schreibt uns aus Tauberbischofsheim: Am
27. August wurde unser hoch verdienter Lehrer Max Meier unter allgemeiner
Trauer zu Grabe getragen. Im Jahre 1833 in Baiertal geboren, absolvierte
er den Kursus im Lehrerseminar zu Karlsruhe, versah dann die
Religionslehrerstelle in Wiesloch, Hegenheim und
Neuchatel, bis er im
April 1860 als Lehrer und Vorsänger hierher berufen wurde, wo er sowohl
durch sein Lehrtalent, (er unterrichtete auch in modernen Sprachen usw.
und wurde sein Unterricht auch von christlichen und auswärtigen Zöglingen
gesucht,) als auch durch seinen tadellosen ehrenfesten Charakter die
allgemeinste Achtung sich erwarb. Dies erwies sich nicht allein durch die
Teilnahme an seinem Begräbnis aus allen Ständen und Konfessionen,
sondern auch durch die Fürsorge, welche die Gemeinde für seine
hinterlassene Familie – eine Mutter und eine Witwe mit 7 unmündigen
Kindern, betätigte. Die Gemeinde erwies aber dadurch nicht allein dem
Verstorbenen, sondern auch sich selbst wahrhafte Ehre." |
Zum 70. Geburtstag von Lehrer Levy Nußbaum
(1938)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. April 1938: "Köln, 29.
März (1938). Am 3. April vollendete Lehrer i.R., L. Nussbaum, sein 70.
Lebensjahr. Der Jubilar war in Hegenheim im Elsass, in Merzig und seit
1896 in Bocholt i.W. als Lehrer und Prediger tätig. Während seiner
Amtszeit hat er sich stets für die religiösen Belange eingesetzt und das
Banner der Tora und der Gottesfurcht allezeit hochgehalten. Sein
Erziehungsideal erblickte er darin, seine Schüler zu religiösen Juden zu
erziehen. Von heiligem Eifer für das jüdische Schrifttum beseelt,
widmete er sich täglich dem Talmudstudium. Bis zu seinem Wegzug nach
Köln leitete er die Arbeitsgemeinschaft der jüdischen Lehrer des
Niederrheins. In Verehrung und Dankbarkeit erinnern sich zahlreiche Lehrer
und Schüler seiner segensreichen Tätigkeit. Möge es ihm noch lange
vergönnt sein, in körperlicher und geistiger Frische für die Belange
des konservativen Judentums zu wirken. (Alles Gutes) bis 120." |
Lehrer Levy Nußbaum
stammte auf Burghaun
bei Fulda (auf dortiger Seite ein weiterer Artikel zu ihm). |
Auf einer Seite
der Website der Stadt Bocholt wird Levy Nußbaum
genannt. |
Aus der Geschichte des Rabbinates
Gedicht von Rabbiner M. Nordmann über "Das
älteste Monument" (1850)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. Februar 1850:
Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken. |
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Zum Tod des Rabbiners Moses Nordmann (1884)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai 1884: "Basel.
Unsere Gemeinde und besonders das benachbarte Hegenheim hat in den letzten
Tagen des vorigen Monats ein empfindlicher Verlust betroffen. Herr
Rabbiner Moses Nordmann, Rabbiner zu Hegenheim, der auch die rabbinischen Funktionen
in hiesiger Gemeinde versah, ist am 24. April im Alter von 74 Jahren
verschieden.
Herr Rabbiner Nordmann war der Sohn eines gut situierten Handelsmannes
und, ein viel begabter Jüngling, wurde er von seinem Vater dem Rabbinate
gewidmet. - An dessen sorgfältiger Erziehung wurde nichts gespart; das
Torastudium betrieb er fleißig unter der Leitung sehr gelehrter Rabbinen,
und für die profanen Wissenschaften bezog derselbe die Universität
Würzburg, was unter den damaligen Verhältnissen, nämlich in den
1830er-Jahren mit großen Schwierigkeiten verbunden war. - Gleich nach
seiner Rückkehr von Würzburg wurde die Rabbinatsstelle seiner
Heimatgemeinde frei; der strebsame junge Mann erhielt dieselbe und
verwaltete das zu Zeiten sehr schwierige Amt während mehr als 50 Jahren
zur vollsten Zufriedenheit, nicht nur seiner Gemeinde sondern aller
derjenigen, welche unter seinem Rabbinat standen, namentlich Basels und
vieler anderer jüdischer Genossenschaften in der Schweiz.
Herr Nordmann waltete seines Amtes mit außergewöhnlicher Pflichttreue,
und seine große Fähigkeiten, sowie seine tiefe Gelehrsamkeit krönten
seine Bemühungen mit Erfolg. - In Hegenheim, einer elsässischen
Dorfgemeinde, wo die allgemeine Bildung damals sehr zu wünschen übrig
ließ, erhielt die israelitische Jugend durch die Leitung des Herrn
Nordmann eine ausgezeichnete Schule, in welcher außer der Religion alle
Elementarfächer durch tüchtige Lehrer unterrichtet wurden. Herrn
Nordmann ist es zu verdanken, wenn aus der armen Gemeinde so viele Knaben
und Mädchen tüchtig geschult hervorgingen, welche für ihre Familie die
Ernährer wurden und der ganzen Umgegend zum Beispiel dienten. - Viele
dieser Männer sind jetzt reiche Kaufleute, Fabrikanten oder
Handwerker.
Herr Rabbiner Nordmann war einer der Vordersten, wenn es sich darum
handelte, die Rechte seiner Glaubensgenossen zu verteidigen oder sie vor
Verfolgungen zu schützen. - Im Jahre 1848, als im Elsass die
Judenverfolgungen eintraten, wurde auch Hegenheim hart mitgenommen; durch
seine groß0e Bekanntschaft gelang es ihm, für Hegenheim militärische
Beatzung zu erhalten, wodurch den Gräueln Einhalt getan wurde.
In späteren Jahren hatten die Juden der Schweiz im Allgemeinen einen sehr
schwierigen Standpunkt, in einigen Kantonen wurden dieselben toleriert, in
anderen nicht. Herr Nordmann arbeitete unaufhörlich für deren
Emanzipation, sei es durch tüchtige Vertretung der jüdischen Interessen
in den öffentlichen Blättern, teils durch persönliche Bemühungen bei
der französischen Regierung.
Als Rabbiner in Frankreich wurden dem allgemein geachteten und beliebten
Manne mehrmals vom Consistoire central israélite in Paris sehr ehrenhafte
Stellen mit Avancement angeboten; allein |
Herr
Nordmann zog vor, in seiner bescheidenen Stellung zu bleiben und der
Heimat seine Dienste zu erhalten.
Seine Predigten waren alle sehr lehrreich, und von dem warmen Hauch einer
Überzeugung durchdrungen, die ihn frei von jedem Fanatismus jeder
berechtigten Anforderung des Zeitgeistes mit echt duldsamem religiösem
Geiste Rechnung tragen ließ. Der Glanzpunkt seiner Beredsamkeit fiel in
die Einweihungstage der neuen Synagoge in Basel im Jahre 1867, wo er mit
Herrn Rabbiner Dr. Kaiserling, z.Z. Rabbiner in Budapest den schönen
hiesigen Tempel einweihte. Die damalige Predigt des Herrn Nordmann war ein
abgerundetes Meisterstück vollendeter Rhetorik.
