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in Bad Mergentheim
Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Bad Mergentheim wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Mehrere Texte sind noch nicht abgeschrieben; bitte zum
Lesen die Textabbildungen anklicken.
Hinweis: seit 1926 trägt die Stadt offiziell die Bezeichnung "Bad",
doch wurde diese Bezeichnung teilweise schon in den Jahrzehnten davor verwendet.
Übersicht:
| Allgemeine Beiträge zur jüdischen Geschichte in Bad
Mergentheim und zur Bedeutung der Stadt für jüdische
Kurgäste
- Allgemeiner Beitrag zu Mergentheim (1849)
- Zur jüdischen Geschichte in Bad Mergentheim
(1909)
- Bericht über Bad Mergentheim und seine jüdische Gemeinde
(1915)
- "Badebrief" über Bad Mergentheim: "Vom
deutschen Karlsbad" (Juli 1926)
- "Badebrief" über Bad Mergentheim: "Vom
deutschen Karlsbad" (August 1926)
- Die weitere Entwicklung Bad Mergentheims als Kurstadt
(1929)
- Bad Mergentheim auf einem medizinischen Kongress in Kairo
(1929)
- Jüdische Kurgäste können weiterhin zur Kur in die Stadt kommen
(1936) |
| Aus der Geschichte des Rabbinates in
Mergentheim
- Zum Tod
von Rabbiner Hirsch Kunreuther, Rabbiner in Mergentheim 1813 bis 1818
(1847)
- Rabbiner Salomon Wassermann wird pensioniert - Rabbinatskandidat
Max Sänger kommt nach Mergentheim (1855)
- Richtigstellung zu dem (korrekten) Verhalten des Rabbiners
anlässlich eines Todesfalles (1866)
- Rabbiner Dr. Max Sänger
wird an die königliche Tafel geladen
(1867)
- Rabbiner
Dr. Max Sänger verabschiedet sich vor seinem Weggang nach Hamburg auch
in seiner Heimatgemeinde Laupheim (1867)
- Rabbiner Dr. Max Sänger verlässt Mergentheim und tritt eine neue
Stelle in Hamburg an (1867)
- Das Rabbinat Mergentheim ist nach dem Weggang von
Rabbiner Dr. Max
Sänger neu zu besetzen (1867)
- Zur Ausschreibung des Rabbinates (1867)
- Rabbiner Samson Gunzenhauser
kommt von Buttenhausen nach Mergentheim
(1867)
- Predigt-Veröffentlichung von
Rabbiner Samson Gunzenhauser
(1870)
- Richtigstellungen im Blick auf Vorurteile gegenüber den
"württembergischen Rabbinen" sowie im Blick auf einen Vorgang in
Mergentheim (1881)
- Zum Tod von Rabbi David Sulzbacher (1887)
- Der Bezirksrabbiner aus Mergentheim raucht am Schabbat eine Zigarre
(1890)
- Rabbiner Samson Gunzenhauser stirbt bei einer christlichen
Beerdigung (1893)
- Dr. Hirsch Sänger wird Bezirksrabbiner von Mergentheim
(1893)
- Rabbiner Dr. Hirsch Sänger tritt sein Amt an (1894)
- Schreiben
von Rabbiner Dr. Hirsch Sänger an das Israelitische Kirchenvorsteheramt
Edelfingen (1903)
- Einweihung der "König-Wilhelms-Quelle" durch den König -
Rabbiner Dr. Hirsch Sänger ist eingeladen (1907)
- Zum Tod von Rabbiner Dr. Hirsch Sänger
(1909)
- Zum Tod von Betty Sänger, Witwe des
Rabbiners Dr. Hirsch Sänger
(1922)
- Dr. Moritz Moses Kahn wird neuer Rabbiner in Mergentheim
(1909)
-
Investitur
von Dr.
Moritz Moses Kahn in Mergentheim
(1910)
- Zur
Beisetzung von Klara Kahn, Gattin von Rabbiner Dr. Moritz Moses Kahn
(1934)
- Hochzeitsanzeige von
Rabbiner Dr. Kahn und Lina geb. Oppenheimer
(1937)
- Weitere Dokumente
zu Rabbiner Dr. Kahn
|
| Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und weiterer
Kultusbeamten
- Ausschreibung der Stelle des Schächters
(1871)
- Lehrer Hermann Schlesinger tritt in den Ruhestand
(1889)
- Zum Tod des Religionslehrers Raphael Fränkel,
Schwiegervater von Lehrer Hermann Schlesinger (1890, war Lehrer in
Obernbreit)
- Über
Lehrer Seligmann Pappenheimer (Lehrer in Bad Mergentheim von 1889 bis
1923)
- 70. Geburtstag von
Oberlehrer a.D. Seligmann Pappenheimer
(1930)
- Ausschreibungen der Stelle des Vorsängers und Religionslehrers
(1923 / 1924 / 1926 / 1929)
- Geburtsanzeige
des Sohnes von Lehrer Adolf Frankfurt und Emmi geb. Wechsler (1931) |
| Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und
Vereinsleben
- Unterstützung jüdischer Armer
in Bad Mergentheim durch christliche
Personen
und andere Mitteilungen, u.a. der Sohn des Mergentheimer Arztes Dr. Eichberg wird zum
Leutnant ernannt (1859)
- Gründung einer
Ortsgruppe des Verbandes der Sabbatfreunde
(1906)
- Beobachtungen anlässlich eines Manövers in Bad Mergentheim
(1909)
- Ein Eruv wird um den Kurpark gelegt (1922)
- Wahlen zum Vorsteheramt (1924)
- Bezirkstagung
der Agudas Jisroel Jugendorganisation des Bezirkes Mergentheim (1925)
- Vorbeterkurse in Bad Mergentheim (1926)
- Vortragsnachmittag
des Israelitischen Frauenvereins Heilbronn in
Mergentheim (1927)
- Vortragsabend mit Vortragskünstler S. Lywinsky (1928)
- Gründung eines jüdischen Jugendbundes unter Leitung von Moritz
Fröhlich (1927)
- Chanukkafeier des
Israelitischen Frauenvereins (1928)
- Vortragsabend der
Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer
Frontsoldaten (1928)
- Vortrag von Kurgast Lehrer Klein über "Das Alte Testament und
die Jugendbewegung" (1928)
- 75-jähriges Bestehen des Israelitischen Frauenvereins
(1928)
- 25-jähriges Stiftungsfest des
Synagogenchores
(1929)
- Fortbildungskurs der "Arbeitsgemeinschaft Israelitischer
Lehrer" in Bad Mergentheim (1931)
- Ausflug des
Synagogenchores von Bad Mergentheim nach Bad König
(1931)
- Chanukka-Feier des
Synagogenchores (1931)
- Bezirkstagung der "Freien Vereinigung für die Interessen
des orthodoxen Judentums" in Bad Mergentheim (1932)
- Vorträge im
Israelitischen Frauenverein (1933)
- Purimfeier des
Synagogenchorvereins (1933)
- Die jüdischen Turnerinnen schließen sich zu einer
Turngruppe
zusammen (1933)
- Über die Aktivitäten der
"Jüdischen
Arbeitsgemeinschaft" (1934)
- Spiele der I.
Fußballmannschaft des Reichsbundes jüdischer
Frontsoldaten Bad Mergentheim (1935)
- Bezirksversammlung der
Agudas Jisroel in Bad Mergentheim
(1936) |
| Berichte zu einzelnen Personen aus der
Gemeinde
- Über
den 1807 in Bad Mergentheim geborenen und später in Stuttgart tätigen Lehrer
und Kantor Moritz Eichberg
- Über
Rabbi Baruch und Rabbi Samuel Bonn (Großvater des Dichters Ludwig
Börne) sowie Rabbiner Salomon Wassermann, Rabbi Jehuda Iffri und Rabbi Seligmann Fechenbach
(Artikel von 1849)
-
Brutaler Raubüberfall auf Josef
Oppenheimer von Mergentheim zwischen Schweigern und Bobstadt (1873)
- Zum 100. Geburtstag von
Ludwig Börne
(1886)
- Über
Rabbi Baruch und Rabbi Samuel Bonn (Großvater des Dichters Ludwig Börne;
Artikel von 1904)
- Wie ein Mergentheimer Arzt dem Papst das Leben rettete
- Über
Ludwig Börnes Vorfahren in Mergentheim (Beitrag von Rabbiner
Dr. Aron Tänzer, Göppingen, 1924)
- Zum Tod von Moses Ifri
(1878)
- Zum Tod von
Rabbiner Lew Goldstein von Niederstetten
(1900)
- Diamantene Hochzeit von
Isack und Mina Schloss
(1906)
- Zum Tod von Isaak
Schloss (1907)
- Zum Tod von Mina Schloss (1911)
- Auszeichnung für
Unteroffizier Max Marx (1915)
- Todesanzeige
für Lehrer Bernhard Sichel (1915)
- Zum Tod von Haimann Marx (1915)
- Über Fliegerleutnant Max Pappenheimer (1918)
- Ein "Misrachi-Bild" von
Hermann Fechenbach
(1922)
- Der neue Misrach von
Hermann Fechenbach (1922)
- Rabbiner Dr. Ansbacher über das Werk von
Hermann Fechenbach
(1922)
- Ausstellung
von Werken Hermann Fechenbachs im Kunstgebäude in Stuttgart (1929)
- Über "Neue Werke jüdischer Graphiker", darunter
Hermann
Fechenbach - Beiträg von Theodor Harburger (1930)
- Über die Holzschnitte von
Hermann Fechenbach
(1932)
- Zum Tod von Abraham Pakelnischki (1922)
- Zum Tod von Karoline Wolf
(stammte aus München; 1924)
- Zum Tod von David Fröhlich (1925)
- 87. Geburtstag des
Kriegsveteranen Siegmund Kahn (1926)
- Durch ein Urteil des Reichsgerichts wird
Felix Fechenbach
rehabilitiert (1927)
- Aron Adler wurde in den Gemeinderat gewählt (1928)
- Zum Tod von Fanny Emanuel
geb. Iggersheimer (geb. in Mergentheim, gest. 1929 in Frankfurt )
- Zum Tod von
Helene Sulzbacher geb. Hopfenmeyer (1929)
- 60. Geburtstag von
M. Max Fechenbach, Vater von Hermann Fechenbach
(1930)
- 60. Geburtstag von
Albert Adler (1930)
- Zum Tod von Abraham Seligmann (1933)
- 80. Geburtstag von
Clara Ullmann geb. Ifri
(1933)
- Zum Tod von
Karoline Igersheimer geb. Blumenfeld (1933)
- 90.
Geburtstag von Joseph Heidelberger (geb. 1844 in Sennfeld, seit 1924 in
Mergentheim wohnhaft)
- Hugo Fröhlich wandert aus, die Leitung der Jüdischen
Arbeitsgemeinschaft übernimmt Dr. Selig Cohn (1934)
- Zum Tod von Gerson
Rothschild (1936)
|
| Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe
und Privatpersonen
- Anzeige
der Eisenwarenhandlung Simon Höchheimer (1869)
- Anzeige des
Eisen- und Spezereigeschäftes N. Hirsch
(1869)
- Anzeigen des
Eisengeschäftes der Gebr. Falk (1890 /
1901)
- Anzeige der Witwe H. Schloß (1898)
- Anzeige der
Mazzenbäckerei A. Fechenbach
(1901)
- Anzeige der
Lederhandlung L. Oppenheimer
(1904)
- Lehrlingssuche von
Emanuel Igersheimer (1906)
- Anzeige des Gasthofes-Hotels-Restaurants Fechenbach
(1911)
- Anzeigen des
Hotel-Restaurants Fechenbach (1924 /
25)
- Anzeige
des Restaurants "Spiegelsaal" (1925)
- Heiratsanzeige
von Max Fröhlich und Käte geb. Schwarzenberger (1927)
- Werbeanzeige
für die Kur in Bad Mergentheim (1928)
- Anzeige der Fa.
Hermann Adler (1928)
- Verlobungsanzeige
von Hedwig Hirsch und Max Katzenstein (1929)
- Werbeanzeige
für die Kur in Bad Mergentheim (1930)
- Verlobungsanzeige
von Fanny Oppenheimer und Siegfried Fröhlich (1934)
- Anzeige der Pension
Gerstner (1934)
- Verlobungsanzeige
von Selma Rothschild und Arno Katz (1936)
- Verlobungsanzeige
von Sara Kahn und Ludwig Adler (1936)
- Nach der Emigration: Hochzeitsanzeige von
Bella Strauss und John H. Lamm (1944) |
| Weitere Dokumente zu einzelnen jüdischen Personen /
Gewerbebetrieben
- Notariatsschreiben,
die Pflegschaft Rika Igersheimer betreffend (1831)
- Umschlag
eines Schreibens an Wolf Hirsch in Mergentheim (1878) |
| Sonstiges
- Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: Grabstein in New York für Emanuel
Oppenheimer aus Bad Mergentheim (1821-1922) |
Allgemeine
Beiträge zur jüdischen Geschichte in Bad Mergentheim und zur Bedeutung der
Stadt für jüdische Kurgäste
Allgemeiner
Beitrag zur Mergentheim (1849)
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 11. Mai
1849: "Mergentheim.
Dieses zwar kleine, aber sehr schöne Städtchen an der Tauber, ehemals
die Residenz des Deutsch-Meisters, hat eine uralte jüdische Gemeinde, die
unter der Regierung der Herren vom deutschen Orden, immer ruhig lebten,
und jetzt der Wohltaten der württembergischen Regierung sich erfreuen. -
Hier lebt noch im segnenden Andenken ein Brüderpaar, Rabbi Baruch und
Rabbi Samuel Bonn. Jener war Hofagent, dieser
Leibmedikus des letzten Deutsch-Meisters. - Rabbi Baruch - Großvater
Börne's - verewigte sein Andenken durch manchfache wohltätige
Stiftungen, indem Rabbi Samuel durch weise Leitung der Gemeinde und durch
das Ansehen, in welchem er bei seinem Fürsten stand, allen Juden in den
sämtlichen, weit ausgebreiteten Besitzungen des deutschen Ordens sehr nützlich
wurde.*)
*) Von Rabbi Samuel Bonn, hieß bloß Rabbi Samuel Doktor genannt,
erzählte man mir folgende Anekdote, die in den Familien-Papieren
desselben eingeschrieben sein soll.
Er begleitete einst den Deutsch-Meister nach Rom. Der Papst,
wahrscheinlich Oius VI., litt damals an einer schmerzhaften chronischen
Krankheit, die allen Anstrengungen der römischen Ärzte hartnäckigen
Widerstand leistete.
Der Deutsch-Meister wagte es, seinen eigenen Arzt dem Papste zu empfehlen;
und da es früher häufig vorkam, dass Päpste jüdischer Ärzte sich
bedienen, so fand der Vorschlag von Seiten des hohen Patienten keinen
Anstand. Rabbi Samuel wurde ins Consilium zu den Ärzten, die bisher die
Behandlung hatten, wo er nur nach vieler Mühe seinen Anordnungen den Sieg
verschaffen konnte. - Das Rezept wurde in die Apotheke geschickte. Bald
aber eilte der jüdische Arzt, wie von geheimer Macht dazu getrieben, in
die Apotheke des Vatikans, um zur Eile zu ermahnen. Er nahm die
halbgefüllte Phiole in die Hand, ob zufällig oder absichtlich vom Arzte
zerbrochen, wird nicht gesagt - es musste also die Arznei noch einmal
gemacht werden, der Arzt blieb zugegen, bis die Ingredienzien aus den
verschienenen Flaschen und Boiten zusammengesetzt und die Arznei gefertigt
war, die er alsdann mit sich nahm und dem leidenden Kirchenfürst brachte.
Aber er nahm auch die zerbrochene Phiole nebst dem Rest der Arznei, welche
sich noch darin befand, mit sich, nahm auf seinem Zimmer die Untersuchung
vor, und siehe - die Arznei war vergiftet worden. Der fromme Arzt, der
seine schnelle Ahnung mit Recht als eine Art von Offenbarung hielt, die
sein und vielleicht das Unglück vieler seiner Glaubensgenossen verhinderte,
feierte in Folge diesen Tag alljährlich durch Fasten und hielt immer an
den darauf folgenden Tag eine Art von Purim durch. |
Wenden
wir uns aber von den frommen Heimgegangenen zu den frommen Lebenden, die
der liebe Gott noch recht lange erhalten wolle. Hier zu Mergentheim traf
ich den dasigen ehrwürdigen greisen Rabbiner, Herr Salomon Wassermann,
ein Mann, der mit gründlichen und ausgebreiteten talmudischen Kenntnissen
ausgerüstet, auch in deutschen Arbeiten, und nicht ohne Glücke, sich
versuchte. (Wo ich nicht irre, geschieht seine Erwähnung in Zunzen's
'Gottesdienstliche Vorträge'.). - Herr Wassermann, ein ehemaliger Zögling
der Hochschule zu Fürth und ein Schüler des vor etwa 10 Jahren zu
Ansbach verstorbenen, wegen seinen ungewöhnlichen grammatikalischen und
mathematischen Kenntnissen, nicht weniger durch sein talmudisches Wissen
berühmten Rabbiner, Moses Höchheimer, besitzt noch jetzt in seinem 70.
Lebensjahre den Scharfsinn und die Lebhaftigkeit des Geistes, die die
bessere Gelehrten zu Fürth so vorteilhaft auszeichneten. Konversiert man
mit ihm über irgend einen in Briefwechseln einschlagenden
Gegenstand, so wird er so lebhaft und es folgt Einwurf auf Einwurf und
Beweis auf Beweis, dass man glauben sollte, er sei erst gestern von der Jeschiwa
gekommen.
Weitere persönliche Merkwürdigkeiten sind der Rentier Rabbi Jehuda
Ifri (Jffri), ein Gelehrter wie sie zu allen Zeiten zur größten
Seltenheit gehörten, und der ganz dem Studium der heiligen Wissenschaft
lebt. Ferner Rabbi Seligmann Fechenbach, ein Metzger von
Profession, von welcher Profession er sich auch anständig ernährt. Er
ist einer der scharfsinnigsten Köpfe, die mir je vorgekommen; ein
Gelehrter ersten Ranges, besitz er auch so viele höhere Handels- und
Finanzwissenschaften, die es ihm möglich machten, einen siegreichen Kampf
mit dem Ober-Steuerrat von Mohl - gegenwärtig bei der Nationalversammlung
in Frankfurt - zu bestehen.
Der Fall war dieser: Als vor zwei Jahren bei den Landständen über
Errichtung einer Bank und über Kreierung von Papiergeld verhandelt wurde,
trat Herr Ober-Steuerrat Mohl als Gegner dieses Projektes auf, und ließ
im Schwäbischen Merkur sehr lange und wahrscheinlich auch sehr gelehrte
Aufsätze deshalb erscheinen. Herr Fechenbach trat ihm aber entgegen und
zeigte, dass die Voraussetzungen des Herrn Mohl auf Irrtümer beruhen, und
dass dennoch auch seine Folgerungen falsch seien. - Gewiss ein Kampf
eigener Art, wenn ein Mann aus dem Schlachthause heraustretet, die
Schürze ablegt, an den Schreibtisch sich setzt, und in aller Eile einen
Aufsatz für den Merkur schreibt, welcher Aufsatz sogleich der Post
übergeben werden muss, damit der Eindruck, den die gelehrten Thesen eines
Ober-Steuerrats etwa auf die Mitglieder der Kammer gemacht haben durfte,
alsogleich wieder verwischt werde, und dieses Manöver eine Zeitlang fortsetzt,
denn der Herr Mohl ließ es an Suppliken nicht fehlen. Ist der Kampf
eigener Art, so ist der Sieg, den ein Handwerksmann einem Ober-Steuerrat
gegenüber in Finanz-Sachsen erringt, vielleicht ein
unerhörter." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 18. Mai
1849: "Noch verdienen bemerkt zu werden, die Familien Hirsch
und Iggersheimer, die aus sehr achtungswürdigen, gebildeten und dem
orthodoxen Judentum aufrichtig ergebenen Mitgliedern bestehen. - Der
hiesige Talmudverein (?) zählt sehr tüchtige Genossen, und
verwendet täglich mehrere Stunden dem Studium des Talmud, was ihr nur
darum möglich ist, weil ihre Mitglieder sehr wohlhabend sind.
Die weiteren Abschnitte dieser Seite beziehen sich nicht auf
Mergentheim. |
Zur jüdischen Geschichte in Bad Mergentheim
(1909)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
25. Mai 1909: "Die Juden in Mergentheim. Zum Gedächtnis der
100-jährigen Vereinigung des Fürstentums Mergentheim mit Württemberg am
29. April 1809 schreibt Herr Gustav Barth im 'Neuen Tageblatt' über Die
Juden in Mergentheim folgendes: 'Bekanntlich war es den Juden in den
tiefsten Zeiten des Mittelalters nur schwer möglich, eine
Heimstätte zu finden. In Mergentheim jedoch verstanden sie es schon im
13. Jahrhundert unter der wohlwollenden Regierung der
Deutsch-Ordens-Herren, sich niederzulassen, wurden zwar allerdings im Jahr
1298 verfolgt, sodass der damalige König Adolf (der Nassauer) durch
seinen Landfrieden die Verfolgung derselben abzustellen für nötig fand;
aber schon 1336 (nicht 1366) wurden die armen Juden in Mergentheim
und in der ganzen Gegend nicht bloß verfolgt, sondern von den Bauern
ermordet und ausgeplündert. Bald darauf nahm sich König Ludwig 1341
derselben insofern an, als er dem Deutsch-Orden in Mergentheim erlaubte,
sich daselbst 6 seßhafte Juden, welche er seine Kammerknechte nannte, zu
halten. Die Ruhe für das verfolgte Volk dauerte aber nicht lange. Anno
1349 wurden sie beschuldigt, die damals allgemein grassierende Pest, den
sogenannten schwarzen Tod durch die Vergiftung der Brunnen herbeigeführt
zu haben, und im ganzen Frankenland zog das Volk in Scharen gegen sie aus,
plünderte ihre Häuser und brachte sie um, wo man sie fand. Allein in
Rothenburg wurden mehrere hundert erschlagen, nur in Mergentheim ist man
wegen des vorhanden kaiserlichen Freibriefes milder mit ihnen verfahren;
die Chronik schreibt, dass die eigentliche Ursache gegen sie keine andere
gewesen sei, als weil sie wegen ihrer zunehmenden Reichtümer verhasst
waren. Bald darauf muss sich die Judenschaft wieder gut erholt haben, denn
als 1385 ein Mergentheimer Jude namens Abraham in Rothenburg in Verhaft
genommen wurde, nahmen sich die Herren Ulrich und Konrad von Hohenlohe mit
drei anderen Rittern, denen Abraham zuvor manche Freundschaft getan hatte,
seiner an und verbürgten sich für die von Rothenburg zu seiner
Freilassung, verlangte unerhört hohe Summe von 11.000 Gulden, wofür die
beiden Herren Hohenlohe noch obendrei ihre Stadt Weikersheim nebst Zubehörden
in Pfand gegeben mussten.
