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Garmisch-Partenkirchen
mit Grainau, Krün und Ohlstadt (Kreis Garmisch-Partenkirchen)
Jüdische Geschichte
Ausführliche Informationen siehe
die Seite
https://www.gapgeschichte.de/juden_in_gap_index/index_juedische_buerger.htm
Übersicht:
Zur Geschichte jüdischer
Einwohner in Garmisch-Partenkirchen
In Garmisch-Partenkirchen bestand zu keiner Zeit eine selbständige
jüdische Gemeinde. Im 19./20. Jahrhundert sind mehrere jüdische Familien /
Personen in die Stadt gezogen, verstärkt nach 1933, da einige mit dem Zuzug
nach Garmisch-Partenkirchen die Hoffnung verbanden, hier sicherer zu sein als in anderen
Orten. Die in Garmisch-Partenkirchen lebenden Personen bildeten keine eigene
jüdische Gemeinde, sondern gehörten offiziell der jüdischen Gemeinde in München
an.
Beschreibung des
Gemeindegebietes der
jüdischen Gemeinde München 1932 |
|
Handbuch
der jüdischen Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege 1932 über das
Gemeindegebiet der jüdischen Gemeinde München: "Das Gemeindegebiet erstreckt
sich auf die Stadt München, die
unmittelbaren Städte Freising,
Rosenheim und
Traunstein sowie die
Bezirksämter Aibling, Altötting, Berchtesgaden,
Dachau, Ebersberg,
Erding,
Freising, Fürstenfeldbruck, Garmisch,
Laufen, Miesbach, Mühldorf,
München, Pfaffenhofen,
Rosenheim, Starnberg,
Tölz,
Traunstein, Wasserburg,
Weilheim und
Wolfratshausen". |
Über die jüdischen Einwohner in Garmisch-Partenkirchen (insbesondere über
diejenigen, die hier noch nach 1933 lebten) gibt es ausführliche Informationen
über
https://www.gapgeschichte.de/juden_in_gap_index/index_biographien.htm.
Nachstehend finden sich Kurzbiographien, die teilweise auf Grund anderer
Quellen ergänzt werden konnten (jeweils mit "Quelle" oder anderem Hinweis/Link benannt).
Dennoch gab es einige mehr an jüdischen Einwohnern vor 1933, zum Beispiel die
Inhaber der koscheren Pension Wolff, in der es auch einen Betsaal gab und die in
den 1920er-Jahren ein Mittelpunkt des jüdischen Lebens in Garmisch-Partenkirchen
war (siehe Berichte und Artikel unten).
Kurzbiographien jüdischer Einwohner, die noch nach 1933 in
Garmisch-Partenkirchen lebten
- Ludwig Altschüler (geb. 1885 in
Neustadt a.d.W.) und seine Frau Margarete geb. Halpert
(geb. 1892 in
Gera): Ludwig Altschüler war bis zu seiner
Zwangsemeritierung Kommerzienrat und Direktor bei der Dresdner Bank in
Gera; ist dann zunächst in seine Heimatstadt
Neustadt an der Weinstraße, 1938 nach
Garmisch-Partenkirchen gezogen. Hier konnten Ludwig und Margarete Altschüler im
Krüner Ortsteil Bärnbichel das Haus Nr. 91 mieten. Am 10. November 1941 mussten
sie in ein Kloster in München - Berg am Laim ziehen, im April 1942 in das Sammellager im
Münchner Stadtteil Milbertshofen. Wenig später wurden sie nach Piasky bei Lublin
deportiert und ermordet. In Neustadt a.d.W. (Maximilianstraße 37) wurden
"Stolpersteine" für Ludwig und Margaretha Altschüler verlegt (Quelle).
- Sara Bartsch (geb. 1896 in Labischin, Provinz Posen, war in
Berlin-Zehlendorf verheiratet mit dem Ingenieur Fritz Bartsch): wohnte bis zu
ihrer Emigration Ende 1936 einige Zeit in Garmisch-Partenkirchen im Haus
Angerstraße 1a.
- Dr. Michael Berolzheimer (geb. 1866 in Fürth, Unternehmer, Rechtsanwalt
und Kunstsammler) und seine Frau Melitta geschiedene Schweisheimer geb.
Dispecker (geb. 1867): wohnten seit 1904 mit den beiden Kindern in dem neu
erbauten Haus Nummer 47 1/6 in Untergrainau. Michael Berolzheimers Kunstsammlung umfasste u.a.
ca. 800 graphische Blätter bedeutender deutscher und italienischer Künstler des
18. und 19. Jahrhunderts sowie Werke wie "Der arme Poet" von Carl Spitzweg. 1938
emigrierte die Familie über die Schweiz in die USA; Michael Berolzheimer starb
1942 in Mount Vernon, New York/USA.
Siehe auch
https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Berolzheimer und
https://www.dfs.ny.gov/consumer/holocaust/bio/bio_berolzheimer.htm sowie
https://www.fuerthwiki.de/wiki/index.php/Michael_Berolzheimer und
http://www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Sammler/B/Berolzheimer,%20Michael.html?cms_lv2=5656&cms_lv3=59278
- Bernhard Bing (geb. 1864 oder 1867 in
Scheinfeld [nicht: Schönfeld]) und
Emilie geb. Gerst (geb.
1872 in Fürth) sind 1934 aus Nürnberg nach
Garmisch-Partenkirchen, Schlageterstraße 3 gezogen. Bernhard Bing starb hier im
Dezember 1936. Seine Witwe lebte in Garmisch-Partenkirchen bis zum
Novemberpogrom 1938 und musste danach den Ort verlassen. Sie fand Aufnahme in
Berlin und konnte 1939 noch nach Australien emigrieren. Zur Genealogie:
https://www.geni.com/people/Emilie-Bing/6000000068038686636 (Todesjahr
nicht genannt).
- Harriet von Bleichröder wohnte nach dem Adressbuch
Garmisch-Partenkirchen 1937 in der Höllentalstraße 63. Dabei handelte es sich um
Harriet von Bleichröder geb. Alexander (geb. 1863 oder 1869, gest. 1946,
Gemälde im Lenbachhaus), die in München lebte und mit James von Bleichröder
(geb. 1859 in Berlin, gest. 1937 in Berlin) verheiratet war (die Ehe war
geschieden worden). James war ein Sohn des Bankiers Gerson Baron von Bleichröder
(1802-1893, galt als Vertreter der Rothschild-Banken in Berlin als "reichster
Mann Deutschlands"
https://de.wikipedia.org/wiki/Gerson_von_Bleichröder). Die Wohnung in
Garmisch-Partenkirchen gehörte laut den Informationen in
Quelle ihrer Tochter Harriet Freifrau von Campe geb. Bleichröder (geb. 1892
auf dem Rittergut Schloß Drehsa in Weißenberg bei Bautzen; war einige Zeit
verheiratet mit Jordan von Campe, doch wurde die Ehe geschieden). Seit 1935
lebte Harriet von Campe in Berlin am Kurfürstendamm 75 und hatte in
Garmisch-Partenkirchen in der Höllentalstraße 63 eine Zweitwohnung, die
vermutlich auch ihren Eltern bzw. ihrer Mutter zur Nutzung freistand. Im August
1942 wurde Harriet von Campe in das Ghetto Riga deportiert und kurz nach der
Ankunft erschossen ("Stolperstein" in Berlin Kurfürstendamm 75).
Quellensammlung siehe
https://digifindingaids.cjh.org/?pID=1571446. Genealogische Angaben über
https://www.geni.com/people/Harriet-von-Campe/6000000020308353192.
- Hedwig Blum geb. Dispeker (geb. 1883 in Kassel) war bis 1924
verheiratet mit dem Theaterdirektor
Johann Blum (geb. 1878 in Karlsruhe). Die
beiden hatten zwei Kinder: Erika (geb. 1907 in Konstanz) und Willi Cäsar (geb.
1908 in Konstanz). Hedwig Blum lebte nach ihrer Ehescheidung mit ihren Kindern
zunächst in München und zog 1934 nach Garmisch-Partenkirchen in die Archstraße
19 oder 17a. Nach dem Novemberpogrom 1938 musste die Garmisch-Partenkirchen
verlassen und zog wieder nach München. Sie wurde am 20. November 1941 von
München aus in das Ghetto Kowno deportiert und dort ermordet.
- Betty Braun geb. Neumeyer (geb. 1876 in München als Tochter von Nathan
und Frieda Neymeyer; war verheiratet mit dem 1908 verstorbenen
Karl Braun) und
ihr Sohn Gustav Braun (geb. 1901 in München) zogen im Juni 1928 von
München in Garmisch-Partenkirchen zu und wohnten in der Kellerstraße (heute
Lazarettstraße) 8 (Starenhäusl). Gustav heiratete 1930 in Garmisch Eva (?) geb.