Seine Wirksamkeit in der Armenpflege war eine sehr ausgedehnte. Viele,
viele arme Familien haben durch den Tod von Herrn Nordmann einen
unersetzlichen Verlust erlitten. - Wo irgend eine Not, Armut oder
Krankheit sich einstellte, war Herr Nordmann hilfreich bei der Hand. Bei
den wohlhabenden Glaubensgenossen fand er stets durch seinen Einfluss
offene Hand, und bei Subskriptionen oder sonst wohltätigen Unternehmungen
stand stets sein Name obenan.
Herr Nordmann war einer der Mitgründer des Israelitischen Asyls in
Hegenheim, welches für arbeitsunfähige und unterstützungslose
Glaubensgenossen seit seinem neunjährigen Bestande schon so viel Gutes
wirkte.
Aber auch in anderen Beziehungen war der Verstorbene ein sehr geachteter
und beliebter Mann, sein geselliger Umgang war sehr anregend und
angenehm.
Das Andenken dieses gelehrten, menschenfreundlichen, charakterfesten
Mannes wird noch lange bei allen, die die Ehre hatten, mit ihm in
Berührung zu kommen, fortleben.
Für die Gemeinde Hegenheim ist das Ableben des Herrn Rabbiner Nordmann
ein unersetzbarer Verlust.
(Anmerkung der Redaktion. - Wie uns von anderer Seite mitgeteilt wird,
dürfte das Ableben des bisherigen Rabbiners von Basel und Umgebung die
Gemeinde veranlassen, die Wiederbesetzung nicht allzu lange zu vertagen.
Lag schon bei Lebzeiten des Entschlafenen mit Rücksicht auf dessen
vorgerücktes Alter die Absicht vor, das Rabbinat in die Hände einer
jüngeren Kraft zu legen, so dürften jetzt die Verhältnisse des
gänzlich verwaisten Rabbinats noch dringender dazu mahnen. - Möge es der
Gemeinde Basel gelingen, einen gesinnungstüchtigen, friedliebenden Mann
für ihre geistige Führung zu finden.)." |
|
Das Rabbinat in Hegenheim
ist vakant (1885) |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. Mai 1885: "Aus dem Reichslande, im April (1885). Es
sind jetzt mehrere Rabbinate im Reichslande vakant. Vor Allem das
Oberrabbinat von Metz durch den Tod des seligen Herrn Bigard, die
Rabbinate von Bisheim, Cernay,
Durmenach, Hegenheim und Seppois-le-Bas.
Dagegen sind zwei Rabbinate besetzt worden, Sultz
durch Herrn Roller und Brumath durch
Herrn Ury, früher Rabbiner von Lauterburg.
Für Metz denkt man an Herrn Weill, Rabbiner von Pfalzburg, wo auch der
selige Bigard Rabbiner gewesen, bevor er für Metz gewählt worden" |
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Verlegung des Rabbinates
nach St. Ludwig (1907) |
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt vom 19. Oktober 1906:
"Hegenheim. Herr Rabbiner Dr. S. Schüler verlegt seinen
Wohnsitz nach St. Ludwig hinüber, woselbst die jüdische Bevölkerung in
steter Zunahme begriffen ist." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1907:
"Hegenheim im Elsass, 1. Januar 1907. Das hiesige Rabbinat (Dr.
Schüler) wird demnächst nach St.
Ludwig verlegt, ohne dass jedoch dadurch sonstige Änderungen in den
Beziehungen der Herrn Dr. Schüler unterstehenden Gemeinden Hegenheim,
Hagenthal und St. Ludwig eintreten." |
|
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 11. Januar 1907: "Hegenheim im Elsass. Mit
Genehmigung der Regierung verlegt dieser Tage Herr Rabbiner Dr. Schüler
seinen Wohnsitz nach St. Ludwig.
Das amtliche Verhältnis des Herr Rabbiner zu den Gemeinden Hegenheim und
Hagenthal bleibt jedoch unverändert." |
|
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 1. Februar 1907: "Die Einweihung der Synagoge in St.
Ludwig, nach welchem Orte auch das Rabbinat, dessen Sitz bisher
Hegenheim war, verlegt worden ist, ist auf den 5. Februar festgesetzt
worden. Hegenheim, das einst eine Gemeinde von 180 jüdischen Familien
war, hat eine schöne und gut erhaltene Synagoge. Doch jetzt wohnen nur
noch wenige jüdische Familien in Hegenheim und die Synagoge wird selten
benutzt." |
Aus der Geschichte des
"Israelitischen Asyls" (Jüdisches Altersheim)
Grundsteinlegung zum Asyl
(1873) |
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Dezember 1873:
"In Hegenheim (Elsass) wurde jüngst der Grundstein zu einem
jüdischen Armenasyl gelegt. Die Kosten sind auf 35.000 Francs und die
jährlichen Unterhaltungskosten auf 6.000 Francs
veranschlagt. |
|
Aus dem dritten
Jahresbericht des Asyls (1877) |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Dezember 1877:
"Basel. Dem dritten Jahresbericht über das 'Israelitische Asyl in
Hegenheim' vom 1. Oktober 1876 bis 30. September 1877 entnehmen wir:
Die jeweiligen freien Plätze sind sogleich besetzt worden. Schon im Jahre
1876 konnten wir die Zahl der Pfründner auf 14 erhöhen und heute haben
wir deren 15, wovon ein Bezahlender, sodass uns nur noch ein Bett frei
bleibt, über welches die Kommission wahrscheinlich nächstens verfügen
wird; alle Plätze werden dann besetzt sein.
Unsere ordentlichen Einnahmen haben im Jahre 1876/77 um 1.017 Frs.
angenommen; sie betrugen 5.964 Frs.
Dieses bedeutende Defizit kommt teilweise von Subskribenten, welche
gestorben oder zahlungsunfähig sind, teilweise von solchen, welche die
Zahlung der für 5 Jahre unterschriebenen Beiträge verweigern. Dagegen
haben wir während der letzten 2 Jahre neue Subskribenten für den
Unterhalt der Anstalt im Betrage von Frs. 385 bekommen, unter welchen wir
hauptsächlich einen fortwährenden Beitrag von Frs. 200 per Jahr von
Herrn Veil-Picard in Besançon hervorheben.
Der Gesundheitszustand unserer Pfründner war in den letzten 2 Jahren
ziemlich befriedigend. Mit Ausnahme von 2 Todesfällen, welche eher die
Folge von langjähriger Gebrechlichkeit sind, hatten wir keine schweren
Krankheitsfälle. Die gesunde und ausnahmsweise günstige Lage unserer
Anstalt auf dem Lande, inmitten eines schönen Garten, hat im Gegenteil
viel dazu beigetragen, die Gesundheit der Pfründner zu befestigen;
dieselben waren bei ihrem Eintritt in das Asyl größtenteils sehr
abgeschwächte Leute.