Mitte des 16. Jahrhunderts kam von den Deutsch-Ordenschen
Untertanen viele Klagen gegen die Juden, worauf sich der damalige
Kommentur Walter von Cronberg veranlasst sah, scharfe Mandate zu erlassen,
was anfangs des 17. Jahrhunderts wiederholt wurde, doch wurde ihnen
bald nach dem Dreißigjährigen Kriege erlaubt, eine Synagoge zu erbauen
und einen Rabbiner anzustellen; sie mussten aber für den ihnen von dem
Deutschorden gewährten Schutz jährlich 100 Gulden an die Pfarrkirche
bezahlen und elf herrschaftliche Jagdhunde sowie die nötigen Postpferde
halten. Ein fremder Jude, der nach Mergentheim kam, zahlte 4 Kreuzer, ein
reitender acht Kreuzer, für einen toten Juden mussten die Hinterbliebenen
dem Orden 1 Gulden bezahlen. Ihre Zahl betrug anfangs des 18. Jahrhunderts
zirka 70, 100 Jahre später etwas über 200. Einer der letzten Rabbiner
unter deutschordenscher Herrschaft war Simon Baruch, der Großvater Ludwig
Börnes, der einen Teil seiner Kindheit im großelterlichen Hause, dem
Rabbinat in Mergentheim
zubrachte." |
Bericht über Bad Mergentheim und seine jüdische
Gemeinde (1915)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 3. September 1915: "Bad Mergentheim, im August (1915). Das
Oberamtsstädtchen Mergentheim im lieblichen württembergischen Taubertale
war das Ziel meiner diesjährigen Erholungsreise. Mergentheim, ein
sauberes Städtchen mit zirka 4.500 Einwohnern - hiervon etwa 3.000
Katholiken, 1.200 Protestanten und 300 Juden -, schönen Giebelhäusern,
einem hübschen alten Rathause, einem Schloss - früher Residenz des
Deutschmeisterordens -, einem schattigen Schlosspark, besitzt eine
heilkräftige Quelle, die Karlsquelle, die dem Örtchen den Namen 'das
deutsche Karlsbad' eingetragen hat. Aber nicht von den Naturschönheiten
Mergentheims, noch von dessen Heilquelle will ich berichten, sondern von
der jüdischen Gemeinde des Ortes. Diese blickt, wie aus den
Inschriften von Leichensteinen, die gewissermaßen die Archive solcher
Gemeinden bilden, hervorgeht, auf ein Alter von 600 Jahren zurück. Die
Gemeinde hat sich unter der Herrschaft des Deutschmeisterordens, der ihr
wohlgesinnt war, gut entwickelt und dauernd vergrößert. Die hiesige
jüdische Gemeinde, welche seit dem Jahre 1806 zu Württemberg gehört,
wird von fünf Vorstandsmitgliedern verwaltet; der Rabbiner führt,
entsprechend der württembergischen Kirchenverfassung, in diesem Kollegium
den Vorsitz. Als Protokollführer amtiert der Vorbeter, der zugleich der
Vorsitzende-Stellvertreter ist. Die Gemeinde hat eine schöne Synagoge,
die im Jahre 1912 renoviert worden ist. Die Mitglieder der Gemeinde leben,
was mir besonders angenehm auffiel, in bestem Einvernehmen miteinander.
Hier sind weder Neid noch Missgunst zu finden, was viel sagen will. Die
bei weitem größte Anzahl der hiesigen Juden lebt nach alter Tradition
gemäß; die Geschäfte der jüdischen Kaufleute sind an den Sabbaten, bis
auf geringe Ausnahmen, geschlossen. Was mich aber ganz besonders erfreute,
ist der Umstand, dass hier tiefster konfessioneller Friede herrscht.
Aber die hiesigen Juden unterscheiden sich auch weder in Sprache noch in
sonstigem Gebaren von ihren andersgläubigen Mitbürgern. - Ich bin fest
davon überzeugt, dass lediglich hierdurch Frieden und Eintracht
gefördert werden. Ich mag meine Mitteilungen nicht ohne den Wunsch
schließen, dass solches Verhalten unserer Glaubensgenossen vorbildlich
wirken möge, denn dies ist das beste und wirksamste Mittel, um dem
Antisemitismus die Wurzeln abzugraben. Nathan Cohn,
Berlin." |
"Badebrief" über Bad Mergentheim: "Vom deutschen
Karlsbad" (Juli 1926)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
22. Juli 1926: "Vom deutschen Karlsbad. (Ein unpolitischer
Badebrief.).
Bad Mehrregenheim, 4. Juli (1926). Es ist kein Druckfehler. Es schien
mir dies der richtige Name für das Bad zu sein, in dem bei meiner Ankunft
der liebe Gott alle Schleusen des Himmel geöffnet hatte, sodass die Arche
des Kurhauses nicht ausreichte, um die schutzsuchenden Männlein und
Weiblein aufzunehmen und der Boden zwischen den Alleen aussah wie eine
schlecht abgewaschene 'Fangopackung' - Mergentheimer Kurspezialität -.
Kaum hatte ich aber die provozierende Überschrift auf dem Papier, als die
Sonne durch all die grauen bleibeschlagenen Wolkenbänke brach, lachend,
strahlend, zwickelnd, glitzernd, ja sengend, und alles hob mit ihr den
Kopf, lachte und strahlte, vom Herrn Kurdirektor und dem betressten
Hotelportier bis zu den roten Rosen in der Schlossgartenallee und den
Weißfischen, die im Flachwasser unter der Holzbrücke mit geöffnetem
Munde der von den Kurgästen zugeworfenen Brocken harren. Dann tat ich,
was alle taten. Legte Feder und Konzept beiseite und ging hinaus, der
Sonne nach, den Vögeln nach, die herrlichen Alleen entlang unter dem
Baldachin der Akazienblätter, im Dufte der Tannennadeln, längs der im
Abendglanze kristallglitzernden Tauber, indes am Hange rechts die Lichter
des Waldhäuser 'Ferdinand' und 'Waldeck' wie die Riesenglühwürmer in
die Landschaft leuchteten. Manch trübgeregnetes Gemüt, das gestern noch
missvergnügt witzelte: 'Mer - gehn - Heim', sagte heute umgestimmt: 'Mer
- gehen - net - Heim.'
Man hört des öfteren sagen, Mergentheim sei das deutsche
Karlsbad. Karlsbad liegt für mich - und auch für andere - hinter böhmischen
Bergen. Aber wer Mergentheim im Sonnenscheine gesehen, wird mit mir
versucht sein - falls eine Ähnlichkeit zwischen beiden Bädern
konstatierbar - Karlsbad das tschechische Mergentheim zu nennen.
Der Tag beginnt hier, wie auf allen Kurplätzen, mit dem Morgentrank am
Brunnen, wo die Kurkapelle auch an den 'neun Tagen' nicht gerade 'Eli
Zion' spielt und die Menschen, das Glas in der Rechten, sich einander eine
zeitlang in den Weg laufen, bis sie, na, man weiß ja ... Dann läuft
alles programmmäßig ab. Man frühstückt, badet, wird 'gepackt', ruht,
schwitz und ruht wieder, hat bei Tisch dann Gelegenheit, so zwischen
Fleisch und Nachtisch, den Zuckergehalt, die Gallensteineanzahl seiner
lieben Tischnachbarn zu erfahren, auch das Soll und Haben. Am Nachmittag
ist es entweder so tropisch heiß, dass man sich nicht aus dem Hause wagt,
oder es regnet so beharrlich, dass man sich ins Haus flüchtet. Die Abende
sind schön, märchenhafter als alle Märchen, die ich kenne. Man
verbringt sie entweder im Kurgarten bei Mozart und Beethoven oder in einem
der vielen Biergärten, mit Gleich- oder Ungleichgesinnten in mehr oder
weniger friedlicher Unterhaltung. So weit alles wie 'in der Welt überall,
wohin die Menschen kommen ohne ihre Qual.' Aber es kommt hier noch ein
Neues hinzu, das auch für die Hebung des Gesundheitsstatus, dem hier
alles lebt, nicht unbeträchtlich in Gewicht fällt: das jüdische
Mergentheim. |
Mergentheim,
als Stadt mit ihren Türmen, Schlössern, Brunnen und Brücken und
allerlei monumentalen Zeugnissen historischen Geschehens, so
altfränkischinteressant wie das Bad neuzeitlich ausgebaut und liebevoll
gepflegt, beherbergt bei seinen fünf- oder sechstausend Bürgern über siebenzig
jüdische Familien, die fast alle noch, wie man hier so sagt, um
'guten alten Geschlechte' zählen. An alten und neuen Pfosten kleiner und
großer Außentüren zeigt die Mesusah sichtbar das jüdische Heim und
eine scheitelgekrönte Matrone schaut hie und da zum Fenster hinaus auf
die sommerlich belebte Kleinstadtstraße. Wem es liegt, kann hier, statt
um sieben beim Brunnen, schon um sechs morgens mit dem gemeinsamen Gebete
seine Kur beginnen, und wenn abends nach sieben das Konzert im Kurgarten
zu Ende ist, kann man, bevor man sich an die Abendtafel setzt, die schmale
alte Gasse hinaufwallen und durch den unscheinbaren Scheunenhof in
die mehr interessant, denn schön gebaute und bequem eingerichtete Synagoge
eintreten, um das Tagesprogramm mit gemeinsamem Abendgebet und sogar einem
labenden Trunk, gereicht vom Herrn Rabbiner aus dem Lebenssprudel
alter Lernhäuser, abzuschließen. Wie vollgefüllt sind die Reihen, in
denen die Pulte zu hoch und die Sitze zu tief sind, am Freitagabend und
Sabbat! Nichts von den Kriterien und jüdischen Lebensmöglichkeiten einer
echten, rechten, alten Kehilloh fehlte. Ein zuverlässiger Eruw, eine
jüdische Konditorei, eine zuverlässige Wurstlerei. Im Hotel
Fechenbach, wo jüdische Gastfreundschaft die starre Hotelform
sprengt, wird bei peinlichster ritueller Genauigkeit auf bestmögliche
Verpflegung in schönster moderner Aufmachung gesehen. Ein jüdischer
gesetzeskundiger Arzt von herrlichen menschlichen und jüdischen
Qualitäten weiß bei der Kurverordnung auch auf die jüdische und religiöse
Einstellung eines heilungs- und erholungssuchenden Kurgastes
bestens einzugehen. So arbeiten Hotel und Arzt, Stadt und Bad,
Kurverwaltung und Gemeinde zusammen, dem Kurbedürftigen angenehmen und
nutzbringenden Aufenthalt zu sichern. Wert Mergentheim einmal entdeckt hat
- es ist noch nicht genügend entdeckt - kommt wieder schon aus
Dankbarkeit. Und noch eines. Man sieht hier keinen Aufwand, keine
'Toiletten'. Man sieht sie auch anderswo manchmal nicht... Aber dort liegt
das Ärgerliche in dem, was man nicht sieht. Hier ist das Eichfache, das
Unauffällige wohltuend. Gutes Bürgertum dominiert, besserer Mittelstand,
einige Lehrer von ernstem Streben, ein paar Akademiker ohne
Gelehrtendünkel, Kaufleute, die mehr Prozente an Zucker als von ihren
Friedenspapieren haben. Und kaum einer dabei, der es nicht nötig hätte.
Alles ist auch hier auf diese Mittellinie der Börse eingestellt. Von der
Kurtaxe und den Bäderpreisen, die stets mit irgend einem 'Abzug'
berechnet werden, bis zu den ganz unkurgemäß zivilen Preisen in den
Hotels und Cafes. Und über allen ruht wie ein weicher Seidenschleier die
gutschwäbische Gemütlichkeit. Der Polizeidiener sagt 'Grüß Gott!' Der
Herr Notar wünscht: 'Gute Zeit!'. Das Mädchen am Badeschalter lacht und
kennt jeden Kurgast beim Namen. Am 'Brückenkopf' (am Kopfende der
schmalen Holzbrücke) sitzt die Frau mit dem Strumpf in der Hand vor der
großen Waage, davor mit großen Lettern geschrieben steht: 'Hier kenne
d'Leit gwoge wärre. 10 Pf.'. Es ist eine gute Frau, die für ein kleines
Trinkgeld ab und zu - je nachdem, ob jemand ab- oder zunehmen will - geben
kann...
Nun leuchtet seit acht Tagen herrliche Sonne über die mattblauen
Waldhöhen hinunter zur Talmulde, dass sie, vom zackigen 'Waldeck'
gesehen, wie ein Kessel voll flüssigen Goldes ausschaut. Die
Gewitterwolken, die sich jetzt erfrischend mit Licht und Lärm entladen,
als wollten sie polternd den Goldkessel waschen, erhöhen nur die Lust.
Sie jagen uns für eine Stunde unter Dach und drücken mit das angefangene
Konzept wieder in die Hand.
Indess, die Überschrift passt nicht; denn schon heitert sich's im Westen
auf und durch die reine Luft hallen und locken Töne und Klänge, wie sie
zwischen den hohen, grauen Mauern der Großstadtstraßen nie gehört
werden. Es ist nun Zeit, dass ich die Feder aus der Hand
lege.
Der nächste Brief beim nächsten Regen. Hoffentlich nicht
sobald!..." |
|
Hinweis: der Teil II des
"Badebriefes" über Bad Mergentheim ist ein Bericht über die jüdische
Leben in Edelfingen. |
"Badebrief" über Bad Mergentheim: "Vom
deutschen Karlsbad" (August 1926)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
19. August 1926: "Vom deutschen Karlsbad. III.
Jahrhundertfeier. Der eigene Reiz eines kleinen Badeortes liegt in der
engen Berührung von Dorf und Stadt, in dem lieblichen Gemisch von
ländlicher Geruhsamkeit und mondäner Betriebsamkeit. Mit Holzlatten
schadhaft umhegter Kraut- und Gemüsegarten grenzt hart an die herrlich
angelegte Akazienallee, Dunggeruch aus dem Bauernhofe reicht bis zum
Parfüm im teppichbelegten Vestibül des Grandhotel. Dörfisches Stilleben
und Großstadtglanz reichen sich die Hand.
Wenn ich morgens zum Fenster meiner Wohnung hinausschaue, dann sehe ich
auf ein dürftig gepflastertes längliches Dreieck, umsäumt von alten,
hübschen Häuschen, auf denen das spitze Dach wie eine Nachthaube mit
langer Quaste auf einem müden Kopf bis zu den verschlafenen Augen sitzt.
In der Mitte des Platzes ein barocker, monumental ummauerter Brunnen mit
Figuren, die Heilige und Ritter darstellen. Das Kopfende des Dreiecke
nimmt, als hätte sie den Vorsitz in diesem Bereiche, eine alte einfache
schlossartige Kirche ein. Unten am Fußende schließt eine langgebaute
Wirtschaft, die sich merkwürdigerweise 'Zur Rose' nennt, die Partie ab.
Ein paar Bäckerläden, ein Friseurladen, eine kleine Buchhandlung mit
Ansichtskartenauslagen füllen die Fronten hüben und drüben aus.
Zwischen Brunnen und Mauer, die zur alten Kirche führt, kauen behaglich
zwei Esel, an einen Milchwagen gespannt, ihren Morgenimbiss. Langsam geht
die Erkertüre des Friseurladens in die Höhe. Ein dralles Mädchen,
einfach und ländlich, kommt mit einer Milchkanne über den Weg. Bauern
rollen mit kleinen Wägelchen über den Platz und biegen durch den
Torbogen der Kirche zum großen Markte zwischen Rathaus und Kirche ab, wo
sie ihr Obst und Gemüse auslegen. Alles hübsch ländlich, dörfisch,
unverfälscht die Menschen wie die Dinge.
Und nur wenige Meter weiter geht man durch den Schlossgarten und über das
Brücklein, dem Eisenbahndamm entlang, und ist mitten im wogenden
Menschenhaufen um die Karlsquelle und den Wilhelmsbrunnen vor dem
stattlichen Kurhauspalast, wo die Kapelle schon morgens um sieben Mozart,
Beethoven, Lortzing, Tschaikowski und Johann Strauß spielt, wo
mannsgroße Plakate an allen Ecken Reunions, Tanztees, Konzerte und
Abendgesellschaft ankündigen. Auf dem Theaterzettel stehen 'Madame
Butterfly' und die 'Königin der Nacht'. Es ist Großstadtleben, kleines
Weltbad. Nachmittag: Der Dreieckplatz brütet in praller
Sonne. Ein Bauer kommt mit vollbeladenem Heuwagen des Weges gefahren.
Hinter ihm bellt ein Hund. Ein Mädchen holt aus dem Bäckerladen drüben
ein frisch gebackenes Brot. Barfüßige Bauernjungen tummeln sich um den
Brunnen und setzen sich abwechselnd auf die Rücken der steinernen
Heiligen und der lebendigen Grautiere, die immer noch ohne sichtlichen
Grund dastehen und kauen. Aber ein paar Schritte weiter, am Bahnhof, im
Kurgarten, in den Promenaden, in den Häusern an den Hängen singt und
spielt und tanzt und tobt die Großstadt.
Ich wüsste nichts davon zu erzählen, wenn nciht auf diesen kleinen
Badeplätzen es einmal so wäre, dass auch 'ein Mann, der nicht tanzen
kann', ganz unschuldig in diesen Wirbel hineingezogen wird. Man geht
nachmittags ahnungslos in einen Garten, um seinen Tee oder seinen 'Schwarzen'
einzunehmen, sitzt still und arglos an seinem Marmortischchen und lobt die
Stille und Feierlichkeit der Natur. Da erhebt es sich plötzlich und
unerwartet, orkanartig. In irgendeiner bisher unsichtbaren Ecke erschallt
Musik. Ein Mann bläst in ein vorsintflutliches Instrument, das aussieht,
wie Großvaters lange Pfeife und doch keine ist, ein anderer schlägt
wütend in Pauke und Trommel und selbst das friedliche Haustier, das
Klavier, macht, unter wuchtigen Schlägen eines handfesten Mannes mit. Aus
all dem entsteht Höllenlärm, und schon bewegen sich die Paare und rennen
dich mitsamt deinem Tischchen und deinem 'Schwarzen' einfach über den
Haufen. Das Ganze wird dann Jazz oder Foxtrott oder Tango genannt oder mit
sonst irgendeinem Worte bezeichnet, das in keinem Duden zu finden ist.
Für diesen organisierten Wahnsinn hat die deutsche Sprache - zu ihren
Ehren sei es gesagt - noch keinen Ausdruck.
Vormittags 'Fango', nachmittags 'Tango!'. Womit aber nicht gesagt sein
soll, dass letzteres wie ersteres eine Mergentheimer Spezialität sei. Man
muss zugeben, dass gerade in Mergentheim im Vergleich zu anderen
Bädern |
der
Tanzkult noch ziemlich mäßig betrieben wird. Und es muss zu Ehren
Mergentheims konstatiert werden, dass auch ernste Kunst hier weit
heimischer ist als in vielen anderen Bädern des In- und Auslandes. Die
Kurkapelle - unter Leitung eines Herrn Kahn - steht auf ansehnlicher Höhe
und wagt sich mit bestem Erfolg an die schwierigsten musikalischen
Aufgaben heran. )In der großen stallartigen Turnhalle, wo Meister Kühn
mit einer Beharrlichkeit, die seinem Namen Ehre macht, unter primitivsten
Verhältnissen mit Hilfe einer kleinen Künstlerschar sogar klassische
Stücke herausbringt, kommt auch der verwöhnteste Großstädter auf seine
Rechnung. Nun hat Mergentheim - fast wie Bayreuth, Heidelberg oder
Salzburg - sogar seine Festspiele. Aus Anlass des
hundertjährigen Bestehens des Bades.
Die Gesundheitsquellen von Mergentheim sind vor hundert Jahren von einem
Schäfer entdeckt worden, richtiger von seinen Schafen. Es war nämlich
so, dass die Schafe, die über die Äcker zur Weide getrieben wurden, an
einer Stelle immer stehen blieben und nicht wegzubringen waren. Der gute
Schäfer gab als der klügere nach, blieb auch selber stehen und
untersuchte den Grund der Verkehrsstockung innerhalb seiner sonst so
frommen und willigen Gemeinde. Mit dem Instinkte des erdverbundenen
Schäfer fand er bald den Salzgeruch und Salzgeschmack des durch den Sand
schmal rieselnden Wässerleins heraus. Dann kamen die Architekten und
Ingenieure, weniger findig wie der Schäfer, aber ausgestattet mit ihren
Röhren und Pumpmaschinen und holten das Wässerlein aus dem Boden, dass
es in lustigem Sprudel aufschieße. Und da es einmal im Leben so ist,
dass, wenn eine Sache mit Schafen beginnt, ihr bestes Gedeihen
gesichert ist, so haben wir nun hundert Jahre Bad Mergentheim, hundert
Jahre der Heilwirkung für die kranke Menschheit, hundert Jahre frommer
Wallfahrt gläubiger Menschen, die zu dem Gesundheitsbrunnen von Bad
Mergentheim Jahr für Jahr pilgern, um neue Kraft für Nerven und Nieren
und vieles andere zu schöpfen. Für alles weitere sorgte die Regierung,
der Staat, die Stadt, die Aktiengesellschaft und die Kurverwaltung. Neue
herrliche Bauten wuchsen aus der Erde, Promenaden und Anladen wurden aus
steinigem Boden gezaubert, Hotels und Villen entstanden. Sogar ein Wald
wurde aufgeforstet, in dessen Schatten aber erst unsere Enkel ruhen
werden. Und wie alles aufs beste wie aus Gotteshand gestaltet war, kamen
die Badeärzte hinterher und entdeckten die universelle Heilkraft der
Quellen und Bäder - für Leber, Magen und Darm, für Galle, Zucker und
Nerzen, gegen Korpulenz und Magerkeit, gegen Trägheit und
Reizbarkeit der Verdauungsorgane, kurzum für und gegen alle Krankheiten,
die seit je existierten und eventuell von einer späteren Wissenschaft
noch entdeckt werden sollten...
Für die Jahrhundertfeier hat ein heimischer Dichter, Hans Heinrich
Ehrler, ein Festspiel gedichtet, das am Sonntag den 15.
August neben vielen anderen Festveranstaltungen auf der Freilichtbühne im
Hofe des mittelalterlichen Deutschordensschlosses von Dilettanten
und Schauspielern vor großer Zuschauermenge zur Hauptaufführung kam.
Damit aber auch die anderen Kurgäste, die mit ihren Beschwerden nicht
grade zur Jahrhundertfeier kommen, etwas davon haben, durften wir schon an
vorhergehenden Sonntagen das Festspiel auf der Freilichtbühne genießen.
Es besteht aus einem Rahmenspiel aus dem Jahre 1219 und schließlich aus
einem Nachspiel aus 1826. Das Vorspiel passt zum Binnenspiel, wie
die beiden Spiele zum Nachspiel und das Ganze zum Festanlass, wie das Dorf
zur Großstadt, der ländliche Heuwagen zum Kurgarten, der Esel am
Milchwagen vor dem Brunnen zur Reunion, und dennoch rollt sich ein
schönes, buntes Bild ab, das von viel Kunstsinn und Heimatliebe zeugt.
Ritter treten in der zweiten Szene auf, direkt aus Jerusalem vom Kreuzzuge
kommend, erzählen von ihren Erlebnissen, legen Gelöbnisse ab für Kirche
und Heimat. Und das alles so sentimental harmlos, dass der
Geschichtskundige und gar der Kenner jüdischer Geschichte, der mit dem Kreuzzug
ganz andere Vorstellungen verbindet, wünschte, all die Herren
Ordensritter von damals hätten ihr Lebtag nichts anderes getan, als hier
von der oberen auf die untere Bühne zu wandeln, Schwüre mit kühn ausgestrecktem
Pappdeckeldegen in die Luft zu senden und Artigkeiten den aufgeputzten
Damen zu deklamieren. Wie gut das alles gemeint ist, zeigt am besten der
Umstand, dass gute jüdische Bürgerstöchter zum Mitspielen
herangezogen sind und ganz ausgezeichnet den Ordensrittern bei ihren
feierlichen Eiden für Kirche usw. sekundieren. Dann tritt im Nachspiel
der Kolumbus Mergentheims auf, der historische Schäfer von 1826,
der, im Gegensatze zum richtigen Kolumbus, nicht das Land, sondern das Wasser
entdeckt hat, und spricht einen von Hans Heinrich Ehrler verfassten
Prolog. Was ist natürlicher, als dass Schäfer im Kreise ihrer weidenden
Schäflein Prologe in Reim und Rhythmus und Jamben sprechen! Ein
rieselndes Geräusch, die Quelle ist entdeckt, und allerliebste
Brunnenmädchen stehen mit Schalen in der Hand, singen und rezitieren.
