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Brumath (Dep. Bas Rhin /
Alsace / Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Brumath besteht bis zur Gegenwart eine jüdische Gemeinde, deren
Entstehung vermutlich in das 17. Jahrhundert zurückgeht. An die frühere
jüdische Niederlassung erinnert bis heute die "Rue de Juifs"
beziehungsweise die frühere "Judegass".
Im 18. Jahrhundert stieg die Zahl der jüdischen Einwohner auf 51 im Jahr 1784
(in 9 Familien).
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Die "Rue des
Juifs" ("Judegass") in Brumath (Fotos: Hahn, Aufnahmedatum
16.4.2004) |
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl
der jüdischen Einwohner wie folgt: 1807 122 jüdische Einwohner, 1846 358,
1861 406, 1870 410, 1871 Höchstzahl von 478 jüdische Einwohnern in der Stadt,
1889 497, 1900 362, 1903 321 (in 78 Haushalten), 1910 306.
Brumath wurde im 19. Jahrhundert Rabbinatssitz. Folgende Rabbiner sind
bekannt: Alexander Alexander (Reb Sender); Alexander Séligman (Reb
Sèligmann, 1837 im Bericht unten genannt); 1852-1872 Rabbiner Salomon Lévy
(auch bekannt als Reb Salmé; unter ihm lernte auch der spätere Großrabbiner Isaac Weil
[geb. 1840 in Brumath]
grundlegende rabbinische Kenntnisse; Salomon Lévy starb 1872); Félix Blum (aus
Bischheim, später Rabbiner in Pfalzburg
und Mülhausen); 1885-1890/91 Dr. Simon-Adolphe Ury (aus
Niederbronn, später Oberrabbiner
in Metz und Straßburg, siehe Berichte unten); 1892-1900 Dr. Isaac Dreyfuss;
1900-1921 Dr. Isaak Albert Lévy; -1938
Simon Rapaport (letzter
Rabbiner von Brumath, geb. 1874 in Dvinsk, Russland, gest. 1938 in Brumath). Die Rabbiner von Brumath waren auch zuständig für die
Gemeinden Eckwersheim,
Minversheim,
Mommenheim,
Schwindratzheim,
Waltenheim,
Wingersheim und
Wittersheim. Sie waren auch zuständig für die seelsorgerische
Betreuung der psychiatrischen Klink in Stephansfeld.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule (1843 genannt als private israelitische Schule mit 33 Schülern,
die von der Stadt in diesem Jahr mit 250 fr. unterstützt wurde; AZJ 26.6.1843;
später war es eine israelitische Elementarschule), ein rituelles Bad und seit etwa 1880 einen eigenen
jüdischen Friedhof. Zur Besorgung
religiöser Aufgaben der Gemeinde war neben dem Rabbiner ein Lehrer angestellt,
der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. unten die Berichte zu
Lehrer Z. Klein, der nach 44-jähriger Tätigkeit 1905 in den Ruhestand getreten
ist; sein Nachfolger wurde Lehrer Weill). Zeitweise waren sowohl ein Lehrer wie
ein Kantor am Ort: um 1887/89 wird neben dem Kantor Klein als Lehrer A. Levy
genannt; 1889/92 als dritte Lehrkraft/Lehrerin für den Unterricht der Mädchen Fräulein J. Sée in der Gemeinde. Als
Gemeindediener werden genannt: A. Mayer (1903), als Aufseher O. Rosenstiel
(1903).
1903 besuchten die Israelitische Volksschule 36 Kinder.
An jüdischen Vereinen gab es u.a. den Verein Somech noflim
(1889 unter Leitung von M. Levy und W. Leon), den Verein Chesed w'emes
(1889 unter Leitung von K. Kling und Weill, 1903 unter Leitung von B. Weil), den
Israelitischen Frauenverein (1897 unter Leitung der Frau von Dr. J.
Dreyfus, 1903 unter Leitung der Frau von Dr. J. Levy, Frau F. Levy, Frau J. Koch
und Frau B. Weill), den Verein Ahawas Chesed (1903 unter Leitung von Th.
Hermann und A. Heller), den Talmud-Thora-Verein (1903 unter Leitung von
M. Meyer), den Wohltätigkeitsverein Gemiluth Chassodim (1903 unter
Leitung von M. Herrmann und F. Levy).
1936 hatte die Gemeinde noch 185 Mitglieder. 1940 wurden die jüdischen Einwohner der Stadt
unter der deutschen Besatzung mit den anderen
Elsässer Juden nach Südfrankreich deportiert.
Von den in Brumath geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): Gabrielle Bicard (1902), Marie Bloch (1908),
Blanche Bombet geb. Raphael (1884), Clemence Bombet geb. Raphael (1880), Pierre
Bombet (1910), Flora Creange (1883), Helene Guntzburger geb. Blum (1902),
Georges Heller (1911), Jean Heller (1920), Abraham Hermann (1871), MaUryce
Herrmann (1869), Adolphe Kahn (1881), Henriette Kahn (1881), Paul Kling (1888),
Joseph Koch (1872), Lucie Koch (1910), Arthur Krämer (1881), Alice Levy (1915),
Germaine Levy (1891), Lucie Lion geb. Blum (1895 oder 1896), Leon Loeb (1905),
Paul Meyer (1881), Schlomo Roll (), Maximilian Rosenberg (1912), Marguerite Schiff
(1905), Gabrielle Weil geb. Bicard (1902),
Nach 1945 konnte die Gemeinde wieder
begründet werden. In den 1950er-Jahren ist die Synagoge restaUryert und
1957 wieder eingeweiht worden. 1965 gehörten ihr 70 Personen an.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte des Rabbinates
Bei der Beisetzung eines Pfarrers
von Brumath spricht auch Rabbiner Seligmann (1837)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Mai 1837: "In der
Predigerzeitung No. 21 vom 15. Mai stehen unter den am Grabe des ersten
Pfarrers zu Brumath und Präsidenten des Konsistoriums gesprochenen Reden,
auch Worte der Teilnahme, gesprochen von Seligmann, Rabbiner zu
Brumath, einfach, körnig, höchst angemessen." |
Der Rabbiner von Brumath (Rabbiner
Salomon Levy) hält eine deutsche Rede beim 50-jähriges Amtsjubiläum und der
Goldenen Hochzeit von Großrabbiner A. Aron in Straßburg (1880)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. März 1880: "Am 8. Februar
feierte der Großrabbiner von Straßburg A. Aron zu gleicher Zeit sein
50-jähriges Amtsjubiläum und seine Goldene Hochzeit. Dem desfallsigen
feierlichen Gottesdienste, bei welchem der Rabbiner von Brumath eine
deutsche und der Rabbiner von Pfalzburg eine französische Rede hielt,
wohnten auch die Spitzen der Behörden bei. " |
Zum Tod von Rabbiner Salomon Levy 1885 (1852-1885 Rabbiner in Brumath)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1885: "Aus dem Unter-Elsass.