Hägele (geb. 1904) und hatte mit ihr eine Tochter Karin Johanna (geb. 1933). Im
Februar 1937 zog Betty Braun nach Bad Kreuznach, wo sie bis zu ihrer Emigration
1941 nach Kolumbien (mit der transsibirischen Eisenbahn usw.) lebte. Ihr Sohn
Gustav Braun war bereits im Juli 1937 nach Kolumbien ausgewandert und nach 1945
- zusammen mit seiner Mutter Betty - wieder zurückgekehrt. Betty Braun starb
1962, der Sohn Gustav Braun 1964.
Genealogische Informationen
https://www.geni.com/people/Betty-Braun/6000000087739699098 Zahlreiche
persönliche Dokumente und Informationen
https://ephraimneumeyer.wordpress.com/category/betty-braun/.
- Clara Buttermilch geb. Kallmann (geb. 1859 in Nakel bei Posen, war
verheiratet mit dem 1919 in Halle an der Saale verstorbenen
Hermann Buttermilch)
wohnte mit ihrer Tochter Else Buttermilch (geb. 1891 in Halle an der
Saale, von Beruf Krankenschwester) im Haus Annestraße 3 in
Garmisch-Partenkirchen. Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten beide
Garmisch-Partenkirchen verlassen und zogen nach München (Kaulbachstraße 33/II,
dann am 15. Oktober 1941 im Internierungslager Clemens-August-Straße 9). Clara
Buttermilch starb am 6. Dezember 1941 in München; ihre Tochter wurde am 20.
November 1941 nach Riga deportiert und wenig später im Ghetto Kaunas (Kowno)
ermordet.
- Ruth Dornbusch (geb. 1911 in Betzdorf an der Sieg) war polnische
Staatsangehörige, ihr Vater jüdischer Abstammung. sie kam im September 1936 und
arbeitete als Hausgehilfin bei dem Schuhhändler Jakob Liebenstein (siehe
unten). Ende November 1936 übersiedelte sie nach Düsseldorf. Weitere
Informationen liegen nicht vor.
- Emil Fechheimer (geb. 1866 in Nürnberg als Sohn von Martin Fechheimer
und Mathilde geb. Lang, Kaufmann in der väterlichen Firma Hoch, Lang & Söhne,
Margarinefabrik Nürnberg bis 1935; Ernennung zum Hofrat und 1914 zum
Handelsrichter,
Quelle) und seine Frau Frieda geb. Hesselberger (geb. 1876 in
Gunzenhausen als Tochter des noch vor
ihrer Geburt verstorbenen Abraham Hesselberger, vgl. Nennung von
Hesselberger-Familien aus Dittigheim in einer
Seite zur
Gerberstraße 10 in Gunzenhausen) sind Anfang Juli 1934 nach Garmisch gezogen
und erwarben das Anwesen Höllentalstraße 56. Nach dem Novemberpogrom 1938
mussten beide Garmisch-Partenkirchen verlassen und gelangten mit Unterstützung
von Verwandten in der Schweiz nach Lugano, wo sie auch noch nach 1945 lebten.
Emil Fechheimer starb 1952.
Quelle: siehe genealogische Informationen
https://www.geni.com/people/Emil-Fechheimer/6000000014441858758 und
weitere Quelle.
Zu Familie Hesselberger
https://www.geni.com/people/Frieda-Fechheimer/6000000014441991451
- Clemens Fränkel (geb. 1872 in Frankfurt am Main, Vorfahren aus
Urspringen; Kunstmaler), ab 1916 wohnhaft
in München, lebte seit 1929 - gemeinsam mit seinem Sohn
Kurt Oskar Fränkel
(geb. 1909 in Sibichhausen) - in Ohlstadt. 1937 emigrierte er mit seinem
Sohn nach Italien und konnte sich in Cortina d'Ampezzo niederlassen. Doch wurden
er uns sein Sohn in Cortina am 11. Januar 1944 von
deutscher Gendarmerie festgenommen. Clemens Fränkel kam in
"Schutzhaft" nach Bozen, später in das Gefängnis von Trient,
danach in das Durchgangslager Fòssoli bei Carpi. Am 19. und 22. Februar
wurde er mit anderen Gefangenen ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Er
wurde vermutlich noch Ende Februar 1944 in Auschwitz ermordet.
Zu seiner Familie weitere Informationen und Abbildungen in der
Seite zu Urspringen.
Künstlerverzeichnis:
http://www.antikbayreuth.de/kuenstlerverzeichnis/Kunstler_A-H/Frankel_Clemens_1872_Frankfurt/frankel_clemens_1872_frankfurt.html
- Markus Friediger (geb. 1875 in Andrychow/Galizien, erfolgreicher
deutsch-österreichischer Unternehmer im Hotel- und Gaststättengewerbe) lebte vor
allem in München zusammen mit seiner Frau
Hedwig geb. Klein (geb. 1878 in
Wien) und seinen Kindern Karl (geb. 1906 in München, später Charles B. Friediger,
gest. 1984 in Aachen), Leopold (geb. 1908 in München, gest. 1954 in Israel) und
Anna-Maria (geb. 1910 in München, später verh. Körfer, gest. 1996 in Köln). Er
erwarb vor dem Ersten Weltkrieg in und um Partenkirchen etliche unbebaute
Grundstücke, wo er unter anderem ein Hotel bauen wollte. In Partenkirchen
betrieb er auch (bis 1930) das Hotel Grünwald sowie bekannte Hotels in anderen
Städten (Wien, Berlin usw.). In Garmisch-Partenkirchen baute er sich ein kleines Haus in der Gartenstraße 1, in
dem er allerdings nur zeitweise gelebt hat. 1935 emigrierte Friediger nach Wien,
was dazu führte, dass die Stadt auf dem Weg über die Enteignung durch die
"Reichsfluchtsteuer" die Grundstücke übernahm. Markus und Hedwig Friediger
wurden 1941 von Köln aus in ein Ghetto nach Riga deportiert. Sie sind
umgekommen. Die drei Kinder konnten emigrieren.
Genealogische Informationen:
https://www.geni.com/people/Max-Markus-Friediger/6000000011068317553
Vgl. zum Sohn Karl Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Friediger
- Martha von Gahlen-Kempe geb. Nelson (geb. 1887 in Freiburg i.B.,
jüdischer Abstammung, aber evangelisch getauft und erzogen) war seit 1921
verheiratet mit Paul Leo von Gahlen-Kempe (geb. 1884 in Groothusen Kreis
Emden; militärische Laufbahn mit Foto siehe unter "Kempe" in
http://www.tsingtau.info/index.html?namen/k.htm). Die beiden zogen 1922 von
München nach Partenkirchen und lebten in der Mittenwalderstraße 21. Ende
November 1938 mussten sie Garmisch-Partenkirchen verlassen und zogen nach
München in der Absicht, nach Südafrika zu emigrieren. Die Auswanderung
scheiterte, da ihre Pässe abgenommen worden waren. Nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges kehrten sie nach Garmisch-Partenkirchen zurück. Paul von
Gahlen-Kempe starb 1956, seine Frau 1958.
- Josef
Guggenheimer (geb. 1873 in
Krumbach, Kaufmann in Nürnberg) war verheiratet mit
Selma geb. Gärtner
(geb. 1881 in Nürnberg). Die beiden hatten eine Tochter
Lola (geb. 1905). Josef
und Selma Guggenheimer zogen 1934 von Nürnberg nach Garmisch-Partenkirchen in
den Riedweg 1. Nach dem Novemberpogrom 1938 musste das Ehepaar Guggenheimer
Garmisch-Partenkirchen verlassen. Sie zogen nach München (verschiedene
Adressen, zuletzt Barackenlager Knorrstraße 148). Im Juli 1942 wurde Josef
Guggenheimer - vermutlich zusammen mit seiner Frau Selma - von München in das
Ghetto Theresienstadt deportiert. Er ist am 11. Februar 1943 dort umgekommen;
das Schicksal seiner Frau ist nicht bekannt.
Genealogische Informationen
https://www.geni.com/people/Josef-Guggenheimer/6000000080792577846
- Julius Grunewald (geb. 1860 in Kaldenkirchen, gest. 1929 in
Garmisch; Sanitätsrat) und Julie Grunewald geb. Rubensohn (geb. 1864 in
Beverungen) sind 1916 zusammen mit ihren Kindern
Martha (geb. 1889 in Barmen)
und Elisabeth (geb. 1892) von München nach Garmisch in die Alleestraße 12
(Loisachallee 168 1/2) gezogen. Anfang Juli 1938 verließ Julie Grunewald
Garmisch-Partenkirchen und emigrierte in die USA (Columbus, Ohio). Sie starb
1966 im Alter von über 101 Jahren in Columbus und wurde dort beigesetzt (Grab).
Auch die Tochter Dr. Elizabeth (Lili) Lande geb. Grunewald ist in Columbus
verstorben (Oktober 1985;
Grab),
die Tochter Martha verheiratete Lowenstein
bereits im Oktober 1965 in Houston,
Texas (Beisetzung in Nyon, Vaud, Schweiz).