Dann setzt - wenn man dem Programm glauben soll - 'edel pathetische Musik'
ein. Keine Kleine, die mit dabei ist, ist vom Schlusse unbefriedigt. Sie
fragt andauernd: 'Wo bleiben die Schafe?'
Es ist eine harmlose unschuldige Sache, die den Leuten, zunächst den Darstellern
selbst, ungeheuer viel Vergnügen macht. Und man hat alles in allem einen
sehr hübschen Nachmittag verlebt. Diese Hundertjahrfeier verdient
auch in jüdischen |
Zeitungen
erwähnt zu werden. Hundert Jahre Heilarbeit, hundert Jahre Kampf gegen
die Krankheitskeime in Leber, Galle, Magen. Galle, Zucker - schon an sich
eine gut jüdische Sache! Kommt noch hinzu, dass Mergentheim bereits vor
hundert Jahren eine blühende jüdische Gemeinde hatte mit allen
jüdischen Lebensmöglichkeiten, was selbstverständlich von Anfang an
eine besondere Zugkraft auf jüdische Patienten und Erholungsbedürftige
ausübte. Stadt und Kurverwaltung wissen dieses Moment zu schätzen. Bei
Einweihung eines neuen Brunnens am Festtage sprach neben den beiden
Geistlichen der zwei Konfessionen auch der Herr Rabbiner.
Es würde dieser Anlass sogar zu einem kurzen Rückblick reizen auf die
hundertjährige Entwicklung der jüdischen Dinge in Mergentheim und
überhaupt in Württemberg, wo die Welle der Reform gleich zu Anfang mit
größter Wucht einsetzte und dann im Flachwasser einer Zwangsorganisation
in Form einer staatlichen Kirchenbehörde stecken blieb. Das jüdische
Element war und ist, wenigstens in den Mittel- und Kleingemeinden, noch
von so echtem Holze, dass ihm alle Anstürme im wesentlichen nichts machen
konnten. Doch darüber ein anderes
Mal." |
Die weitere Entwicklung Bad Mergentheims als Kurstadt
(1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7.
Februar 1929: "Bad Mergentheim. Die von Jahr zu Jahr gewaltig
zunehmende Frequenz (mit der Saison 1928 wurde das Dreieinhalbfache
der höchsten Vorkriegszahl erreicht!) macht den ständigen Ausbau der
Unterbringungsmöglichkeiten nötig. Jedes Jahr entstehen weitere
Hotelbauten, Sanatorien und Pensionen. Auch während des diesjährigen
Winters ist eine große Anzahl Neu- und Erweiterungsbauten vorgenommen
worden, sodass Bad Mergentheim in jeder Beziehung für die Saison 1929
gerüstet ist. Die am 20. Februar öffnende bekannte Kuranstalt
Hohenlohe (Direktion W. Maier) hat ebenfalls Verbesserungen
vorgenommen und besitzt mehr Raum zur Unterbringung als bisher."
|
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. März 1929: "Bad Mergentheim. Die gewaltige
Entwicklung dieses Bades macht es notwendig, jedes Jahr einen neuen
Prospekt herauszubringen, um auf die mannigfaltigen Neubauten,
Veränderungen und Verbesserungen gebührend aufmerksam zu machen. Das
für die Saison 1929 gültige Material ist in diesen Tagen erschienen und
uns heute zugegangen. Es besteht aus einem sehr geschmackvollen Prospekt,
der auf farbigem Umschlag das bekannte Ritterbild Bad Mergentheims zeigt
und sehr reichhaltigen und interessanten Bilderschmuck aufweist. Besonders
bemerkenswert sind die ausführlich gehaltenen Heilanzeigen, die im
vergangenen Jahre durch eine große Anzahl der bekanntesten deutschen und österreichischen
Internisten neu aufgestellt worden sind. In einem besonders umfangreichen
Heft, das eine Gesamtansicht des Bades zeigt, werden die
Unterbringungsmöglichkeiten eingehend
geschildert." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18.
April 1929: "Vor fünf Jahren war es doch noch recht wenig
bekannt, das nun so berühmte Bad Mergentheim - und dies ist
eigentlich der einfachste und beste Beweis für die unübertreffliche
Heilkraft seiner Quellen. Nicht umsonst haben sich im vergangenen Jahre
die bedeutendsten Internisten der deutschen und österreichischen
Universitäten dort eingefunden, um an Ort und Stelle die Wirkung zu
prüfen und für seine Indikationen eine genau wissenschaftliche Formel
festzusetzen. Doch lassen wir sie selbst darüber sprechen. In Bad
Mergentheim ist in den letzten Jahren eine völlige Neuorganisation aller
wesentlichen Einrichtungen durchgeführt worden. Da das Bad in seiner
Entwicklung durch keinerlei nichtärztliche Rücksichten festgelegt war,
so ergab sich hier die seltene Möglichkeit, großzügige, mustergültige
und jedem Anspruch gerecht werdende Neuschöpfungen vollständig
einheitlich nach fachärztlichen Ratschlägen ins Leben zu rufen. Es
stehen somit neben den in Deutschland einzig dastehenden Quellen
Kurhäuser, Sanatorien und Pensionen zur Verfügung, welche in
individueller Weise sowohl den gesundheitlichen wie den sozialen
Ansprüchen weitester Kreise zu genügen imstande sind.
Aber nicht die Heilkraft seiner Quellen allein ist es, die Bad Mergentheim
zu einem solchen Anziehungspunkte macht: Es ist das Gefühl des
behaglichen Geborgenseins, das die gemütliche, ehemalige
Deutschordensresidenz und die interessante Umgebung des alten
schwäbisch-fränkischen Kulturkreises in jedem Kurgast auslöst.
Rothenburg, Dinkelsbühl, Würzburg, Wertheim, Creglingen mit dem besten
Werk Riemenschneiders, Weikersheim, die idyllische Hohenloheresidenz,
Langenburg, Seelchens Heimat, Amorbach, Miltenberg. Kaum sind die
Schönheiten alle aufzuzählen, die sich den Kurgästen Bad Mergentheims
darbieten, nciht zu vergessen im Frühling die bezaubernde Fahrt durch das
blühende Jagst- und Neckartal nach dem vielbesungenen
Heidelberg." |
Bad Mergentheim auf einem medizinischen Kongress in
Kairo (1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
21. Februar 1929: "Bad Mergentheim in Kairo. Als
einziges deutsches Bad war Bad Mergentheim auf der Ausstellung des großen
internationalen medizinischen Kongresses in Kairo vertreten. Der
Stand, der berechtigtes Aufsehen erregte, wurde bei der Eröffnung der
Ausstellung von König
Fuad I. eingehend
besichtigt. Als besondere Anerkennung wurde Mergentheim durch den ägyptischen
Unterrichtsminister eine Medaille überreicht." |
Jüdische Kurgäste
können
weiterhin zur Kur in die Stadt kommen (1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. Juni 1936: "Bad Mergentheim, 4. Juni (1936). Man
schreibt uns: Schon seit Monaten hat hier das Kurleben mächtig eingesetzt
und lockt zahlreiche Besucher hierher, welche sich hier wohl fühlen und Linderung
und Heilung ihrer Gebrechen finden. Jüdische Kurgäste sind gleichfalls
willkommen und können ohne Weiterungen ihre Kur machen. Zahlreiche
jüdische Häuser bieten neben der rituellen Pension ihre Fremdenzimmer
den Besuchern an." |
Aus der Geschichte des Rabbinates in Mergentheim
Rabbiner in Mergentheim waren seit der Mitte
des 18. Jahrhunderts:
- 1741-1763: Naftali Hirsch Katzenellenbogen (geb.
ca. 1715 in Schwabach, gest. 1800 in Mannheim): studierte in Frankfurt; 1741
Rabbiner für den Tauber-Neckar-Kreis des Deutschen Ordens mit Sitz in Mergentheim, 1763 Landesrabbiner der Kurpfalz mit Sitz in
Leimen, zugleich
1763-68 Hausrabbiner bei Hoffaktor Aron Elias Seligmann in Leimen; 1768
Amtssitz nach Mannheim verlegt, hier gleichzeitig Oberrabbiner an der Klaus,
entfaltete eine reiche Lehr- und Forschungstätigkeit (insbesondere zum
Talmud).
- 1764-1790: Abraham Broda (geb. in Mergentheim, gest. 1790
ebd.: studierte in Frankfurt, seit September 1764 Nachfolger seines Vaters
Salomon Broder als Oberlandrabbiner der Judenschaft im Tauber- und Neckarkreis
des Deutschritterordens mit Sitz in Mergentheim.
- 1794-1799: Jakob-Joseph Gersfeld (geb. in Gersfeld,
gest. 1814 in Bamberg): war ca. 1785 Rabbiner in Wüstensachsen
als fürststiftlich-würzburgischer Unterrabbiner, 1794 Oberlandesrabbiner des
unteren Meistertums des Deutschen Ordens in Mergentheim, 1799 oberhessischer
Landesrabbiner in Friedberg, 1802 Landesrabbiner des Fürststifts
Bamberg.
- 1801-1811: Salomon Kohn (geb. als Sohn des Rabbiners
Meschullam Kohn von Fürth; gest. 1824 in Biała
Prudnicka / Zülz, Oberschlesien): 1793
oberpfälzischer Landesrabbiner mit Sitz in Schnaittach,
1901 Oberlandesrabbiner für den Tauberkreis des Deutschritterordens mit Sitz in
Mergentheim, 1811 Rabbiner in Zülz, Oberschlesien. Vater von Rabbiner
Dr. Salomon Cohn (1822 in Zülz - 1902 in Breslau).
- 1813-1818: Hirsch (Naftali-Hirsch) Kunreuther (geb. 1771 in Kunreuth
oder Baiersdorf,
gest. 1847 in Gelnhausen): studierte in
Mainz und Fürth; 1813 Rabbiner in Mergentheim, 1818 Rabbiner in Gelnhausen,
wo er eine große Jeschiwa leitete. Vgl. Wikipedia-Artikel
zu Hirsch Kunreuther.
- 1834-1835: Dr. Moses von Wassermann (geb. 1811 in Gunzenhausen,
gest. 1892 in Stuttgart): studierte in Ansbach, Würzburg und Tübingen; 1834
Rabbinatsverweser in Mergentheim, 1835 Rabbinatsverweser in Mühringen,
1837 Bezirksrabbiner ebd.; 1873 Bezirksrabbiner in Stuttgart.
- 1835-1854: Salomon Wassermann (geb. 1780 in Oberdorf,
gest. 1859 in Laupheim): studierte in Wallerstein und Fürth, später auch in
Tübingen; 1825 Rabbiner in Laupheim, 1835 Bezirksrabbiner in Mergentheim, wo er
auch eine Talmudschule betrieb, 1854 Ruhestand.
- 1855-1867: Dr. Max Sänger (geb. 1821 in Laupheim, gest.
1882 in Hamburg): studierte in Tübingen; 1846-54 Privatlehrer
("Hofmeister") in Wien, 1855
Rabbinatsverweser in Bad Mergentheim, 1857 Bezirksrabbiner ebd., Promotion 1867
in Jena; 1867 Prediger am Hamburger Tempel.
- 1867-1893: Samson Gunzenhauser (geb. 1830 in Binswangen,
gest. 1893 in Mergentheim): lernte in Aschaffenburg und Würzburg, studierte in
Würzburg und München; 1855 Distriktsrabbiner in Reckendorf,
1859 Rabbinatsverweser in Buttenhausen,
1860 Bezirksrabbiner ebd., seit 1867 Bezirksrabbiner in Bad Mergentheim.
- 1893-1909: Dr. Hirsch Sänger (geb. 1843 in Buttenwiesen,
gest. 1909 in Mergentheim): studierte in Mainz, München, Würzburg, Berlin,
Gießen; bis 1893 Rabbiner der orthodoxen Gemeinde in Bingen, 1893/94-1909
Bezirksrabbiner in Mergentheim.
- 1910-1939: Dr. Moritz Moses Kahn (geb. 1871 in Baisingen,
gest. 1946 in Bnei Berak, Israel): studierte in Berlin, Würzburg, Tübingen:
1895-1898/99 Lehrer an der Frankfurter Religionsschule, 1899-1910
Religionslehrer am Seminar in Esslingen, von hier aus auch Rabbinatsverweser in
Freudental; 1910-1939 Bezirksrabbiner in Bad
Mergentheim; beim Novemberpogrom
1938 schwer misshandelt, 1939 emigriert.
Zum Tod von Rabbiner Hirsch Kunreuther, Rabbiner in Mergentheim 1813 bis 1818
(1847)
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 16. März 1847
(leicht abgekürzt zitiert): "Nekrolog. Aus Kurhessen.
Ein betrübendes Ereignis ist dieser Tage in einer nicht unbedeutenden
Gemeinde Kurhessens eingetreten, eine Trauerkunde, die überall die
gebührende Teilnahme in Anspruch nehmen wird. So ungern ich auch der
Überbringer einer Trauerbotschaft bin, so wenig kann ich es jedoch über
mich gewinnen, eine solche Zeitung mit Stillschweigen zu übergehen, sie
nicht zur Kunde Aller zu bringen. Am 26. Schewat (12. Februar 1847)
starb der allgemein geachtete und gelehrte Kreisrabbiner zu Gelnhausen,
Rabbiner Hirsch Kunreuther - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen -, in einem Alter von 75 Jahren. Er war geboren zu Baiersdorf
in Oberfranken in Bayern, besuchte in seiner Jugend die Jeschibah zu Mainz,
welcher damals der bekannte Rabbiner Herz Scheuer - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen - vorstand. Nachdem er, mehrere Jahre dort
verweilend, sich tüchtige Kenntnisse im rabbinisch-talmudischen Fache
angeeignet hatte, kehrte er wieder in seine Heimat zurück, wo er als
Privatmann lebte. Später
erhielt |
er
das Rabbinat zu Mergentheim an der Tauber, welches er längere Zeit
verwaltete, und wo er sich die Zufriedenheit, Liebe und Achtung aller
Angehörigen seines Sprengels in reichem Maße erworben hatte. Endlich
wurde er nach Gelnhausen
berufen, an welcher Stelle er über 28 Jahre gewissenhaft und pünktlich
alle Funktionen seines seinem Glauben mit ganzem Herzen anhängenden, und
mit der Religion es ernst meinenden Rabbinen eifrigst oblag. Er hatte im
Anfange seines Amtsantrittes eine Jeschibah in Gelnhausen gegründet,
wohin aus verschiedenen Gegenden Jünglinge kamen, die bei ihm im Talmud
und rabbinischen Wissenschaften unterrichtet wurden. Er suchte Jeden zum
eifrigen Talmud-Studium zu ermuntern und es gelang ihm, eine große Anzahl
wissbegieriger Jünglinge um sich zu versammeln, da er eine gediegene
Kenntnis aller talmudischen Disziplinen besaß, eine gute Methode im
Lehren befolgte, ein tiefes und ausgebreitetes Wissen in allen sonstigen
rabbinischen Fächern bekundete, und durch seine scharfsinnigen
Disputationen die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer
fesselte.
Wer den Dahingeschiedenen kannte, wie ein echter, frommer Sinn ihn
beseelte, wie er für den altehrwürdigen Glauben erglühte, der wird den
innigen Schmerz und das Gefühl der Trauer mit uns empfinden, welches bei
der Nachricht von seinem Hinscheiden in uns erregt worden. Gottesfurcht
und Tugend waren die Leitsterne auf seiner Lebensbahn, sein Sanftmut und
seine liebevolle Zuvorkommenheit gegen Jedermann, seine gastliche
Aufnahme, mit der er jeden beehrte, seine Bereitwilligkeit, mit Rat und
Tat zu helfen, verschafften ihm Achtung und Liebe bei allen Gemeinden
seines Kreises. Zwar wurden ihm die letzten Jahre seines Lebens, die
freundliche Sonne, die ihn in seinen früheren Tagen lieblich und hell
umstrahlte, durch drohende düstere Wolken getrübt und verfinstert, was
wir jedoch zur Ehre derer, welche diese Leiden ihm verursacht, gerne
verschweigen, indem wir hierdurch seine edlen Grundsätze, die er im
praktischen Leben so schön bewährte, erfüllen; auch er hatte allen
seinen Gegnern ihre Unbilden verziehen, denn, als der streng orthodoxen
Richtung angehörend, befolgte er alle Prinzipien des Talmuds... Süß ist
der Schlaf des Arbeiters, der seinen Beruf und seines Standes Pflichten
treu erfüllt, der redlich stets gewandelt, Tugend und Wohlwollen stets
geübt, die ihm ein herrliches Denkmal setzen, dauernder als Erz. Sit illi
tara levis (die Erde sei ihm leicht)." |
Rabbiner Salomon Wassermann wird pensioniert -
Rabbinatskandidat Sänger kommt nach Mergentheim (1855)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Februar 1855: "Der greise Rabbine Salomon Wassermann in
Mergentheim wird jetzt pensioniert und das dortige Rabbinat wird durch den
Rabbinatskandidaten Sänger, der bis jetzt in Wien als Hofmeister
fungierte, verwaltet werden." |
Richtigstellung zu dem (korrekten) Verhalten des
Rabbiners anlässlich eines Todesfalles (1866)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. September 1866: "Mergentheim. Um nicht dem
Verdacht ausgesetzt zu sein, als habe auch er seine Schuldigkeit an der
Leiche des verstorbenen Soldaten Levi von Laudenbach nicht getan,
hat der Rabbiner hier, wo Levi starb, von dem Rechtskonsulenten Ellinger
hier im 'Beobachter', worin der Vorfall auch erwähnt worden war, das
Zeugnis erhalten, dass er den Toten nicht nur wie jeder Jehudi
begleitet, sondern auch am Scheideplatz ein würdiges Gebet gesprochen
habe, und der Berichterstatter hat dann in dem politischen Blatte zu allem
Überflusse berichtigen lassen, dass sich der Tadel auf den Rabbinen in
Weikersheim bezogen habe, wo Levi beerdigt, aber vom Rabbiner nicht
begleitet worden ist. Das wäre uns genug!"
|
Rabbiner Sänger wird an die königliche Tafel geladen
(1867)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. Juni 1867: "Mergentheim, 26. Mai (1867). Am 24.
Mai dieses Jahres besuchten Seine Majestät, unser König die hiesige
Stadt und war der Empfang ein sehr festlicher. Bei dieser Gelegenheit
hatten mehrere geistliche und weltliche Beamten die Ehre zur königlichen
Tafel gezogen zu werden, darunter auch der würdige Herr Rabbiner Sänger
von hier, welcher sich gleich den Engeln, die bei unserem Erzvater Abraham
jenen Besuch abstatteten, bloß dem Anscheine nach beim Mahle beteiligte.
Dieser unser Herr Rabbiner wird leider nicht mehr lange bei uns verweilen,
indem derselbe den ehrenvollen Ruf als Prediger der israelitischen
Tempelgemeinde zu Hamburg erhielt. Diese darf sich zu dieser Wahl in der
Tat gratulieren, da Herr Sänger eine sehr gediegene wissenschaftliche
Bildung, einen biederen Charakter besitzt, und für einen vernünftigen
Fortschritt im Judentum stets eifrigst bestrebt ist." |
Rabbiner Dr. Max Sänger verabschiedet sich vor seinem Weggang nach Hamburg auch
in seiner Heimatgemeinde Laupheim (1867)
Anmerkung: Rabbiner Dr. Max Sänger ist am 9. Januar 1821 in Laupheim
geboren als Sohn des Lehrer der jüdischen Gemeinde Abraham Sänger und der Eva
geb. Weil. Er war verheiratet mit Clara geb. Mayer aus Laupheim (1834-1874),
daher blieben die engen Kontakte nach Laupheim bestehen. Im nachfolgenden
Abschnitt ist von der Dissertation Sängers die Rede, die er jedoch über den
Propheten Maleachi und nicht über Micha verfasste mit dem Titel: "Maleachi.
Eine exegetische Studie über die Eigenthümlichkeiten seiner Redeweisen",
Dissertation Jena 1867.
Literatur u.a. Rolf Emmerich: Rabbiner Dr. Max Sänger aus Laupheim. In: Maajan.
Zeitschrift für jüdische Familienforschung 16. 2002 S.
2012-2016..
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August
1867: "Laupheim. Am Sabbat Paraschat Balak (Sabbat
mit der Toralesung Balak = 4. Mose 22,2 - 25,9, das war Sabbat, 20.
Juli 1867) hielt der hier geborene nach Hamburg berufene Dr. Sänger, zur
Zeit Bezirksrabbiner in Mergentheim, auf Ersuchen der Gemeinde eine
Abschiedsrede in der Synagoge (sc. also in Laupheim) über Micha 6,8,
welche nach Form und Inhalt befriedigte. Während seines Hier seins traf
die Nachricht von Jena ein, dass dessen literarische Arbeit über den
Propheten Micha an der dortigen Universität mit dem Doktordiplome beehrt
worden ist. Es sollen noch einige druckfertige Manuskripte seiner
linguistischen Studien bald veröffentlicht werden. Mit Vergnügen hat
'Einsender dieses aus dem Munde dieses Predigers vernommen, dass er in
seinem neuen Wirkungskreise in Hamburg auf jüdisch-religiösem Boden wie
in der meist orthodoxen Gemeinde zu Mergentheim fortzuarbeiten bemüht
sein werde." |
Rabbiner Dr. Sänger verlässt Mergentheim und tritt eine neue
Stelle in Hamburg an (1867)
Anmerkung: - Stadtschultheiß Karl Josef Bandel war bis 1870 in diesem
Amt in Bad Mergentheim tätig.
- bei dem genannten Rechtskonsulenten Ellinger (nicht: Ettinger) handelt
es sich um Salomon Ellinger (geb. 22. Januar 1813 in Pflaumloch,
gest. 9. Mai 1872 in Bad Mergentheim; verheiratet seit 7. Mai 1844 in
Mergentheim mit Babette geb. Glaser aus Thüngen).
Salomon Ellinger und seine Frau hatten sieben Kinder: Emma (1845, gest. 1865),
Rosalie (1846), Emilie (1849), Ludolph (1850, 1870 nach Nordamerika
ausgewandert), Maria Anna (1852), Max (1854) und Ina (?,
1857).