'Sie haben einen guten Mann begraben, und uns war er mehr!' Mit dem
Dichter rufen wir, hier in dem Reichslande und viele, welche weit hinaus
über dessen Grenzen wohnen, dem am 15. dieses Monats zur ewigen Ruhe
gebetteten Rabbiner Salomon Levy zu Brumath nach. – Dem Zuge hatten sich
der Bürgermeister und Gemeinderat, die Geistlichkeit der übrigen
Konfessionen und das Lehrerpersonal von Brumath, der Direktor der Anstalt
von Stefansfeld mit allen seinen Beamten und eine Menge von Fremden aus
nah und fern herbeigeeilten Personen angeschlossen. Unter letzteren zählten
wir 13 Rabbinen. Alle waren gekommen, dem Verstorbenen die letzte Ehre zu
erweisen.
Im Sterbehause sprach Herr Rabbiner Weil aus Pfalzburg Worte des Trostes;
in der Synagoge feierte der Großrabbiner Herr Aron von Straßburg die
vielen Verdienste des Entschlafenen, der einer seiner geachtetsten Schüler
gewesen sei, und am Grabe rief der Herr Rabbiner Levy aus Oberehnheim,
der Senior unter den Rabbinen des Unterelsass, dem scheidenden Freunde den
letzten Gruß zu.
Im Jahre 1852 war Herr Levy zum Rabbiner in Brumath ernannt worden. Sein
Ruf als Talmudist führte ihm zahlreiche Schüler zu, die er für das
Rabbinerseminar vorbildete. Eine große Anzahl ehemaliger Schüler,
darunter Herr Zadok-Cahn, Oberrabbiner in Paris, hatte noch vor wenigen
Monaten dem Verstorbenen in Anerkennung seiner großen Verdienste ein
kostbares Tafelservice zum Geschenke gemacht.
'Die politische Gemeinde', so schreibt das in Straßburg erscheinende
Elsässische Journal, 'verliert in dem Heimgegangenen einen ehrenwerten,
achtbaren Bürger, die israelitische im besonderen einen treuen,
gewissenhaften Seelsorger mit seltener geistiger Begabung und großer
Herzensgüte.' Wir rufen ihm nach:
Seine Seele sei eingebunden in dem Bund des Lebens." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. Februar 1885: "In Brumath (Elsass) verschied soeben
der ehrwürdige Rabbiner dieser Stadt, Herr S. Levy. Über 20 Jahre
leitete er eine Vorbereitungsschule für das Rabbiner-Seminar und er hat
eine große Anzahl Schüler ausgestellt, worunter auch der jetzige
Großrabbiner von Paris. Sein Leichenbegängnis sah viele angesehene
Personen versammelt, Rabbinen, protestantische Geistliche, Zivilbeamte
und, was gewiss selten, einige barmherzige Schwestern. Die Rabbinen von
Pfalzburg und Obernai, sowie der Großrabbiner von Straßburg, hielten
Trauerreden." |
Das Rabbinat in Brumath wird durch Rabbiner Simon-Adolphe Ury besetzt
(1885)
Anmerkung: Rabbiner Simon-Adolphe Ury (Uhry) (geb. 1849 in
Niederbronn, gest. 1915 in Straßburg): war 1874/75 Rabbiner in Lauterbourg,
1885 als Nachfolger von Salomon Lévy Rabbiner in Brumath, gleichzeitig Dozent für Exegese und
jüdische Geschichte
am Rabbinerseminar Straßburg; 1890/91 bis 1899 Oberrabbiner des Konsistoriums
von Lothringen in Metz, seit Anfang 1900 Oberrabbiner des Konsistoriums des Unterelsass
in Straßburg.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. Mai 1885: "Aus dem Reichslande, im April (1885). Es
sind jetzt mehrere Rabbinate im Reichslande vakant. Vor Allem das
Oberrabbinat von Metz durch den Tod des seligen Herrn Bigard, die
Rabbinate von Bisheim, Cernay,
Durmenach, Hegenheim
und Seppois-le-Bas. Dagegen
sind zwei Rabbinate besetzt worden, Sultz
durch Herrn Roller und Brumath durch Herrn Ury, früher
Rabbiner von Lauterburg. Für Metz
denkt man an Herrn Weill, Rabbiner von Pfalzburg, wo auch der selige
Bigard Rabbiner gewesen. |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1885: "Metz. Außer
dem hiesigen Oberrabbinat sind gegenwärtig in Oberelsaß fünf Rabbinatssitze
vakant. In Unterelsaß wurden die Rabbinate von
Sultz und Brumath durch
die Rabbinen Roller und Ury besetzt." |
Der Plan, dass Rabbiner Ury die
Ausbildung in der rabbinischen Vorbereitungsschule in Colmar übernehmen soll,
erzürnt die orthodox Gesinnten (1885)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Dezember 1885: "Straßburg im
Elsass, 8. Dezember. Das Judentum in Elsass-Lothringen ist von einer
großen Gefahr bedroht; es sollen nämlich neologe Rabbinen gezüchtet werden.
Die jungen Leute, welche die Vorbereitungsschule in
Colmar verlassen, werden an der
Universität Straßburg studieren und ihre rabbinische Ausbildung soll unter
Leitung eines Herrn Ury, bisher Rabbiner in Brumath, vor sich gehen. Wie das
'Elsässer Journal' verkündet, wird Herr Ury den rabbinischen Studien den
entschieden liberalen Charakter verleihen, welcher dem Streben der
Gegenwart entspricht. Seine Ernennung ist gegenwärtig der Regierung zur
Genehmigung unterbreitet. Mögen die gesetzestreuen Israeliten in
Elsass-Lothringen dagegen energisch protestieren, damit unserer heiligen
Religion dadurch kein Schaden erwachse." |
Rabbiner Simone-Adolphe Ury wird Oberrabbiner in Metz
(1890)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 27. November 1890: "Zum Nachfolger des Herrn Oberrabbiners
Weil in Metz ist sein Mitbewerber um das Straßburger Rabbinat, Herr
Ury aus Brumath gewählt worden." |
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Artikel
in "Der Israelit" vom 4. Dezember 1890: Text wie oben.