An außerordentlichen Einnahmen zur Vermehrung des unveräußerlichen
Kapitals gingen 7.250 Frs. ein. Das unveräußerliche Kapital betrug an
30. September 1877 Frs. 31.273.35. Hierbei ist der Bau des Asyls und seine
innere Einrichtung, welche vollständig bezahlt sind, nicht inbegriffen.
Wir können dessen ungeachtet noch nicht sagen, dass unser Werk für alle
Zeiten sicher gestellt sei, denn hierzu ist ein noch viel größeres
unveräußerliches Kapital erforderlich. Wir sind jedoch noch jung (wir
haben erst 3 Jahre Existenz hinter uns) und können hoffen, dass im
Verhältnis der Zunahme der bei unserer philanthropischen Anstalt
hilfesuchende Armen die Sympathien für dieselbe bei den großmütigen
Menschenfreunden zunehmen und dass wir dadurch in nicht allzu ferner Zeit
das Glück haben werden, unsere finanzielle Stellung gänzlich befestigt
zu sehen." |
|
Aus dem fünften
Jahresbericht des Asyls (1880) |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. März 1880: "St. Gallen, 5. März (1880). Das
Israelitische Asyl in Hegenheim (Elsass) hat unlängst seinen
fünften Jahresbericht der Öffentlichkeit übergeben. Derselbe weist eine
Jahreseinnahme von ca. Frs. 11.500 und eine Ausgabe von ca. Frs. 7.500
nach. Unter den außerordentlichen Beiträgen figurieren wieder namhafte
Geldspenden von christlichen Bewohnern Basels, en Beweis der anhaltenden
Sympathie und Anerkennung, deren sich die Anstalt auch in nichtjüdischen
Kreisen zu erfreuen hat. Auch der Frauenverein in Basel ermüdet nicht,
dieselbe durch Gratislieferung des nötigen Weißzeugs förderlichst zu
unterstützen. Die Zahl der Pfründner, von denen das hohe Alter von 75
Jahren, einige sogar das 85. Lebensjahr erreicht haben, beläuft sich
gegenwärtig auf 14, nachdem in den letzten zwei Jahren 6 meist in Folge
Gebrechlichkeit und hohen Alters mit Tod abgegangen und ebenso viele neu
aufgenommen worden. Zu den Neuaufgenommenen zählen auch zwei von der
Natur vernachlässigte und arbeitsunfähige Brüder, zu deren
lebensländlichen Verpflegung sich die Anstalt gegen eine Vergütigung von
ca. Frs. 20.000 seitens der betreffenden Familie verpflichtet hat. Durch
diese Einnahme wurde die finanzielle Lage des Asyls bedeutend verbessert
und stellt sich nunmehr das unveräußerliche Kapital auf ca. Frs.
60.0000. 'Immerhin', so schließt der Kommissionsbericht, 'sind die
Mittel, über die wir jetzt verfügen, noch nicht groß genug, unsere
Ausgaben damit zu bestreiten, die Kommission sieht sich daher von Neuem in
die Notwendigkeit versetzt, sich an alle wohltätigen Personen zu wenden
und dieselben um Unterschriften für jährliche Beiträge für einen neuen
Zeitraum von 5 Jahren zu bitten. Durch diese Beiträge werden sie es uns
ermöglichen, unsere unglücklichen Glaubensgenossen, die bis jetzt im
Asyl eine dauernde Zukunftsstätte gefunden haben und noch finden werden,
weiters zu verpflegen.'" |
|
Aus dem siebten
Jahresbericht des Asyls (1882) |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Januar 1882:
"Hegenheim (Elsass). Dem siebenten Jahresbericht des israelitischen
Asyls in Hegenheim über den Zeitraum vom 1. Oktober 1879 bis 30 September
1881 entnehmen wir:
Unsere Ausgaben für Bauten und innere Einrichtung des Asyls, welche sich
im Jahre 1879/80 auf Fr. 485,25 beliefen, sind im letzten Jahre auf Fr.
1.518,05 gestiegen.
Die Anstalt zählt gegenwärtig 12 Pfründner. Die Unterhaltungskosten
einer Person, welche von Fr. 574,14 im Jahr 1878/79 auf Fr. 520,63 im Jahr
1879/80 zurückgingen, sind im letzten Berichtsjahr 1880/81 auf Fr. 633,06
gestiegen.
Die Ausgaben für den Unterhalt betragen Fr. 8.389,47, die ordentlichen
Einnahmen Fr. 7.282,20. Es ergibt sich daher ein Defizit von Fr. 1.107,27,
welche wir genötigt waren, mittelst der außerordentlichen Einnahmen zu
decken.
Wir erhalten fortwährend Unterstützung durch die Frauengesellschaft in
Basel, welche die Anfertigung von Kleidungsstücken und des Weißzeuges
besorgt. Wir verdanken es dieser wohltätigen Gesellschaft, dass unsere
Ausgaben dafür so unbedeutend sind.
Wir freuen uns, mitzuteilen, dass das unveräußerliche Kapital und die
außerordentlichen Einnahmen mehr und mehr zunehmen. Obgleich wir einen
ansehnlichen Betrag davon gebrauchen zur Deckung der ordentlichen Ausgaben
für den Unterhalt, so bleibt uns immer noch eine ansehnliche Summe zur
Vergrößerung des unveräußerlichen Kapitals.
Wir haben in den verflossenen zwei Jahren erhalten: In Gaben für das
unveräußerliche Kapital Fr. 11.995. - Gaben in der Synagoge und
verschiedene andere Fr. 5.233,50. Zusammen Fr. 17.228,50. Der Kapitalstock
beträgt am 30. September 1881 Fr. 81.803,10.
Noch haben wir das Vergnügen anzuzeigen, dass unser Aufruf im
Geschäftsbericht vom Jahr 1878/79 von dem besten Erfolg gekrönt wurde.
Die zahlreichen und bedeutenden Zeichnungen, welche das Komitee für eine
neue fünfjährige Periode gesammelt, sind ein Zeichen des mildtätigen
Geistes unserer Glaubensgenossen. Sie sind für uns eine Ermutigung in der
Fortsetzung unserer Aufgaben zu beharren. Die Mitglieder der
Israelitischen Gemeinden von Basel, Mülhausen und Chaux-de-Fonds haben
sich besonders ausgezeichnet.
Die Dienste, welche die Anstalt unseren armen und unglücklichen
Glaubensgenossen leistet, werden nach und nach allgemein anerkannt.
Die Subskriptionen für die neue Periode von fünf Jahren betragen Fr.
7.236,75." |
|
Aus dem achten
Jahresbericht des Asyls (1884) |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. April 1884:
"Hegenheim (Elsass). Dem achten Jahresbericht des
israelitischen Asyls in Hegenheim entnehmen wir:
Am 30. September 1881 hatten wir 12 Pfründner, seitdem wurden 8
aufgenommen. Ausgetreten sind 4 und gestorben 4.