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. Oktober 1867: "Mergentheim (Württemberg), im September
(1867). Am 18. September dieses Jahres reiste Herr Rabbiner Dr. Sänger,
um seinen neuen Posten am israelitischen Tempel im Hamburg anzutreten, von
hier ab. Sein Abschied wurde nicht nur von seinen Glaubensgenossen
gefeiert, sondern auch die hiesige Museumsgesellschaft, bei welcher nur
wenige Israeliten beteiligt sind, feierte denselben auf eine sehr würdige
Weise. Fast sämtliche Honoratioren beteiligten sich hierbei auf eine
Weise, dass sich daraus entnehmen ließ, in welcher Achtung derselbe bei
uns stehe und wie ungern wir ihn von uns scheiden sehen. Der Vorstand der
Gesellschaft (sc. Museumsgesellschaft), Herr Dr. Bucher, Herr
Stadtschultheiß Bandel von hier, der Rechtskonsulent Herr Ellinger
(nicht: Ettinger) u.a. brachten dem Scheidenden die erhebendsten
und feierndsten Festgrüße dar." |
Das Rabbinat Mergentheim ist nach dem Weggang von Rabbiner Max
Sänger neu zu besetzen (1867)
Anmerkung: zum Israelitischen Tempel in Hamburg siehe Wikipedia-Artikel
"Israelitischer Tempel (Hamburg)"
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. April 1867: "Von der Tauber. Das Rabbinat Mergentheim
wird erledigt. Rabbiner Max Sänger von Mergentheim ist an
des verstorbenen Dr. Frankfurter Stelle als Prediger an den Tempel
nach Hamburg berufen und hat den Ruf angenommen. Der Tempel in Hamburg ist
in seinen Reformen kaum weiter gegangen, als die württembergischen
Reformen im Kultus es getan haben. Es wird die Reform in Hamburg dieselben
Tendenzen haben, wie in Süddeutschland. Der Tempel in Hamburg ist die
historisch gewordene Reform und schon ist ihm in einer Broschüre der
Vorwurf gemacht worden, er sei zu stabil. Wir wollen zuwarten, wie Rabbiner
Sänger sich zu seiner neuen Gemeinde stellt; im hiesigen Bezirk wird
sein Abhang von allen Seiten bedauert. - Die alte Garde der
württembergischen Lehrer tritt mehr und mehr in den Ruhestand und es
fehlt an jüdischen Lehrern in Württemberg; aus den Seminarien ist kein
Nachwuchs für jetzt zu erwarten und von den jüngeren Lehrern verlassen
manche das Amt und treten in andere Berufsarten über. Das israelitische
Schulwesen in Württemberg ist im Rückgange begriffen; die
Begeisterung für den Lehr- und Lehrerberuf nimmt ab; die Gemeinden werden
kleiner und in Städten, wo sie sich vergrößern, sind keine
israelitischen Volksschulen." |
Zur Ausschreibung des Rabbinates (1867)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. September 1867: "Mergentheim. Die Bewerber um das
hiesige Bezirksrabbinat, mit welchem neben freier Wohnung, den Gebühren
von Kausalfällen und sonstigen Emolumenten dermalen ein fixer Gehalt von
650 fl. verbunden ist, werden aufgefordert, sich unter Angabe ihrer
persönlichen und Familienverhältnisse und ihrer Bildungslaufbahn binnen drei
Wochen bei der Königlich-israelitischen Ober-Kirchenbehörde zu melden.
Ein Zirkular-Erlass der Ober-Kirchenbehörde hat den Rabbinen die
tröstliche Mitteilung gebracht, dass das Königliche Kultusministerium
die Aufbesserung der Rabbinatsgehalte im Staatsetat pro 1867/70, der
demnächst den Landständen zur Genehmigung wird vorgelegt werden,
vorgesehen habe. Eine wesentliche Aufbesserung aber wird nur dann erzielt
werden können, wenn, entsprechend den Übersiedlungen vom Lande in die
Stadt und den vermehrten Eisenbahnverbindungen, die Zahl der
Rabbinatsbezirke vermindert und damit einem längst und oft
ausgesprochenen Volkswillen entsprochen werden
würde." |
Rabbiner
Samson Gunzenhauser kommt von Buttenhausen nach
Mergentheim (1867)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1867: "In Buttenhausen
auf der württembergischen Alb war bisher Herr Gunzenhauser, ein geborener
Bayer, Ortsrabbiner gewesen. Vermöge Verfügung des Königlichen
Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens vom 12. September dieses Jahres
ist diesem auch in der hebräischen Literatur schon bekannt gewordenen
Geistlichen das erledigte Bezirksrabbinat Mergentheim übertragen worden.
Dem Manne ist dieses Avancement zu gönnen. Er kommt aus einer rauen
Gegend in das schöne Taubertal, in eine sehr wohlhabende Gemeinde und in
einen Bezirk, dessen Gemeinden der orthodoxen Richtung angehören. Die
Gemeinde Buttenhausen aber wird diese Vakatur benutzen, um bei dem
Ministerium die Aufhebung des kostspieligen Ortsrabbinats und die
Einverleibung in den benachbarten Sprengel zu erwirken, dagegen jedoch
ihre Schulstelle mit dem Vorsängeramte, das der Ortsrabbiner zu bekleiden
hatte, vereinigen, um dem betreffenden Lehrer ein anständiges Auskommen
bieten zu können. Dann wird es auch gelingen, eine tüchtige Kraft zu
gewinnen." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
6. November 1867: "Buttenhausen
(Württemberg), 24. Oktober (1867). Diese Woche verließ uns unser Rabbiner
Gunzenhauser, um seine Stelle in Mergentheim anzutreten. Die Liebe
und Anhänglichkeit der Gemeinde, die sich derselbe während seiner
achtzehnjährigen Wirksamkeit hier erwarb, zeigte sich bei seinem
Scheiden. Alles bedauerte den Verlust des Mannes wegen seiner Wissenschaft
und seiner trefflichen Eigenschaften. Nachdem er letzten Samstag eine
ergreifende Abschiedsrede gehalten, versammelten sich ihm zu Ehren Abends
die Gemeindeglieder und nach mehreren Toasten überreichte ihm des
Kirchenvorsteheramt als Andenken einen prachtvollen silbernen Pokal. Möge
er in seiner neuen Wirksamkeit die Anhänglichkeit finden, die ihm hier
geworden und bleiben wird. K." |
Predigt-Veröffentlichung von Rabbiner
Samson Gunzenhauser
(1870)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
19. Oktober 1870: "Gunzenhauser, S., (Rabbiner in Mergentheim)
'Kurz und gut!' Zwanzig Predigten für Feste, Sabbathe und Gelegenheiten.
Zum Gebrauch der Prediger, Vorbeter und Lehrer in kleineren Gemeinden. 2.
Ausgabe. Breslau 1870. 12 Sgr." |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Oktober 1870:
"Gunzenhauser, S., (Rabbiner in Mergentheim) 'Kurz und gut!'
Zwanzig Predigten für Feste, Sabbathe und Gelegenheiten. Zum Gebrauch der
Prediger, Vorbeter und Lehrer in kleineren Gemeinden. 2. Ausgabe. Breslau
1870. 12 Sgr." |
Richtigstellungen im Blick auf Vorurteile gegenüber
den "württembergischen Rabbinen" sowie im Blick auf einen Vorgang in
Mergentheim (1881)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. September 1881: "Mergentheim, 29. August (1881). Je
seltener man im "Israelit" einer Korrespondenz von hier, wo es
keine Parteikämpfe und keine Reformbestrebungen gibt, begegnet, desto
befremdlicher war die in der letzten Nummer enthaltene und bedarf sie
wegen des leichtfertigen Raisonnements einiger Richtigstellung. Wenn der
Einsender wirklich ein Geschäftsreisender ist, wäre ihm ... zu
empfehlen, dass er in rabbinicis und in seinem Urteile sicherer und
vorsichtiger werde. Wäre dies der Fall, hätte er nicht die 'württembergischen
Rabbinen' als eine besondere Spezies hingestellt, während unter denselben
wie allwärts verschiedene Richtungen vertreten sind und nicht einmal der
geographische Begriff sein Urteil deckt, da nur ein Drittel derselben
eingeborene Württemberger sind, die übrigen aber aus mehreren Herren
Länder stammen und somit ihre spezifischen landsmännischen
Eigentümlichkeiten haben. Ebenso oberflächlich knüpft er an einen
Vorgang, der er erfahren haben will, ein unpassendes Moralisieren. Denn,
dass einem Gefangenen hier sechs Tage lang von der Gemeinde Koscherkost
verabreicht wurde, beweist ja, dass man seine Obliegenheit kennt und tut.
Wenn aber für die übrige Zeit ein Privatmann eintrat, so muss zur
Erklärung schon etwas weiter ausgeholt werden.
Weil Mergentheim dem Bezirksverein in Heilbronn für durchreisende Armen
sich nicht angeschlossen hat, wird es ungemein stark von solchen
heimgesucht. Während nun früher auch an Wochentagen Kostbillets
verabreicht wurden, sah das Kirchenvorsteheramt sich im vorigen Jahre zu
dem Beschlusse veranlasst, dies nur in Ausnahmefällen zu tun, um den
enormen Aufwand für jenen Zweck zugunsten der Steuerzahler in etwas zu mäßigen,
zumal die Gemeindekasse von der Opferwilligkeit der mit Tora und (Gottes)furcht
Geschmückten nichts weiß. Daher konnte der betreffende
Kirchen-Vorsteher nur für einige Tage Anweisung zur Kost geben; für
länger hätte es einer Sitzung des Kollegiums bedurft und da eine solche
gerade untunlich war, so wurde Alarm geschlagen, als ob man den
Gefangenen, der übrigens mit Geld versehen war, Unreines essen lassen
wollte, und eifrigst erbot sich jemand, der eben Maaßer von der Ver- |
heiratung
seiner Tochter zur Verfügung hatte, zur Bezahlung des weiteren Bedarfs,
der übrigens, da der Arrestant bald entlassen wurde, kaum nennenswert war
und jedenfalls aus der Gemeindepflege noch bestritten worden wäre. Da
hätte es führwahr keines Hinweises auf die gegenseitige Solidarität
bedurft und muss diese, wo sie nur für Gesetzesübertreter in
Anspruch genommen wird, abgewiesen werden, wie de Gemeinde hier jede Verantwortlichkeit
für die eben wieder im Amtsgerichtsgefängnisse sitzenden auswärtigen drei
Israeliten, von denen zwei Vater und Sohn, einer schweren
Körperverletzung sich schuldig machten, von sich weisen muss.
Was Religion und Anstand erfordern, weiß man hier ohne die salbungsvolle
Belehrung des anonymen Einsenders und seine Wahrnehmung, dass hier am
Schlussgebete kaum oder gar kein Minjan mehr sich vorfinde, beruht
durchaus auf Unwahrheit. Denn fleißigerer Synagogenbesuch als
in Mergentheim findet wohl nirgends statt, was die Badegäste sehr
angenehm berührt. Und nicht nur beim Tefilla-Kaddisch, sondern auch bei
dem nach Mismor und dem Lernen ist mehr als die erforderliche Zahl noch
anwesend. ja sogar meistens noch nach den alltäglich übrigen Rezitionen
von fünf Psalmen am Schlusse des Morgengottesdienstes. Man muss also dem
müßigen Schreiber auf seiner nächsten Reise in Württemberg bessere
Geschäfte wünschen, damit er nicht in Versuchung kommt, sich über das
Gebot, die Wahrheit zu sagen, hinwegzusetzen." (hebr. frei
wiedergegeben) |
Zum Tod von Rabbi David Sulzbacher (1887)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. Juli 1887: "Mergentheim (Württemberg). Am 24. Siwan (= 16.
Juni 1887) starb dahier Rabbi David Sulzbacher, welcher als berühmter
Gelehrter in hiesiger Gegend wohl bekannt war. Er widmete sich schon
frühzeitig dem Torastudium und saß zu den Füßen von Großen
Israels, der damaligen hiesigen Rabbinen. Wegen seiner großen
Lernbegierde und Aufmerksamkeit wurde er als Knabe von 9 Jahren über die
Lösung einer schwierigen Talmudstelle von Herrn Rabbiner Hirsch
Kunreuther - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
öffentlich in der Synagoge bei einer Predigt in Gegenwart der ganzen
Gemeinde belobt. Nachdem im Jahre 1828 die Kultusverhältnisse der
Israeliten Württembergs umgestaltet wurden, wurde die kleine Jeschiwa,
welche hier existierte, durch den Wegzug des damaligen Rabbinen Mosche
- das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - nach Trier,
aufgehoben. Rabbi David widmete sich nun dem Handelsstande. Sein Streben
war, eine bleibende Pflanzstätte der Tora dahier zu erreichen; er hatte
es auch im Verein mit dem Rabbiner Dr. M. Sänger - sein Licht leuchte
- dahingebracht, eine Unterrichts-Anstalt zu gründen, in welcher nebst
Thora auch im profanen Wissen unterrichtet wurde. Die Anstalt erhielt sich
aber nur einige Jahre, weil die Mittel nicht zureichen waren. Bis zu
seinem Ende war Rabbi David stets einer, der sich mit der Tora befasste.
Täglich wurde in seinem Hause ein Schiur Gemara vorgetragen, an
welchem sich einige Gemeindemitglieder beteiligten. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Der Bezirksrabbiner
aus Mergentheim raucht am Schabbat eine Zigarre (1890)
Anmerkung: Der Bericht ist aus der konservativen, orthodox-jüdischen
Zeitschrift "Der Israelit" entnommen.
Aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1890: "Aus
Württemberg, im Juni. Unsere Tagespresse beschäftigt sich gegenwärtig
in mehrfachen Kundgebungen mit Vorkommnissen in jüdischen Kreisen. Von
der Tauber wurde berichtet, der Bezirksrabbiner von Mergentheim habe auf
einer amtlichen Turnusreise zur Abhaltung des Sabbatgottesdienstes in
Berlichingen sich einer Sabbatentweihung zuschulden kommen lassen; er soll
nämlich von zwei dortigen Israeliten am Sabbat betroffen worden sein, wie
er eine Zigarre schmauchte. Eine Versammlung von Notabeln aus dem Bezirke
Mergentheim beschloss, gegen den Bezirksrabbiner bei der Königlichen israelitischen
Oberkirchenbehörde im Beschwerdewege vorzugehen und hat eine Deputation
an dieselbe nach Stuttgart entsendet. Die Sache erregt auch in
nichtjüdischen Kreisen Aufsehen, und man ist auf das Vorgehen der
Zentralbehörde gespannt.
(Anmerkung der Redaktion. Obschon uns diese Nachricht schon vor Wochen von
verschiedenen Seiten zugegangen, unterließen wir in Anbetracht der
überaus schweren Anklage eine Veröffentlichung derselben. Da aber
nunmehr die Sache durch alle jüdischen und viele nichtjüdische Blätter
gegangen, ohne dass von Seiten des Beschuldigten eine Entgegnung bekannt
geworden, stehen auch wir nicht mehr an, dieselbe unseren Lesern mit dem
Ausdruck unseres tiefsten Bedauerns über diesen großen Chilul Haschem
(Gotteslästerung) mitzuteilen". |
Rabbiner
Samson Gunzenhauser stirbt bei einer christlichen
Beerdigung (1893)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
23. Februar 1893: "Mergentheim, 13. Februar (1893). Unser Herr
Rabbiner Gunzenhauser, welcher einem christlichen Leichenbegängnisse
anwohnte, fiel während der Rede des Stadtpfarrers Stochdorph im Wartesaal
vom Schlage gerührt nieder und was nach wenigen Minuten eine Leiche."
|
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 3. März 1903: "Rabbiner Gunzenhauser in Mergentheim,
welcher am 13. dieses Monats einem Leichenbegängnisse anwohnte, fiel
während der Rede des Stadtpfarrers Stockdorph im Wartesaal vom Schlage
gerührt nieder und war nach wenigen Minuten eine Leiche." |
Dr. Hirsch Sänger wird Bezirksrabbiner von Mergentheim
(1893)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
30. November 1893: "Mainz, 28. November (1893). Unser
verehrter Freund und Mitarbeiter Herr Dr. Hirsch Sänger, seither Rabbiner
der israelitischen Religionsgesellschaft in Bingen
am Rhein, wurde durch Verfügung des königlichen Ministeriums des
Kirchen- und Schulwesens in Stuttgart zum Bezirksrabbiner von Mergentheim
in Württemberg ernannt. Möge es den Erwählten ... vergönnt sein, in
seinem neuen erweiterten Wirkungskreise mit gleichem Feuereifer wie
seither und ungeschwächter Tatkraft für unsere heiligsten Interessen
einzutreten. |
Rabbiner Dr.
Hirsch Sänger tritt sein Amt an (1894)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. Januar 1894: "Aus Mergentheim wird uns berichtet: Am 28.
Dezember traf unser neu ernannter Rabbiner, Herr Dr. Sänger hier
ein.
Derselbe wurde am Bahnhof von der ganzen Gemeinde, dem Königlichen
Bezirksamtmann, dem Stadt-Vorstand und der Schuljugend empfangen und durch
die reich beflaggte Stadt in die feierlich beleuchtete Synagoge geleitet,
wo das Abendgebet stattfand. Am Samstag fand die Antrittsrede in der
Synagoge statt, die bei allen Zuhörern den tiefsten Eindruck hervorrief.
Am 31. veranstaltete die Gemeinde zu dessen Ehre ein solennes Festessen,
bei dem viele schöne Toaste in schwunghafter Weise ausgebracht
wurden.
Möge der neue Rabbiner zum Heile und Wohle seiner Gemeinde wirken; das
walte Gott!" |
Schreiben von Rabbiner Dr. Hirsch Sänger an das Israelitische Kirchenvorsteheramt
Edelfingen (1903)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)
|
|
|
Die Postkarte des
Rabbinats Mergentheim - unterschrieben von Rabbiner Dr. Hirsch Sänger mit
Hinweis auf den Kirchenrat Dr. Kroner -
wurde am 21. Januar 1903 an das Israelitische Kirchenvorsteheramt in Edelfingen
geschickt. Die Ausschnittvergrößerung links zeigt
den Stempel des Rabbinates Mergentheim. Rabbiner Dr. Sänger erkundigt
sich nach den in der Gemeinde bestehenden
Wohltätigkeitsvereinen und bittet um Zusendung von Statuten und
Jahresbericht. |
Einweihung der "König-Wilhelms-Quelle" durch den König - Rabbiner
Dr. Hirsch Sänger ist eingeladen (1907)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Mai
1907: "Mergentheim, 27. Mai (1907). Am Freitag, den 17.
Mai, traf der König und die Königin mit Gefolge in Bad Mergentheim ein,
um der Einweihung der neu erschlossenen 'König-Wilhelms-Quelle'
anzuwohnen. Sowohl an dem Empfang der Majestäten als auch an der
Einweihungsstelle nahm unter den anderen offiziellen Persönlichkeiten
auch Herr Bezirks-Rabbiner Dr. Sänger teil. Unter den zur Einweihung
der neuen Quelle geladenen Gästen im Königszelt befand sich Dr. Sänger
ebenfalls. Desgleichen war der Rabbiner zur Königlichen Tafel geladen,
die im neuen Saale des Kurhauses stattfand. Während dieses Galadiners
wurde Herrn Dr. Sänger die Ehre zuteil, vom König ins Gespräch gezogen
zu werden, wobei der Landesvater sich auch nach dem Stand der
israelitischen Gemeinde Mergentheim erkundigte." |
Zum Tod von Rabbiner Dr.
Hirsch Sänger (1909)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. Juni 1909: "Rabbiner Dr. Sänger - das Angedenken an den
Gerechten ist zum Segen. Mergentheim, 6. Juni (1909). In
tiefer Trauer erfüllen wir die Pflicht, der weitesten Judenheit von dem
großen Verluste zu berichten, der nicht bloß uns, sondern das ganze
Judentum betroffen hat durch den Tod des Bezirksrabbiner Dr. H. Sänger
in Mergentheim (Württemberg). War er doch noch einer der Rabbiner der
alten Schule, die in der Tora großgezogen worden sind und die daher das Studium
derselben, das Leben nach derselben und die Erziehung zu derselben als
ihre einzige Lebensaufgabe betrachtet haben. Anspruchslos und fern dem
Getriebe einer nimmer rastenden Welt, führte er das Leben eines
forschenden Toralehrers, pflichteifrigen Rabbiners, treuen Seelsorgers,
liebenden Gatten und Vaters, hilfsbereiten Menschen und echten Juden.
-
Aus hochachtbarer Rabbinerfamilie entstammend, als Schüler Dr.
Lehmanns - Mainz und Dr. Hildesheimers - Berlin war er ein
treuer Anhänger und Verfechter des überlieferten Judentums, und gerade
darum besaß er das feste, uneingeschränkte Zutrauen aller, die ihn
kannten und sich oft von weit her Belehrung bei ihm holten. So besaß er
Tugenden, die man sonst nur selten in einer Person vereinigt findet, die
Tugenden der Bescheidenheit, der Wahrheit und der Friedensliebe, die bei
seinem Leichenbegängnis, das eines der würdigsten war, die wir hier je gesehen,
von den vielen berufenen Rednern in sinnvoller und ergreifender Weise
hervorgehoben wurde. Am Donnerstag, den 8. Juni wurde seine sterbliche
Hülle unter zahlreicher Teilnahme aller Schichten und Klassen der
hiesigen Bevölkerung auf den uralten (seit 1590 bestehenden) israelitischen
Bezirksfriedhof in Unterbalbach überführt, wo er nun, da wo viele
andere Größen Israels ihre Ruhestätte gefunden haben, ruht. Dem
Leichenbegängnis ging ein ergreifender Trauergottesdienst in der Synagoge
voraus. An der Bahre hielt Bezirksrabbiner Dr. Schweitzer - Weikersheim
eine tiefdurchdachte, den ganzen Lebenslauf des Verewigten umfassende
Predigt; Kirchenrat Dr. Kroner - Stuttgart, der, seinen
Kuraufenthalt unterbrechend, herbeigeeilt war, bezeugte dem treuen Beamten
die Anerkennung der Königlich Israelitischen Oberkirchenbehörde; Rabbiner
Dr. Kahn - Heilbronn sprach im
Auftrage des württembergischen Rabbinerverbandes; Dr. Neuwirth,
Rabbiner in Bingen, brachte die letzten
Grüße der dortigen Religionsgesellschaft, in der der Verstorbene 18
Jahre lang als der erste Rabbiner gewirkt hat; Lehrer Pappenheimer
sprach im Namen der hiesigen Gemeinde und Lehrer Kahn - Edelfingen
für den Rabbinatsbezirk. Auch der älteste Sohn des Verstorbenen, Herr Jakob
Sänger - Berlin, sprach dem Vater und Lehrer in schmerzbewegten,
rührenden Worten den Dank aus, und das Gelöbnis, in seinem Geiste zu
wirken. Sein Geist, seine Lehre und sein Beispiel werden weiterleben und
weiterwirken unter uns. Das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen."
|
Zum Tod von Betty Sänger, Witwe des Rabbiners Dr.
Hirsch Sänger
(1922)
Anmerkung: die verstorbene Betty (Babette) geb. Katz ist am 17.
Mai 1853 in Hammelburg (Unterfranken)
geboren als Tochter von Maier Katz und der Clara geb. Cahn. Aus der Ehe mit
Rabbiner Dr. Sänger gingen sieben Kinder hervor: Jacob (1878), Bernhard (Benno)
1879), Jonas und Clara (1880; Jonas ist früh verstorben), Max und Fanny (1883),
Isidor (1886).
Bei dem genannten Sohn - Rabbiner an der Breslauer Synagogengemeinde - handelte
es sich um Dr. Jacob Hirsch Sänger (geb. 24. Juni 1878 in Bingen, gest.