Genealogische Informationen
https://www.geni.com/people/Julie-Grunewald/5643418459510082955
- Isidor Guttsmann (geb. 1890 in Breslau, Fabrikdirektor) ist 1936 von
München nach Garmisch-Partenkirchen in die Wettersteinstraße 4 gezogen. Im Mai
1938 kehrte er nach München zurück. Nach dem Novemberpogrom 1938 wohnte er in
Berlin. Über die weitere Geschichte ist nichts bekannt.
- Alfred Hirsch (geb. 1889 in
Augsburg, Dipl.-Ing.) ist 1919 von München
aus in Garmisch-Partenkirchen, Riesserkopfstraße 35 zugezogen. Er betrieb hier ein
Radiogeschäft, das 1938 zwangsweise geschlossen wurde. Alfred Hirsch musste
Garmisch-Partenkirchen nach dem Novemberpogrom 1938 verlassen und verzog in
seine Heimatstadt Augsburg. Er emigrierte nach Belgien, wurde jedoch im Mai 1940
nach Südfrankreich deportiert und von dort im August 1942 in das
Vernichtungslager Auschwitz, wo er ermordet wurde. Auch seine Schwester Käthe
Hirsch (geb. 1886 in Augsburg) war 1919 nach Garmisch-Partenkirchen gezogen.
Nach dem Novemberpogrom 1938 zog sie nach München. Sie überstand die
Verfolgungszeit und zog 1950 wieder zurück nach Garmisch-Partenkirchen, wo sie
am 14. November 1964 verstarb. Gleichfalls ist
Otto Hirsch (geb. 1881 in
Augsburg), der Bruder von Alfred, Käthe und Willy Hirsch 1919 nach
Garmisch-Partenkirchen gezogen. Er wurde 1940 bei der "Euthanasie-Aktion" in der
Tötungsanstalt Grafeneck bei Münsingen ermordet. Der Bruder
Willy Hirsch
konnte sich nach dem Novemberpogrom 1938 vermutlich in Brüssel in Sicherheit
bringen.
- Stephan Hirschmann (geb. 1873 in Nürnberg, Direktor der Bayerischen
Hypotheken- und Wechselbank) und seine Frau
Martha geb. Hellmann (geb.
1883 in Ulm) sind 1933 von Nürnberg nach Garmisch-Partenkirchen, Riess 2
zugezogen. Stephan Hirschmann war in den 1920er-Jahren Vorsitzender des 1. FC
Nürnberg und ein großer Förderer des Fußballsportes. Ende 1935 emigrierten sie
nach Palästina (Tel Aviv). Stephan Hirschmann wurde bei einem Angriff der
italienischen Luftwaffe auf Tel Aviv im September 1940 getötet. Seine Frau
Martha starb zwei Jahre später.
- Leo Katz (geb. 1870) und seine Frau
Magda geb. Friedemann (geb.
1882 in Wien) sind 1937 von Berlin aus in Garmisch-Partenkirchen zugezogen. Nach
dem Novemberpogrom 1938 sind sie nach Berlin zurückgekehrt. Die beiden konnten
noch nach Uruguay emigrieren: Leo Katz starb im November 1944 in
Montevideo/Uruguay (Quelle).
- Dorothea Kohn geb. Hopf (geb. 1856 in Nürnberg) war die Witwe des 1920
in Nürnberg verstorbenen Ernst Kohn. Sie zog nach dem Tod ihres Mannes
nach Garmisch-Partenkirchen und erwarb die Anwesen Burgstraße 18 und Burgstraße
20. Nach dem Novemberpogrom 1938 musste sie Garmisch-Partenkirchen verlassen und
zog wiederum nach Nürnberg.
- Jakob Kohn (geb. 1860 in Adelsdorf, ehem. Prokurist bei den
Victoria-Werken) und Babette geb. Ottenstein
(geb. 1866 in Nürnberg), waren im Ruhestand nach Garmisch gezogen (Zoeppritzstraße
4,später Storistraße 9), wo sie bereits in früheren Jahren ihren Urlaub verbracht
hatten. Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten sie Garmisch-Partenkirchen
verlassen und zogen nach München (verschiedene Adresse, zuletzt Barackenlager Milbertshofen in der Knorrstraße 148; beide wurden - allerdings in
unterschiedlichen Transporten im Juni bzw. September 1942 von München in das
Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Jakob am 24. Juli 1942 umgekommen ist.
Babette wurde von Theresienstadt aus in das Vernichtungslager Treblinka
deportiert und ermordet.
Dazu: Ilse Vogel: Emanzipation - und dann? Die Geschichte der jüdischen
Familien Ottenstein und Bing über fünf Generationen. 2019 S. 320-321.347.
Genealogie:
https://www.geni.com/people/Jakob-Kohn/6000000032565771994
- Benjamin Kohtz (geb. 1852, gest. 1918, Sanitätsrat i.R.) und seine
Frau Klara geb. Simon (geb. 1857 in Königsberg oder Danzig, nichtjüdisch) waren
1909 - von Berlin kommend - in Partenkirchen zugezogen (Partnachstraße 46). Sie
hatten zwei Kinder (Lotte, geb. 1887 in Danzig) und
Reinhold (geb.
1889 in Danzig, gest. 1978 in Garmisch-Partenkirchen, war technischer Kaufmann und
Kapitänleutnant). Auf Grund der Vorkommnisse in der Pogromnacht 1938 flohen
Klara Kohtz und ihre Tochter Lotte aus Garmisch-Partenkirchen und starben an
Suizid am 11. November 1938 bei Innsbruck. Reinhold Kohtz war 1938 nicht in
Garmisch-Partenkirchen.
Zum Tod von Klara Lotte Kohtz vgl.
https://www.novemberpogrom1938.at/novemberpogrom/. Weitere
Quelle).
- Hans Paul Krohn (geb. 1904) war ein Sohn des jüdischen Apothekers
Julius Krohn (gest. 1929), der 1923 in zweiter Ehe die nichtjüdische Frau
Else
geb. Piper geheiratet hatte. Hans Paul Krohn lebte bis 1938 in
Garmisch-Partenkirchen bei seiner Stiefmutter Else Krohn in der Wilhelm-Gustloff-Straße 4. Nach dem Novemberpogrom 1938 musste er
Garmisch-Partenkirchen verlassen und flüchtete zunächst nach Berlin-Wilmersdorf.
Später wollte er in die Schweiz fliehen, wurde jedoch verhaftet, dann
vorübergehend zu Bekannten in Schleswig-Holstein, später wieder in Berlin,
Zwangsarbeit, u.a. in einem Rüstungsbetrieb, 1943 ist er knapp der Deportation
entgangen und von Berlin über München nach Garmisch-Partenkirchen geflüchtet, wo
er anderthalb Jahre bis zur Befreiung 1945 im Haus seiner Stiefmutter versteckt
überlebt hat.
- Margarete Kroner geb. Heymann (geb. 1857 in Breslau, Schwester von
Hedwig Pringsheim siehe unten) war die Witwe des 1899 in Breslau
verstorbenen Arztes Traugott Kroner. Sie lebte seit 1917 in Garmisch, zunächst
Riesserseefußweg 7, später bei ihrer Schwester Hedwig Pringsheim Kellerstraße 233
1/4. Im April 1938 kehrte sie zurück nach Berlin-Wannsee. Sie konnte noch nach
England emigrieren und verstarb am 28. Oktober 1939 in Richmond, Greater London.
Quelle/Biographische Angaben:
https://www.geni.com/people/Margarete-Kroner/6000000049386998950).
- Dr. Richard Ladenburg
(geb. 1864 in Mannheim als Sohn von Carl
Ladenburg und Ida geb. Goldschmidt; jüdischer Abstammung, aber katholisch
aufgewachsen; Bankdirektor, Teilhaber des Bankhauses Ladenburg in Mannheim und
Rittmeister der Landwehr) war verheiratet mit
Maud geb. Bacheler (geb.
1879 in London, katholisch). Die beiden hatten vier Kinder:
Hubert (geb. 1905 in
Mannheim), Maureen (geb. 1907 in Mannheim),
Johannes (geb. 1912 in Mannheim),
Maria Veronika (geb. 1917 in Garmisch) und waren 1918 von Mannheim nach
Garmisch-Partenkirchen gezogen (Burgstraße 246 1/8, dann Riesserseestraße 20 (265
1/3). Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten die Ladenburgs Garmisch-Partenkirchen
verlassen. Auf dem Weg nach England starb Richard Ladenburg in Kleve am
14. November 1938.
Genealogische Angaben:
https://www.geni.com/people/Dr-Richard-Ladenburg/6000000020299904394
- Paul Lang (geb. 1877 in Nürnberg) wohnte seit 1934 zusammen mit
seiner Frau Pauline geb. Büchenbacher (geb. 1886 in Fürth) in
Garmisch-Partenkirchen in der Wettersteinstraße 19. Sie hatten zwei Kinder:
Hilde (geb. 1909 in Nürnberg, verheiratete Adelung) und Margarete
(geb. 1921 in Fürth, zog mit den Eltern nach Garmisch-Partenkirchen, 1936 nach
Hamburg). Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten sie Garmisch-Partenkirchen
verlassen und zogen nach München. Tochter Margarete konnte 1939 nach Zug in die
Schweiz emigrieren (verheiratet mit Sol Davidow). Paul und Pauline Lang
schafften noch die Auswanderung in die USA, wo Paul Lang 1960 in Miami Beach,
seine Frau Pauline 1964 ebd. verstorben sind.