|
Amtseinführung von Rabbiner Ury als
Oberrabbiner für Lothringen in Metz (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1891: "Metz,
9. Februar. Bei von den israelitischen Gemeindeangehörigen dicht gefüllten
Räumen fand gestern Nachmittag 3 1/2 Uhr in der glänzend erleuchteten
Synagoge die Amtseinführung des neu ernannten Oberrabbiners für Lothringen,
Herrn Ury, früher in Brumath bei Straßburg, statt. Der feierlichen
Handlung wohnten, am Portale vom Konsistorium empfangen und zu den Sitzen
rechts von der die Tora verwahrenden Nische geleitet, in Vertretung der
obersten Militär- und Regierungsbehörden bei: der Gouverneur der Festung
Metz, Generallieutenant von Fischer, die Herren Generale Siegert und Giehrl
(bayerische Besatzungsbrigade) mit anderen höheren Offizieren, dann die
Herren Bezirkspräsident Freiherr von Hammerstein mit Regierungsrat Becker,
Polizeidirektor Maurer, sämtlich in Uniform, und der erste Staatsanwalt
Geheimrat Haas. Nach den ritualen Eingangsgebeten und Gesängen, abwechselnd
zwischen dem Chore und dem Vorsänger, der seine überaus sympathische Stimme
meisterhaft zu behandeln weiß, verlas der Präsident des israelitischen
Konsistoriums, Herr Bankier Mayer das kaiserliche Ernennungsdekret, worauf
gegenseitige Begrüßungen folgten. Von der Kanzel herab sprach dann (in
deutscher Sprache) der Oberrabbiner zum ersten Male vor seiner versammelten
den würdigen Schriftauslegungen des Redners atemlos lauschenden Gemeinde.
Mit ehrendster Anerkennung gedachte derselbe auch seiner Vorgänger im Amt
und schloss mit besonders weihevoll wirkenden Gebeten um die Segnungen
Gottes für Kaiser Wilhelm II., für das Reich und Elsass-Lothringen sowie für
die Stadt und Kultusgemeinde Metz, Als derselbe die Gesetzesrolle dem
Toraschranke entnehmend, die ritualen Schlussgebete unter den Responsorien
des Chores verrichtete. Die genannten Ehrengäste verabschiedeten sich von
den Gemeindevorständen in der gewinnendsten Weise. Die Zeremonie hatte die
Dauer von dreiviertel Stunden kaum überschritten. Der Herr Bürgermeister
war, wie uns mitgeteilt wird, zu seinem Bedauern verhindert, der Feier
beizuwohnen." |
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Artikel
in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 5. Februar 1891: "Metz,
24. Januar. Die Einführung des neuen Oberrabbiners Herrn Ury fand gestern um
3 1/4 in der Synagoge statt. Unter den zahlreichen Anwesenden befanden sich
Seine Exzellenz der Herr Gouverneur Generallieutenant von Fischer, Herr
Generalmajor Gihrl, Herr Bezirkspräsident Freiherr von Hammerstein, Herr
Regierungsrat Becker, Herr Polizeidirektor Meurer, letztere Herren in
Staatsuniform; sodann Herr Erster Staatsanwalt Haas etc. Zu Beginn der
Zeremonie verlas Herr Bankier Mayer, Präsident des Konsistoriums, in beiden
Sprachen die landesherrliche Verordnung, durch welche die Wahl des
israelitischen Konsistoriums genehmigt und Herr Ury, vormals Rabbiner in
Brumath, zum Oberrabbiner von Metz ernannt wurde. Hierauf hieß Herr
Mayer in einer wohl empfundenen Ansprache den neuen Oberrabbiner willkommen.
Wie die Anrede, so wurde auch die Antwort des neuen Oberhirten in
französischer Sprache gehalten, die Predigt dagegen in deutscher Sprache. In
beiden Fällen drückte der Herr Oberrabbiner seine Befriedigung darüber aus,
dass er an die Spitze der israelitischen Gemeinde von Metz berufen wurde und
ermahnte die Gläubigen, ihn in der Erfüllung der schweren Pflicht, die ihm
auferlegt wurde, behilflich zu sein. Er beendete seine Predigt durch die
Erflehung des göttlichen Segens über Seine Majestät den Kaiser und die
kaiserliche Familie, über Deutschland, Elsass-Lothringen und die Gemeinde.
Während der Feierlichkeit, ließ der Chor der Synagoge mehrere Gesänge hören,
deren Ausführung lobend erwähnt zu werden verdient. – Heute Vormittag fand
in der Synagoge eine Vorfeier zu Kaisers Geburtstag statt, welcher sich
seitens der Regierung Herr Oberregierungsrat Freiherr von Kramer und Herr
Regierungsassessor von Gemmingen beteiligten. Unter den Anwesenden bemerkte
man auch den Herrn Polizeidirektor." |
Auf das Rabbinat Brumath bewerben
sich mehrere Rabbiner (1891)
Artikel
in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 15. Januar 1891: "Elsass.
Zu dem erledigten Rabbinat in Brumath haben sich die Rabbiner Roller
- Dambach, Dreyfus -
Fegersheim, Mayer -
Lauterburg und Lazarus -
Westhofen gemeldet."
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Die Besetzung des Rabbinates
verzögert sich (1891)
Artikel
in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 26. März 1891: "Elsaß. Der
Rabbinatssitz in Brumath bleibt noch einige Monate leer. Man scheint
den vom Konsistorium empfohlenen Kandidaten nicht wählen zu wollen."
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Ernennung von Rabbiner Weil zum
Rabbiner von Brumath (1891)
Mitteilung
in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 3. Dezember 1891: "Zum Rabbiner
von Brumath wurde Rabbiner Weil ernannt." |
Probleme bei der Neubesetzung des Rabbinats (1891)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1891: Brumath, 30. November
(1891). Die Wahl eines Rabbiners für die hiesige Stadt hat einen
Zwiespalt zwischen der hiesigen Synagogenverwaltung und dem israelitischen
Konsistorium des Unterelsass hervorgerufen, in welchem gegenwärtig die
Entscheidung des kaiserlichen Ministeriums angerufen worden ist. Der
Sachverhalt ist ganz kurz folgender: Um die hier erledigte Stelle bewarben
sich die Rabbiner Dreyfuß und Meyer, sowie der Rabbinatskandidat Dr.