25. Juni 1938 in Breslau): studierte am Rabbinerseminar und an der Hochschule
für die Wissenschaft des Judentums in Berlin, war ca. 1908 bis 1918 Rabbiner
und Religionslehrer an verschiedenen Stellen in Berlin, von 1915 bis 1918
Feldrabbiner in Rumänien; 1918 bis 1938 Rabbiner in Breslau an der Neuen
Synagoge sowie Dozent und Lehrer in Einrichtungen und Vereinen; war verheiratet
mit Hilda geb. Heimann; der Sohn Dr. Hermann Max Sänger (geb. 1909 in
Berlin, gest. 1980 in Prahran, Melbourne, Australien) wurde gleichfalls
Rabbiner.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28. Dezember 1922: "Mergentheim, 20. Dezember (1922). Die
hiesige jüdische Gemeinde steht noch ganz unter dem Eindruck des
unerwarteten und furchtbaren Verlustes, den sie durch den Tod der in allen
Bevölkerungskreisen verehrten Gattin ihres früheren Rabbiners, der
Frau Dr. Betty Sänger erlitten hat. Den Sabbatabend verbrachte
sie noch inmitten der Gemeindemitglieder, unter denen sie so gerne
geweilt, anlässlich eines zu Chanukka veranstalteten Vergnügens und alle
freuten sich ob ihres heiteren, fast jugendlichen Wesens. Und selbst den
ganzen Sonntag ging sie noch ihren menschenfreundlichen Werken nach, die
der Zweck ihres Lebens waren, ohne zu ahnen, dass am Abend dieses Tages
der Todesengel in nur wenigen Minuten sie aus dieser Welt in jene andere,
für die sie sich ihr ganzes Leben hindurch vorbereitet hatte, entführen
sollte. Erlitt sie auch so den Tod, für den sie gebetet, so traf ihr
jäher Heimgang Familie und Gemeinde umso niederdrückender. Nicht was
Kinder und Angehörige verloren, soll hier zum Ausdruck kommen, sondern
was dem Judentum genommen und was den Vielen, in deren Mitte sie gelebt,
entrissen, soll ausgesprochen sein. Seit dem vor 13 1/2 Jahren erfolgten
Tode ihres Gatten, dem sie eine wackere Frau im schönsten Sinne
des Wortes gewesen, war ihr ganzes Leben ein einziges großes Liebeswerk.
Sie kannte keinen Unterschied zwischen Arm und Reich, zwischen Hoch und
Niedrig, für sie war jeder Mensch das Ebenbild Gottes, mit dem sich zu
freuen in Stunden des Glückes sie beseligte, mit dem jedes irdische Leid
innigst zu teilen, sie befriedigte und ihr Herzensgebot gewesen. Wie ihr
ganzes Leben ein Gottesdienst war, so hatte sie ihr Haus zu einem
Heiligtum gestaltet, darin Israels Gott verehrt und der Tora Wort strengstens
befolgt worden ist. Mit ihr scheidet eine Persönlichkeit aus der
Gemeinde, die jeder gekannt und jeder verehrt, die von jedem geschätzt
und geliebt worden ist. In der Stunde ihrer Beisetzung zeigte sich trotz
des schlechten Wetters, die innige und aufrichtige Teilnahme, die Juden
und Christen ohne Unterschied ihr bezeugten. An ihrer Bahre sprach nach
dem Ortsrabbiner Dr. Kahn, der ihre Verdienste als Rabbinersgattin
und als Vorsitzende des Jüdischen Frauen-Vereins besonders hervorhob, der
älteste Sohn, der Rabbiner an der Breslauer Synagogengemeinde, Dr.
Sänger. Er dankte in seinem und der Geschwister Namen aus
tiefbewegtem Herzen der allverehrten Mutter, die ihnen auf allen ihren
Lebenswegen Vorbild und Leitstern gewesen. Ihre Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
Dr.
Moritz Moses Kahn wird neuer Rabbiner in Mergentheim
(1909)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 31. Dezember 1909: "Stuttgart. Zum Rabbiner des Bezirks Mergentheim
wurde Dr. M. Kahn - Esslingen berufen." |
Investitur von Dr.
Moritz Moses Kahn in Mergentheim
(1910)
Artikel
in der "Tauber-Zeitung" vom Februar 1910 (Ausgabe 26/1910): "Bad
Mergentheim, 1. Februar (1910). In der Synagoge der hiesigen
israelitischen Gemeinde fand um 2 Uhr mittags die Investitur des
Rabbiners Herrn Dr. Kahn statt. Eingeleitet wurde die feierliche
Handlung durch den Vortrag verschiedener Psalmstücke durch den Synagogenchor unter
Leitung des Herrn Lehrer Pappenheimer. Die festlichen Klänge, gehoben
durch den gewaltig ans Herz sprechenden hebräischen Text, ergriffen alle
Zuhörer, wie dann auch der Einzelgesang des Herrn Vorsängers. Hierauf betrat
Herr Kirchenrat Dr. Kroner aus Stuttgart die Kanzel, und der ehrwürdige
Greis im Silberhaar fesselte die Aufmerksamkeit der atemlos lauschenden
Menge durch seiner Rede Gewalt. er zeichnete in großen Zügen die Aufgabe der
Juden in der Jetztzeit: Die Juden waren früher ein Volk, sie sind es nicht
mehr; sie waren eine Nation, sie sind es nicht mehr; einen Tempel hatten
sie, er wurde zerstört, ein ärmliches neues, und abermals ein neues
herrliches Gotteshaus trat an seine Stelle, um mit der heiligen Stadt in
Trümmer gelegt zu werden. Was ist ihnen denn geblieben? Was hält die
Zerstreuten innerlich zusammen? Nichts anderes als - um es kurz zu sagen -
die Gottesidee, die innige Liebe zu dem Allbarmherzigen, der seine Gesetze
und Rechte dort am Sinai offenbarte. Ihm zu dienen in Heiligkeit und
Gerechtigkeit, das ist ihr einziger Ruhm, das ist ihre Ehre. So zeichnete
der Redner die ideale Gemeinde der echten Israeliten, so stellte er auch dem
von der Gemeinde gewählten Rabbiner seine schwere Aufgabe vor Augen. Der
rechte Rabbiner kann und darf nicht sein ein Priester, der die Gemüter
beherrscht; was ihn allein tüchtig macht, ist die Tiefe der Einsicht und
Erkenntnis in göttlichen Dingen, das ist sein nimmermüder Eifer, den Armen
und Elenden zu stützen, dem Bedrückten Schirm und Schutz zu sein und in Wort
und Wandel immerdar ein Vorbild zu werden den Gemeindegliedern. Diesem Ideal
nachzukommen, wird dem in sein Amt eintretenden Rabbiner erleichtert durch
die Erziehung in dem Haus seiner frommen Eltern, wie durch sein früher
geübtes schweres Amt in Eßlingen, wo er die Aufgabe hatte, Jünglinge
heranzubilden zu Vorsängern, und wo man ihn nur ungern scheiden sag. - Dass
die israelitische Gemeinde in der Wahl ihres Rabbiners eine glückliche Hand
gehabt, das zeigte sich sodann beim Auftreten des Herrn Kahn selbst, der in
einer gehaltvollen Rede - die einen Blick tun ließ in die Tiefe seiner
Gelehrsamkeit sowohl, wie in den Ernst seines Wollens - seine Stelle zu der
Gemeinde kennzeichnete, um deren nachsichtige, helfende und tragende Liebe
er in bewegten Worten bat, Treue um Treue bietend. Besiegelt wurden diese
Worte durch ein Gebet für Kaiser und Reich, für unser engeres und weiteres
Vaterland, dem als opferwillige Bürger und Untertanen mit Einsetzung von Gut
und Blut zu dienen die beiden Redner als der Juden gerne geübte, heilige
Pflicht zuvor schon bezeichnet hatten. Dass diese Worte einen Widerhall in
den Herzen der Gemeinde gefunden, das bewies sodann die Begrüßungsansprache
des Herrn Lehrers Pappenheimer. Mit der ganzen Gemeinde ist er von der
frohen Hoffnung getragen, dass der Eintritt des Herrn Rabbiners in der
Entwicklung aller Gemeindeangelegenheiten eine Bewegung nach oben bedeutet,
und dass der Gewählte in seinem großen Wirkungskreis auf freundliches
Entgegenkommen und Verständnis allenthalben wird rechnen dürfen. Er hofft,
dass die Gemeinde nicht so bald wieder in die Lage komme, einen Rabbiner zu
wählen, sondern dass Gottes Segen den Erwählten geleiten möge, ihn und seine
Familie; dass ihm beschieden sein möge eine lange Zeit friedlicher und
gedeihlicher Wirksamkeit. - Von all diesen zu Herzen gehenden Worten im
Innersten bewegt, verließ die Gemeinde ihr Gotteshaus, um dann abends mit
ihrem Seelsorger sich zusammenzufinden in schöner Geselligkeit. Über den
Verlauf des Bankettes werden wir morgen berichten. " |
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Artikel
in der "Tauber-Zeitung" vom Februar 1910 (Ausgabe 27/1910): "Bad
Mergentheim, 1. Februar (1910). Mit der israelitischen Gemeinde
versammelten sich zu Ehren des Herrn Rabbiners Dr. Kahn Vertreter aller
Konfessionen in der zu diesem Zweck vorzüglich geeigneten Rosenhalle
zu einem Bankett. Herrn Lehrer Pappenheimer war der Vorsitz
übertragen worden, und er wurde seiner Aufgabe in geradezu vorbildlicher
Weise gerecht. Ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen, leitete er
mit feinstem Takt und ruhiger Sicherheit die Versammlung, die denn auch
durchaus harmonisch verlief, zumal neben dem ethischen Moment das
ästhetische zu seinem vollen Rechte kam, da ein reicher Damenflor dem Ganzen
Glanz und Schmuck verlieh. Der Vorsitzende begrüßte die Versammlung und
dankte vor allem den Vertretern der Kirche und Schule für ihr Erscheinen,
wie namentlich dem Herrn Oberamtmann Mögling und Herrn
Stadtschultheiß Klotzbücher. Leider war Herr Oberkirchenrat Dr.
Kroner durch viele dringende Berufsgeschäfte nach Stuttgart abberufen
worden, und so entging der Versammlung der erlesene Genuss, den berühmten
Redner seinen Gedankenreichtum auch hier entfalten zu sehen. Trotzdem kamen
die Anwesenden auf ihre Rechnung. Hatte Herr Hermann Hirsch in
wohlgesetzten Worden der Freude Ausdruck verliehen, dass die so wichtige
Frage der Neubesetzung des Rabbinats eine so glückliche Lösung gefunden, so
wies Herr Stadtschultheiß Klotzbücher auf die großen Schwierigkeiten
hin, welche sich auch für den Rabbiner erheben aus der konfessionellen
Zusammensetzung, wie aber alle Richtungen in einem Brennpunkte sich
vereinigen müssen, denn auf dem Felde ausgleichender sozialer Sorge für den
Nächsten, in der Betätigung uneigennütziger Nächstenliebe gibt es keinen
Unterschied und Keine Rangordnung. Da hat jeder mit dem ganzen Gewicht
seiner Persönlichkeit einzutreten, und Herr Dr. Kahn wird sein Wort zu lösen
wissen, mit Rat und Tat behilflich zu sein, zu arbeiten auf diesem
unermesslichen Gebiet, zumal es an Männern gebricht, die ohne Ansehen der
Person, ohne Parteilichkeit das Wohl aller Nächsten im Auge haben.
Dieser Appell, an das Herz aller Anwesenden gerichtet, verfehlte denn auch
seine Wirkung nicht, und die wirklich geistvollen Ausführungen des Redners
wurden mit jubelndem Beifall begrüßt. - Ebenso wihltuend berührten die
Worte, die Herr Stadtpfarrverweser Nast an die Zuhörer richtete. Bei
mancherlei Differenzen, die sich in der Auffassung religiöser Fragen ergeben
müssen, ist doch der Grundton in allen wesentlichen ethischen Fragen
festzuhalten und gemeinsam, und so kann uns nichts abhalten, einander mit
aufrichtiger Achtung und herzlichem Vertrauen zu begegnen. - Denselben Geist
atmete die Rede des Herrn Oberamtmann Mögling, der die Gedankenreihen
zusammenfassend und ergänzend die Notwendigkeit der Zusammenschlusses aller
Kräfte im weitesten Kreise betonte. - Einen mehr internen Charakter hatte
die Rede des Herrn Dr. Kallner, die als Vorstand des Synagogenchors
den Herrn Rabbiner für diesen wichtigen Zweig des Kultus zu erwärmen wusste.
- In vorgerückter Stunde wusste Herr Ferd. Heß noch einmal alle
Anwesenden zu fesseln durch die Schilderung der priesterlichen Amtsweihe,
wie sie sich in alten Zeiten unter Beobachtung tiefsinniger Symbolik
vollzog, wo die Eingangspforte des Geistes, das Ohr, die Hand als Werkzeug
unsträflicher Tat, und der rechte Fuß geweiht wurden, zu wandeln auf dem
Wege der Tugend. Wie er dann den Übergang fand zu der allverständlichen
Sprache der Gegenwart, das war ebenso schwer für ihn auszuführen, wie es
ergötzlich war für alle Zuhörer, die ihm gerne folgten in das Eden der
allbeglückenden Liebe, - und den Priesterinnen der Liebe, den Frauen galt
sein Hoch. Auf diese fast unübersehbare Reihe der Reden
hatte nun der Gefeierte einzugehen, und mit einer erstaunlichen
Schlagfertigkeit, einem Reichtum treffenden Witzes, in angenehmstem Wechsel
von schwerem Ernst und spielendem Schwer wusste er allen und allen gerecht
zu werden, sodass dieser Abend wohl der israelitischen Gemeinde als der
Anfang einer Ära äußeren und inneren Wachstums und glücklichen Gedeihens
verbürgt sein mag. - Das gehe Gott!" |
Zur Beisetzung von Klara Cahn, Gattin von Bezirksrabbiner Dr. Moritz Moses Kahn
(1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. November 1934: "Bad
Mergentheim, 29. Oktober (1934). Gestern wurde hier Frau Klara
Cahn, die Gattin unseres Bezirksrabbiners Dr. M. Kahn, unter
großer Beteiligung zur letzten Ruhestätte nach Unterbalbach
geleitet. 'Siehe, im Zelt' (1. Mose 18,9) bezeichnet wie das Leben
Sarahs so auch das dieser frommen Rabbinersfrau, deren Sinn ganz auf ihre
Tätigkeit in ihrem frommen Hause gerichtet war. Sie war eine liebende
Gattin und eine treusorgende Mutter ihrem einzigen Sohne. Dann aber war
sie Freundin all den vielen, welche als Bekannte kamen oder als Lernende
zu jeder Tagesstunde eine freundliche Aufnahme bei ihr fanden, sie war
Beraterin all den Vielen, welche ihres Mannes und ihren Rat suchen. In den
Werken der menschlichen Liebestätigkeit (25 Jahre lang war sie
Vorsteherin des Grauenvereins) reichte aber ihr Wirken weit über die
Grenzen ihres Zeltes hinaus. So ist sie, mehr als die meisten ihrer
Bekannten wussten, segnende und gesegnete Helferin ihres Mannes geworden.
Möge Gott ihren Hinterbliebenen Trost senden. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. November 1934:
"In
der Frühe des gestrigen Sabbats ist unsere innigst geliebte Gattin,
Mutter und Großmutter
Frau Klara Kahn geb. Marx
nach langem geduldig ertragenem Leiden von der gütigen Vorsehung in die
ewige Ruhe hinübergenommen worden.
Bad Mergentheim, 28. Oktober 1934.
Rabbiner Dr. M. Kahn Erich Kahn und Frau Else geb.
Jeselsohn." |
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Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. November 1934:
Ein ähnlicher Bericht wie im "Israelit" erschien auch in der
"Gemeinde-Zeitung" |
Hochzeitsanzeige von Rabbiner Dr. Kahn und Lina geb.
Oppenheimer (1937)
Anmerkung: nach dem Tod von Klara Kahn geb. Marx (siehe oben) am 26. Oktober
1934 heiratete Rabbiner Dr. Kahn in zweiter Ehe Lina geb. Oppenheimer, eine am
21. Dezember 1891 in Treuchtlingen geborene Tochter von Max Oppenheimer und Hina
geb. Eldod.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
29. Juli 1937:
"Freunden und Bekannten zeigen wir unsere am Mittwoch, 4. August (27.
Av) in Stuttgart, Pension Agulnik, Eberhardstraße 69, stattfindende
Trauung an.
Rabbiner Dr. Kahn, Bad Mergentheim, Lina Kahn geb. Oppenheimer,
Treuchtlingen." |
Weitere Dokumente zu
Rabbiner Dr. Kahn
(aus der Sammlung von Hartwig Behr, Bad Mergentheim)
Karte an
Rabbiner Dr. Kahn von
Lehrer Zwick in Odenheim (1919) |
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Die
Karte wurde mit Poststempel vom 30.4.1919 von Odenheim nach Mergentheim
geschickt.
Übersetzung
der Karte von Eggert Hornig / Schimschon Ofer. |
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Karte an
Rabbiner
Dr. Kahn (1907) aus Stuttgart |
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Die
Karte wurde an Rabbiner Dr. Kahn in seiner Heimatgemeinde Baisingen (noch
vor seiner Zeit in Mergentheim) geschickt. Sie trägt den Ankunftsstempel
in Baisingen am 5. September 1907.
Übersetzung
der Karte von Eggert Hornig / Schimschon Ofer. |
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Karte an
Rabbiner Dr. Kahn und Frau
aus Spandau (1914) |
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Die
Karte wurde an Herrn und Frau Dr. Kahn am 14. März 1914 aus Spandau
verschickt;
der Absender Dr. Jacob Kallner war (Armen-)Arzt und lebte mit seiner Frau
Berta und
Kindern vor 1914 in Mergentheim. Übersetzung
der Karte von Eggert Hornig / Schimschon Ofer. |
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Karte an
Rabbiner Dr. Kahn
aus Ansbach
(Jahreszahl unklar) |
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Auf
der Rückseite der Karte findet sich die Anfrage nach einer Beschneidung: "Sonntag abend 1/2 7 Uhr Kind geboren, wann der
Briss, Sonntag oder Montag, Stern Niederstetten 14 anrufen". Dr.
Kahn wird in Kürze, über das richtige Datum der Beschneidung zu
befinden. Max Stern in Niederstetten
war (nach Angaben von Bruno Stern: Meine Jugenderinnerungen S. 117) Mohel
(Beschneider) und soll die Beschneidung in Ansbach vornehmen. |
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Dankeskarte an
Herrn und
Frau Rabbiner Dr. Kahn (1918) |
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Die
Karte wurde am 15. Juni 1918 (Poststempel) von Stuttgart nach Mergentheim
geschickt. |
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Postkarte von
Rabbiner Dr. Kahn an die
Buchhandlung A. Rothschild in Frankfurt (1923) |
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Die
Karte wurde am 16. September 1923 von Bad Mergentheim nach Frankfurt
geschickt; das Porto für die Karte betrug durch die Inflationszeit 30.000
Reichsmark. Bei der Buchhandlung A. Rothschild handelt es sich um die
zweitälteste jüdische Buchhandlung in Frankfurt, die 1858 von dem
Toraschreiber Anselm Meier Rothschild gegründet wurde. Seit 1920 wurde sie
von Jacob Rotschild in der Allerheiligenstraße 72 im ersten Stock des Hauses
geführt. |
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Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und weiterer Kultusbeamten
Ausschreibung der Stelle des Schächters (1871)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
26. Juli 1871: "Die Stelle eines Schächters ist in hiesiger Gemeinde
vakant und soll in Bälde wieder besetzt werden. Das Einkommen der Stelle
beläuft sich auf circa 350 fl. nebst freier Wohnung und kann sich durch
Übernahme einiger Nebenämter durch einen verheirateten Mann auf weitere
200 fl. erhöhen. Bewerber haben sich innerhalb 3 Wochen an den
unterzeichneten Vorstand zu wenden, wobei bemerkt wird, dass einem Ben
Tora (Toragelehrten) der Vorzug gegeben würde.
Mergentheim, 10. Juli 1871.
Das israelitische Kirchenvorsteheramt. Für dasselbe: Rabbiner
Gunzenhauser." |
Lehrer Hermann
Schlesinger tritt in den Ruhestand (1889, war Lehrer in Mergentheim von 1853 bis
1889)
Anmerkung: Lehrer Hermann Schlesinger (geb. 24. Juni 1817 in Hochberg
als Sohn von Louis/Löw Schlesinger und seiner Frau Besle/Lisette Babette geb.
Engel) besuchte die Lehrerbildungsanstalt am Königlichen Waisenhaus in Stuttgart.
Er war von Dezember 1837 bis März 1838 Schulgehilfe in Hochberg.
Danach war er Vorsängeramtsverweser in Unterdeufstetten
und ab Ende Januar 1839 in Korb. Im Juli 1841
erhielt er die Vorsänger- und Lehrerstelle in Berlichingen.
Am 1. Dezember 1841 heiratete er Chawa geb. Berlinger (eine 1813 geborene
Tochter des Benjamin Berlinger und seiner Frau Höfle). Später war er in Mühlen
am Neckar tätig und seit 1853 in Mergentheim. Nach dem Tod seiner
ersten Frau am 14. Mai 1876 heiratete er in zweiter Ehe am 22. Januar 1877 Karoline
geb. Fränkel (geb. am 21. November 1841 in Obernbreit
als Sohn des dortigen Lehrer David Fränkel und seiner Frau Emilie). Aus erster
Ehe entstammten die Kinder Löb (geb. 1842, wanderte 1862 aus und was später
Lehrer in New York), Benjamin (1844), Rösle (1845, heiratete 1869 ins
Badische), Tobias (1847, wanderte 1867 nach Amerika aus), Veit (1853). Aus
zweiter Ehe entstammte der Sohn und spätere Rabbiner Dr. Abraham Schlesinger: geb.
20. März 1882 in
Mergentheim, gest. 1961 in Jerusalem (war 1916-1938 Rabbiner in Bad
Buchau).
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
31. Januar 1889: "Mergentheim. Nach zurückgelegter
54-jähriger Amtstätigkeit wurde am 1. Oktober vorigen Jahres der hiesige
Lehrer und Vorsänger Herr Hermann Schlesinger seinem Ansuchen
entsprechend wegen leidender Gesundheit von der israelitischen
Oberkirchenbehörde in den Ruhestand versetzt. Herr Schlesinger hat sich
während seiner Lehrtätigkeit als eifriger und pflichtgetreuer Beamter
die Anerkennung und Zufriedenheit sowohl seiner ihm vorgesetzten Behörde
als auch den Gemeinden, welche er als Lehrer vorgestanden, im vollsten
Maße erworben. Im strengsten Sinne des Wortes genommen, war derselbe ein
treuer Winzer im Weinberge des Herrn - im Weinberge des Herrn Zebaoth.