Die mit Tod abgegangenen waren ganz altersschwache Pfründner, welche den
Abend ihres Lebens noch sorgenlos und gut verpflegt in unserer Anstalt
zubringen konnten.
Während im Jahre 1880/81 die Kosten für einen Pfründner den Betrag von
Fr. 633,06 erreichten, so sind dieselben wieder auf Fr. 487,68 für
1881/82 und sogar bis auf Fr. 468,71 für 1882/83 zurückgegangen. Wir
verdanken dieses günstige Resultat vor allem der Billigkeit der
Lebensmittel und dann dem Umstand, dass wir keine außergewöhnlichen
Bauten und Anschaffungen zu machen hatten. Das nötige Weißzeug und die
kleineren Kleidungsstücke für Frauen werden uns immer noch unentgeltlich
von einer Gesellschaft Basler Damen, die solche selbst verfertigen,
geliefert. Möge der Allgütige diese edlen Frauen für ihr gutes Werk
belohnen.
Unsere außerordentlichen Einnahmen, welche in den vorhergehenden Jahren
bis auf Fr. 17.228,50 gestieben waren, haben zu unserem Bedauern in den
zwei Berichtjahren bedeutend abgenommen, indem sich dieselben nur noch auf
Fr. 14.003,25 belaufen. Wir dürfen diese Abnahme nicht einer
Nachlässigkeit unserer Wohltäter zuschreiben; dieselben wurden in der
jüngsten Zeit sehr viel für andere wohltätige und sehr notwendige
Zwecke in Anspruch genommen. So sind die Gaben vor der Tora im letzten
Jahre um ca. Fr. 800 zurückgegangen, ohne dass deshalb weniger gespendet
wurde. Mögen unsere Glaubensbrüder nie vergessen, dass der Bestand
unserer Anstalt ganz von ihrer Großmut abhängt.
Dank der Vermehrung der jährlichen ordentlichen Beiträge ist unser
Kapitalstock auch in den letzten zwei Jahren wieder gewachsen.
Derselbe belief sich am 30. September 1883 auf Fr. 77,952,20, sodass wir
dennoch mit Ruhe in die Zukunft blicken können.
Mit dem Jahre 1884 endet der größte Zeil der zugesicherten jährlichen
Beiträge; wir hofften bei der letzten Aufnahme der Zeichnungen, dass wir
nach dieser fünfjährigen Periode nicht mehr diese Unterstützungen
anzurufen genötigt sein würden, in der Erwartung, dass die Zinsen
unserer Kapitalien für den Unterhalt unserer Anstalt ausreichen würden.
Leider ist dies noch nicht der Fall. Unsere Ausgaben betragen jährlich
Fr. 7.000. - während unsere Kapitalzinsen bloß 4.000 - ausmachen. Wir
müssen daher alle Freunde unserer Anstalt dringend bitten, uns auch in
den folgenden Jahren sowohl durch jährliche Beiträge als durch
feiwillige Gaben bei jedem vorkommenden Anlasse zu bedenken, damit ja
unser gemeinschaftliches Werk nciht ins Schwanken gerate." . |
|
Zum Tod des Verwalters
des israelitischen Asyls Alexander Wormser (1892) |
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. März 1892:
"Hegenheim, 11. März (1892). Nach kurzer Krankheit starb am letzten
Montag der Verwalter des hiesigen israelitischen Asyls, Herr Alexander
Wormser, im Alter von 71 Jahren. Wenn derselbe auch das gewöhnliche Alter
der Sterblichen erreichte, so kam dennoch der große Verlust, der nicht
allein obige Anstalt, sondern auch die hiesige Gemeinde trifft, sehr
unerwartet. Wormser scheute keine Mühe den Kranken und Gebrechlichen
gegenüber, die in seiner Anstalt Schutz suchten. Bei der höchst
ehrenvollen Beerdigung waren u.a. die Herren Dreyfuß und Lewy, Vorstände
von Basel und Herr Dr. Cohn - sein Licht leuchte - Rabbiner aus
Basel erschienen, ferner die Verwaltungskommission des Asyls und viele
jüdische und christliche Bürger. Dr. Cohn und Dreyfuß hielten tief
empfundene Grabreden, den Verstorbenen als gewissenhaften und
pflichttreuen Beamten kennzeichnend, der nicht so leicht wird ersetzt
werden können. L.N." |
Ausschreibung der Verwalterstelle des Israelitischen
Asyls (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
2. Mai 1904: "Israelitisches Asyl, Hegenheim (Ober-Elsaß).
Direktion in Basel.
In unserer Anstalt ist die Verwalterstelle per Juni/Juli neu zu
besetzen. Reflektiert wird auf ein gutbeleumdetes, haushälterisches, wenn
möglich kinderloses Ehepaar. Dauernde Stellung. Ausführliche Offerten
sind an den Unterzeichneten zu richten, der zu weiterer Auskunft gerne
bereit ist.
Basel, den 26. April 1904. Der Präsident: S. Dreyfus-Neumann in
Basel." |
Zum Tod des Präsidenten des Israelitische Asyl in Hegenheim Dreyfus-Neumann
(1906)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. Februar
1906: "Basel. Der Bericht über das Israelitische Asyl
Hegenheim gedenkt zunächst des verstorbenen Präsidenten
Dreyfus-Neumann, der seit dem Bestehen der Anstalt bis zu seinem
Lebensende derselben vorgestanden. Die Anstalt entwickelte sich normal. In
der Leitung ist eine Änderung eingetreten: seit dem 1. Juli 1904 wirkt
als Verwalter das Ehepaar Marcus Berch von Uffheim. Mit der jüdischen
Gemeinde Basel wurde eine Vereinbarung getroffen, die die Aufsichtsrechte
und -pflichten derselben gegenüber dem Asyl regelt. In der Anstalt
befinden sich gegenwärtig 13 Pfründner. Das Vermögen beträgt ca.
176.000 Fr." |
Jahresbericht des Israelitischen Asyl (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 18. Januar 1907: "Basel. Das israelitische Asyl für
Altersschwache in Hegenheim, dessen Verwaltung in den Händen der
Herren Salomon Ebstein (Präsident) und B. Dreyfus-Brettauer (Kassierer)
in Basel ruht, versendet soeben seinen Jahresbericht. Wie wir demselben
entnehmen, betrug die Anzahl der Pfründner bei Beginn des Berichtsjahres
13, im Laufe des Jahres kamen 3 Personen hinzu, während 2 starben und
einer austrat, sodass am Schluss des Jahres wieder 13 Pfründner
verblieben. Die Ausgaben für den Unterhalt betrugen Fr. 10.144,27, die
Jahreseinnahmen Fr. 15.378,30. Der Überschuss beträgt also Fr. 2.124,53
und das Kapital beläuft sich auf Fr. 182.339." |
Salomon Bloch aus Niederhagenthal feiert im
israelitischen Asyl in Hegenheim seinen 96. Geburtstag (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29.