Genealogische Angaben siehe
https://www.geni.com/people/Paul-Lang/6000000015810070200 und
Hohenems-Genealogie
http://www.hohenemsgenealogie.at/en/genealogy/getperson.php?personID=I32131&tree=Hohenems
- Max (Maximilian) Lehmann
(geb. 1871 in München, Kommerzienrat und
Bankier in Augsburg) lebte mit seiner Frau
Carola Viola geb. Becker (geb.
1892 in New York) von 1909 bis 1937 in Augsburg, danach in München. In
Grainau hatten sie eine zweite Wohnung (Haus Nr. 39 1/2). Die beiden hatten
eine Tochter Stella (geb. 1904 in Berlin, war in Augsburg mit dem
Architekten Julius Schweighart, nichtjüdisch, verheiratet). Max Lehmann starb am
Tag des Novemberpogroms am 10. November 1938 an Angina Pectoris in seiner
Wohnung. Seine Frau emigrierte in ihre Geburtsstadt New York, wo sie 1963 starb.
- Luise von
Leyden geb. Reichenheim (geb. 1883 in Berlin) war mit
Dr.
jur. Victor Ernst von Leyden (geb. 1880, Jurist und ab 1926
Ministerialdirektor im preußischen Innenministerium, ab 1932 Senatspräsident im
Oberverwaltungsgericht Berlin) verheiratet. 1934 wurde er wegen seiner jüdischen
Frau aus dem Amt entlassen. Die beiden hatten fünf Kinder:
Ernst (geb. 1903,
starb 1945 in Forst (Lausitz)), Rudolf (geb. 1908),
Wolfgang (geb. 1911),
Albrecht (geb. 1913),
Victoria (geb. 1913, verheiratet mit Otto Veit). Die
Kinder sind nach 1933 teilweise emigriert (zwei Söhne nach Indien), teilweise
haben sie in Berlin überlebt. Ehepaar von Leyden zog 1934/35 nach
Garmisch-Partenkirchen in den Hölzlweg 11. Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten
sie Garmisch-Partenkirchen verlassen, konnten in die Schweiz und 1939 nach
Bombay zu den Söhnen ziehen. 1948 kehrte das Ehepaar von Leyden nach
Garmisch-Partenkirchen zurück. Victor von Leyden starb 1963 in
Garmisch-Partenkirchen, seine Frau Luise von Leyden 1976 ebd.
Genealogische Angaben siehe
https://www.geni.com/people/Louise-Reichenheim-von-Leyden/6000000011745213844
Angaben zu den beruflichen Stationen von Victor Ernst von Leyden
https://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0000/adr/adrhl/kap1_5/para2_117.html
- Jakob Liebenstein (geb. 1883 in
Hüttenheim) und Leonie geb. Schwarz (geb. 1887 in
Pirmasens) führten ein 1919 in der
Ludwigstraße 90 in Partenkirchen eröffnetes Schuhgeschäft ("Schuhhaus
Liebenstein"). Die beiden hatten zwei Kinder, die Zwillinge
Lieselotte
und Ruth (geboren 1921). Die Familie wohnte in der Badgasse 4, später im
Schloßweg 7 und schließlich in der Ludwigstraße 61. Nach dem Novemberpogrom 1938
musste die Familie Garmisch-Partenkirchen verlassen, das Schuhgeschäft musste
verkauft ("arisiert") werden. Die Familie lebte für einige Monate in München.
Die beiden Töchter könnten mit einem Kindertransport im März 1939 nach England
gebrachte werden. Das Ehepaar Liebenstein konnte gleichfalls emigrieren (USA).
Jakob Liebenstein starb 1964 in New York.
- Clementine Lipffert geb. Welker
(geb. 1889 in Heidelberg; ihr
Vater Josef Welker war getauft, aber jüdischer Herkunft) war seit 1911
verheiratet mit dem Pfarrer Ernst Lipffert (geb. 1883 in Posseck als Sohn
eines Pfarrers). Ehepaar Lipffert kam 1913 nach Partenkirchen, wo Ernst Lipffert
die Pfarrstelle der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde übernahm. Nach 1933
waren der Pfarrer und seine Frau Zielscheibe massiver nationalsozialistischer
Hetze, die dazu führte, dass diese 1935 Partenkirchen verlassen mussten. Seit
Juli 1936 war Ernst Lipffert Pfarrer in der oberfränkischen Gemeinde Himmelkron.
Hier starb er 1948; seine Frau Klementine lebte bis zu ihrem Tod 1966 in Kassel.
Seit 1992 trägt das frühere Schul- und jetzige Jugendhaus der
evangelisch-lutherischen Gemeinde Partenkirchen den Namen "Lipffert-Haus" mit
Gedenktafel seit 2009.
- Gerhard Ollendorff (geb. 1878 in Rawitsch Bezirk Posen; bis 1932
Werkdirektor der Filmfabrik Wolfen, Vorstandsmitglied der IG Farben) lebte seit
1932 in Grainau Kreis Garmisch-Partenkirchen. Nach dem Novemberpogrom
1938 musste er Grainau verlassen. Er zog nach Halle an der Saale, wo er
verhaftet wurde. Einflussreiche Freunde von ihm konnten ihm einen Reisepass
besorgen, sodass er in die Schweiz und von hier aus nach Brasilien emigrieren
konnte. Er starb 1949 in Rio de Janeiro.
Genealogische Angaben mit Dokumenten siehe
https://www.geni.com/people/Gerhard-Ollendorff/6000000008212123059
Vgl. Peter Löhnert und Manfred Gill: Ein Beitrag zu Schicksalen jüdischer
Chemiker in der Filmfabrik Wolfen nach 1933.
Online zugänglich (pdf-Datei)
- Max Ottenstein (geb. 1860 in
Gunzenhausen als Sohn von Heinrich
Ottenstein und Ida geb. Bing; zusammen mit Max Frankenburger Gründer der
Victoria-Werke in Nürnberg). Im Januar 1932 zog er zusammen mit seiner zweiten
Frau Sofie (Sophie) geb. Rikoff (geb. 1873 in München; oder Rickoff
oder geb. Hellmuth?) von Nürnberg nach Garmisch-Partenkirchen in den
Hölzlweg 8. Die Söhne aus erster Ehe von Max Ottenstein mit Adele geb. Sahlmann
(1863-1913) Dr. Rudolf Ottenstein (geb. 1887) und Direktor Franz Ottenstein
(1892) übernahmen (bis 1935) die Leitung des Unternehmens. Nach dem
Novemberpogrom 1938 mussten Max und Sofie Ottenstein Garmisch-Partenkirchen
verlassen und zogen nach München. 1939 sind sie nach Schaan in Liechtenstein
emigriert. Hier starb Max Ottenstein im Oktober 1947.
Genealogische Angaben Hohenems-Genealogie
http://www.hohenemsgenealogie.at/en/genealogy/getperson.php?personID=I16298
und
https://www.geni.com/people/Max-Ottenstein/6000000022734107794
- Hedwig Johanna Pringsheim geb. Heymann (geb. 1856 in Breslau,
Schwester von Margarete Kroner siehe oben) war eine Tochter von Julius
Heymann und seiner Frau Franziska. Sie war mit dem Gutsbesitzer Hugo Pringsheim
verheiratet, der 1915 in Breslau starb. 1916 zog sie von Breslau nach Garmisch
(Kellerstraße 233 1/4, dann Kramerhänge 10). Sie starb am 11. Januar 1938 in
Garmisch-Partenkirchen. Sie war die Mutter von Prof. Dr. Hans Hugo Pringsheim
(geb. 1876), Prof. Dr. Ernst Georg Pringsheim, (geb. 1881), Fritz Pringsheim
(geb. 1882), Helene Feiler geb. Pringsheim (geb. 1891) und Paul Pringsheim (geb.
1893, gefallen 1915).
Genealogische Angaben: https://www.geni.com/people/Hedwig-Pringsheim/6000000013515409019
Zur Familie und den Kindern u.a.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pringsheim#Hugo2
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Pringsheim
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Pringsheim_junior
https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Pringsheim
- Dr. Otto Paul Riemer (geb. 1883 in Düsseldorf, nichtjüdisch,
Studienprofessor a.D.) und seine Frau Anna (Anny) Riemer geb. Adler (geb.