Das Ziel seines Wirkens ging stets dahin, seinen Schülern eine feste
religiöse Grundlage zu geben, und eine gute Erziehung zu befördern; dass
dieses Prinzip von Herrn Schlesinger hochgehalten wurde, beweist auch der
Umstand, dass eine große Anzahl seiner einstigen Schüler in der jetzigen
religiösen sturmbewegten Zeit ihre treue Anhänglichkeit für das
angestammte heilige Erbgut Israels, nur ihrem musterhaften Lehrer zu
verdanken haben, der es verstanden hatte, die jugendlichen Gemüter für
das religiöse Leben zu gewinnen und die Wahrheiten der Gotteslehre
derselben fest einzuprägen. Seine erste Anstellung als Lehrer erhielt
Herr Schlesinger in der Gemeinde Korb, im
badischen Bezirksamt Adelsheim; später wirkte derselbe als Lehrer in den
württembergischen Gemeinden Deufstetten,
Berlichingen und Mühlen
am Neckar. Von letztem Orte aus, einem Rufe der hiesigen Gemeinde
folgende, wurde ihm, im Jahre 1853 die hiesige Lehrer- und
Vorsängerstelle übertragen, welche er volle 36 Jahre innehatte. In
dankbarem Andenken an seine hiesige Lehrtätigkeit, wurde kürzlich ein
Bankett veranstaltet, wobei die Ehrengaben, von der hiesigen Gemeinde
gewidmet, bestehend in einem Pokal, einem Regulateur, sowie einem fein
gepolsterten Lehnsessel vom Herrn Rabbiner in Gegenwart der ganzen
Gemeinde mit warmen Worten des Dankes und der Anerkennung dem Jubilar
überrecht wurden. Möge Herr Schlesinger lange noch im Kreise seiner
Familie und Gemeinde ein heiterer und froher Lebensabend mit stetiger
Gesundheit und Wohlergehen beschieden sein!" |
Zum Tod des Religionslehrers Raphael Fränkel,
Schwiegervater von Lehrer Hermann Schlesinger (1890; war 57 Jahre Lehrer in
Obernbreit)
Anmerkung: Raphael Fränkel starb am 6. Januar 1890 in Mergentheim und wurde
am 8. Januar 1890 im jüdischen Friedhof in Unterbalbach beigesetzt.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
13. Februar 1890: "Mergentheim im Februar 1890. Im
vorigen Monate entschlief hier im Alter von 86 Jahren der von Obernbreit
zu seinem Schwiegersohn übersiedelte vormalige Religionslehrer Raphael
Fränkel, der es vermöge seines biederen, bescheidenen Charakters,
seiner gediegenen religiösen und profanen Kenntnisse verdient, dass ihm
in diesen Annalen des Judentums ein Ehrendenkmal gestiftet werde. In Binswangen
im bayrischen Schwaben als Sohn des weil. Rabbiners Abraham Fränkel geboren,
genoss er dessen Unterricht, wie den seines Schwagers, des nachmaligen
Rabbiners Is. Hirsch Gunzenhausen und später den des Rabbiners Aron
Gugenheimer in Kriegshaber bei
Augsburg, woselbst er unter 27 Lehramts-Kandidaten das beste Examen
bestand.
Als der begabteste unter vielen Geschwistern, musste er zu deren
Unterstützung sowie seiner Mutter bald auf den Broterwerb bedacht sein.
Er nahm daher eine Privat-Lehrerstelle im Hause des berühmten Rabbi Wolf
Hamburger in Fürth an, wobei er sich
dessen Hochachtung erwarb und in seinen Talmudstudien sehr befördert
wurde, sodass der gefeierte Meister nach einiger Jahren mit Bedauern ihn
aus seiner Familie und seinem Kreise zum Antritt der Religionslehrerstelle
in Obernbreit scheiden
sah.
Daselbst wirkte der gewissenhafte und pflichtgetreue Pädagoge 57 Jahre,
vom Vertrauen seiner Gemeinde, der Dankbarkeit und Verehrung zahlreicher
Schüler umgeben, die er nicht nur in die Hallen der Tora, sondern auch in
das allgemeine Gebiet des Wissens mit ungemeinem Lehrgeschick einzuführen
verstand. Es tat ihm aber wohl, nach Jahren aus der Ferne vielfache
Beweise der Anhänglichkeit zu empfangen und von allen Seiten durch zarte
Aufmerksamkeit sich geehrt zu sehen. Auch sonst praktisch als Buchführer,
Korrespondent und Versicherungsagent tätig, wurde er bei seinem fünfzigjährigen
Dienstjubiläum von der Direktion der bayerischen Hypotheken- und
Wechselbank durch ein ehrenvolles Diplom und ein ansehnliches Geschenk
ausgezeichnet.
In den letzten zwei Jahren war er körperlich wohl geschwächt, sein Geist
aber immer rege, hell und munter, seiner Umgebung, aus dem reichen Schatz
seiner Erinnerungen menschenfreundlich mitteilend.
Seine Würdigkeit und Beliebtheit sprach sich bei seinem großen
Leichenbegängnisse aus, bei welchem Rabbiner und Vorsänger seinen
Verdiensten die gerechte Würdigung zuteil werden
ließen." |
Über
Lehrer Seligmann Pappenheimer (Lehrer in Bad Mergentheim von 1889 bis 1923)
Lehrer Seligmann Pappenheimer ist am
26. November 1860 in Oberdorf geboren als Sohn des Handelsmannes Simon
Pappenheimer und seiner Frau Sara geb. Hainsfurter. Er studierte 1876 bis
1879 als Lehrerseminar in Esslingen. 1879 wurde er Lehrer in
Talheim,
später in Lauchheim. Seit dem 1. April 1889 war er Lehrer in Mergentheim.
Er ist vermutlich 1923 in den Ruhestand getreten (Neuausschreibung der
Stelle siehe unten) und starb am 9. März (Familienregister, nach
Fechenbach am 10. März) 1934 in Mergentheim.
Seligmann Pappenheimer war verheiratet mit Regina geb. Wassermann
(geb. 20. Februar 1863 in Lauchheim als Tochter von Julius Wassermann und
seiner Frau Babette geb. Levi). Sie ist am 4. April 1935 in das
Israelitische Altersheim nach Heilbronn-Sontheim
verzogen. Sie wurde
1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 6. September 1962
umgekommen ist.
Quellen: Hahn: Jüdisches Leben in Esslingen S. 465; Fechenbach S.
31.185. |
Zum Tod des Sohnes von Lehrer Seligmann
Pappenheimer Max Pappenheimer (geb. am 12. Juni 1889 in Bad Mergentheim)
als Fliegerleutnant im Ersten Weltkrieg 1918 siehe
unten. |
70. Geburtstag von Oberlehrer a.D. Pappenheimer
(1930)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Dezember
1930: "Mergentheim. Oberlehrer a.D. Pappenheimer, der
wegen seines offenen Charakters, seiner großen Gewissenhaftigkeit und
äußersten Pünktlichkeit in seinem beruflichen als auch privaten Leben
in weiten Kreisen höchste Achtung genießt, durfte am 26. November in
bester Gesundheit das 70. Lebensjahr vollenden. Möge dem rüstigen,
allezeit arbeitsfreudigen Manne auch weiterhin ein gesegneter Lebensabend
beschieden sein!" |
|
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1930: Artikel ist noch
auszuschreiben. |
Ausschreibungen der Stelle des Vorsängers und Religionslehrers
(1923 / 1924 / 1926 / 1929)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
2. August 1923: "Gesucht wird ein jüngerer, lediger,
seminaristisch gebildeter Vorsänger und Religionslehrer,
musikalisch geschult mit guter Stimme, befähigt den Synagogenchor (ohne
Orgel) zu leiten. Gehaltsklasse 7 der Reichsbesoldungsordnung
Nebeneinkommen. Persönliche Vorstellung nur auf Verlangen. Bewerbungen
mit Lebenslauf an Israelitisches Kirchenvorsteheramt Bad Mergentheim."
|
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1924:
"Wir suchen einen seminaristisch gebildeten, womöglich ledigen
Vorsänger und Religionslehrer mit guter Stimme und musikalisch
geschult. Gehalt der VII. Gruppe der Reichsbesoldungsordnung sowie
Nebeneinkommen. Bewerbungen mit ausführlichem Lebenslauf und
Zeugnisabschriften an
Israelitisches Kirchenvorsteheramt Bad Mergentheim." |
Anmerkung: 1924 wird als Lehrer J. Bayer
genannt. |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1925:
"Wir suchen auf 15. März 1926 einen seminaristisch gebildeten,
womöglich ledigen Vorbeter und Religionslehrer mit guter Stimme,
musikalisch geschult. Gehalt VII. Gruppe der Reichsbesoldungsordnung, sowie
Nebeneinkommen. Bewerbungen mit ausführlichem Lebenslauf und
Zeugnisabschriften an Israelitisches Gemeindevorsteheramt Bad
Mergentheim." |
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Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. September 1929:
"Israelitischer Oberrat. Bewerberaufruf.
Bewerber um die Stelle des israelitischen Religionslehrers in Mergentheim
haben sich unter Vorlegung eines Lebenslaufs und ihrer Zeugnisse bis zum
22. September 1929 beim Israelitischen Oberrat in Stuttgart zu
melden.
Stuttgart, 26. August 1929." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1929: "Die
Stelle eines Religionslehrers in Bad Mergentheim soll wieder durch
einen lebenslänglich zu ernennenden Beamten besetzt werden. Orthodoxe und
musikalische Bewerber, die die deutsche Reichsnagehörigkeit besitzen und
beide Volksschullehrerdienstprüfungen erstanden haben, wollen sich bis
zum 22. September 1929 bei der unterzeichneten Stelle melden. Die
Besoldung richtet sich nach Gruppe 8a der Württembergischen
Besoldungsordnung (Reichsbesoldungsordnung 4c) zuzüglich Wohnungsgeld,
Ortsklasse B und eventuelle Kinderzuschläge und wird aus der Israelitischen
Zentralkasse bezahlt. Die außerhalb Württembergs zugebrachten
Dienstjahre werden voll in Anrechnung gebracht. Dienstwohnung ist
vorhanden. Umzugs- und Reisekosten werden vergütet. Der Bewerber muss die
Befähigung haben, einen Synagogenchor zu leiten. Die Stelle sollte bis
zum 1. November 1929 besetzt werden.
Der Oberrat der israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs,
Stuttgart, Reinsburgstraße 19, II. Stock." |
Anmerkung: Auf die Ausschreibung der
Stelle bewarb sich erfolgreich Lehrer Adolf Frankfurt. |
Geburtsanzeige des Sohnes von
Lehrer Adolf Frankfurt und Emmi
geb. Wechsler (1931)
Anmerkung: Es handelt sich um den Sohn Norbert des Lehrers Adolf
Frankfurt (geb. 7. September 1906 in Nürnberg als Sohn des dortigen
Kultusbeamten Herz Frankfurt und der Toni geb. Heimann) und seiner Frau Emmi geb.
Wechsler (geb. 10. Oktober 1906 in Fürth als Tochter des Kaufmann Mendel
[?] Wechsler und der Knila [?] geb. Bamberger). Adolf und Toni waren seit 11.
Juni 1929 in Frankfurt am Main verheiratet. Norbert ist am 24. Juli 1931 in
Bad Mergentheim geboren. Lehrer Adolf Frankfurt ist mit seiner Frau am 12. April
1931 von Frankfurt nach Bad Mergentheim gezogen (Wohnung: Holzapfelgasse 15,
sog. "Rabbinerhaus"). Am 21. Mai 1934 verließ die Familie Bad
Mergentheim, um nach Palästina auszuwandern.
(Angaben von Hartwig Behr, Bad Mergentheim)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
30. Juli 1931:
"Gott sei gepriesen.
Ein gesunder Junge angekommen.
Adolf Frankfurt - Emmi Frankfurt-Wechsler.
Bad Mergentheim.
10. Aw 5691." (= 24. Juli 1931) |
Berichte
aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Unterstützung jüdischer Armer
in Bad Mergentheim durch christliche
Personen
und andere Mitteilungen, u.a. der Sohn des Mergentheimer Arztes Dr. Eichberg wird zum
Leutnant ernannt (1859)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 6. Juni 1859: "Aus dem württembergischen Franken, 20.
Mai. Der Schwäbische Merkur vom 22. April dieses Jahres enthält
Folgendes: 'Mergentheim. Es wurden in der jüngsten Zeit von den
hier verstorbenen Oberzoll-Kontrolleur J. F. Weismann'schen Eheleuten und
der Witwe Lippert die hiesigen Armen israelitischer Konfession mit Legaten
von je 10 Gulden und 25 Gulden bedacht. Für diese Beweise wirktätiger
Nächstenliebe und Toleranz bringt hiermit dem Andenken dieser edlen
Menschenfreunde die verdiente öffentliche Huldigung dar der
Bezirksrabbiner Sänger.'
Dieser Annonce unseres würdigen Herrn Rabbinen habe ich noch
Nachstehendes beizufügen.
Derartige tolerante Kundgebungen von Seiten unserer christlichen
Mitbürger stehen in Württemberg keineswegs vereinzelt da. So fließen
alljährlich schöne Beiträge von christlichen Wohltätern in das
israelitische Waisenhaus zu Esslingen, und geht namentlich unser erhabener
Monarch wie die ganze königliche Familie in dieser Beziehung mit dem
löblichen Beispiel stets voran, indem Höchstdieselben schon reichliche
Spenden in jenes Institut von Jahr zu Jahr stifteten. Erst kürzlich
schenkte auch Seine königliche Majestät der israelitischen Gemeinde
Michelbach für ihre restaurierte Synagoge vier Kronleuchter.
Was unser genanntes Waisenhaus betrifft, so ist nicht zu verkennen, dass
im Allgemeinen die Israeliten Württembergs dasselbe auf eine sehr
wohltätige Weise unterstützen. Aber gerade in unserer Gegend geschieht
von der Partei der 'Frömmler' bei Weitem nicht so viel Gutes für
dasselbe, als es sich sollte erwarten lassen. es wird nämlich
vorgeschützt, dass unser Waisenhaus nicht darauf Bedacht nähme, 'gute
Jüden' zu erziehen. Allerdings stehen bei jenem keine Männer an der
Spitze, wie sie unsere Hyperorthodoxie für wünschenswert erachtet.
Allein das Streben jener Vorgesetzten ist entschieden darauf gerichtet,
die ihnen anvertrauten Waisen als brave, rechtschaffene Israeliten
heranzubilden. Doch alle vernünftigen Vorstellungen sind bei jenen
Frömmlern vergebens; es gehört eben zu den Grundsätzen derselben,
Alles, was nciht von ihnen oder ihrem Anhange ausgeht, hintenanzusetzen. Während
dieselben, wenn es sich um eine Kollekte für eine Faulenzer-Gesellschaft
in Jerusalem handelt, in kurzer Zeit bedeutende Summen zusammenschießen,
nehmen sie Anstand, für jenes schöne, zweckmäßige Institut irgendetwas
beizutragen.
Dergleichen verkehrte Ansichten und Kundgebungen bestehen jedoch unter den
Israeliten Württembergs sehr selten, und wenn in dieser Beziehung gerade
eine gewisse Partei der hiesigen Gegend sich auszeichnet und seit neuerer
Zeit besonders breit macht, so ist dies hauptsächlich dem Umstande
zuzuschreiben, dass die Extravaganzen, welche von obskuren Israeliten des
benachbarten Würzburg und seiner Umgegend ausgehen, auch bei uns ihre
nachteilige Wirkung nciht verfehlen.
Wie die Anhänger jener Partei ihre andern Glaubensgenossen, welche sie
nicht zu den Glückseligmachern rechnen, unter dem Deckmantel der
Frömmelei zu behandeln suchen, darüber will ich mich vorläufig nicht
aussprechen, obgleich es an sehr interessanten Beispielen keineswegs
fehlt. - Zu den Ernennungen, welche Seine königliche Majestät vermöge
höchster Entschließung vom 3. Mai dieses Jahres im königlichen
Truppencorps zu verfügen geruhten, gehört auch die, dass der praktische
Arzt Herr Dr. Eichberg von Mergentheim zum Oberarzt beim
königlichen Militär mit dem Rang als Leutnant ernannt wurde. Auch ein
militärpflichtiger Sohn des Herrn Kirchenrat Dr. Mayer aus Stuttgart
wurde sogleich als Leutnant aufgenommen. Es sind dies nämlich die ersten
Fälle, dass Israeliten Württembergs auch zu Offizierstellen
gelangten." |
Gründung einer Ortsgruppe des Verbandes der Sabbatfreunde (1906)
Anmerkung: Rabbiner Dr. Moses Kahn (ab 1910 Rabbiner in Mergentheim) war ab
1899 als Seminarlehrer in Esslingen (am
Lehrerseminar in der Ausbildung der jüdischen Lehramtskandidaten) tätig. Er
führte die Berufsbezeichnung "Rabbiner", ohne bei der jüdischen
Gemeinde Esslingen als solcher angestellt zu sein. Zeitweise war er von
Esslingen aus Rabbinatsverweser in Freudental.
Dr. Kahn erteilte auch Religionsunterricht für die jüdischen Schülerinnen und
Schüler in Esslingen. Sehr engagiert war er in seiner Vortragstätigkeit in
ganz Württemberg. Am 20. Januar 1910 verzog Dr. Kahn mit Frau Klara geb. Marx
und dem 1903 in Esslingen geborenen Sohn Erich nach Mergentheim.
Artikel
in der "Frankfurter Israelitischen Familienzeitung" vom 31.
August 1906: "Stuttgart. Nach Vortrag des Herrn Rabbiner
und Seminarlehrer Dr. Kahn - Esslingen wurden in Niederstetten
und in Mergentheim Ortsgruppen des Verbandes der Sabbatfreunde
gegründet." |
Beobachtungen anlässlich eines Manövers in Bad Mergentheim
(1909)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. Oktober 1909: "Stuttgart, 26. September (1909).
Die 'Neckar-Zeitung' schreibt anlässlich der Manöver in Württemberg:
Geradezu rührend herzlich und aufopfernd ist in diesem Krieg in
Friedenstagen die Haltung der Bevölkerung gewesen. Das wehrhafte
Geschlecht, das im Taubertale, längs dem Kocher und der Jagst und in den
Bergen nach dem Odenwald hin sitzt und von Landsknechtzeiten her dem
Waffenhandwerk hold war, hat einen gar trefflichen Manöver-Resonanzboden
abgegeben. Willig, ja mit einer Begeisterung, die sich in über das
vereinbarte Maß weit hinausgehender Verpflegung des einzelnen Mannes
ausdrückt, hat das liebenswerte, frohe Völkchen jener Weingegend die
Einquartierungslasten getragen. Auch der starke jüdische
Bevölkerungseinschuss dort an der badischen und württembergischen
Landesgrenze, hat trotz der gerade fallenden hohen Feiertage, in der
bereiten Gastfreundlichkeit der Aufnahme mit seinen christlichen
Mitbürgern gewetteifert. Zwei niedliche kleine Episoden seien in diesem
Zusammenhang hier registriert: In Mergentheim, wo es ein koscheres
Hotel gibt, wies die unter den hebräischen Schildzeiten hängende
Quartiertafel die Kreideankündigung auf: 'Einquartiert, Vizefeldwebel
Christ'. Und wenige Schritt weiter ließ, direkt unter der Firmentafel 'S.
Rothschild, Bankgeschäft', der Name 'Militärische Pumpstation' allerhand
lustige Deutungen zu." |
Ein Eruv wird um den Kurpark gelegt (1922)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
29. Juni 1922: "Mergentheim, 23. Juni (1922). Dieser Tage
hat die Kurverwaltung des hiesigen Karlsbades auf Wunsch des Ortsrabbiners
den Kurpark mit einem Eruv
versehen und zwar auf ihre eigenen Kosten, sodass es möglich ist, am
Sabbat innerhalb des Kurparkes und der Gebäude des Karlsbades zu
'tragen'. Die nicht wenigen orthodoxen Badegäste sind der Kurverwaltung
für dieses freundliche Entgegenkommen sehr dankbar. |
Wahlen zum Vorsteheramt (1924)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. Juni 1924: "Mergentheim.
Wahlen zum Vorsteheramt. Zu Gemeindevorstehern wurden Max Fechenbach,
Dr. Hirnheimer, Hugo Kahn, Lehrer a.D. Pappenheimer gewählt. Zum
Vorsitzenden wurde Rabbiner Dr. Kahn, zum stellvertretenden
Vorsitzenden Max Fechenbach ernannt. Die Wahlbeteiligung war sehr
lebhaft. von 147 Wahlberechtigten traten 122 also 82 % zur
Urne". |
Bezirkstagung
der Agudas Jisroel Jugendorganisation des Bezirkes Mergentheim
(1925)
Anmerkung: zur Agudas Jisroel siehe Wikipedia-Artikel
"Agudat Jisra'el"
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
29. Oktober 1925: "Die Bezirkstagung in Mergentheim.
Wenn
auch in der Regel die Leiter eines wie immer gearteten Unternehmens dessen
Bedeutung hervorzuheben bemüht sind, so ist damit nicht erwiesen, dass
ihre Sache wirklich groß ist. So geht es auch mit Tagungen. Damit aber
sollen diejenigen der A.J.J.O., insbesondere der große Delegiertentag in
Würzburg (2-4 August 1925) keineswegs in ihrer Bedeutung herabgesetzt
werden. Es steht außer Zweifel, dass solche Tagungen machtvolle
Kundgebungen des Lebenswillens der Aguda-Jugend nach außen hin
darstellen. Nur ist es mit dem Willen zum Leben allein nicht getan. Das
Wichtigste eines Organisation ist ihre Lebensmöglichkeit; diese ist
erst erwiesen, wenn der bekundete Lebenswille sich in der praktischen
Gruppenarbeit auswirkt. Nachdem nun bei den großen Delegiertentagungen
sinngemäß das Hauptkontingent der Teilnehmer von Seiten der Delegierten
der einzelnen Gruppen gestellt wird (die naturgemäß den von ihnen
vertretenen Gruppen das denkbar beste Zeugnis ausstellen), der größte Teil
der Mitglieder jedoch, der durch seine Anwesenheit Arbeitswillen mit heim
brächte, dabei fehlte, lässt eine solche Tagung, so imposant sie sich
auch präsentiert, keine Rückschlusse auf den wirklichen Wert der
Organisation zu.
Es blieb den verschiedenen Bezirkstagungen der Agudas Jisroel Jugendorganisation,
die seit der Errichtung der Bezirkssekretariate zustande kamen,
vorbehalten, die wirklichen Arbeiter innerhalb der Gruppen, das heißt die
einzelnen Mitglieder auf den Plan zu rufen. Wenn diese Bezirkstagungen mit
ihren 150-200-300 Teilnehmern an äußerer Aufmachung ihren großen
Schwestern, den Delegiertentagungen, auch nachstehen mussten, so waren und
sind sie mehr geeignet, die Kräfte der Organisation zu
enthüllen.
Neuerdings hat man den Kreis noch enger gezogen, hat man, wie es in
Mergentheim am 18. Oktober der Fall war, die Mitglieder eines kleinen
Kreises gesammelt und nur annähernd hundert erreicht, und das muss als
ein Erfolg gebucht werden. Diese kleineren Zusammenkünfte sind
keinesfalls Zeichen rückläufiger Bewegung, etwa dergestalt, dass sich
die Organisation keine großen Tagungen mehr leisten könnte, sondern im
Gegenteil Zeichen innerer Festigung, indem die einzelnen Mitglieder der Gruppen
dadurch dazu gelangen, die auf der großen Tagung ausgegebenen Anregungen
in Arbeit umzusetzen. |
Der
Bahnhof Mergentheim bot am 18. Oktober ein für diese Saison hier
ungewohntes Bild regen Treibens, als die Züge aus allen Richtungen - aus Edelfingen,
Creglingen, Archshofen,
Niederstetten, Markelsheim,
Igersheim, Weikersheim,
Künzelsau kamen und die 'Schwarzen'
heranführten. Bald hatten diese sich in den gemütlichen, für den Tag
besonders geschmackvoll hergerichteten Räumen des Hotels Fechenbach
gesammelt. Nachdem das Präsidium, bestehend aus den Herren Rabbiner
Dr. Kahn - Mergentheim, Oberlehrer Oberndörfer - Niederstetten,
Lehrer Ottensoser - Markelsheim,
Michael Levi - Niederstetten,
Stern - Niederstetten am
Vorstandstisch Platz genommen hatte, eröffnete Herr Markus Posen mit
Worten der Begrüßung und des Dankes an alle Erschienenen die
Versammlung. Er ging des Längeren auf Sinn und Zweck der Beratungen ein
und gab am Schluss der Hoffnung Ausdruck, dass ein harmonischer Verlauf
der Tagung die Opfer an Zeit, die die Teilnehmer für die Agudas Jisroel
gebracht hatten, wettmachen möge. Während sodann der erste Referent,
Herr Rabbiner Dr. Kahn, sein Thema: 'Warum sind wir Agudisten?' den
gespannt lauschenden Hörern entwickelte, konnte man an ihren Mienen
sehen, dass der Vortrag tiefen Eindruck hervorrief. In der ihm eigenen nüchternen,
streng präzisen Form erwies Herr Dr. Kahn die Notwendigkeit der Agudas
Jisroel, indem er an Hand von Beispielen zeigte, wie es heute einem
Menschen, ob jung oder alt, unmöglich sein dürfte, ohne Agudas Jisroel
auf dem gesetzestreuen Standpunkt zu verharren. Nachdem sich der
rauschende Beifall gelegt hatte, erhielt der nächste Referent, Herr Oberlehrer
Oberndörfer - Niederstetten,
zu seinem Referat 'Rabbi Jochanan ben Sakkai' das Wort. Vorher ließ er
nach einigen einleitenden Worten mehrere Kinder im Alter von 6-10 Jahren
(aus der Jungmannschaftsgruppe Niederstetten)
in ganz origineller Weise Aussprüche von Rabbi Jochanan ben Sakkai zum
Vortrag bringen. Die Kinder sowie ihr Meister ernteten starken Beifall.
