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im Elsass"
Soultz
(Sulz,
Dep. Haut-Rhin / Alsace / Oberelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Soultz bestand eine zeitweise große jüdische
Gemeinde bis 1940 und wiederum nach 1953. Bereits im Mittelalter lebten
Juden in Sulz. 1308 wurden die Juden des Ortes vom Reich dem Bistum Straßburg
überlassen. 1338 waren die jüdischen Einwohner von der "Armleder"-Verfolgung
betroffen. Der bischöfliche Schutzbrief von 1340 verhinderte nicht die nächste
Verfolgung in der Pestzeit 1348/49. Die jüdische Gemeinde hatte eine
Synagoge (1343 genannt). Die Toten der Gemeinde wurden in Colmar
beigesetzt.
Nach der Verfolgung in der Pestzeit lebten vermutlich bereits in den 1350er-Jahren
wiederum Juden in Sulz. 1396 zahlten fünf Sulzer Juden, darunter einer
"von Straßburg" ihre Steuern an den österreichischen Amtmann in
Thann. Auch im 15. Jahrhundert lebten kontinuierlich Juden in
Sulz.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit des
18. Jahrhunderts zurück, wenngleich seit dem 16. Jahrhundert wohl die ganze
Zeit mehr oder weniger kontinuierlich Juden in Sulz lebten (um 1613 wird der
Jude "Toterus" am Ort genannt). Jüdisches
Wohngebiet war vor allem in der heutigen Rue Louis Pasteur. 1784 wurden 102 jüdische Einwohner in 20
Familien am Ort gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1846 436 jüdische Einwohner, 1861 421, 1900 139, 1910 110.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof
Jungholtz beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Unter den
Lehrern/Kantoren ist um 1830 Jacob Wertheimer zu nennen, dessen Sohn Joseph
Wertheimer später Großrabbiner (Grand Rabbin) in Genf und Professor an der dortigen
Universität wurde. 1844 bis 1851 war Prediger in der Gemeinde Soultz Rabbiner
Heymann Loeb Dreyfuss (ab 1851 Lehrer in Haguenau, 1854 Rabbiner in
Blotzheim, 1856-1895 Rabbiner in Saverne).
In den 1840er-Jahren (?) war einige Zeit Schulleiter in Soultz: Rabbiner
Samson Lévy (danach Schulleiter in Bionville, 1859 Schulleiter und Rabbiner
in Konstantinopel, 1864-1874 Rabbiner in Mutzig).
Von 1820 bis 1910 war Soultz Sitz eines Rabbinates,
zu dem u.a. auch Guebwiller, Hartmannswiller, Issenheim und Jungholtz gehörten.
Nach 1910 wurde der Rabbinatssitz von Soultz nach Guebwiller
verlegt. Unter den Rabbinern in Soultz sind zu nennen:
- Rabbiner Raphaël Wurmser (1795 in
Uffholtz - 1875 in Soultz):
war um 1824 Rabbiner in Hattstatt, seit 1828 Rabbiner in Soultz, wo er
bis zu seinem Tod 1875 geblieben ist.
- Rabbiner Seligmann Naphtali Lévy (1835 in Niedernai
als Sohn des dortigen Rabbiner Joachim Lévy - 1914 in
Paris): studierte in Straßburg, Metz und Paris; 1863-70 Rabbiner in Uffholtz,
1870-76 Rabbiner in Dürmenach, 1876-87 Rabbiner in Soultz; lebte danach
in Paris.
- Rabbiner Dr. Samuel Chaim Schüler (1844 in Autenhausen, gest.
1915): nach seinem Studium in Deutschland, Lehrer in Autenhausen, dann in Haßfurt. War mit einer Tochter des Colmarer Großrabbiners Salomon Klein
verheiratet; 1881-83 Rabbiner in Biesheim, 1884-1901 Rabbiner in
Bollwiller, 1887-1881
interimistisch Rabbiner in Soultz.
- Rabbiner Prof. Dr. Moses Ginsburger (1865 in Hattstadt - 1949 in Sélestat): studierte in Straßburg und Berlin; von 1891 bis zur Verlegung
des Rabbinates nach Guebwiller 1910 Rabbiner in Soultz, danach in Guebwiller,
Ende 1914 bis 1919 Oberrabbiner in Colmar, seit 1923 wissenschaftlich tätig,
Prof. in Straßburg; im 2. Weltkrieg nach Clermont-Ferrand geflüchtet, nach
1945 Historiker in Sélestat. Er war auch der Historiograph der jüdischen
Gemeinde (1939: Hist. de la Communauté israél. de Soultz).