Weil. Unterm 28. September ließ das Konsistorium der Synagogenverwaltung
einen Brief zugehen, in dem es unter anderem hieß: 'Um der Gemeinde Brumath einen vollständigen Beweis unserer Ergebenheit und Achtung zu
geben, laden wir die drei Bewerber ein, an ein und demselben Tage, am 1.
November, in der Synagoge zu Brumath Probepredigt zu halten.' Diese Äußerung
bildet den Beweis dafür, dass damals das Konsistorium sich die
Entscheidung über die Auswahl der Kandidaten nicht selbst beilegen,
sondern dieselbe der Gemeinde |
überlassen
wollte, wie es ja auch recht und billig ist, denn die Gemeinde muss mit
dem Rabbiner leben und auskommen, nicht das Konsistorium. Auch sprach sich
dem Vorsteher unserer Gemeinde gegenüber eine sehr hohe Persönlichkeit
des Konsistoriums in eben demselben Sinne aus, dass nur die Gemeinde das
Recht der Entscheidung haben solle. Im gleichen Sinne muss schließlich
auch eine Äußerung verstanden werden, welche der Präsident des
Konsistoriums einem der Kandidaten gegenüber getan hat, welche ihm ihre
Aufwartung machten. Er sagte: 'Ich selbst kann nicht viel tun, es kommt
sehr viel auf die Gemeinde Brumath an. Ich selbst bin gegen niemand
eingenommen; wir werden nach unserem Gewissen urteilen.' Wie bereits
gesagt, fanden am bestimmten Tage die Probepredigten statt. Am Tage darauf
traten die Wähler behufs Abgabe ihrer Entscheidung zusammen. Von 79
Stimmen wurden 69 abgegeben, davon 48 für Dr. Weil, 16 für Dreyfuß, 5 für
Meyer. Diese Willensmeinung der Gemeinde Brumath war eine so deutliche und
bestimmte, dass angesichts der früheren Kundgebungen und Aussagen des
Konsistoriums ein Zweifel daran, zu wessen Gunsten die Entscheidung fallen
würde, nicht wohl möglich erschien. Aber das Unmögliche geschah! In
seiner Sitzung vom 26. November beschloss das Konsistorium mit vier
Stimmen – zwei enthielten sich der Abstimmung – den Erwählten der
Gemeinde fallen zu lassen und sich für Herrn Dreyfus zu erklären, der
wie bemerkt, von 69 abgegebenen Stimmen 16 erhalten hatte. Die Gemeinde
Brumath ist aber nicht geneigt, sich einen Rabbiner aufoktroyieren zu
lassen! Noch einmal haben sich die Wähler mit 54 Stimmen für Dr. Weil
erklärt und die Gemeinde hat Schritte beim kaiserlichen Ministerium
unternommne, um dasselbe von der Sachlage zu unterrichten. Über die Gründe,
welche das Konsistorium zu seinem Verhalten bewogen haben, wollen wir
nicht reden. Wir würden sonst auf ein unliebsames Kapitel kommen. Ist es
denn wirklich möglich, dass ein tadelloser Mann, der seine Studien mit
vorzüglichem Erfolge gemacht hat und von der Gemeinde begehrt wird? Man
sollte es nicht für möglich halten. Und doch ist es geschehen. Wehalb?
Weil Herr Dr. Weil orthodox ist? Nun, wir Brumather freuen uns, dass wir
einen Rabbiner gekommen, der noch an Gott glaubt und es offen bekennt.
Oder ist Herr Weil nicht genehm, weil er in Berlin studiert hat? Der
Gemeinde ist er deshalb gerade genehm, weil die israelitische theologische
Wissenschaft gerade dort von den ersten Größen ihres Faches gelehrt
wird. Oder erregt es etwas Missfallen, dass Herr Weil seiner Militärpflicht
als Einjährig-Freiwilliger genügt hat? Auch das ist uns Brumathers ganz
genehm, dass wir einen Rabbiner bekommen, der seine Pflicht gegen sein
Vaterland erfüllt hat; wer das tut, der erfüllt auch die Pflichten gegen
Kirche und Gemeinde. Wir wollen für heute auf alle diese Einzelheiten
nicht weiter eingehen. Die Sache liegt jetzt der Behörde zur Entscheidung
vor; wir wollen der letzteren nicht vorgreifen, da wir fest überzeugt
sind, dass sie nur in unserem Sinn ausfallen kann." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. Dezember 1891: "Brumath, 6. Dezember (1891). Die
hiesige israelitische Gemeinde ist mit dem Straßburger Konsistorium in
einen Konflikt geraten, auf dessen Ende man gespannt sein darf.
Nach der Berufung unseres verehrten Rabbiners Ury auf den Rabbinersitz zu
Metz meldeten sich für den hiesigen Posten die Rabbiner Dreifuß,
Mayer und Dr. Weil, letzterer ein Schüler des Berliner
Seminars. Nach Anhörung der Probepredigten entschied sich die Gemeinde
mit überwältigender Majorität für den letztgenannten Kandidaten. Durch
bisher noch nicht bekannte Gründe veranlasst, berücksichtige indes das
Konsistorium diese Entscheidung nicht, sondern ernannte Herrn Dreifuß zum
Rabbiner der hiesigen Gemeinde. Daraufhin hat die Gemeinde ihren Antrag
wiederholt und die Entscheidung der Reichsregierung gegen das Konsistorium
angerufen." |
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Artikel in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 10. Dezember 1891:
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken |
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Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1891: Zum
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Bestätigung der Ernennung von
Rabbiner Dr. Isaak Dreyfuß zum Rabbiner in Brumath (1892)
Anmerkung: Rabbiner Dr. Isaak Dreyfuß (geb. 1862 in
Mertzwiller, gest. 1940 in Saumur,
Maine-et-Loire) studierte an der Universität und dem Rabbinerseminar Straßburg
und war von 1889 bis 1891 Rabbiner in
Fegersheim, 1892 bis 1900 in Brumath, 1900 bis 1939 in Sarreguemines/Saargemünd.
1939 zog er nach Saumur.