Kaum ein Thema wäre geeigneter für einen Aguda-Vortrag. Wollte er auch
im großen und ganzen nur ein Lebensbild des großen Lehrers entwerfen, so
stellte er doch in den Mittelpunkt seiner Ausführungen den bekannten
Wunsch Rabbi Jochanans ben Sakkai an den Römerkaiser auf Erhaltung des
Lehrhauses. Die Rückschlüsse für die Agudo-Jugend liegen auf der Hand.
Reicher Beifall folgte auch dieser Rede. Herr Oberlehrer Wißmann -
Künzelsau, der gleichfalls ein
Referat übernommen hatte, hat im letzten Augenblick leider abgesagt,
sodass nunmehr die Aussprache aufgenommen wurde. Zweistündige Dauer und
rege Beteiligung bewies das Interesse, das den Referaten gezollt wurde.
Hervorgehoben seien die Reden der Herren Lehrer Ottensoser - Markelsheim,
Michael Levi und Stern - Niederstetten,
Heidelberger - Mergentheim. Auch die Referenten griffen in
die Diskussion ein.
In seinem Schlusswort suchte der Vorsitzende einen Ausgleich zwischen
verschiedenen vorgebrachten Wünschen. Auch schlug er die Wahl eines
Vorstandes der Gruppe Groß - Mergentheim vor, der Vertreter von
allen anwesenden Gruppen umfassen sollte. Dieser Vorstand solle für die
Belange jeder einzelnen Gruppe des Kreises in umfassender Weise zu sorgen
haben.
Die anwesenden Herren Rabbiner und Lehrer hatten sich in dankenswerter
Weise bereit erklärt, je in Zeitabständen an einem dritten Orte für
alle Gruppen Lernvorträge zu halten. - Auch bei dem später einsetzenden
gemütlichen Beisammensein kamen alle Teilnehmer auf ihre Kosten. - P.
-" |
Vorbeterkurse in Bad Mergentheim (1926)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Oktober 1926: |
Vortragsnachmittag des israelitischen Frauenvereins Heilbronn in Mergentheim
(1927)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Juni 1927: |
Vortragsabend mit Vortragskünstler S. Lywinsky
(1928)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Juli 1928: |
Gründung eines jüdischen Jugendbundes unter Leitung von Moritz Fröhlich
(1927)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. November 1927: |
Chanukka-Feier des israelitischen Frauenvereins
(1928)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Januar
1928: |
Vortragsabend der Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten
(1928)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. April 1928: |
Vortrag von Kurgast Lehrer Klein über "Das Alte Testament und die
Jugendbewegung" (1928)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. August 1928: |
75-jähriges Bestehen des Frauenvereins
(1928)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1928: |
25-jähriges Stiftungsfest des Synagogenchores
(1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
14. November 1929: "Bad Mergentheim, 3. November (1929).
Am Sonntag, 20. Oktober, beging der Synagogenchor Bad Mergentheim
sein 25-jähriges Stiftungsfest. Schon am 1. Tag Sukkaus (Laubhüttenfest)
leitete Herr Bezirksrabbiner Dr. Kahn in der Synagoge die Feier
beim Gottesdienst mit einer festlichen Ansprache ein. Am Festesabend
selbst war die ganze Gemeinde fast vollzählig im Viktoriasaale
erschienen. Nach einigen Musikstücken trug der Chor zur Einleitung 'Boruch-Haboh'
unter Leitung des Chormeisters, Herrn Fleckenstein vor. Dann gab
Frl. Frieda Adler in einem Prolog in poesievoller Weise einen
Rückblick über die Tätigkeit des Vereins. In der Festrede schilderte
dann der Vorsitzende, Herr Albert Adler sen. in trefflichen Worten
die Tätigkeit des Chores von der Gründung an bis zur Gegenwart. Seine
Devise war und blieb: 'Stets zur Verherrlichung des Gottesdienstes zu
singen und zur Ehre des Schöpfers zu wirken'. Der Redner gedachte der
inzwischen verstorbenen Mitglieder, zu deren Andenken die Anwesenden sich
von ihren Sitzen erhoben. Besonders erwähnte er des verstorbenen M.
Weil seligen Andenkens, welcher neun Jahre den Vorsitz des Vereins
inne hatte und jede freie Minute dem Chor und seiner Tätigkeit gewidmet
hatte. Nun wechselten hebräische Gesänge mit deutschen Liedern und
Hymnen ab. Musikalische Singspiele, Soloszenen und humoristische
Darbietungen bildeten den Schluss des ersten Teiles.
Zum Schluss ergriff der Vorsitzende, Herr Albert Adler sen.,
nochmals das Wort, verlas einen Teil der in großer Anzahl eingelaufenen
Telegramme und Gratulationen, dankte den Anwesenden wiederholt für das
zahlreiche Erscheinen, allen Mitgliedern für ihre Mühewaltung und
wünschte allen Teilnehmern des Abends noch recht viel
Vergnügen." |
|
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. November 1929:
Ein ähnlicher, teilweise ausführlicherer Bericht über das
Stiftungsfest erschien auch in der
"Gemeinde-Zeitung" |
Fortbildungskurs der "Arbeitsgemeinschaft israelitischer Lehrer" in
Bad Mergentheim
(1931)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Mai 1931: |
Ausflug des Synagogenchores von Bad Mergentheim nach Bad König (1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. August 1931: "König
im Odenwald, 31. Juli (1931). Der gesamte Synagogenchor von Bad
Mergentheim unternahm am vergangenen Sonntag einen Ausflug nach unserem
freundlichen Luft- und Stahlbad König. Bei dieser Gelegenheit wurde die
altehrwürdige Synagoge besucht, woselbst der Chor einige herrliche
Gesänge zum Vortrag brachte, die auf die Mitglieder der hiesigen
Religionsgemeinde und auf viele anwesende Kurgäste, die erschienen waren,
einen tiefen Eindruck hinterließen. Der zufällig anwesende Herr Isaac
Oppenheimer, ein geborener Königer, Mitglied des Oberrats der
israelitischen Religionsgemeinden Hessens wurde gebeten, die
Begrüßungsansprache zu halten, und wurde von demselben u.a. darauf
hingewiesen, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl ganz besonders in
jetziger Zeit gepflegt werden müsse, im Interesse der israelitischen
Gemeinden selbst und im besonderen Interesse der Gesamtjudenheit. Der mit
anwesende Rabbiner der Gemeinde von Bad Mergentheim erwiderte in schönen
Worten auf die Begrüßungsansprache, gleichzeitig Dank sagend für den
schönen Empfang in Bad König, ebenso brachte das Vorstandsmitglied, Herr
Adler, ebenso auch der Vorsitzende des Synagogenchores Dankesworte zum
Ausdruck. Nach den Gesangsvorträgen wurde das Minchagebet verrichtet. -
Gegen 17 Uhr wurde mit Auto die Rückreise durch den schönen Odenwald
angetreten." |
|
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. September 1931:
Ein ähnlicher Bericht wie im "Israelit" erschien in der
"Gemeinde-Zeitung" |
Chanukka-Feier des Synagogenchores (1931)
Zu den genannten Personen: zu Max Fröhlich siehe unten bei
Hochzeitsanzeige von 1927; zu Lehrer Adolf Fröhlich siehe Geburtsanzeige
für seinen Sohn Norbert oben von 1931; zu Rabbiner Dr. Moritz Moses Kahn
siehe oben; Chordirigent Adolf Fleckenstein war nicht Mitglied der
jüdischen Gemeinde; er war u.a. nach 1934 und wiederum 1953 bis 1956 Leiter der
Stadtkapelle Bad Mergentheim. Nichtjüdisch war auch der als Conférencier
genannte Karl Heller. Er war ein Sohn des Buchbindemeisters Christian
Heller, war selbst von Beruf Buchbinder, und trat um 1930 in Bad Mergentheim bei
zahlreichen Bunten Abenden auf (als Conférencier oder auch als Zauberer), die
entweder von Vereinen oder der Kurverwaltung veranstaltet wurden (Angaben von
Hartwig Behr, Bad Mergentheim).
Weitere Angaben nach Hermann Fechenbach: Die letzten Mergentheimer Juden: Lydia
Kahn (geb. 1913 in Bad Mergentheim) emigrierte Juni 1937 nach New York; Friedl
(Frieda) Eckmann (geb. 1917 in Bad Mergentheim) emigrierte November 1937
nach New York; Erna Kahn (verheiratete Sanford Croft) emigrierte 1935
über Frankfurt nach Palästina, lebte später in New York; Liesel Kahn
(verheiratete Bermann) emigrierte nach New York; Getta Fröhlich geb.
Kellermann (geb. 1915 in Bad Mergentheim) emigrierte 1940 nach Palästina und
wohnte später in Kfar Haroe; Lisbeth Jonas (geb.
1918 in Bad Mergentheim) emigrierte und wohnte später in Melbourne, Australien;
ein Herr Jakobs wird bei Fechenbach nicht genannt (möglicherweise aus
umliegender Gemeinde; Jakob Strauß (geb. 1916 in Mergentheim) verzog
1933 nach Frankfurt und emigrierte später nach Haifa; Erich Stern und Lothar
Brodmann werden bei Fechenbach nicht genannt (möglicherweise aus
umliegender Gemeinde); Herbert Kahn (geb. 1917 in Bad Mergentheim)
emigrierte im Dezember 1933 nach New York; Justin Schloß wird bei Fechenbach nicht genannt (möglicherweise aus umliegender
Gemeinde); bei der Frau von Hugo Kahn (geb. 1884 in Steinbach) handelt es
sich um Berta Kahn geb. Jonas (geb. 1886 in Bad Mergentheim), 1941 mit
ihrem Mann nach New York
emigriert.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. Januar 1932: "Bad Mergentheim, 1. Januar (1932).
Am Samstagabend, den 12. Dezember 1931 veranstaltete der Synagogenchor
eine Chanukka-Feier im Rahmen der heutigen wirtschaftlichen
Verhältnisse im hiesigen Viktoria-Saale. Nach Anzünden der Lichter sang
der Chor Moaus zur,
worauf ein Gedicht 'Das Chanukka-Licht' wirkungsvoll von einem Schüler
vorgetragen wurde. - In seiner Begrüßungsansprache, mit welcher Herr Max
Fröhlich als Vorsitzender des Synagogenchors die Damen und Herren der
hiesigen Gemeinde als auch viele erschienenen auswärtigen Gäste
willkommen hieß, hob er besonders hervor, dass wir gerade jetzt, da wir
Juden unter den übrigen Deutschen ganz besonders die Notzeiten noch mehr
seelisch als physisch zu spüren haben, angebracht sei, eine Parallele
zwischen der Makkabäerzeit und den jetzigen Verhältnissen zu ziehen.
Auch damals und noch oft in späteren Jahrhunderten hat sich Juda durch
Glaubensmut, Gottvertrauen und die dadurch bedingte Zuversicht aus
schweren Zeitläufen emporgerungen und erhalten. - Nach einem passenden
Chanukkaprolog begann die Abwicklung des bunten Programms. Herr Lehrer
Frankfurt, der in kurzer Zeit alles mit Schülern der Real- und der
Lateinschule einstudiert hatte, hatte die Regie. In wechselvoller Folge
lösten sich Arie, Chorgesang, Gedichte, humoristische Gesangs-Einakter,
eine Radio-Tragödie usw. ab. Der Höhepunkt der Abends war die Arie aus 'Die
Jüdin' von Halevy,
die Kantor A. Frankfurt mit stimmlicher Technik und seltener
Bravour (am Klavier: Chordirigent Fleckenstein) vortrug. Eine
Einlage: Rhythmische Tänze. 'Matrosenliebe', welche durch sechs
Schülerinnen: Frl. Lydia Kahn, Friedel Eckmann, Erna Kahn, Liesel
Kahn, Getta Fröhlich, Lisbeth Jonas dargeboten wurden, musste unter
stürmischem Applaus wiederholt werden. - Der Synagogenchor sang
vierstimmig Psalm 24 (Lewandowsky)
unter Leitung seines Dirigenten Fleckenstein. Von den Mitwirkenden
sind hervorzugeben: Herr Jakobs, Jak. Strauß, Erich Stern, Lothar
Brodmann, Herbert Kahn, Justin Schloß. Am Klavier: Frau Hugo Kahn.
Die Herren: Rabbiner Dr. Kahn, Stadtrat Adler, Hugo Kahn und
zuletzt noch der Vorsitzende sprachen Dankesworte allen Mitwirkenden für
die große Mühe und den wohlgelungenen Abend aus. Viel Stimmung brachte
auch als Conférencier Herr Karl Heller. So verlief der Abend recht
harmonisch. Gegen Mitternacht war die Feier zu
Ende." |
|
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Januar 1932:
Derselbe Bericht wie in der Zeitschrift "Der Israelit" siehe
oben. |
Bezirkstagung der "Freien Vereinigung für die Interessen
des orthodoxen Judentums" in Bad Mergentheim (1932)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
25. August 1932: "Bezirkstagung der Freien Vereinigung für
die Interessen des orthodoxen Judentums in Bad Mergentheim.
Bad Mergentheim, 21. August (1932), Die erste Bezirkstagung auf
württembergischem Boden darf wohl als ein unerwartet starker Erfolg
gebucht werden. Trotz der fast tropischen Hitze waren gegen dreihundert
auswärtige Besucher dem Rufe der Freien Vereinigung gefolgt, aus
Württemberg, aus Bayern und Baden, um der Tagung im schönsten Saale des
anmutigen Badestädtchens beizuwohnen. Man spürte deutlich, dass schon
das bloße Zusammenkommen der Gleichgesinnten aus den kleinen und kleinsten
Gemeinden jedem das bedrückende Gefühl der Vereinsamung und Isolierung
nahm. Darüber hinaus war der Verlauf der Tagung ein solcher, dass wohl
der nachhaltige Eindruck weit über die Zeit der Tagung hinaus bleiben
wird.
Mit einem würdevollen und feierlich vorgetragenen 'Boruch-habo' durch den
Synagogenchor der Gemeinde Mergentheim wurde die Tagung eröffnet.
Begrüßungsworte des Vorsitzenden der Gemeinde Mergentheim, Herrn
Dr. Hirnheimer, ferner des Herrn Moses Herz, Schwäbisch
Hall, im Namen des Gesetzestreuen jüdischen Landesverbandes in
Württemberg leiteten die Tagung, die von Herrn Dr. Ehrmann im
Namen des Vorstandes der Freien Vereinigung eröffnet wurde,
ein.
Das erste Hauptreferat hielt Herr Bezirksrabbiner Dr. Kahn, Bad
Mergentheim, über das Thema 'Unsere Aufgabe in der Gegenwart'. Der
Redner verstand es, überzeugend nachzuweisen, wie auch in der Gegenwart
das ewig geltende Sinaigesetz gegenüber dem Materialismus |
und
dem Indifferentismus im einzelnen und in der Gemeinschaft auch im
kleinsten Kreise vertreten werden könne. Ausführlich besprach Referent
das Beachten des Sabbat, Speisegesetze, die jüdische
Ehegesetzgebung, den synagogalen Gottesdienst und anderes
mehr.
Nach einer wirkungsvoll vorgetragenen Rezitation der Psalmes 24
durch den Synagogenchor referierte Herr Rabbinatsassistent Simon Schwab,
Darmstadt, über das
Thema 'Können wir noch Optimisten sein?' In packender, hinreißender
Ausführung gab Redner dem Gedanken Ausdruck, dass es nur auf den Menschen
selbst ankomme, ob und wie er die Krise der Gegenwart überdauern könne.
Vor allem verstand er es, die Notwendigkeit einer wahrhaften Teschuwo
(Umkehr, Buße) in seiner fast einständigen Rede dem sichtlich
ergriffenen Auditorium näher zu bringen. Auf vielfachen Wunsch werden die
Ausführungen des Redners noch einem größeren Kreis zugänglich gemacht
werden.
Eine stimmungsvolle Überleitung von diesem Referat zu den folgenden gab
der Synagogenchor durch die Komposition von Psalm 122.
Frl. Jetta Rosenheim, Frankfurt am Main, gab aus ihren Eindrücken
in Erez Jisroel sodann ein Bild über das jüdische Erziehungswesen im
heiligen Lande, nachdem der Versammlungsleiter darauf hingewiesen hatte,
dass schon seit Jahrzehnten die Freie Vereinigung durch ihre
palästinensische Schulkommission, das erst durch den Krieg unterbrochen,
von Herrn Rabbiner Dr. Moses Auerbach, Berlin, geleitete orthodoxe
Schulwerk in Jerusalem, Petach
Tikwah, Ekron, Sichron
Jakob u.a.m. gegründet und bis in den Weltkrieg hin erhalten hatte. Die
Fortsetzung dieses Schulwerkes stellt der agudistische Chinnuch in Erez
Jisroel dar. Seine Vorzüge und seine Mängel, letztere vor allem
bedingt durch die außerordentliche Knappheit an finanziellen Mitteln,
wurden in solch eindringlicher Weise von Frl. Rosenheim geschildert, dass
spontan aus der Mitte der Versammlung der Wunsch nach Gründung eines Damenkomitees
laut wurde, das speziell der Mädchenerziehung in Erez Jisroel gewidmet
sein soll. Die Konstituierung dieses Komitees fand noch im Laufe des Tages
statt und besteht aus Damen in Bad Mergentheim, Schwäbisch
Hall, Edelfingen, Creglingen
und Künzelsau.
Der gut gelungene Vortrag einer poetischen Bearbeitung von Jirmijahu
(Jeremia Kap. 31,14/16) 'Trost vom Grabe Rahels' schloss den ersten Teil
der Tagung.
Nach einer Erfrischungspause, welche Gelegenheit zu eingehender Aussprache
gab, die zeigte, wie mannigfaltig gerade in Württemberg die Aufgaben der
Freien Vereinigung sind, wurde der zweite Teil mit einem poetischen Gruß
an die Freie Vereinigung von Herrn Oberlehrer Oberndörfer, Niederstetten,
eingeleitet. Herr Dr. Ehrmann, Frankfurt am Main, referierte sodann
über die Tätigkeit der Freien Vereinigung und forderte zur Mitarbeit und
Mitgliedschaft auf, ein Appell, der starkes Echo fand. darüber hinaus
aber gab Herr Rabbiner Dr. Kahn in seinem Schlusswort den Gedanken
und Gefühlen der Anwesenden Ausdruck, dass die Gemeinde Mergentheim und
der 'Drei-Länder-Kreis' (gemeint: Württemberg, Baden und Bayern),
welche an dieser Tagung teilgenommen haben, neue starke Impulse empfangen
haben, deren Nachwirkung sicher sich noch als segensreich erweisen
werden." |
|
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. September 1932:
Ein etwas kürzerer Bericht als im "Israelit" erschien über
die Tagung in der "Gemeinde-Zeitung". |
Vorträge im Israelitischen Frauenverein (1933)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Februar 1933: |
Purimfeier des Synagogenchorvereins
(1933)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. März
1933: |
Die jüdischen Turnerinnen schließen sich zu einer Turngruppe zusammen
(1933)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juni 1933: |
Über die Aktivitäten der "Jüdischen Arbeitsgemeinschaft"
(1934)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Februar 1934: |
Spiele der I. Fußballmannschaft des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten Bad
Mergentheim (1935)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Januar 1935: |
Bezirksversammlung der Agudas Jisroel in Bad Mergentheim
(1936)
Anmerkung: vgl. zum Beitrag die Wikipedia-Artikel über http://de.wikipedia.org/wiki/Agudat_Israel
und http://de.wikipedia.org/wiki/Agudath_Israel_Weltorganisation.
Im letzteren Artikel wird auch beschrieben, dass sich die Delegierten der
Landesorganisation alle fünf Jahre zur Kenessio Gedaulo ("Große
Versammlung") trafen.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11.
Juni 1936: "Bezirksversammlung der Agudas Jisroel in Bad
Mergentheim.
Am Sonntag, den 21. Juni, 16 Uhr findet in Bad Mergentheim eine
Bezirksversammlung der Agudas Jisroel statt. Herr Redakteur S.
Schachnowitz wird 'Zur Lage in Erez Jisroel' sprechen.
Als Vertreter der Palästinazentrale der Agudas Jisroel wird Herr David
Ullmann über 'Die Tätigkeit des Keren Hajischuw'
referieren.
Herr Fredi Lustig von der Leitung des Noar Agudati wird über 'Die
Aufgaben der agudistischen Jugend' sprechen." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
25. Juni 1936: "Die Bezirkstagung in Mergentheim.
Mergentheim, 22. Juni (1936). Es war ein Festtag für die Gemeinde Mergentheim,
der letzte Sonntag, als trotz der brütenden Hitze aus allen Gemeinden des
weiten Rabbinatsbezirkes Männer, Frauen und Kinder nach dem schönen
Kurort wallten, um an einer Kundgebung der Agudas Jisroel teilzunehmen.
Schon lange vor der festgesetzten Zeit am Nachmittag war der große Saal
des Hotels Gerstner so überfüllt, dass man sämtliche Neben- und
Vorräume, ja sogar die Korridore für das andrängende Publikum zur
Verfügung stellen musste. Herr Bezirksrabbiner Dr. Kahn eröffnete
die Versammlung mit einer Begrüßung der Redner und der Gäste und mit
einem belehrenden Hinweis auf Wesen und Wirken der Agudas Jisroel und die
Bedeutung der Kenessio Gedaulo, wie er sie selbst in Wien erlebt hat.
Darauf ergriff der erste Redner, Herr Redakteur Schachnowitz,
Frankfurt am Main, das Wort zu seinem Referate über 'Das Gebot der
Stunde'.
Redner sprach in Anknüpfung an einen bekannten Bibelsatz von dem dreifachen
Gebot der Stunde: Kraft in uns, als Lebensforderung an jeden Einzelnen,
Einfluss auf die nächste Umgebung und Anschluss an die kleine wie große
Gemeinschaft. Er sprach von der Wichtigkeit der Kindererziehung zum
Torajudentum und schilderte dann Not und Niedergang der Kleingemeinden,
die ihre Rettung einzig im Anschluss an die kleine und große Gemeinschaft
finden können. Eine Betrachtung über Erez Israel als Mittelpunkt
der Agudaarbeit gab Anlass, auch auf die neuesten Ereignisse in Palästina
einzugehen. Dem ungemein lebhaften Beifall des Publikums gab der
Vorsitzende, Herr Rabbiner Dr. Kahn, noch beredten Ausdruck.