1893 in Krefeld, evangelisch, aber jüdischer Abstammung) sind Ende Oktober 1938
von Saarbrücken in Garmisch-Partenkirchen (Burgstraße 34) zusammen mit ihren
Kindern Gisela Gerda (geb. 1922 in
Saarbrücken) und
Helga Rosemarie
(geb. 1925 in Saarbrücken) zugezogen. Dr. Otto Riemer starb im März 1939 in
München an den Folgen eines Unfalls. Anna Riemer wohnte weiter mit den Töchtern
in Garmisch-Partenkirchen. Im Juli 1942 verzog Anna Riemer nach Frankfurt, wo
sie verhaftet, bei einer der Deportationen nach Auschwitz verbracht und dort im
Februar 1943 ermordet wurde (Todesfallanzeige
Auschwitz, Quelle Yad Vashem Jerusalem). Ihre Töchter verzogen im August
1942 nach Essen.
- Dr. Michael Schnebel
(geb. 1867 Nürnberg, Althistoriker, Dozent an der
Ludwig-Maximilian-Universität München bis 1930; Verfasser eines Buches über "Die
Landwirtschaft im hellenistischen Ägypten") und seine Frau
Emmy geb.
Rosenfeld (geb. 1902 in Nürnberg) lebten seit 1930 in Garmisch-Partenkirchen
(Waxensteinstraße 1). Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten sie
Garmisch-Partenkirchen verlassen. Sie starben am 14. November 1938 an Suizid in
einem Hotelzimmer in Feldkirch.
- Berta Schneider geb. Ambrunn (geb. 1889 in München) lebte nach ihrer
Scheidung seit 1930 in Garmisch-Partenkirchen und betrieb hier die Pension
"Sonnenfleck" in der Angerstraße 12. 1936 war sie mit ihrer Pension
Olympiagastgeberin. Im Juli 1938 musste sie ihre Pension zwangsweise schließen.
Nach dem Novemberpogrom 1938 musste sie Garmisch-Partenkirchen verlassen und zog
nach München. 1942 musste sie ins Sammellager München-Milbertshofen einziehen
und wurde von hier aus 1942 nach Piaski bei Lublin in Polen deportiert und wurde
ermordet. Wenige Tage vor ihrer Deportation hatte sie noch
Dr. med. Rally
Rosenthal geheiratet, der gleichfalls ermordet wurde.
- Dr. Milton Seligmann (geb. 1866 in Frankfurt, Amtsgerichtsrat a.D., war
Mitglied im Aufsichtsrat der I.G. Farbenindustrie) und seine Frau
Maria
Bernhardine geb. Gans (geb. 1877 in Berlin) zogen 1933 von Frankfurt nach
Garmisch in die Maximilianstraße 34. Beide konnten noch in die USA emigrieren.
Milton Seligmann starb 1948 (Quelle
und
Quelle "Hohenemser Genealogie"), Marie Seligmann starb 1969 in Mill Valley
Ca/USA (Quelle
"Hohenemser Genealogie").
- Fritz Staackmann (geb. 1879 in Leipzig) und seine Frau
Hedwig geb.
Ottenheimer (geb. 1883 in Stuttgart) zogen im November 1923 von München über
Ohlstadt nach Garmisch-Partenkirchen in die Bahnhofstraße 66 ("Buntes Haus") und
betrieben hier eine Leihbücherei. Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten sie
Garmisch-Partenkirchen verlassen und zogen nach Leipzig, wo Fritz Staackmann am
15. September 1940 starb. Seine Frau wurde von Leipzig aus deportiert und im
Rigaer Ghetto ermordet.
- Dr. Sigmund Steinharter (geb. 1877 in München) und seine Frau
Ida
geb. Hechinger (geb. 1881 in Nürnberg) zogen im Oktober 1934 nach
Garmisch-Partenkirchen, Angerstraße 3. Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten sie
Garmisch-Partenkirchen verlassen und zogen nach München. Sie wollten zunächst
über die Schweiz in die USA emigrieren. Dr. Sigmund Steinharter starb am 3. Mai
1948 in London.
- Alfred Stern (geb. 1885 in Wien, Fabrikdirektor in
Schwarzenberg/Sachsen) und seine Frau
Frieda geb. Degenhardt (geb. 1891
in Metternich), zogen 1928 nach Garmisch in die Rießackerstraße 54. 1939 lebte er
in Neuilly-sur-Seine bei Paris.
- Alice Strauss (geb. 1904 in Prag) war verheiratet mit
Dr. Franz Strauss
(nichtjüdisch), dem Sohn des Komponisten Richard Strauss. Konnte in
Garmisch-Partenkirchen trotz ständiger Bedrohungen überlebten und ist 1991 in
Garmisch-Partenkirchen verstorben.
- Dr. Emil Ulmann (geb. 1870 in Fürth,
war bis zu seiner Zwangspensionierung 1933 Richter am Oberlandesgericht München)
und seine Frau Agnes geb. Speyer (geb. 1875 in Wien) sind 1933 zusammen
von München nach Partenkirchen gezogen (wohnten zunächst Pension Witting, dann
in der Schornstraße 12). Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten sie
Garmisch-Partenkirchen verlassen und wohnten in München. Sie konnten noch über
Den Haag in die USA emigrieren, wo Agnes Ullmann 1942 in Kew Gardens, Dr. Emil
Ulmann 1947 in New York verstorben sind.
- Frieda Wallach (geb. 1875 in Fulda),
ist mit ihrem Mann, dem Bankier Moritz Wallach (geb. 1868 in Battenberg,
gest. 1932 in Garmisch) 1929 von München nach Garmisch gezogen (wohnte
Maximilianstraße 52). Frieda Wallach musste nach dem Novemberpogrom 1938
Garmisch-Partenkirchen verlassen und zog wieder nach München. Sie konnte über
Den Haag in die USA emigrieren, wo sie 1940 bei ihrem Sohn Reinhold (Reynold,
1902-1991) lebte (Quelle).
Seit
1933 spürte auch die jüdische Bevölkerung in Garmisch-Partenkirchen - wie auch
aus den Einzelbiographien hervorgeht - die stark
zunehmenden Restriktionen und Repressalien. In den Morgenstunden des 10.
November 1938 (Novemberpogrom 1938) zogen zahlreiche SA-Leute wie auch
viele andere einheimische wie auswärtige, durch die antijüdische Propaganda
aufgehetzte Menschen durch Garmisch-Partenkirchen, jagten die jüdischen Bewohner
aus ihren Häusern und Wohnungen und trieben sie zum "Haus der
Nationalsozialisten" am Adolf-Wagner-Platz (damals Bezeichnung für den
Marienplatz). Die jüdischen Einwohner wurden beschimpft und bespuckt und mussten
ein Papier unterschreiben, dass sie Garmisch-Partenkirchen mit dem nächsten
erreichbaren Zug verlassen und nie wieder zurückkehren würden. Außerdem mussten
sie sich verpflichten, ihre Grundstücke und Häuser von ihrem neuen
Aufenthaltsort aus an "Arier" zu verkaufen. So gut wie alle der jüdischen
Einwohner verließen Hals über Kopf die Stadt, großenteils mit einem Zug nach
München und teilweise weiter nach Bregenz. Mehrere von ihnen begingen in den folgenden
Tagen Suizid. Einigen gelang von München oder anderen Orten die Flucht ins Ausland, andere wurden
nach 1941 in Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt.
Weitere Informationen zu den Schicksalen der jüdischen Bürger mit Fotos und
Dokumenten, insbesondere auch zu den Enteignungen ihres Besitzes, teilweise
"Wiedergutmachungen" siehe die Website
www.gapgeschichte.de
Von den in Garmisch-Partenkirchen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hedwig Blum geb.
Dispeker (1883), Else Buttermilch
(1892), Josef Guggenheimer (1873), Frieda (Frida) von Hesse geb. Michel gesch.
Siewert (1880), Irma Kuhn geb. Neumeier (1874), Anny (Anna) Riemer geb. Adler (1893),
Berta Rosenthal geb. Ambrunn gesch. Schneider (1889), Emma Schnebel geb.
Rosenfeld (1881), Michael Schnebel (1867), Julie Strauß (1873).
Nach Kriegsende bestand in Garmisch-Partenkirchen ein jüdisches DP-Camp,
in dem zeitweise mehr als 300 Menschen lebten; es wurde 1951 geschlossen (durch
die Gründung des Staates Israel sind die Displaced Persons überwiegend dorthin
ausgewandert). Eine Betstube
war in der Pension "Ohlsenhof" untergebracht. Die Verwaltung der
DP-Gemeinde war im Café Bischoff in der Bahnhofstraße 83. Gemeindevorsteher
waren Marian Tamboryn und Chaim Zylbermann. Die Gemeinde umfasste im November
1945 200 Mitglieder, im März 1946 350, Juli 1947 375, Januar 1948 346, Februar
1949 245 und im Februar 1951 119 Mitglieder. An Einrichtungen gab es außer der
Betstube eine koschere Küche und eine Berufsschule. An Sportclubs bestand der
Ichud Garmisch-Partenkirchen und der Hapoel Garmisch-Mittenwald.