Artikel in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 19. Februar 1892: Zum
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Rabbiner Dr. Isaak Dreyfuß wurde zum Rabbiner in Saargemünd ernannt (1900)
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Mai 1900:
"Brumath, 7. Mai (1900). Rabbiner Dr. Dreyfuß von hier, ist seitens
des israelitischen Konsistoriums zum Rabbiner in Saargemünd ernannt
worden." |
Rabbiner Dr. Isaak Albert Lévy
(bisher Lauterburg) wird Rabbiner in Brumath (1900)
Anmerkung: Rabbiner Dr. Isaak
Albert Lévy (geb. 1864 in Quatzenheim,
gest. 1921 in Brumath) besuchte die Rabbinerpräparandenschule in Colmar und das
Jüdisch-theologische Seminar in Breslau, danach die Universität Straßburg
(Promotion 1891). 1895 bis 1900 war er Rabbiner in
Lauterburg, ab 1900 Rabbiner in
Brumath. Nach dem Biographischen Handbuch der Rabbiner II,1 S. 384 soll er
von 1899-1901 Rabbiner in Marmoutier
gewesen sein, doch ist das nicht mit der Pressemitteilung im "Israelit" in
Einklang zu bringen.
Mitteilung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August
1900: "Der jetzt in Lauterburg amtierende Rabbiner ist zum Rabbiner
in Brumath ernannt worden." |
Rabbiner Dr. Isaak Levy erklärt die Sitte des Holekreisch (Kolekrasch) (1910)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Februar 1910: "Hat
die Erklärung des Herr Dr. Marcus - Sulzbürg "Kolekreisch"
gleich Choleh Kr"sch auf den ersten Blick etwas Bestechendes
an sich, so wird man derselben doch nicht ohne weiteres beipflichten
können.
Ganz äußerlicher Art sei die Bemerkung, dass man irgendwie Kriat
Schema in Kr"sch abgekürzt findet; dafür hat man stets
nur die Abbreviatur K"Sch, sodass der Buchstabe r keine
Existenzberichtigung in dem betreffenden Worte hätte.
Sachlich wird das ganze Zeremoniell bei der Holekreisch in das Zimmer der
Wöchnerin verlegt, was ja in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Vielmehr
findet dieser Akt nach dem ersten Ausgang der Wöchnerin statt, das
Bettchen oder die Wiege des Kindes wird von den herbeigeeilten Kindern in
die Höhe gehoben, wobei sie einander zurufen:
'haut la crèche`, das heißt 'hoch die Wiege' und dieser
französische Aufruf ist im Volksmunde zu Holekreisch oder auch Holekrasch
geworden. Rabbiner Dr. Levy - Brumath im Elsass." |
Zum Tod von Oberrabbiner Adolf Ury (1915, Rabbiner in Brumath von 1885 bis
1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1915: "Straßburg
im Elsass, 29. August (1915). Am 24. August verschied nach kurzem
Krankenlager Oberrabbiner Adolf Ury. Mit ihm verliert die hiesige Gemeinde
einen von hohem Idealismus erfüllten Seelsorger, den Pflichttreue und
unermüdlicher Fleiß, Herzensgüte und Friedensliebe in gleicher Weise
auszeichneten. Sowohl in der Gemeinde wie als Vizepräsident des
Konsistoriums des Unter-Elsass und zahlreicher jüdischer und
interkonfessioneller Körperschaften und Anstaltsverwaltungen entfaltete
er eine überaus vielfältige und segensreiche Tätigkeit, die ihm die
Wertschätzung und Liebe der ganzen hiesigen Gemeinde und des ganzen
Konsistorialbezirkes und die Achtung und das Vertrauen seiner Mitbürger
ohne Unterschied des Glaubens erwarb. 1854 in
Niederbronn im Elsass
geboren, hatte Ury das Gymnasium in Buchsweiler, dann das Rabbinerseminar
in Paris besucht, wirkte als Rabbiner zuerst in
Lauterburg, später in Brumath, von wo er auch gleichzeitig an dem früher hier befindlichen
Rabbinerseminar als Lehrer der Exegese tätig war; bis 1900 war er sodann
Oberrabbiner in Metz, in welchem Jahre er hierher berufen wurde. Als an
Stelle des Landesausschusses der elsass-lothringische Landrat trat. wurde
er als Vertreter der drei Konsistorien in die Erste Kammer gewählt; er
gehörte außerdem u.a. dem Bezirksunterrichtsrat und dem Armenrat der
Stadt Straßburg an und war Ritter des Roten Adlerordens 4. und
Kronenordens 3. Klasse. An der am Freitag erfolgten Beerdigung nahmen
u.a. der stellvertretende Kommandierende General, ein Vertreter des
Kaiserlichen Statthalters, des Ministeriums, aller kirchlichen,
staatlichen und städtischen Behörden teil. Bei der Trauerfeier in der
Synagoge schilderten der hiesige Rabbiner Dr. Marx und Ober-Rabbiner
Dr. Netter - Metz Charakter und Wirken des Entschlafenen. In der
Leichenhalle des neuen israelitischen Friedhofes
sprachen sodann noch der
Präsident des Unterelsässischen Konsistoriums, Justizrat Dr. Schmoll im
Namen des Konsistoriums, der Gemeindeverwaltung und sämtlicher jüdischer
Vereine und Anstalten; Bankier Mannheimer für das Oberelsässische
Konsistorium, Fabrikant Bing für den Fürsorgeverein für
entlassene Strafgefangene; Rabbiner Dr. Levy - Hagenau als
ältester Rabbiner im Namen der Berufsgenossen und Rabbiner Dr.
Dreyfuß - Saargemünd für die Familie." |
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Artikel in der "Neuen Jüdischen Presse" vom 3. Oktober 1915: "Straßburg
im Elsass. Am 24. August verschied nach vierwöchigem Krankenlager an
Herzlähmung Oberrabbiner Adolf Ury.
Mit ihm verliert die hiesige Gemeinde einen von hohem Idealismus
erfüllten Seelsorger, den Pflichttreue und unermüdlicher Fleiß, Herzensgüte
und Friedensliebe, wahre Fröhlichkeit und Duldsamkeit in gleicher Weise
auszeichneten. Als Geistlicher, als Vizepräsident des Konsistoriums des
Unter-Elsaß, als Mitglied zahlreicher jüdischer und interkonfessioneller
Körperschaften und Anstaltsverwaltungen entfaltet er eine überaus
vielfältige und segensreiche Tätigkeit, die ihm die Wertschätzung und Liebe
der ganzen hiesigen Gemeinde und des ganzen Konsistorialratbezirkes und die
Achtung und das Vertrauen seiner Mitbürger ohne Unterschied des Glaubens
erwarb.
Von dieser hohen Achtung legte beredtes Zeugnis die Teilnahme an der
Beerdigung ab, die Freitag vormittags stattfand und mit einer Trauerfeier in
der Synagoge begann. Bis auf den letzten Platz war das große Gotteshaus
besetzt. Unter den Teilnehmern sah man: stellvertretenden Kommandierenden
General Ritter Hentschel von Gilgenheimb, vortragenden Rat Dr.