November 1912: "Hegenheim. Im hiesigen israelitischen Asyl
feierte Salomon Bloch aus Niederhagenthal
seinen 96. Geburtstag". |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Gerichtliche Verhandlungen wegen
den Verwüstungen beim Pogrom 1848 (1851/1855)
Artikel
im "Intelligenzblatt für die Stadt Bern" vom 27. August 1851:
"Frankreich. Die Zivilgericht in
Altkirch hat vor einigen
Tagen die Gemeinde Hegenheim (statt Heppenheim) zu einer Geldentschädigung von 17.000
Franken verurteilt, welche Summe den Juden ausbezahlt werden muss, deren
Häuser im Februar 1848 geplündert und beschädigt wurden. Die Stadt
Altkirch hat für die am 26. und 27. Februar desselben Jahres durch
die Meuterer zum Teil zerstörte Synagoge 9.200 Franken zu bezahlen, um
mit diesem Gelde die Ausbesserungskosten zu bestreiten und das
beschädigte Mobiliar des Tempels wieder
herzustellen." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. September 1851: "Endlich
ist das Urteil über die Verwüstung, welche 1848 an einigen Orten des
Elsasses an den Besitztümer der Juden verübt worden, erflossen. Zu
Altkirch wurde die Stadt verurteilt
der israelitischen Gemeinde zu bezahlen: 600 Fr. als Ersatz für den Schaden
an der Synagoge, 4000 Fr. für die Zerstörung des Mobiliars in diesem
Gebäude. Nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches aber muss die Summe
verdoppelt werden, sodass die Stadt 9200 Fr. und die Kosten zu zahlen hat. –
Ebenso wurde die städtische Gemeinde von Hegenheim verurteilt,
einzelnen Israeliten für die Zerstörung ihrer Häuser und Mobilien 8500 Fr.
Ersatz, also 17.000 Fr. zu zahlen (Arch. isr. de Fr.) "
|
Über das jüdische Gemeindeleben in der Mitte des 19.
Jahrhunderts (Bericht von 1858)
Eine
anschauliche Darstellung zum Leben der jüdischen Gemeinde
zu ihrer Blütezeit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt der Bericht des aus
Nassau stammenden jüdischen Lehrers S. Mannheimer. Er hatte sich auf die im
Februar 1858 in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
ausgeschriebene Lehrerstelle beworben (siehe Anzeige vom 8. Februar 1858) und
war seit Frühjahr 1858 Lehrer in Hégenheim. Sein Bericht wurde am 18. Oktober
1858 in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" veröffentlicht: |
"Hegenheim
im Oberelsass, 12.
September (1858). Wir Deutsche sind gewöhnt, das französische Judentum mit
ganz andern Augen anzusehen, als es sich in der Wirklichkeit zeigt, und sind
manchmal zu sehr von dem Vorurteil befangen, dass in Frankreich, wo die Bekenner
unseres Glaubens vollständig emanzipiert und ihnen alle Staatsämter geöffnet
sind, die Religion in den Hintergrund trete. Dem ist aber nicht so. Soviel ich
bei meinem halbjährigen Hier sein zu beobachten Gelegenheit hatte, herrscht
hier ungeheuchelte Religiosität; der Jude schämt sich nicht – wie es in
Deutschland leider gar zu oft vorkommt – seines Glaubens willen und ist stets
bereit, für ihn in die Schranken zu treten. Seine Religion ist eben so
gesetzlich anerkannt, als die der Majorität, und wenn auch, wie Sie aus den "Archives" entnommen, noch hier und da im Elsass sich Auswüchse des
Fanatismus zeigen, so tritt das Landesgesetz doch denselben entgegen. Das
Prinzip der Gleichberechtigung ist hier so festgewurzelt, dass keine der
Regierungsveränderungen, die seit der großen Revolution vorgingen, es
anzutasten wagte. Ein Spiegel für viele deutsche Regierungen, die das Heil
ihrer Staaten in der Zurücksetzung der Juden zu erreichen denken und dieselben
gern zu einer Pariasklasse herabstempelten! Bemerkt man als Deutscher hier den
scharfen Kontrast zwischen den Gesetzen des großen Frankreichs und denen
unserer deutschen Staaten, wahrlich! Bittere Gefühle bemächtigen sich unser
und drohen jeden Patriotismus zu verdrängen. |
Die hiesige israelitische Gemeinde, aus circa 160 Familien bestehend, macht
beinahe die Hälfte der Einwohner des Ortes aus. Diese Zahl wäre noch einmal so
groß, wenn nicht viele in der angrenzenden Schweiz, wo sie als französische Bürger
einen temporären Aufenthalt haben, sich niedergelassen hätten. Handel, Gewerbe
und Ackerbau bilden ihre Beschäftigung. Für die beiden Grundpfeiler des
Judentums, Gottesdienst und Unterricht, ist hinlänglich Sorge getragen. Die
Synagoge wurde im Laufe dieses Sommers prachtvoll renoviert und am Samstag vor
acht Tagen feierlich eingeweiht. Der Herr Grand-Rabbin Klein von Colmar und der
hiesige Herr Rabbiner Nordmann hielten am Freitagabend die Einweihungsreden,
worin sie den Zweck des Gotteshauses in eindringlicher Sprache dartaten. Es wäre
zu wünschen, dass diese gediegenen Predigten, denen allgemeiner Beifall zuteil
wurde, durch den Druck einem größeren Publikum zugänglich gemacht würden.