Informationen nach https://www.after-the-shoah.org/garmisch-partenkirchen-juedische-dp-gemeinde-jewish-dp-community/
Im November 2010 wurde am Marienplatz ein Denkmal - bestehend aus 44
blanken Stahl-Stelen für die jüdischen Opfer der NS-Zeit enthüllt. Es
erinnert an die 44 jüdischen Einwohner, die in der NS-Zeit gezwungen waren,
ihre Heimat zu verlassen. Acht von ihnen sind nach den Deportationen
umgekommen. Das Denkmal wurde nach einem Entwurf des Künstlers Herbert
Saller errichtet.
Vgl. Artikel http://www.merkur.de/lokales/garmisch-partenkirchen/garmisch-partenkirchen/denkmal-juedische-nazi-opfer-eingeweiht-999753.html
Der Text der Tafel: "Im ehemaligen Kur- und Rathaus des Marktes Garmisch, von
1935 bis 1945 'Haus der Nationalsozialisten', wurden am Pogromtag des 10.
November 1938 44 jüdische Bürgerinnen und Bürger des Marktes
Garmisch-Partenkirchen gezwungen, ihren Wohnort für immer zu verlassen.
Das Ehepaar Emmy und Dr. Michael Schnebel und Klara Kohtz mit ihrer Tochter
Lotte haben sich in ihrer Verzweiflung das Leben genommen, Dr. Richard Ladenburg
verstarb bei der erzwungenen Ausreise.
Hedy Staackmann wurde später in das KZ Theresienstadt verschleppt, Berta
Schneider in das Lager Piaski bei Lublin - '…seither fehlt jede Spur…'.
Anna Riemer wurde 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
10. November 2010 Die Bürgerinnen und Bürger von Garmisch-Partenkirchen
erinnern und gedenken."
Berichte aus der Geschichte
jüdischer Einwohner in Garmisch-Partenkirchen
(hier sind ausschließlich Dokumente/Presseartikel und -anzeigen eingestellt,
die sich in jüdischen Periodika fanden)
Ostertreffen jüdischer Jugendvereine
in der Pension Wolff in Garmisch-Partenkirchen (1929)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
April 1929: "Das Ostertreffen jüdischer Jugendvereine in
Garmisch-Partenkirchen. Der Brief einer Jugendvereinlerin an ihre Freundin.
Liebe Freundin. Getreulich meinem Versprechen will ich dir heute über das
Treffen der Jüdischen Jugendvereine Südbayerns an Ostern berichten.
Vorausschicken muss ich, dass Du vollkommen unrecht gehabt hast, zu Hause zu
bleiben. Weder das Wetter noch die erhebliche Anzahl Beteiligter, noch die
Stimmung und der Verlauf der Trefffahrt gaben zu irgendwelchen Klage Anlass.
Aber ich will ja der Reihe nach erzählen.
Neunzehn Münchener, zehn Fischacher,
acht Augsburger und einige Regensburger Jugendvereinler trafen sich am
Vormittag. du hättest all die Begrüßungen der Angehörigen der verschiedenen
Vereine mit ansehen sollen; man konnte glauben, es seien alles Freunde und
Freundinnen, die hier zusammenkamen. Und alle Freundschaft entsprang der
Zugehörigkeit zum Jüdischen Jugendverein - zeigt sich da nicht am schönsten
die Frucht unserer Bundesarbeit?
So konnte es nicht wundernehmen, wenn die paar Vormittagsstunden mit
Begrüßungen verrannen. (Die vorbereiteten Quartiere waren bald bezogen). Um
1/2 1 Uhr trafen sich alle im gemeinsamen Standquartier: bei Wolff in
Partenkirchen zum Mittagessen. wir waren mittlerweile 45 geworden, zwei
stattliche Tafeln hungriger Münder, die aber die liebenswürdige Familie
Wolff zur allgemeinen Zufriedenheit zu stopfen wusste. - Liebe Freundin,
wenn Du nur bei dem gemeinsam Schir Hamalaus (Herr Dr. Mayer, Regensburg,
hatte das Benschen übernommnen), dabei gewesen wärest, dann wäre dir da
allein ein unauslöschlicher Eindruck gewesen.
Am Nachmittag konnten wir in warmer Sonne am blauen Himmel die Partnachklamm
bewundern und anschließend daran auf Graseck unserem beliebten
Völkerballspiel huldigen, solange bis die Zeit zum Aufbruch drängte, denn
auf 7 Uhr war das Abendessen bei Wolff angesagt und wir wollten pünktlich
sein.
Der Abend war der geistige Mittelpunkt der Trefffahrt. Er wurde mit einem
prächtigen Vortrag von Herrn Oberlehrer Dr. Kessler, München, über "20 Jahre
neutrale Jugendverbandsarbeit" eingeleitet. Herr Dr. Kessler betonte, dass
er hier nicht nur als Vorsitzender des größten vertretenen Vereins, sondern
auch als einer von jenen spreche, die an der Gründung des Reichsverbandes
mitgearbeitet hätten und sein Werden und Wachsen miterleben konnten. Der
neutrale Gedanke habe trotz der Umwälzung der Weltanschauungen mächtig an
Boden gewonnen. Er zeichnete dann in kurzen Zügen ein Bild der praktischen
Arbeit des Verbandes und seiner Vereine, so wie wir sie ja beide kennen.
Interessieren wird dich, dass er die Arbeitsgemeinschaften als wertvollsten
Bestandteil der Bildungsarbeit der Jugendbünde bezeichnete.
Hugo Deller aus Fischach dankte Herrn
Dr. Kessler im Namen der anderen Vereine für das Referat, das von uns allen
begeistert aufgenommen worden war. Bei der anschließenden Diskussion stand
das religiöse Problem im Vordergrund, das von einem zufällig anwesenden
Nürnberger Gast angeschnitten worden war. Über die Einzelheiten dieser
wirklich sehr packenden Diskussion, in der fast zwei Dutzend (!) Redner und
Rednerinnen sprachen, werde ich dir einmal mündlich erzählen.
Man ging nicht auseinander, ohne vorher noch eine halbe Stunde getanzt zu
haben, wogegen die Pensionärinnen von Wolff nichts einzuwenden hatten.
Für den Montag waren Wanderungen vorgesehen. Die Gruppe, der ich mich
anschloss, ging aufs Kreuzeck, die andere zum Eibsee. Da du die Gegend ja
kennst, brauche ich dir nicht weiter den Tag zu beschreiben. Es sind ohnehin
sechs Seiten geworden.
Wir trennten uns um 3 Uhr am Kreuzeck von den Fischachern und Augsburgern,
die zurück mussten. Und überall hieß es: Auf Wiedersehen auf der nächsten
Trefffahrt an Pfingsten!
Nun hoffe ich, dass Dich mein Bericht befriedigt hat und dass er zur Folge
hat, dass Du das nächste Mal auch dabei bist. Mit herzlichen Grüßen
Deine Freundin." |
Urlaub im Landhaus Wolff (Berichte und Anzeigen von
1923 und 1924)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Oktober
1923: "Garmisch-Partenkirchen, 2. Oktober (1923). Zu dem
Feste, das mehr als jedes andere uns zur Natur zurückführt, hatten sich
hier, in diesem wunderbaren Erdenwinkel zahlreiche Gäste zusammengefunden.
Aus Fürth-Nürnberg, Frankfurt, Köln, Berlin usw. waren eine beträchtliche
Anzahl Familien gekommen, um in dem Landhaus Wolf, das in den wenigen
Jahren seines Bestehens sich einen besonders guten Namen als gastliche
Stätte gemacht hat, das Sukkot-Fest (Laubhüttenfest) zu verbringen.
Die Inhaber des Landhauses Wolf verstehen es nicht nur durch ihre
persönliche Aufmerksamkeit, ihr stets heiteres, entgegenkommendes Wesen und
gute Verpflegung den Aufenthalt angenehm und gemütlich zu machen, sondern -
und insofern dürfte diese Notiz aus dem Gästekreis für die Allgemeinheit von
besonderem Interesse sein - auch durch ihre gewissenhafte Führung der Küche
hinsichtlich Kaschrus (Beachtung ritueller Vorschriften) und durch
ihre stete Sorge, die religiösen Anforderungen der Gäste voll zu
befriedigen. So war für eine Sukkoh (Laubhütte), Esrog und Lulow
bestens gesorgt und durch den eigens hierfür engagierten Herrn Oberlehrer
Schweitzer aus München, die die Gottesdienste in würdiger althergebrachter
Weise abhielt und auch in den Zwischenzeiten durch gehaltvolle Vorträge die
Gäste erfreute, wurde echte (Jom tov) Feiertags-Stimmung
hervorgebracht." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober
1923: "Garmisch-Partenkirchen - Bayerisches Hochgebirge.