Dieckhoff als Vertreter des Statthalters, Unterstaatssekretär Dr.
Frenken, einen Hauptmann als Vertreter des Gouverneurs der Festung
Straßburg, Bezirkspräsident Pöhlmann, Präsident des Oberkonsistoriums
der Kirche Augsburgischer Konfession Freiherr von der Goltz,
Generalvikar des Bistums Jost, Beigeordneten Dr. Timme,
Ministerialrat Dr. Laucher, Regierungsamtmann Dr. Ahrendts als
Vertreter des Polizeipräsidenten, eine Abordnung des städtischen Armenrats
u.a., sodann fast sämtliche Rabbiner des Unter-Elsass und Lothringens,
während aus dem oberelsässischem Sperrgebiet nur einer hatte kommen können,
sowie Präsident des oberelsässischen Konsistoriums Bankier Mannheimer
und für das lothringische Konsistorium Bankier Beer.
Bei der Trauerfeier, die mit Gesang eingeleitet und geschlossen wurde,
schilderte der hiesige Rabbiner Dr. Marx und Oberrabbiner Dr.
Netter - Metz Charakter und Wirken des Entschlafenen.
In der Leichenhalle des neuen
israelitischen Friedhofes sprachen sodann noch der Präsident des
unterelsässischen Konsistorium Justizrat Dr. Scholl im Namen des
Konsistoriums, der Gemeindeverwaltung und sämtlicher jüdischer Vereine und
Anstalten, Bankier Mannheimer für das ober-elsässisches Konsistorium,
Fabrikant Bing für den Fürsorgeverein für entlassene Strafgefangene,
Rabbiner Dr. Levy - Hagenau als
ältester Rabbiner im Namen der Berufsgenossen und Rabbiner Dr. Dreyfuß
- Saargemünd für die Familie, worauf die sterbliche Hülle des Entschlafenen
neben der seiner Gattin und eines Sohnes, die beide vor zwei Jahren im Tode
vorausgegangen waren, in die Gruft gesenkt wurde. Ehre seinem Andenken!
1894 in Niederbronn im Elsass
geboren, hatte Dr. Ury das Gymnasium in
Buchsweiler, dann das Rabbinerseminar in Paris besucht, wirkte als
Rabbiner zuerst in Lauterburg,
später in Brumath, von wo aus er auch gleichzeitig an dem früher hier
befindlichen Rabbinerseminar als Lehrer der Exegese tätig war; bis 1900 war
er sodann Oberrabbiner in Metz, in welchem Jahre er hierher berufen wurde.
Als an Stelle des Landesausschusses der elsass-lothringische Landtag trat,
wurde er als Vertreter der drei Konsistorien in die erste Kammer gewählt; er
gehörte außerdem unter anderem dem Bezirksunterrichtsrat und dem Armenrat
der Stadt Straßburg an und war Ritter des roten Adlerordens 4. und des
Kronenordens 3. Klasse." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Oktober 1915:
"Oberrabbiner Dr. Adolf Ury.
Die äußeren Zeichen bürokratischer Organisation der Judenheit im Deutschen
Reiche sind bekanntlich überaus ungleichmäßig, so auch die offizielle
Stellung der jüdischen Geistlichkeit gegenüber der Öffentlichkeit und dem
Staate. Tatsächlich beschränkt sich ja doch wohl die Geltung einer Anzahl
von Rabbinern nord- und mitteldeutscher Kleinstaaten als Land- oder
Oberrabbiner auf eine gewisse Hervorhebung nach Titel und Ansehen. Anders im
Südwesten unseres Vaterlandes. Während Württemberg und Baden staatliche
eingerichtete und budgetmäßig dotierte israelitische Kirchenbehörden
besitzen, ersterer Staat sogar als selbstständige Abteilung des
Kultusministeriums, erfreut sich die zahlenmäßig starke und seit jeher als
statistischer Faktor schwer ins Gewicht fallende Judenschaft der Reichslande
einer gesetzlich durchgeführten vollen staatsrechtlichen Gleichberechtigung.
Über die mannigfach interessanten Verhältnisse der Glaubensgenossen
Elsass-Lothringens soll demnächst in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
ausführlich aufgrund längerer Nachforschungen neue Aufklärung geboten
werden. Heute hier nur so viel, dass jene anerkannte Ebenbürtigkeit sich
einerseits schon bisher in der den römisch-katholischen zwei Bistümern und
den leitenden Oberkirchenbehörden beider evangelischen Richtungen
gleichgeordneten israelitischen Konsistorien bekundete, andererseits durch
die Berufung des Straßburger Oberrabbiners als Vertreters dieser
Konsistorium in die erste Kammer des 1911 zuerst berufenen Landtags neben
den Bischöfen von Straßburg und Metz und den beiden Präsidenten jener
protestantischen Konfessionsorganisationen sichtbar und klar gekrönt wurde.
Als diesen ersten offiziellen Repräsentanten der israelitischen Bevölkerung
des jüngsten deutschen Bundesstaates im elsass-lothringischen "Herrenhaus"
berief man nun damals den Oberrabbiner Dr. Adolf Ury. Man begriff
leicht, wie man nicht jedes beliebige Mitglied des israelitischen Klerus auf
diesen wirklich exponierten Posten setzen konnte. Jetzt, wo der dazu
auserkorene Mann – am 24. August – gestorben ist, lehrt ein Rückblick, dass
er tatsächlich vortrefflich geeignet war, die vielfach schwierige Stellung
auszufüllen, welche in dem Grenzlande mit seinen arg verwickelten
politischen und gesellschaftlichen Zuständen der nominelle und faktische
oberste Verkörperer der einheimischen Judenschaft einnimmt.