1936 lebten noch 69 jüdische Personen in Soultz. Diejenigen von ihnen,
die in den folgenden vier Jahren den Ort nicht verlassen verließen, wurden
unter der deutschen Besatzung 1940 nach Südfrankreich deportiert.
Von den in Soultz geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): u.a. Benjamin Bloch
(1899), Cécile (Céline) Bloch (1871), Georges Joseph Werle (1896).
Hinweis: es kommt in der Liste von Yad Vashem immer wieder zu Verwechslungen mit
Soultz sous Forets. Grund sind oft die "Gedenkblätter", in denen als
Herkunftsort nur "Soultz" angegeben wird.
Nach 1945 sind wieder einige jüdische Familien in Soultz zugezogen. 1953
wurden 134 jüdische Einwohner gezählt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus
der Geschichte des Rabbinates in Soultz
Der Rabbinatssitz soll nach dem Wunsch des
Gemeinderates in Sulz bleiben (1909)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. November
1909: "Sulz im Oberelsass. Der Gemeinderat erklärt,
dass er gegen die Zusammenziehung der Rabbinate Sulz, Sulzmatt und
Hattstatt nichts einzuwenden
habe, dass er aber wünsche, dass der Sitz nicht Gebweiler werde, sondern
Sulz bleibe, da dort seit 1820 das Rabbinat ist und da es mehr im Zentrum
liegt." |
Beitrag von Rabbiner Dr. Moses Ginsburger über
"Die Verbesserung der jüdischen Armenpflege in Elsass-Lohringen"
(1892)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. Oktober 1892:
Zum Lesen des Beitrages bitte Textabbildungen anklicken.
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Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Klage über einen Fehler des Rabbiners (1896)
Leserbrief
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1896: "Sprechsaal.
Ober-Elsass, 14. Juli.
Geehrter Herr Redakteur!
In meiner Jugend hörte ich oft folgende Bemerkung: Es wird mit der
Unwissenheit der Rabbiner noch so weit kommen, dass ein Rabbiner auf die
an ihn gerichtete Frage, welche Sidre (Toraabschnitt) künftigen Schabbat
gelesen wird, antwortet: Ich bin kein Prophet. -
Dass sich diese Äußerung so rasch bewahrheitet, glaubte ich nicht.
Wie erstaunt war ich jedoch, zu erfahren, dass in der Gemeinde Sulz
(Ober-Elsass) in Gegenwart des Rabbiners am Schabbat Paraschat Chukkat
die zwei Sidros Chukkat uBalak gelesen wurden, sodass der dortige
Rabbiner auf eine diesbezügliche Anfrage wohl die gleich Antwort hätte
geben können.
Mit Hochachtung 'Denn groß ist Er'." |
Anmerkung: Es ist unklar, wieso die
beiden Paraschot in Soultz an einem Schabbat gelesen wurden; korrekt wäre
die Parascha Chukkat am 20. Juni 1896, die Parascha Balak am 27. Juni die
Lesung zum Schabbat gewesen. |
Der Krieg bedroht auch viele Orte mit jüdischen
Gemeinden im Oberelsass (1914)
Anmerkung: die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder bezieht sich auf ca.1890.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. September 1914: "Hagenau, 10. September (1914).
Die schweren Kämpfe im Oberelsaß, die in letzter Zeit zwischen den
Franzosen und Deutschen ausgefochten wurden, erinnern uns daran, dass die
dortige Gegend ziemlich stark von Juden bewohnt ist, die jetzt nicht nur
zum großen Teil gezwungen waren, Heim und Herd zu verlassen, sondern
neben der schweren seelischen Not auch viel durch die Zerstörung von Hab
und Gut zu dulden haben. Es wohnen in dem vielgenannten Altkirch
289 jüdische Seelen, Hirsingen 74, Dammerkirch (Dannemarie)
15, Hagenbach 26, Bergheim
110, Grussenheim 314, Neubreisach
102, Blotzheim 62, Bollweiler
120, Ensisheim 27, Regisheim
154, Dürmenach 205, Hegenheim
169, Hüningen 50, Kolmar
1105, Dornach 202, Mülhausen
2271, Niederhagental 145, Niedersept
124, Pfastatt 73, Markirch
147, Rappoltsweiler 134, Habsheim
73, Rixheim 69, Sennheim
151, Wattweiler (Wattwiller) 37, St.