Landhaus Wolff. Telefon 360 - Hellwegerweg 288a.
Anerkannt hervorragende Küche - Als Herbstaufenthalt für Erholungsbedürftige
besonders geeignet. - Durchaus ruhige angenehmste Verhältnisse - Dauernd
geöffnet." |
|
Leserbrief
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Januar
1924: "Sprechsaal. Garmisch-Partenkirchen, 26. Januar (1924).
Ich bin seit 14 Tagen zu meiner Erholung hier in voller Pension bei dem
Landhaus Wolff. Wenn man wirklich Erholung genießen will oder nur Ruhe
sucht, so kann man das hier. Alles Schöne und Gute ist hier vereint. Die
Besitzer sind zu jedem außerordentlich zuvorkommend. Sofort bei Ankunft wird
man auf Wunsch in der Dependance des Wolffschen Landhauses untergebracht.
Vorzügliche Betten in herrlichen Balkonzimmern tragen zur Bequemlichkeit
bei. Das Essen ist erstklassig und außergewöhnlich reichlich. Von Rischeß
kann hier wirklich keine Rede sein, sondern es sind alle Leute höflich und
zuvorkommend.
Ich kann nur jedem empfehlen, von der schönen Einrichtung der Koscher-Pension,
bevor es zu spät ist, ausgiebigen Gebrach zu machen. Die herrliche Umgegend
trägt zu allem Schönen bei und bietet reichliche Abwechslung selbst für
denjenigen, der schon durch viel Gebirge verwohnt ist. Ernst Joseph,
Berlin." |
Die Vorfahren des Generalmusikdirektors Hermann
Levi - Sohn
von Rabbiner Dr. Benedikt Samuel Levi (Bericht von 1933)
Hinweis: Wikipedia-Artikel
zu Hermann Levi (geb. 7. November 1839 in Gießen, gest.
13. Mai 1900 in München, beigesetzt in
Garmisch-Partenkirchen)
Anmerkung: Richard Wagner vertraute dem Münchner Hofkapellmeister Hermann Levi
die erste Aufführung seines "Parsifals" in Bayreuth an. Die von
Nationalsozialisten als "typisch deutsche Musik" gepriesenen
Wagner-Komposition wurde von Richard Wagner selbst einem jüdischen Dirigenten
zur Erstaufführung anvertraut (1882)! 1896 ließ sich Hermann Levi in
Partenkirchen nieder, wo er Ehrenbürger wurde (weiter siehe unten).
Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung"
vom 15. März 1933: "Die Vorfahren Hermann Levis. Zu Richard
Wagners fünfzigstem Todestag. Die Fünfzigjahrfeier des Todestages
Richard Wagners weckt auch die Erinnerung an einen der Getreuen des Hauses
Wahnfried, den 1872 von Karlsruhe nach München berufenen
Generalmusikdirektor Hermann Levi (1839-1900), der nach dem Tode Wagners
der treueste Berater seiner Frau Cosima gewesen ist.
Der Vater, der den Künstlerdrang seines Sohnes schon früh erkannt hatte
und ihn in seinem Künstlerstreben immer zu fördern suchte, war Rabbiner
Dr. Benedict Levi zu Gießen, der 1806 als Sohn des Rabbiner Samuel Levi
in Worms geboren wurde. Dieser war der Sohn des Rabbiners Wolf Levi in
Pfersee bei Augsburg, besuchte die höhere Schule daselbst und eignete
sich die französische Sprache derart an, dass der Bürgermeister von
Worms und einige Stadträte allwöchentlich bei ihm in der Judengasse
einkehrten, um sich von ihm die französischen Zeitungen übersetzen zu
lassen. 1807 wurde er in das Synhedrion zu Paris berufen (vgl.
http://www.genami.org/Personnages-celebres/en_membres-gd-sanhedrin.php,
Rabbiner Dr. Levi unter Nr. 22). Der französisch
sprechende Rabbiner von Worms gefiel Napoleon so gut, dass er ihn mehrmals
in Audienz empfing, und um ihm eine Gnade zu erweisen, bot er ihm das Rabbinat Metz oder Mainz an. Levi wählte das letztere, und so wurde er
1808 zum Grand Rabbin du consistoire du département de Mont Tonnère
berufen. Dr. Levi erzählte gerne in Freundeskreisen, wie er 1812 Napoleon
auf seinem Zuge nach Russland über die Große Bleiche in
Mainz ziehen sah
und wie ihn sein Lehrer in die Höhe hob und aufforderte, den Segensspruch
beim Anblick eines gekrönten Hauptes zu sprechen.
Dr. Levi besuchte nach dem Tode seines Vaters, der sterbend ihn
aufgefordert, Rabbiner zu werden, die Schulen in Mainz, Frankfurt und die
Universität in Würzburg. In Gießen promovierte er 1828 und besuchte
dann die 'Jeschiwa' des Rabbiners Koppel Bamberger in
Worms, wo er auch
die rabbinische Ordination erhielt. Im Alter von 23 Jahren wurde er zum
Rabbiner in Gießen gewählt. Großherzog Ludwig I. von Hessen war nach
40-jähriger Regierung gestorben. Sein Sohn Ludwig II. bereiste nach
seinem Regierungsantritte auch die Provinz Oberhessen, wo er Dr. Levi mit
zwei Vorstehern in Audienz empfing. Bei dieser Gelegenheit überreichte
Levi dem Landesfürsten mit folgendem Motto: 'Und die Zeit, die König
David über Israel regierte, ist 40 Jahre. Und er starb im hohen
Alter |
voll
an Leben, Größe und Ruhm, und es herrscht sein Sohn Salomo an seiner
Stelle (I. Chronik Kap. 29 Vers 27,28). Der Großherzog äußerte
wiederholt seinen Beifall über die sinnige Widmung, und als das Rabbinat
Friedberg frei wurde, ernannte er Levi zum Rabbiner der Provinz Oberhessen
mit 90 Gemeinden. 1832 führte Levi Henriette Mayer aus
Mannheim als
Gattin in sein Haus. Diese gemütreiche und geistig hochstehende Frau war
bis zu ihrem frühen Hinscheiden 1842 eine der ansprechendsten
Erscheinungen der Gießener Gesellschaft. Sie war eine ausgezeichnete
Klavierspielerin, und ohne Zweifel hatte ihr Sohn Hermann seine
musikalische Begabung von ihr empfangen. 1858 verheiratete sich die
einzige Tochter Dr. Levis mit einem französischen Offizier, dem Leutnant
Julius Moch, Repetiteur der Kaiserlichen Militärschule zu St. Cyr. In
Rödelheim vollzog Levi die Trauung. Moch war im Kriege 1870/71 als Oberst
Gefangener in Gießen.
Während Dr. Levi ins Greisenalter eingetreten war, erlebte sein Herz die
Freude, seinen Sohn Hermann, den genialen Dirigenten, Sprosse um Sprosse an
der Ruhmesleiter emporklimmen zu sehen. 1882 wohnte Dr. Levi der ersten
Aufführung des 'Parsifal', unter seines Sohnes Leitung, in
Bayreuth bei. Richard Wagner, der ihn
aufs Herzlichste begrüßte, fragte ihn scherzend: 'Wie sind Sie mit Ihrem
ungeratenen Sohne zufrieden?' 'So, ziemlich,' antwortete Levi. 'Ihr
Hermann,' sagte darauf Wagner, 'müsste als mein alter ego eigentlich den
Namen Wagner führen.' Dr. Levi starb nach der Feier seines 90. Geburtstages. S.(amson) Rothschild, Worms ."
|
|
Zu
Hermann Levi siehe u.a. Wikipedia-Artikel
mit weiteren Links.
Hermann Levi war als Zwölfjähriger Organist in der Synagoge in Gießen,
siehe Seite zur Synagoge in Giessen.
2018 erschien der Briefwechsel zwischen Hermann Levi und Cosima Wagner:
Dieter Stein: Unsere Kunst ist eine Religion. 874 S. Verlag Valentin
Körner. ISBN 978-3-87320-601-4. Reihe: Sammlung musikwissenschaftlicher
Abhandlungen Bd. 101. Dazu Presseartikel von Karolina Schepp in der "Gießener
Allgemeinen" vom 18. Oktober 2018: "Cosima Wagner und Hermann Levi. Dieter
Steil gibt berühmten Briefwechsel heraus..."
Link zum Artikel
Dazu auch die Video-Dokumentation von arte: "Richard Wagner und die
Juden"
https://www.youtube.com/watch?v=BXw7UGhc0cw. |
|
Das
Mausoleum von Hermann Levi in Partenkirchen |
Links:
Mausoleum von Hermann Levi in Partenkirchen, gestaltet 1900/01 durch
Adolf von Hildebrand, Foto um 1910 (Quelle: Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Levi).