Adolf Ury war ja ein Landeskind und mit den ungewöhnlichen Schicksalen
seines Heimatlandes eng verwachsen. Zu
Niederbrunn im Unterelsass,
der sofort bei Beginn der 70er Krieges viel genannten Ortschaft, am 14. Juni
1849 geboren, besuchte er die Schulen zu
Buchsweiler und Straßburg, dann die Rabbinatsschule in Paris und
vollendete in Straßburg seine Studien, die er außer mit der französischen
Rabbinerprüfung durch das philosophische Doktorat abschloss. Er wirkte als
Rabbiner zu Lauterburg unmittelbar
an der Pfälzer Grenze und hatte dasselbst noch an der französischen Grenze
Gelegenheit, mit den bezüglichen Verhältnissen in Altdeutschland bekannt zu
werden. Dann versah er das Rabbinat in Brumath, bis der als
vortrefflicher Priester und Beamter Erprobte Oberrabbiner für Lothringen
wurde. Als solcher blieb er, allerseits anerkannt, in Metz bis 1900, in
welchem Jahre er in der entsprechenden Eigenschaft in den größten,
judenreichsten und wichtigsten Kreis, nach Straßburg, übersiedelte. Hier
entfaltete er weiter eine ungemein segensreiche berufliche Tätigkeit, die,
über die nächstliegenden Pflichten seines Amtes wesentlich hinausgreifend,
die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Behörden auf den nichts weniger als
aufdringlichen Mann hinlenkte und ihn als die würdige und passende
Persönlichkeit auf den Platz führte, wo er mit ruhigere Überlegungen und
geschickter Energie das Wohl und Wehe seiner sozial und wirtschaftlich, aber
auch dogmatisch und sogar national so verschiedenen Glaubensbrüdern in
Elsass-Lothringen versorgt hat.
Kein Wunder daher, dass sein Tod ehrlich beklagt wurde und die Presse aller
Parteien und Konfessionen den Verstorbenen auch als einem Manne von edlem
Charakter und hoher Menschenliebe, nicht bloß als hundertfach bewährtem
Prediger des Gottesworts und der Glaubenstreue und Tröster zahlloser
bekümmerter Seelen, die rühmendsten Nachrufe widmete. So gestaltet es sich
auch seine Straßburger Beerdigung am 27. August zu einer höchst ehrenvollen
Kundgebung des Judentums in Stadt und Land. An der kirchlichen Feier in der
Konsistorialsynagoge nahmen unter anderem teil: der stellvertretende
kommandierende General Ritter Henschel von Gilgenheimb, der vortragende Rat
Geheimer Regierungsrat Dieckhoff als Vertreter des Statthalters,
Unterstaatssekretär für Kultus Dr. Frenken, der Präsident des Konsistoriums
Augsburger Konfession Freiherr von der Goltz sowie Vertreter des
Gouvernements, des Ministeriums und der Stadt Straßburg. Der Vertreter des
Bischofs von Straßburg, Generalvikar Prälat Jost begleitete den Leichenzug.
Auf dem Friedhof sprach neben mehreren Rabbiner der elsässischen
Oberrabbinate der Vorsitzende des israelitischen Konsistoriums Justizrat Dr.
Schmoll. so wurde ein verdienter Führer und Vertreter eines ganz
eigenartigen und altdeutschen Bestandteils der deutschen Judenheit aufs
würdigste zu Grab geleitet. Ehre und Frieden seinem Andenken!"
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Weiterer Bericht auf der
Seite zu Niederbronn.
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Zum Tod von Rabbiner Dr. Isaak Albert
Levy (1921)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 8. Dezember 1921: "Brumath (Elsass). Rabbiner Dr.
Levy ist im Alter von 55 Jahren verschieden." |
Aus der
Geschichte der jüdischen Schule und der Lehrer
Kurzbericht zur jüdischen Schule (1843)
Meldung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Juni 1843 (es
wird die schulische Situation in mehreren Gemeinden des Elsass kurz
beschrieben): "Brumath hat nur eine Privatschule, wozu die Stadt 250
Franc gibt; 33 Schüler." |
Zum Tod von Bernard Meyer, fast 40 Jahre lang Lehrer in
Brumath (1908)
Anmerkung: es wird nicht gesagt, in welchem Zeitraum Bernard Meyer Lehrer in
Brumath war, in Frage kommt zwischen ca. 1830 und ca. 1870
Artikel
in der "Neuen Jüdischen Presse" vom 2. Oktober 1908: "Paris. Im Alter
von fest 100 Jahren verschied in Villefranche Herr Bernard Meyer, der
40 Jahre lang in Brumath im Elsass als Lehrer wirkte."
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Vorsänger/Kantor Z. Klein wurde ausgezeichnet (1897)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. Januar 1897: "Bei dem Krönungs- und Ordensfeste hat Herr Reichsgerichtsrat
Behrend in Leipzig den Adlerorden 3. Klasse mit der Schleife, Sanitätsrat
Dr. Wolff, Kreisphysikus in Löbau, den Roten Adlerorden 4. Klasse und der
israelitische Vorsänger Klein in Brumath das Allgemeine
Ehrenzeichen erhalten." |
Lehrer Samuel wurde in Vertretung
des erkrankten Lehrers A. Levy nach Brumath berufen (1902)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Februar 1902: "Brumath.
Herr Lehrer Samuel, der früher in Hamburg tätig war, ist von
Düppigheim nach hier an Stelle des
erkrankten Lehrers Levy berufen worden." |
Ausschreibung der Stelle des
Kantors (1904)
Anzeige
in der "Neuen Jüdischen Presse" vom 28. Oktober 1904: "Brumath im Elsass
(5600 Einwohner, 78 jüdische Familien). Kantor mit guter Stimme und
befähigt, einen Chor zu dirigieren. Meldungen an Samuel Jules Herrmann."
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Kantor Z. Klein geht nach 44 Jahren in den Ruhestand (1905)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. November
1905: "Brumath im Elsass. Pensionierung. Nach 44-jähriger Tätigkeit
in der hiesigen Gemeinde ist Herr Kantor Z. Klein nunmehr in den Ruhestand
getreten." |
Lehrer und Kantor H. Weill wechselt von Hattstatt nach Brumath (1905)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Februar
1905: "Hattstadt im Elsass. Die hiesige israelitische Gemeinde
hat in letzter Zeit große Änderungen durchgemacht. Der allseitig
beliebte Kantor H. Weill, der auch ein vorzüglicher Sänger ist, wurde
nach Brumath berufen. Nun hat die Gemeinde auch noch eine neue
Verwaltungskommission erhalten. Der der frühere Präsident derselben vor
einiger Zeit sein Ehrenamt freiwillig niederlegt hatte, wurde eine Neuwahl
erforderlich. Diese fand vor einigen Tagen statt und wurde nicht nur ein
neuer Vorsteher, sondern sogar eine ganz neue Kommission gewählt,
bestehend aus den Herren Marx Bernheim, Präsident, Jules Ducas,
Adolf Levy, Henri Kirsch und Abraham Roth." |
"Unerhörter Vorfall" im Blick auf die Pension von Kantor Z. Klein
führt zur Pfändung der Synagoge (1910)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. Oktober
1910: "Straßburg. Einen Blick in das Leben einer kleinen
jüdischen Gemeinde gewährt ein unerhörter Vorfall in Brumath.