Ludwig 60, Kembs 50, Sierenz
113, Uffheim 120, Gebweiler
305, Sulz 182, Thann
163, Winzenheim 421 Juden. Die
meisten Familien, besonders in der Mülhauser Gegend, haben sich flüchten
müssen, viele davon haben sich während dieser schweren Zeit in der
Schweiz niedergelassen.". |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Anzeige von Kantor Silberstein (1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 16. Juli 1903:
"Suche für meinen Sohn, 15 1/2 Jahre alt, mit guter Schulbildung,
eine
Lehrlingsstelle
mit Kost und Logis in einem Kolonial- oder Manufakturwaren-Geschäft
etc.
Kantor Silberstein, Sulz (Ober-Elsass)." |
Auszeichnung für Salomon Lévy (1905)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt " vom 10. November
1905: "Sulz (Ober-Elsaß). Dem Metzger Salomon Lévy,
von hier, welcher von 1858 bis 1865 in Frankreich gedient, und den Feldzug
von Italien und Mexiko als sergent major, sowie den Feldzug von 1870, als
alter Unteroffizier mitgemacht hat, wurde vor 4 Wochen von der Stadt
Belfort die goldene Medaille verliehen, mit der Aufschrift: 'Aux
défenseurs de Belfort. La ville de Belfort en mèmoire de siège glorieur
1870/71.'" |
Zum Tod von Rabbiner (Grand Rabbin de Geneve) und Prof. Joseph Wertheimer
(geb. 1833 in Sulz, gest. 1908 in Genf))
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Mai 1908:
"Genf. Der sich bis in die höchsten Kreise der
schweizerischen Regierung uneingeschränkter Hochachtung erfreuende
Rabbiner der hiesigen jüdischen Gemeinde und Professor für semitische
Sprachkunde an der hiesigen Universität Joseph Wertheimer ist
gestorben. Wertheimer wurde 1833 als Sohn des Kantors Jacob Wertheimer in Sulz im Oberelsass geboren und
besuchte das damalige Rabbinerseminar in Metz. Als Wissenschaftler und im
unermüdlichen Dienste tätiger Menschenliebe war er
hervorragend." |
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Rabbiner (Grand Rabbin)
und Prof. Joseph Wertheimer
(1833-1908) |
Grabstein für den
Großrabbiner (Grand Rabbin de Genève) Joseph Wertheimer
(Professeur
à l'Université, Chevalier de la Légion d'Honneur) und
Elise Wertheimer
geb. Schvob (1837-1925) im jüdischen
Friedhof Genf-Carouge |
Zur Geschichte der Synagoge
In Sulz gab es bereits im
Mittelalter eine Synagoge unweit des Ortszentrums. Sie wird 1343 genannt.
Auch im 18. Jahrhundert gab es eine Synagoge am Ort. Eine neue Synagoge
konnte 1838 eingeweiht werden. Diese war ein Jahrhundert lang Mittelpunkt des jüdischen
Gemeindelebens in Sulz/Soultz. 1939 wurde die Synagoge aufgegeben.
Das Gebäude ist bis heute erhalten und gehört zu den Sehenswürdigkeiten des
Ortes.
Adresse/Standort der Synagoge:
unterschiedliche Angaben: Rue du temple oder Rue des Bouchers
Fotos
(historische Innenaufnahmen und Foto aus den 1980er-Jahren aus
Rothè / Warschawsky s. Lit. S. 181)
Historische Innenaufnahmen
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Blick zum Toraschrein |
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Außenansicht der
ehemaligen Synagoge
in den 1980er-Jahren |
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Der Friedhof
der jüdischen Gemeinde
war in Jungholtz
(Foto: Günter Boll) |
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Foto des Grabes
von Jonas Kahn (gest. am 28. September 1881 in Soultz im Alter
von 78 Jahren, Sohn der Handelsleute Simon Kahn und Guttel Benjamin. |
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Hinweis auf das Museum Bucheneck
Im Museum Bucheneck in Soultz
(in einer restaurierten mittelalterlichen Burg) sind zahlreiche Erinnerungen / rituelle Gegenstände u.a. aus
der Synagoge und zur jüdischen Geschichte in Soultz und Umgebung zu sehen (auf
dem Foto links: u.a. Beschneidungsstuhl, Parochet, Torarolle und andere rituelle
Gegenstände). Dieses Museum gibt einen guten Eindruck zum
Thema "Sieben Jahrhunderte jüdische Präsenz im Kanton
Soultz".
MUSÉE DU BUCHENECK - Château - musée du Vieux Soultz
rue Kageneck à Soultz (Haut-Rhin)
Tel. 03 89 76 02 22 oder 03 89 62 25 40 E-Mail
Informationsseite (französisch) zum Museum
Informationsseite
(deutsch) zum Museum (von hier auch das Foto links)
Links und Literatur
Links:
Literatur:
n.e.
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