Hermann Levi amtierte ab 1872 als Generalmusikdirektor und Hofkapellmeister
am Königlichen Hof- und Nationaltheater in München, bis er sich 1896
als gesundheitlichen Gründen zurückzog und in Partenkirchen
niederließ, wo er sich eine Villa hatte bauen lassen.1898 wurde er
Ehrenbürger des Marktes Partenkirchen. 1925 wurde eine an Levis
Mausoleum im Park seiner Villa Haus Riedberg (heute: Dr.-Wigger-Straße 18)
vorbeiführende Straße ihm zu Ehren als Hermann-Levi-Weg bezeichnet.
In der NS-Zeit wurde die Straße nach Theodor Fritsch umbenannt, einem
Verleger antisemitischer Hetzschriften. Nach 1945 wurde die Straße in
Karwendelstraße umbenannt.
Nach Hermann Levis Tod war sein Leichnam vorübergehend in der
Elterngrabstätte seiner Witwe Mary geb. Meyer auf dem Münchner Ostfriedhof
beigesetzt worden, bis das Mausoleum auf dem Grundstück seiner Villa fertig
gestellt war. Das Mausoleum überstand die NS-Zeit unbeschädigt, doch
genehmigte die Gemeinde auf Antrag des Grundstücksbesitzers 1957 eine
"Beseitigung" der Anlage. Es verblieb nur die eingefasste Grabplatte aus
Rotmarmor, die 1991 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Dennoch wurde sie
vom späteren Besitzer nur als Abstellfläche für Baumaterialien, Brennholz
usw. verwendet. Initiativen ab 2006, die Grabstätte des Ehrenbürgers und
Wohltäters von Partenkirchen würdig herzurichten, scheiterten. 2018 sollte
der Leichnam auf Wunsch auf Wunsch der Israelitischen Kultusgemeinde München
und Oberbayern (Präsidentin Charlotte Knobloch) auf den
Neuen Israelitischen Friedhof in München
überführt werden. Im Februar 2019 wurde der Beschluss verworfen; die
Partenkirchener Grabstätte sollte vielmehr in einen "repräsentativen
Zustand" versetzt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Die
Marktgemeinde übernahm durch einen Flächentausch im November 2019 50 qm des
Grundstücke zur Herrichtung der Levi-Gruft. Diese soll 2020/21 erfolgen.
Eine langjährig diskutierte Benennung des Partenkirchner Kurparks nach
Hermann Levi wurde am 11. Dezember 2019 im Marktgemeinderat mit
konservativer Mehrheit abgelehnt. |
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Juni 2021:
Die Grabstätte wurde neu gestaltet
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Artikel von Tanja Brinkmann im "Merkur" vom
2. Juli 2021: "Künstlerin schafft neues Grabmal
'Das war würdelos, ich wollte sie retten': Endlich angemessene Grabstätte
für Garmisch-Partenkirchens Ehrenbürger Levi
Würdevoll, dieses Wort fällt häufig bei der Präsentation von Hermann
Levis Grabstätte. Die Münchner Künstlerin Franka Kaßner hat diese in eine
Decke aus Kupferschuppen gehüllt und damit einen ganz besonderen Platz
geschaffen. Einen, der dem Ehrenbürger von Garmisch-Partenkirchen angemessen
ist.
Garmisch-Partenkirchen – Es knirscht. Raschelt und klappert. Jeder
Schritt auf den kleinen Schieferplatten erzeugt einen anderen Ton. Wer sich
dem Grabmal von Hermann Levi nähert, taucht ein in die Welt des Klangs.
Genau diesen Effekt wollte Franka Kaßner erzeugen. Die Künstlerin aus
München hat die letzte Ruhestätte des Dirigenten, einem der bedeutendsten
des 19. Jahrhunderts, in ein ganz besonderes Kunstwerk verwandelt. Eines,
das dem 'hochverehrten Freund aus einer anderen Zeit' würdig ist. Eines, das
ihm nach Jahrzehnten, in denen seine Wohltaten für Partenkirchen in
Vergessenheit geraten waren, auch gebührt. Eine Kupferdecke, geschaffen aus
einzelnen Schuppen, von denen jede eine Note aus Levis 'Der letzte Gruß'
darstellt, umhüllt das Grabmal an der Karwendelstraße.
Noch gut erinnert sich Kaßner, die schon als Kind Levis Briefwechsel las und
sich diesem seither verbunden fühlt, an den ersten Blick auf die verkommene
Grabstätte: 'Das war würdelos, ich wollte sie retten.' Genau das ist ihr
gelungen. Ein Glücksfall, dass ausgerechnet sie, die sich intensiv mit dem
jüdischen Ehrenbürger (1839 bis 1900) von Garmisch-Partenkirchen beschäftigt
hat und sich ihm verbunden fühlt, den Zuschlag für die Neugestaltung der
Anlage erhielt.
Altbürgermeisterin Meierhofer über Levis Grad: 'Habe das Thema als mein
Erbe angesehen'. Darin sind sich alle einig, die am Freitag die
Präsentation verfolgen. 'Ein berührendes Kunstwerk' urteilt Bürgermeisterin
Elisabeth Koch (CSU), die vor allem ihre Vorgängerin Dr. Sigrid Meierhofer
(SPD) als unermüdliche Kämpferin für Levi hervorhebt. Gegen alle Widerstände
hat sie es geschafft, dass die Gemeinde das betreffende Areal im Tausch von
Grundbesitzer Ecko Eichler erhielt und, dass darauf eine würdevolle
Gedenkstätte für den vergessenen Ehrenbürger entstanden ist. Dieses Lob
wollte Meierhofer nicht allein für sich beanspruchen. Sie erinnerte daran,
dass ihr Vorgänger Thomas Schmid (CSB) bereits versucht hatte, einen Teil
der Hindenburgstraße nach Levi umzubenennen. Das Ansinnen war gescheitert.
'Daher habe ich das Thema als mein Erbe angesehen.' Eines, dem sie sich
Charlotte Knobloch zufolge als sehr würdig erwies. 'Sie haben’s angefangen,
Frau Koch hat’s jetzt beendet', sagt die Präsidentin der Israelitischen
Kultusgemeinde München und Oberbayern. Dafür zeigt sie sich dankbar. Und
auch für 'Kaßners schönen Entwurf, die sich wirklich in Levi und sein
Schaffen hineinversetzt hat'. Sie hofft, dass das Wochenende nicht die
letzte Ehrung für den großen Dirigenten, der sich vor allem für junge
Talente, darunter auch Richard Strauss, eingesetzt und sogar den erklärten
Antisemiten Richard Wagner von seinem Können überzeugt hat. 'Sie, lieber
Kirill Petrenko, den wir so bewundern, halten das Andenken an Hermann Levi
aufrecht', wendet sich Knobloch an den früheren Generalmusikdirektor der
Bayerischen Staatsoper, der jetzt Chefdirigent und künstlerischer Leiter der
Berliner Philharmoniker ist. Auch er habe sich massiv dafür eingesetzt, dass
Levi endlich eine würdevolle Grabstätte erhält.
'Wie eine Schutzrüstung': Das Kunstwerk an Levis Grabstätte. 'Wie
eine Schützrüstung' – so beschreibt Petrenko, der am Abend das
Levi-Gedenkkonzert dirigiert, das Kunstwerk. Der Künstlerin flüstert er zu,
dass 'es so schön geworden ist'. Jetzt wage sicher niemand mehr, etwas
wegzutragen. Das sagt er sicher in Anspielung auf die Schändung des
Mausoleums durch die Nationalsozialisten. Und den Abbruch, der 1957 mit
Einverständnis der Gemeinde erfolgt war. Auf eine lange Zeit voller Wunden
folge jetzt 'die einträchtige Heilung', sagt Knobloch. Für sie ein würdiger
Abschluss einer Geschichte, die auch sie belastet hat. Da ging’s ihr wie
Kaßner, die auf einem Stein vor der Kupferdecke sitzend, ihr Kunstwerk
erklärt. Das tut sie auf eine sehr berührende, persönliche Weise. In einem
Brief, den sie an ihren 'hochverehrten Freund' Levi geschrieben hat. Er möge
ihr den Zaun verzeihen, sagt sie. Diesen, 'voll fragiler Melancholie', sieht
sie als Schutz der Intimität, will damit Levi aber keinesfalls isolieren.
Durch die neue Grabstätte bekomme der Dirigent in seiner Wahlheimat endlich
die Aufmerksamkeit, die ihm zusteht. Kaßner, ist schon jetzt gespannt, wie
sich die Kupferschuppen im Lauf der Jahre verwandeln. Und welche Stimmungen
sie bei den Betrachtern erzeugen, die erst die Klänge der Schieferplatten
erlebt haben."
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Fotos
Hinweis: Zahlreiche
Fotos zur den einzelnen jüdischen Personen und Familien sowie Abbildungen
von Dokumenten finden sich in der Website von
www.gapgeschichte.de |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
wird noch
ergänzt.
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