Dem Kantor Klein war, als er vor sechs Jahren nach 50-jähriger Dienstzeit
pensioniert wurde, von der damaligen Verwaltungskommission eine
lebenslängliche Pension von 500 Mark bewilligt worden, die ihm bis zum
laufenden Jahre auch ausbezahlt wurde. Die jetzige Verwaltungskommission
nun weigerte sich, die Pension zu zahlen, und so musste Kantor Klein die
Synagoge etc. pfänden lassen. Die Verwaltungskommission hat ihre
Demission eingereicht. Die Neuwahlen sind auf den 30. Oktober anberaumt
worden." |
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Artikel
in der "Neuen Jüdischen Presse" vom 28. Oktober 1910: Ähnlicher Bericht
wie im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt
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Artikel
in "Die Wahrheit" vom 4. Januar 1910: zum Lesen bitte Textabbildung
anklicken. |
Berichte aus dem
Leben der jüdischen Gemeinde
Einweihung des neuen Spitals mit
Brumath mit den Geistlichen der drei Konfessionen (1896)
Artikel
in der "Allgemeinen Israelitischen Wochenschrift" vom 11. Dezember 1896:
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken |
Vortrag in der
"Schekelzahlergruppe" (1914)
Artikel
in der "Jüdischen Rundschau" vom 13. Februar 1914: Zum Lesen bitte
Textabbildung anklicken |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über Rabbiner Samuel Ullmann an der
Emanuel-Gemeinde in New York, der seine Kindheit in Brumath verbrachte (1891)
Artikel in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 12. Februar 1891: Zum
Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
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Ein aufrichtiger Finder (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juni 1901: "Brumath
im Elsass. (Es gibt noch ehrliche Finder in Israel). Der Getreidehändler
Felix Weil von hier verlor kürzlich 840 Mark. Herr Abraham Meyer fand
das Geld und übermittelte es dem Verlierer ohne den ihm dargebotenen
Finderlohn anzunehmen. Auf die an ihn gerichtete Frage: welchen Finderlohn
er beanspruche, antwortete der ehrliche Finder: gar keinen, ich gebe ihnen
das Gefundene zur Ehre des Gebotes (Gottes) zurück, Gebote
werden in der Synagoge versteigert, außerhalb derselben aber sind Gebote
unveräußerlich." |
Nathan Heller wird bei den Gemeinderatswahlen als Gemeinderat gewählt (1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. Juli 1908:
"Straßburg. Die Gemeinderatswahlen haben auch eine stattliche
Anzahl Juden in die Stadtparlamente gebracht. Wir verzeichneten in der
vorwöchentlichen Nummer bereits eine Anzahl Namen. Es wurden ferner
gewählt:
Marc Blum, Max Frank und Fritz Meyer in Straßburg;
Gilbert Meyer, Abraham Bloch und Joseph Weil in Ingweiler;
David Levy in Dettweiler;
Nathan Heller in Brumath; Leo Ginsburger
in Uffheim; Dr. Leon Weill und
Arthur Moch in Hagenau;
Bernhard Baer und Leopold Klotz in Sulz
u.W.; Achille gen. Elie Weil in Bollweiler;
Jakob Schwab und Leon Bloch in Winzenheim;
Adrian Bloch und Ferdinand Dreyfus in Mülhausen;
Emil Weill in St. Ludwig;
Salomon Heimerdinger und Emile Picard in Grussenheim;
Silvani Beer und August Levy in Saarburg; Tuteur und Leiser
in Metz; Leopold Blum und Julien Levy in Umlingen, Felix Barth
in Forbach; Marcel Cahen und
Levy Aron in
Püttlingen." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Henriette Heymann (1844-1901, aus Brumath) und
Henry Heymann (1848-1911, aus Obernai)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn;
der Geburtsname von Henriette Heymann wird nicht mitgeteilt.
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Links Grabstein für "our beloved
mother Henriette Heymann
born in Brumath - Alsace Feb. 14, 1844
died March 16, 1901" sowie
"our beloved father Henry Heymann
born in Obernay - Alsace June 4,
1848
died Aug. 14, 1911" |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine erste Synagoge wurde 1801 erbaut. 1844/45
konnte eine neue Synagoge in der heutigen Rue de Général Rampont erbaut
werden, die 1922 renoviert wurde. 1936 hatte die Gemeinde noch 185 Mitglieder.
Während der NS-Zeit wurden die jüdischen Einwohner der Stadt mit den anderen
Elsässer Juden nach Südfrankreich deportiert. Die Synagoge - als
Lebensmitteldepot zweckentfremdet - und der Friedhof
wurden während schwer beschädigt.
Nach 1945 konnte die Gemeinde wieder
begründet werden. In den 1950er-Jahren ist die Synagoge restauriert und
1957 wieder eingeweiht worden. 1965 gehörten der jüdischen Gemeinde 70 Personen an.
Adresse/Standort der Synagoge: 28, Rue de Général Rampont,
67170 Brumath
Fotos
(linkes Foto obere Zeile: Hahn, Aufnahmedatum 16.4.2004;
die Fotos der mittleren Spalte aus Rothé / Warschawski s. Lit.; die drei Fotos
der rechten Spalte aus der Website des Ministère de la culture
s.u.).
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Die kleine Allee führt zum
Vorplatz
vor der Synagoge |
Eingangsbereich und westlicher
Giebel
der Synagoge |
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Innenaufnahmen mit Blick zum
Toraschrein |
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Blick von der
Frauenempore zum Toraschrein, rechts: die Kanzel der Synagoge |
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Neuere Fotos
(Fotos: Bernhard Kukatzki, Anfang 2012) |
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Blick zum Eingangsbereich |
Blick von Norden zur
Synagoge |
Blick von Süden zur Synagoge |
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Blick von
Südosten: die Apsis im Bereich des Toraschreines ist |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and DUryng the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Brumath
Bas Rhin dist. The Jewish population numbered 400 in 1865. In 1884, the
synagogue was inaugurated and then renovated in 1922. In 1936, the community
numbered 185 members. DUryng worldwar II, the local Jews were expelled to
the south of France and siv were deported. The synagogue and the cemetery were
badly damaged dUryng the war. In 1965, there were 70 Jews in
Brumath.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|