Des andern Tages nach dem Schacharit-(Abend)Gebete erfreuten der Herr
Grand-Rabbin sowie Herr L. Nordmann, Neffe des hiesigen Herrn Rabbinen und Zögling
der Metzger Ecole Rabbinique, der hier zum ersten male öffentlich als Redner
auftrat, die Zuhörer mit noch zwei gehaltvollen Vorträgen. Zur Verherrlichung
der Feier trug der schon lange bestehende hiesige Männergesangverein mit
Beihilfe einiger Schulkinder, unter der Leitung des französischen Lehrers,
Herrn Isaak, durch seine meisterhaft ausgeführten Gesänge, sowohl von Sulzer
aus Wien, als auch von Naumbourg aus Paris, das Seinige bei. Es herrscht hier
viel Anlage zu Musik und Gesang; in mancher großen Stadt ist nicht so leicht
ein Synagogenchor zu bilden als hier. Es wäre daher sehr schade, wenn derselbe
nicht fortbestehen würde und spreche ich den Wunsch aus, dass alle Diejenigen,
die von der Natur dazu begabt sind, auch in der Folge ihre Mitwirkung nicht
versagen möchten. Es freut mich nur, aussprechen zu können, dass man hier den
religiösen Interessen volle Aufmerksamkeit schenkt. Die bedeutendsten jüdischen
Zeitblätter werden gelesen, z.B. Ihre geschätzte Zeitung, Volksblatt,
Archives, Univers. Isr., Lien d’Israel usw., auch beteiligt man sich an den
sonstigen Erscheinungen der jüdischen Literatur; in dem Abonnentenverzeichnis
der Förderer des jüdischen Literaturvereins nimmt Hegenheim vermittelst der
Bemühungen des hiesigen Rabbiners einen ehrenvollen Platz ein; auch trifft man
hier mehrere Exemplare von Ihrem Bibelwerk und dem von Herxheimer an. Ja, man
kann behaupten, dass die hiesige Gemeinde mehr zur Verbreitung der jüdischen
Literatur beiträgt, als in Deutschland ganze Staaten. – |
Die hiesige
israelitische Schule, vor ungefähr 30 Jahren gegründet, steht unter der
Aufsicht des Herrn Rabbiners. Es werden in derselben das Französische, Deutsche
und Hebräische von drei Lehrern unterrichtet. Man sieht den wohltätigen
Einfluss, den die konfessionelle Trennung hat, da dadurch die Kenntnis der
Religion weit mehr gefördert wird, als an den Orten, wo die Kinder die
christliche Elementarschule besuchen und den jüdischen Unterricht nur dürftig
in den Abendstunden genießen, wie dies z.B. in meinem Vaterlande Nassau durchgängig
der Fall ist. Während dort das Jüdische als Nebensache behandelt und sowohl
von Seiten der Eltern als auch der Kinder betrachtet wird, nimmt es hier zu
Lande einen ebenbürtigen Rang ein, ohne dass die weltlichen Lehrzweige dadurch
Schaden leiden. In Frankreich herrscht bekanntlich kein Schulzwang; es steht
Jedem frei, seinen Kindern Unterricht angedeihen zu lassen oder nicht. Doch
kommt es nie vor, dass Jemand sich lässig darin zeigt; im Gegenteil bringt man
hier mehr Opfer, als in vielen anderen Ländern, wo der Staat zum Schulbesuche nötigt.
– Obgleich in den Schulen des Elsasses das Französische die
Unterrichtssprache ist, so ist doch die deutsche Sprache vorherrschend und wird
es besonders hier an der Grenze Deutschlands und der deutschen Schweiz noch
lange, wenn nicht gar immer, bleiben. Die elsässischen Rabbinen sind daher genötigt,
abwechselnd in beiden Sprachen zu predigen. – Der religiöse Sinn wird durch
die Chawerot (Wohltätigkeitsvereine), deren fünf hier zu frommen Zwecken, als
Beerdigung der Toten, Unterricht armer Kinder etc. bestehen und worin regelmäßig
des Samstags Vorträge gehalten werden, rege erhalten. Was auf mich, der ich in
den kleinen Gemeinden meines Vaterlandes nur Streit und Zwistigkeiten gewahrte,
einen angenehmen, erfreulichen eindrucke machte, ist die Einigkeit und das gute
Einvernehmen, die hier herrschen und die auch bei der Restauration der Synagoge,
so es sich um Vertauschung der erblichen Stände handelte, nicht gestört worden
sind. Möchten sie auch in der Folge ungetrübt erhalten werden!
S. Mannheimer, Lehrer. |
Die Gemeinde wird ständig kleiner (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1901: "Hegenheim
(Elsass), 26. Februar (1901). Dass viele unserer jüdischen
Landgemeinden fortgesetzt abnehmen, ist eine bekannte Tatsache, die auch
durch die Geschichte der hiesigen Gemeinde bestätigt wird. Unsere
Gemeinde zählte am Anfang des (19.)Jahrhunderts ca. 200 Familien, heute
dagegen nur noch 300 Haushaltungen. Drei Jahreszahlen sind mit der Abnahme
der Gemeinde aufs engste verknüpft. Im Jahre 1848 wurde die Auswanderung
mehrer Familien durch eine Judenverfolgung veranlasst. Die Wegziehenden
wandten sich nach Frankreich, da die Schweiz, die ihnen wohl näher
gelegen hätte, den Juden bis 1860 verschlossen war. Nur der Kanton Genf
machte eine rühmliche Ausnahme. Das Niederlassungsrecht in Basel hatte
etliche jüdische Familien unter Napoleons Herrschaft erworben. Im
weiteren verhielt sich aber auch diese Stadt der Aufnahme anderer Juden
gegenüber ablehnend. Erst durch den im Jahre 1860 abgeschlossenen
Handelsvertrag zwischen Frankreich und der Schweiz fielen auch hier die
Schranken der Intoleranz. Demzufolge verliehen zahlreiche Familien unseren
Ort und siedelten nach Basel über, wo sie vorher schon zum großen Teil
ihr Gewerbe betrieben hatten. Der Ausgang des deutsch-französischen
Krieges endlich entführte uns nochmals eine Reihe jüdischer
Gemeindemitglieder, die nur auf französischem Boden glücklich zu werden
glaubten. Aus der Blütezeit unserer Gemeinde stammt die Synagoge mit
nahezu 300 Plätzen, die zu den schönsten Dorfsynagogen im Lande gezählt
werden darf. Sie wurde im Jahre 1821 erbaut, nachdem die alte 1815 von den
Österreichern zerstört worden war. Drei Lehrer unterrichteten in der
damaligen Glanzperiode über 200 jüdische Kinder. Auch der Friedhof,
dessen Anfänge in das Jahr 1660 zurückreichen, erinnert noch an die
entschwundene Größe unserer jüdischen
Gemeinde." |
Besondere Chanukkafeier mit Spendensammlung für die
jüdische Bibliothek (1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1901:
"Hegenheim (Elsass), im Tebeth. Keine eigentliche
Chanukkafeier war es, die wir hier letzten Sonntag veranstalteten, wenn
auch das Chanukkafest als Anlass und Zeitpunkt dazu gewählt war. Es lag
uns hauptsächlich daran, Mittel zu schaffen zur Vergrößerung unserer
jüdischen Bibliothek, und deshalb suchten wir die Feier zu einer
allgemeinen, auch den übrigen Konfessionen zugänglichen zu gestalten.
Natürlich kann von einer solchen nur in Gegenden die Rede sein, wo das
Giftkraut des Antisemitismus noch nicht Wurzel gefasst hat. Dass das hier
der Fall ist, hat die rege Beteiligung an unserem Feste, bestehend aus
theatralischen Aufführungen und Konzert, glänzend erwiesen. Der Festsaal
im 'Hotel zur Post' war dicht gefüllt. Den beabsichtigten Zweck
erreichten wir somit vollständig, sodass unsere seit drei Jahren
bestehende Bibliothek - die aus kleinen Anfängen hervorgegangen - jetzt
schon die schönsten Werke jüdischer Belletristik von Dr. Lehmann, S.
Cohn, Hause, Kayserling und anderen zählt, wieder eine ziemliche
Bereicherung erfahren kann." |
Die Gemeinde kann kaum noch einen Vorstand bilden
(1907)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. März 1907:
"Die Gemeinde Hegenheim, die
einst zu den größten im Elsass gehörte, ist soweit heruntergekommen, dass es
nicht gelingen will, einen Vorstand zu finden. Man hat dieses Amt neulich dem
Synagogendiener angeboten. Dieser aber ist keineswegs gewillt, seine Stelle, die
ihm wenigstens etwas einträgt, zu vertauschen mit einer solchen, die ihm
höchstens Verdruss bereiten könnte". |
Der Krieg bedroht auch viele Orte mit jüdischen
Gemeinden im Oberelsass (1914)
Anmerkung: die angegebenen Zahlen der jüdischen Gemeindeglieder beziehen sich
auf ca. 1890.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. September 1914: "Hagenau, 10. September (1914).
Die schweren Kämpfe im Oberelsaß, die in letzter Zeit zwischen den
Franzosen und Deutschen ausgefochten wurden, erinnern uns daran, dass die
dortige Gegend ziemlich stark von Juden bewohnt ist, die jetzt nicht nur
zum großen Teil gezwungen waren, Heim und Herd zu verlassen, sondern
neben der schweren seelischen Not auch viel durch die Zerstörung von Hab
und Gut zu dulden haben. Es wohnen in dem vielgenannten Altkirch
289 jüdische Seelen, Hirsingen 74, Dammerkirch (Dannemarie)
15, Hagenbach 26, Bergheim
110, Grussenheim 314, Neubreisach
102, Blotzheim 62, Bollweiler
120, Ensisheim 27, Regisheim
154, Dürmenach 205, Hegenheim
169, Hüningen 50, Kolmar
1105, Dornach 202, Mülhausen
2271, Niederhagental 145, Niedersept
124, Pfastatt 73, Markirch
147, Rappoltsweiler 134, Habsheim
73, Rixheim 69, Sennheim
151, Wattweiler (Wattwiller) 37, St.
Ludwig 60, Kembs 50, Sierenz
113, Uffheim 120, Gebweiler
305, Sulz 182, Thann
163, Winzenheim 421 Juden. Die
meisten Familien, besonders in der Mülhauser Gegend, haben sich flüchten
müssen, viele davon haben sich während dieser schweren Zeit in der
Schweiz niedergelassen.". |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
David Maier - angeblich von Hegenheim - ist aus dem
Gefängnis in Hüfingen entkommen (1820)
Anzeige
im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis"
vom 1. April 1820 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Hüfingen
(Fahndung). Der durch hohes Hofgerichtliches Urteil d.d. Freyburg, den
23ten November vorigen Jahres sub Nro. 2745 wegen Diebstahlsattentat auf
ein Jahr ins hiesige Korrektionshaus kondemnierte Hebräer David Maier,
angeblich von Hegenheim im Elsass, ist heute aus seinem Straforte
entwichen, welches unter Beisetzung dessen Signalement zur Fahndung auf
denselben hiermit öffentlich bekannt gemacht wird, mit dem Ersuchen,
diesen im Betretungsfall arretieren und anher einführen zu
lassen.
Signalement. David Maier ist 21 Jahre alt, 5' 7" groß, hat
einen starken Körper, schwarze Haare, eine gewölbte Stirne, graue Augen,
mittlere Nase, ditto Mund, ein spießiges Kinn und eine blasse
Gesichtsfarbe.
Er trug bei seiner Entweichung einen abgetragenen grau tüchenen Frack mit
Taschenleisten und von gleichem Tuch überzogenen Knöpfen, eine weiß und
schwarz gestreifte Weste mit gelben Knöpfen, grau wollenen kordonene
Stiefelhosen, ein schwarz seidenes Halttuch, kalblederne Stiefel über die
Hose, und eine baumwollene schmutzige Kappe. An seiner körperlichen
Haltung auf die linke Seite ist er merklich kennbar.
Hüfingen, den 8ten März 1920. Großherzoglich Badisches Bezirksamt.
v. Menshengen."
|
Josef Schweitzer aus Hegenheim wird aus dem Badischen
ausgewiesen (1837)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1837 S. 1104 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Landesverweisung.
Der Israelit Josef Schweizer von Hegenheim im Elsass, welcher wegen
Landstreicherei und Diebstahlsverdachts durch Erkenntnis Großherzoglich
Hochpreißl. Hofgerichts des Seekreises vom 16. November 1836 Nr. 5938-39
zu einer einjährigen Arbeitshausstrafe verurteilt wurde, hat solche heute
erstanden, und wird der gesamten Großherzoglichen badischen Lande
verwiesen.
Bruchsal, den 1. Dezember 1837. Großherzogliches Zucht- und
Korrektionshaus. Verwaltung. Kah." |
Persönlichkeiten
Zum Tod des Dichter M. Woog (1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Die Welt" (begründet von Theodor Herzl,
Wien) vom 25. Mai 1900: "Der Dichter M. Woog ist im Alter von 66
Jahren im israelitischen Spital zu Mülhausen im Elsass gestorben. Er war
aus Hegenheim gebürtig und schrieb seine zahlreichen und sehr
geschätzten Werke im elsässisch-jüdischen Dialekt. Woog war seit langen
Jahren erblindet. Vor zwei Jahren ließ er sich in das jüdische Spital in
Mülhausen aufnehmen, dem er als Entschädigung sein kleine Vermögen
vermachte." |
Sonstiges
Rabbiner Nordmann predigt gegen den "Luxus" in
der Gemeinde (1853)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Juli 1853:
"Wir teilen folgende Privatmitteilung der Arch.isr. wörtlich mit,
weil sie von großem Interesse ist. Seit langer Zeit suchte der Rabbiner
zu Hegenheim, Herr Nordmann, einen Missbrauch auszurotten, der schon oft
den Juden große Beunruhigungen zugezogen hat, die unglückliche Neigung
zum Luxus ('Staat', wie es die deutschen Juden nennen!) besonders im
weiblichen Geschlecht entwickelt, ein in den Dörfern umso gefährlicherer
Missbrauch, als er einen gehässigen Kontrast zu der ländlichen
Einfachheit bildet, bei den Juden ein viel größeres Vermögen
voraussetzen lässt, als sie in der Tat besitzen, und ihnen im Allgemeinen
den Neid und Hass der Landleute zuzieht, abgesehen von den Kosten, die
öfter die Familien nicht aufkommen lassen. In der Predigt, die Herr
Nordmann am letzten Fest gehalten, schilderte er die traurigen Folgen
dieser unglücklichen Gewohnheit, die ihre Quelle in den Erinnerungen an
unser orientalisches Leben hat (???). Seine Anstrengungen waren mit
großem Erfolge gekrönt. Denselben Tag hat die ganze Gemeinde, in einer
hierzu berufenen Versammlung, einstimmig ein Reglement angenommen, welches
jeden Gegenstand des Luxus verbannt, der zu sehr mit der Einfachheit des
ländlichen Lebens kontrastiert, namentlich sind dies Armbänder, Uhren,
Goldketten und dergleichen unter einem starken Strafgelde in die
Armenkasse. Zugleich wurde ein Verein zur Bekleidung armer Kinder
gestiftet." |
Hinweis auf eine Veröffentlichung von
Rabbiner Nordmann (zur Einweihung der Synagoge in La-Chaux-de-fonds,
1863)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. August 1863:
"Bonn, 2. August (1863). Discours prononcé à l'inauguration
du temple israélite à La-Chaux-de-fonds,
le 24. juin 1863, par M. Nordmann rabbin a Hegenheim. Bale 1863. In
beredter Sprache, im schönen, korrekten Französisch zeichnet der Redner
den Geist der jetzigen Zeit und seine Strömung, fordert seine Zuhörer
auf, sich zu dieser Höhe zu erheben, warnt sie aber auch vor dessen
Ausschreitungen, namentlich auf religiösem
Gebiete." |
Zur Geschichte der Synagoge
Die um 1740 gebaute Synagoge wurde im Juni 1815 bei einem
Judenpogrom geplündert und angezündet.
1821 wurde sie wieder aufgebaut und 1858 restauriert. Anfang September 1858 war
die Wiedereinweihung durch den Grand Rabbin Klein aus Kolmar und den Hegenheimer
Rabbiner Nordmann; näheres siehe im obigen Bericht von S. Mannheimer). Auf Grund der starken Abwanderung
der Hegenheimer Juden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Synagoge nach dem
Ersten Weltkrieg nicht mehr
benutzt und danach als Werkstatt beziehungsweise als Künstleratelier verwendet.
Über Aktivitäten der vergangenen Jahre informiert die
facebook-Seite des Vereins.
2019 erfolgte ein erneuter Besitzerwechsel. Die neue Besitzerin plant
gemeinsam mit dem schon einige Jahre bestehenden Verein "eine Restaurierung der
ehemaligen Synagoge und die Einrichtung eines "trinationalen Zentrums für
sämtliche Sparten der Gegenwartskunst". Dieses soll als Ort der Begegnung
gestaltet werden, das als Kulturzentrum künftig der Öffentlichkeit wieder zur
Verfügung steht (vgl. Presseartikel unten).
Adresse/Standort der Synagoge: 68220 Hégenheim,
Passage de la Synagogue / 4, Rue d'Alsace
Fotos
(Fotos Hahn, Aufnahmedatum 14.4.2004)
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Juli 2020:
Die Synagoge in Hegenheim soll
renoviert werden - eine Künstlerin und der "Verein ehemalige Synagoge
Hégenheim" engagieren sich
|
Artikel
von Martina Polek in der "srf.ch" (Schweizer Radio und
Fernsehen, Beitrag Regionaljournal Basel Baselland) vom 31. Juli
2020/3.8.2020:
"Synagoge in Hégenheim - Ein Stück Erinnerung an das Landjudentum
Die ehemalige Synagoge in Hégenheim soll renoviert und in ein öffentlich
zugängliches Kulturzentrum umgewandelt werden.
Die letzten Jahre stand die ehemalige Synagoge in Hégenheim (F) leer und
drohte, zu verfallen. Nun ist klar, wie es mit der Synagoge weitergeht: Im
Gebäude soll ein trinationales Zentrum für sämtliche Sparten der
Gegenwartskunst entstehen, das den Blick nach Europa öffnet. 'Es soll ein
Ort der Begegnung werden, schliesslich bedeutet auch das Wort Synagoge
Versammlung', sagt Mimi von Moos. Die Künstlerin, die in Basel und Rotterdam
lebt, hat die Synagoge vor einem Jahr gekauft. 'Ich liebe diesen Ort', sagt
von Moos. So wie ihr, würde es vielen ergehen, die einmal in der Synagoge
drin waren.
Sie selber habe zwar keine jüdischen Wurzeln. Sie sei sich jedoch der
Geschichtsträchtigkeit des Ortes sehr wohl bewusst. 'Als Kulturzentrum steht
die ehemalige Synagoge der Öffentlichkeit offen und wird so auch für die
jüdische Bevölkerung wieder zugänglich'. Auch wenn von Moos noch immer auf
der Suche sei nach weiteren Geldgebern, sollen die Renovationsarbeiten im
Herbst beginnen. Unterstützung erhält von Moos vom Verein 'Ehemalige
Synagoge Hégenheim'. Ziel sei es, das Gebäude möglichst historisch genau zu
renovieren - ohne jedoch, dass es seinen alten Charme verliert.
Die 'Ursprungssynagoge' der Israelitischen Gemeinde Basel
Die Synagoge in Hégenheim ist eine von wenigen, die im Elsass auf dem Land
noch stehen. Dabei gab es im 18. Jahrhundert 188 jüdische Gemeinden in der
Region. 'Die Synagoge in Hégenheim ist ein besonders schönes Zeugnis des
Landjudentums, einer Welt, die es so nicht mehr gibt', sagt der Journalist
und Historiker Simon Erlanger. Dieses Landjudentum hat seine Wurzeln in
Basel. Nach zwei grossen Pestepidemien wurde diese jedoch um 1400 aus der
Stadt vertrieben. Ein Grossteil verliess die Region Richtung Osten. Einige
Jüdinnen und Juden liessen sich in Dörfern im Umland von Basel nieder. Über
die Jahrhunderte entwickelte sich dort eine ländliche jüdische Kultur. Es
gab zahlreiche jüdische Landgemeinden. 'Hégenheim war einer der grössten',
sagt Erlanger. 'ein beträchtlicher Teil der dortigen Bevölkerung war
jüdischen Glaubens.' Im 18. Jahrhundert wurde die Synagoge erbaut. Dass das
Gebäude von aussen so unscheinbar aussieht, sei kein Zufall. Denn auch im
Elsass war die jüdische Gemeinde immer wieder Anfeindungen ausgesetzt und
Opfer von Pogromen, so genannte Judenrumpel. Doch anders als in der Schweiz,
durften Juden in Frankreich immerhin leben. Die ersten Jüdinnen und Juden
ließen sich in Basel erst wieder vor rund 200 Jahren nieder. Damals
erhielten sie unter Napoleon das französische Bürgerrecht und konnten so
offiziell als Franzosen nach Basel einwandern. Hier gründeten sie 1805 die
Israelitische Gemeinde Basel. 'Eigentlich war Basel eine Tochtergemeinde der
jüdischen Gemeinde Hégenheim', sagt Erlanger. Davon zeugt auch, dass die
elsässischen Riten und Bräuche die jüdische Gemeinde in Basel bis vor etwa
einer Generation stark prägten
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Website denkstatt-sarl.ch mit Projekt
"Umnutzung Alte Synagoge Hegenheim"
https://www.denkstatt-sarl.ch/projekte/arealentwicklungen-transformationen/synagoge-hegenheim/
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Facebook-Seite
https://www.facebook.com/Ancienne-synagogue-H%C3%A9genheim-Ehemalige-Synagoge-H%C3%A9genheim-360567311023663/
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Le Haut-Rhin: Dictionnaire des Communes 2, 1981. S. 576-579. |
| Encyclopédie de l'alsace 6, 1984, 3800. |
| Paula E. Hyman: The emancipation
of the Jews of Alsace. 1991. |
| Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 165.
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| Raymond M. Jung: 1848: der
Judenrumpel und Hegenheim. In: Maajan = Die Quelle. 1998, H. 47, S.
1243-1253. |
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