Es folgte ein Referat des Leiters des Kenessio Gedaulo-Büros, Herrn Gottfried
Neuburger, das sich nicht allein auf die Kenessio Gedaulo
beschränkte, sondern den ganzen Komplex der brennenden jüdischen
Probleme aufrollte und überzeugend die Wege zeigte, wie diese im
agudistischen, das heißt im gut- und altjüdischen Sinne, im Sinne von
Thora und Mizwoth, restlos gelöst werden können. der warme Appell zur Gründung
einer Aguda Jisroel-Ortsgruppe und zur Erwerbung des Kenessio-Sela
zeitigten einen guten Erfolg, nachdem sich ein Teil der einheimischen
jungen Menschen in den Dienst der Sammelaktion gestellt
hatten.
In einer kurzen Diskussion stellte Herr Lehrer Kissinger einige
Fragen und Herr Herz, Schwäbisch
Hall, richtete einen kräftigen und warmen Appell an alle,
mitzuarbeiten an der Lösung der Agudaprobleme.
Den Abschluss der Tagung bildete ein Referat des Herrn Fredi Lustig vom
Noar Agudati über die Arbeit und Bestrebungen der Noar Agudati-Jugend im
großen Rahmen des Aguda-Arbeitsprogrammes.
Ein ausgezeichneter Chor, gebildet von den anwesenden Lehrern der
umliegenden Gemeinden, leitete die Tagung mit einem... ein und schloss sie
mit hebräischen Erez Israel-Gesängen.
Man darf hoffen, dass in Mergentheim und Umgegend sich der
anregungsreiche Tag noch weiter segensreich auswirken wird. Die Referenten
und Gäste gingen aber mit dem Eindruck von dannen, dass in diesem
württembergischen Bezirke noch ein goldener Boden für jüdische Saaten
vorhanden ist, der nur ausgiebig bearbeitet werden
muss." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Über
den 1807 in Bad Mergentheim geborenen und später in Stuttgart tätigen Lehrer
und Kantor Moritz Eichberg:
"Family Sheet
Moritz Eichberg of Bad Mergentheim + Stuttgart" von Rolf Hofmann
(eingestellt als pdf-Datei)
Über Rabbi Baruch und Rabbi Samuel Bonn
sowie Rabbiner Salomon Wassermann, Rabbi Jehuda Iffri und Rabbi Seligmann
Fechenbach (Artikel von
1849)
Artikel in der Zeitschrift "Der treue
Zionswächter"
vom 11. Mai 1849: "Mergentheim.
Dieses zwar kleine, aber sehr schöne Städtchen an der Tauber, ehemals
die Residenz des Deutsch-Meisters, hat eine uralte jüdische Gemeinde, die
unter der Regierung der Herren vom deutschen Orden, immer ruhig lebten,
und jetzt der Wohltaten der württembergischen Regierung sich erfreuen. -
Hier lebt noch im segnenden Andenken ein Brüderpaar, Rabbi Baruch und
Rabbi Samuel Bonn. Jener war Hofagent, dieser
Leibmedikus des letzten Deutsch-Meisters. - Rabbi Baruch - Großvater
Börne's - verewigte sein Andenken durch mannigfache wohltätige
Stiftungen, indem Rabbi Samuel durch weise Leitung der Gemeinde und durch
das Ansehen, in welchem er bei seinem Fürsten stand, allen Juden in den
sämtlichen, weit ausgebreiteten Besitzungen des deutschen Ordens sehr
nützlich wurde.*)
*) Anmerkung: Von Rabbi Samuel Bonn, hier bloß Rabbi Samuel Doktor
genannt, erzählte man mir folgende Anekdote, die in den Familien-Papieren
desselben eingeschrieben sein soll. Er begleitete einst den
Deutsch-Meister nach Rom. Der Papst, wahrscheinlich Pius VI. litt damals
an einer schmerzhaften chronischen Krankheit, die allen Anstrengungen der
römischen Ärzte hartnäckigen Widerstand leistete. Der Deutsch-Meister
wage es, seinen eigenen Arzt dem Papste zu empfehlen; und da es früher häufig
vorkam, dass Päpste jüdische Ärzte sich bedienen, so fand der Vorschlag
von Seiten des hohen Patienten keinen Anstand. Rabbi Samuel wurde in
Konsilium zu den Ärzten, die bisher die Behandlung hatten, wo er nur nach
vieler Mühe seinen Anordnungen den Sieg verschaffen konnte. - Das Rezept
wurde in die Apotheke geschickt. Bald aber eilte der jüdische Arzt, wie
von geheimer Macht dazu getrieben, in die Apotheke des Vatikans, um zur
Eile zu ermahnen. Er nahm die halbgefüllte Phiole in die Hand, ob
zufällig oder absichtlich vom Arzte zerbrochen, wird nicht gesagt - es
musste also die Arznei noch einmal gemacht werden, der Arzt blieb zugegen,
bis die Ingredienzien aus den verschiedenen Flaschen und Boiten
zusammengesetzt und die Arznei gefertigt war, die er alsdann mit sich nahm
und dem leidenden Kirchenfürst brachte. Aber er nahm auch die zerbrochene
Phiole nebst dem Rest der Arznei, welche sich noch darin befand, mit sich,
nahm auf seinem Zimmer die Untersuchung vor, und siehe - die Arznei war
vergiftet worden.
Der fromme Arzt, der seine schnelle Ahnung mit Recht als eine Art von
Offenbarung hielt, die sein und vielleicht das Unglück vieler seiner
Glaubensgenossen verhinderte, feierte in Folge diesen Tag alljährlich
durch Fasten und hielt immer an den darauf folgenden Tag eine Art von
Purim, in dem er seinen Bekannten köstliche Speisen und den Armen
Geldgeschenke sandte." |
Wenden
wir uns aber von den frommen Heimgegangenen zu den frommen Lebenden, die
der liebe Gott noch recht lange erhalten wolle.
Hier zu Mergentheim traf ich den dasigen ehrwürdigen greisen Rabbiner,
Herr Salomon Wassermann, ein Mann, der mit gründlichen und
ausgebreiteten talmudischen Kenntnissen ausgerüstet, auch in deutschen
Arbeiten, und nicht ohne Glück, sich versuchte. (Wo ich nicht irre,
geschieht seine Erwähnung in Zunzens 'Gottesdienstliche Vorträge'.). -
Herr Wassermann, ein ehemaliger Zögling der Hochschule zu Fürth und ein Schüler
des vor 10 Jahren zu Ansbach verstorbenen, wegen seinen ungewöhnlichen
grammatikalischen und mathematischen Kenntnissen, nicht weniger durch sein
talmudisches Wissen berühmten Rabbiner, Moses Göchheimer, besitzt noch
jetzt in seinem 70. Lebensjahr den Scharfsinn und die Lebhaftigkeit des
Geistes, die die besseren Studenten zu Fürth so vorteilhaft
auszeichneten. Konversiert man mit ihm über irgend einen in ...
einschlagenden Gegenstand, so wird er so lebhaft und es folgt Einwurf auf
Einwurf und Beweis auf Beweis, dass man glauben sollte, er seit erst
gestern von der Jeschiwa gekommen.
Weitere persönliche Merkwürdigkeiten hiesiger Gemeinde sind der Rentier Rabbi
Jehuda Iffri, ein Gelehrter, wie sie zu allen Zeiten zur
größesten Seltenheiten gehörten, und der ganz dem Studium der heiligen
Wissenschaften lebt. Ferner Rabbi Seligmann Fechenbach, ein Metzger
von Profession, von welcher Profession er sich auch sehr anständig
ernährt. Er ist einer der scharfsinnigsten Köpfe, die mir je
vorgekommen; ein Gelehrter ersten Ranges, besitzt er auch so viele
höhere Handels- und Finanzwissenschaften, die es ihm möglich machten,
einen siegreichen Kampf mit dem Ober-Steuerrat von Mohl (gemeint: Robert
von Mohl) - gegenwärtig bei der Nationalversammlung in Frankfurt - zu
bestehen.
Der Fall war dieser: Als vor zwei Jahren bei den Landständen über
Errichtung einer Bank und über Kreierung von Papiergeld verhandelt wurde,
trat Herr Ober-Steuerrat Mohl als Gegner dieses Projektes auf, und ließ
im Schwäbischen Merkur sehr lange und wahrscheinlich auch sehr gelehrte
Aufsätze deshalb erscheinen. Herr Fechenbach trat ihm aber
entgegen und zeigte, dass die Voraussetzungen des Herrn Mohl auf Irrtümer
beruhen, und dass dennoch auch seine Folgerungen falsch seien. - Gewiss
ein Kampf eigener Art, wenn ein Mann aus dem Schlachthause heraustretet,
die Schürze ablegt, an den Schreibtisch sich setzt, und in aller Eile
einen Aufsatz für den Merkur schreibt, welcher Aufsatz sogleich der Post
übergeben werden muss, damit der Eindruck, den die gelehrten Thesen eines
Ober-Steuerrats etwa auf die Mitglieder der Kammer gemacht haben durfte,
also gleich wieder verwischt werde, und diese Manöver eine zeitlang fortsetzt,
denn der Herr Mohl ließ es an Supliken nicht gehlen. Ist der Kampf
eigener Art, so ist der Sieg, den ein Handwerksmann einem Ober-Steuerrat
gegenüber in Finanz-Sachen erringt, vielleicht ein
unerhörter." |
Brutaler
Raubüberfall auf Josef
Oppenheimer von Mergentheim zwischen Schweigern und Bobstadt (1873)
Artikel
in "Jüdische Volkszeitung" vom 19. März 1873: "Schweigern in Baden,
27. Februar. Die 'Tauber' schreibt: 'Heute früh zwischen 7 und 8 Uhr wurde
der israelitische Handelsmann Josef Oppenheimer von Mergentheim auf
der Straße zwischen hier und Bobstadt von einem Individuum überfallen,
dessen Gesicht mittels einer Larve (= Maske) bedeckt war. Der Räuber war mit
Säbel und Pistole bewaffnet und forderte von Oppenheimer, der ein
Geldtäschchen umhängen hatte, Geld. Oppenheim suchte zu entspringen, allein
der Bewaffnete verfolgte ihn und hieb ihm mit dem Säbel derart hinter das
rechte Ohr, dass die Kopfhaut bis auf den Schädelknochen durchhauen wurde.
Oppenheimer fiel zu Boden und jetzt schnitt der Räuber den Tragriemen der
Geldtasche durch und lief davon, die Geldtasche, in der über 1000 Gulden
Geld waren, als Beutestück mit sich nehmend. Die Entrüstung über die Tat ist
eine sehr große, umso mehr, als sie auf der von hier nach Krautheim
führenden Poststraße erfolgte'. Wie nachträglich dieses Blatt meldet, gelang
es am Donnerstag Nachmittag, den Räuber in Mergentheim zu verhaften. Es ist
der 27-jährige Landwirt J. Englert von Bobstadt. Auch das geraubte Geld, mit
Ausnahme weniger Gulden, sowie die Pistole und der blutige Säbel wurden im
Walde gefunden.
Die 'Tauber' schreibt noch folgendes Nähere: Sobald die Untat in Bobstadt
bekannt wurde, umstellten die Bürger den Ort und wurde in jedem Hause
nachgesehen, wer fehlt. Vier Mannspersonen waren abwesend, darunter auch
Johann Englert, und man vermisste zugleich Pistole und Säbel, welche er
sonst in seiner Wohnung aufgehängt hatte. Man streifte dann überall hin, und
es gelang gestern schon, das Geld mit Ausnahme von ein paar Gulden noch in
dem Gurte im Betrag von 1090 Gulden, sowie die Pistole, den blutigen Säbel
und abgelegte Kleidungsstücke des Johann Englert im Wald zu finden. Bei
demselben lag ein aus Versehen fallen gelassener alter Brief des Englert,
desgleichen die Maske, welche nicht weit vom Orte der Tat lag, von Papier
gefertigt, welches Schreibereien enthält, die auf Vermögensverhältnisse der
Familie des Johann Englert Bezug haben. Der Raub wurde auf die frechste
Weise ausgeführt: bei hellem Tage, auf offener Landstraße, in der Nähe von
zwei Mühlen, mitten zwischen Bobstadt und Schweigern. Zwei Kinder, welche
von hier in die katholische Schule gingen, sahen den Kampf und sagten den
Müllern, dort habe ein Schwarzer und ein Weißer Händel (= Streit)
miteinander." |
Zum 100. Geburtstag von Ludwig Börne (1886)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. Mai 1886: "Stammort und Familie Börne's. Aus Mergentheim
wird dem 'Neuen Tageblatt' in Stuttgart geschrieben: Anlässlich des
100-jährigen Geburtstags Ludwig Börne's dürfte für weite Kreise von
Interesse sein, zu erfahren, dass die Familie Börne aus Württemberg
stammt. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts ist Börne's Großvater als
Hofagent des Deutschmeisters von Oedheim
(Oberamt Neckarsulm) nach Mergentheim übergesiedelt, wo auch sein
Enkel, Ludwig Börne, im großelterlichen Hause erzogen wurde, während
Börne's Vater und Oheim in Frankfurt am Main und Bonn Wohnsitz nahmen.
Die Synagoge, das Rabbinats- und Schulhaus in Mergentheim waren
ehedem im Besitze der Familie, die sch damals 'Baruch' nannte. Die
Synagoge ist von derselben gestiftet worden, und es soll sich in der
Stiftungsurkunde die Klausel befinden, dass die 'Synagogenstühle' niemals
Eigentum eines Gemeindemitglieder werden sollen, sondern jeweils auf
Lebenszeit des Betreffenden zu mieten seien. In Unterbalbach,
wo der israelitische Friedhof für Mergentheim sich befindet, liegen
mehrere Mitglieder der Börne'schen Familie begraben." |
Über Rabbi Baruch und Rabbi Samuel Bonn (Großvater
des Dichters Börne) (Artikel von 1904)
Wie ein Mergentheimer Arzt dem Papst des Leben rettete
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 12. Februar 1904: "Gott lenkt.
In Mergentheim, einem kleinen, aber reizend gelegenen und schönen
Städtchen an der Tauber lebte um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts
ein Brüderpaar, Rabbi Baruch und Rabbi Samuel Bonn. Jener,
der Großvater des bekannten Dichters Börne, war Hofagent und dieser
Leibarzt bei dem letzten Deutsch-Meister, dem Oberhaupt des katholischen,
geistlichen Ritterordens der Deutschherren.
Einst begleitete Rabbi Samuel den Deutsch-Meister nach Rom. Der Papst litt
damals an einer sehr schmerzhaften Krankheit, die allen Anstrengungen
seiner Ärzte hartnäckigen Widerstand leistete. Der Deutsch-Meister wagte
es nun, Rabbi Samuel, zu dessen ärztlicher Geschicklichkeit er sehr
großes Vertrauen hegte, dem Papste zu empfehlen; und da sich schön
häufig Päpste jüdischer Ärzte bedient hatten, so nahm auch der hohe
Patient keinen Anstand, die Hilfe des jüdischen Arztes in Anspruch zu
nehmen.
Als nun am anderen Morgen die Ärzte des Papstes sich zur Beratung
versammelten, da hielt Rabbi Samuel eine Ansprache, in der er seine
Ansicht über das Wesen des Krankheit und über die Mittel, die zu ihrer
Heilung führen können, eingehend erläuterte. Er fand jedoch nicht den
Beifall seiner Kollegen, und erst nach vieler Mühe gelang es ihm, seinen Anordnungen
Gehör zu verschaffen.
Kaum hatte aber Samuel den päpstlichen Palast verlassen, da trieb eine
geheime Kraft - er wusste nicht warum, aber ein dunkles Gefühl leitete
ihn - seine Füße nach der Apotheke, um dort wegen der Ausführung seines
Rezeptes zur Eile anzutreiben. Der Apotheker war bereits mit der
Einfüllung der Arzneiflasche beschäftigt, als Samuel eintrat. Prüfend
nahm der Arzt das Glas in die Hand, doch sieh', es entglitt seinen Händen
und lag zerbrochen am Boden.
Die Arznei musste also noch einmal gemacht werden; - und unter der
Aufsicht der scharfen Augen des Arztes, holte nun der Apotheker von neuem
die Pulver und Flüssigkeiten aus den verschiedenen Büchsen und Gläsern,
um aus ihnen den Trank der Heilung zu mischen.
Unserem Rabbi Samuel hatte es stets ein besonderes Vergnügen gemacht, die
Arzneien auf ihre Zusammensetzung hin zu prüfen. Er kannte die oberflächlichen
Kenntnisse der damaligen Apotheker zur Genüge und hielt sich deshalb für
verpflichtet, ihm unbekannte Apotheker scharf zu kontrollieren. Deshalb
nahm er auch heute die zerbrochene Flasche vom Boden auf, goss den Rest in
ein Fläschchen, das er sorgfältig in seiner Tasche verbarg und eilte
dann zum Papste, ihm selbst die Arznei zu reichen, die Arznei, die ihm die
Rettung brachte.
Des Abends, in seinem Zimmer, erinnerte er sich des Fläschchens. Seine
Apparate und seine Instrumente führte er stets mit sich und so nahm er
denn das zur Untersuchung Notwendige aus seiner |
Reisekiste.
Sorgfältig prüfte er die Flüssigkeit auf ihre einzelnen Bestandteile;
plötzlich überlief es ihn eiskalt, ein Schrecken durchrieselte ihn, er
hatte ein tödliches Gift in der Arznei entdeckt; die Arznei war vergiftet
worden und nur der Unfall der ersten Falsche und seine Aufmerksamkeit
hatten dem Papst das Leben gerettet.
Der fromme Arzt, der seine Ahnung mit recht für eine Art von Offenbarung
hielt, die sein und vielleicht auch das Unglück vieler seiner
Glaubensgenossen verhindert hatte, gedachte in der Folge dieses Tages
alljährlich durch Fasten und feierte immer an dem darauf folgenden Tage
eine Art Purim, indem er seinen Bekannten köstliche Speisen und den Armen
Geldgeschenke sandte.
Wir aber wollen uns bei dieser Begebenheit wieder vergegenwärtigen, wie
Gottes Hand sichtbar über uns Allen ruht; wir wollen uns vornehmen, nur
das zu tun, was vor Gott wohlgefällig ist, damit wir würdig sind, dass
er auch in unserem Leben Alles so füge, wie wir es
wünschen." |
Über Ludwig Börnes Vorfahren in Mergentheim (Beitrag von Rabbiner Dr. Aron
Tänzer, Göppingen, 1924)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. September
1924: |
|
Zum Tod von Moses Ifri (1878)
Anmerkung: Moses Ifri ist am 10. März 1821 in Mergentheim geboren als Sohn
von Manche Moses Löb Ifri (1795-1864) und seiner Frau Edel (Etel) geb.
Feuchtwanger aus Fürth (gest. 1856)- Moses Ifri heiratete am 19. September 1851
Hanna geb. Steindecker aus Wertheim (Tochter von David Steindecker und seiner
Frau Regina). Das Paar hatte zwei Töchter: Klara (geb. 6. Mai 1853, verheiratet
seit 1879 mit Moritz Ullmann in Würzburg, weiteres siehe Strätz Biographisches
Handbuch S. 638-639) und Babette (geb. 10. Dezember 1854).
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24.
Juli 1878: "Mergentheim. Herr Moses Ifri ist nicht
mehr; denn Gott hat ihn zu sich genommen. Am 22. Siwan (= 23. Juni 1878)
hauchte er seine edle und reine Seele aus. Wer diesen Edlen in seinem
Leben kennen gelernt hatte, kann beurteilen, welchen Verlust wir erlitten.
Uneigennützig und rechtlich im Geschäftsleben, sanft und milde in seinem
Familienkreise und im Umgang mit seinen Mitmenschen, war er wirklich eine
Zierde unserer Gemeinde zu nennen. Nicht nur seine Gemeindegenossen, auch
viele seiner Freunde und Bekannten in nahen und fernen Kreisen beweinen in
ihm den Verlust einer festen Säule und Stütze seines Volkes. Von seinen
Eltern wurde er zum Studium der Tora erzogen und erlangte er schon frühzeitig,
durch seine großen Anlagen, den Namen und Ruf eines tüchtigen Gelehrten.
Gegenüber seinem reichlichen Wissen auf dem Gebiete der Tora, war
er auch in den profanen Wissenschaften nicht unerfahren und galt er bei
seinen Mitbürgern als wissenschaftlich gebildeter Mann. Bei seiner
großen Bescheidenheit wollte er nie für das gelten, was er in
Wirklichkeit war; still und zurückgezogen im Kreise seiner Familie sich
mit dem Studium des Gotteswortes beschäftigend, suchte und fand er nur in
demselben Trost und Befriedigung und selbst bei seinem siechen Körper,
war er bestrebt mit anderen zu lernen. Auch im Bereich der Wohltätigkeit
war er nicht minder tätig. Nicht nur war er stets bereit zu geben, auch
Andere suchte er zu veranlassen, und in diesem Sinne bei Andern
einzuwirken, scheute er keine Mühe. Kam ein Aufruf zur Unterstützung
unserer Glaubensbrüder in Erez Jisrael oder anderen Ländern, so
unterzog er sich mit freudigem Herzen der Mühe, eine Kollekte zu
veranlassen, wie auch vielfach die Spendelisten dieses geschätzten
Blattes es aufweisen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens. Ein Mann aus dem Hause Levi." |
Link
zu Grabinschrift (RSA-Register - Teil-Dokumentation des Friedhofes in
Unterbalbach) |
Zum Tod von Rabbiner
Löw Goldstein von Niederstetten
(1900)
Anmerkung: Rabbiner Löw Goldstein ist am 30. Januar 1828 in Niederstetten
geboren. Er war seit 16. November 1852 verheiratet mit Lea Barbara/Babette geb.
Rosenheimer (geb. 16. April 1832 in Archshofen
als Tochter von Moses Rosenheimer und der Therese [Dolz] geb. Klein). Das Paar
hatte sieben Kinder: Lämlein Löw (1854-1855), Mina (1856-1895), Samuel
(1857-1897), Isak (1860-1906), H. (1868-1900), Dolze (1870-1891), Hanna
(1872).
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. Februar 1900: "Aus Württemberg. Am 3. Dezember (1899)
starb Rabbiner Lew Goldstein - seligen Andenkens - von Niederstetten.
Der Verblichene war ein großer Jehudi, im vollsten Sinne des Wortes. In Mergentheim,
seinem Geburtsorte, wo Große Israels lebten und wirkten und
früher eine Stätte der Tora war, erglühte sein Innerstes für Tora
und Gottesfurcht, um sein ganzes Leben damit zu heiligen und zu
weihen. Er lernte zuerst bei R. Josef Schnaittach in Freudental
und besuchte die Jeschiwa von Rabbiner Seligmann Bär
Bamberger - seligen Andenkens - in Würzburg.
Nachdem er wieder ins Privatleben zurückgekehrt, betrieb er ein
Ladengeschäft, widmete aber seine ganze Zeit fast ausschließlich für Tora
und Tefila. Mit der peinlichsten Genauigkeit erfüllte er alle
gesetzlichen Vorschriften. Wer diesen Zadik (Gerechten) persönlich
kannte, wer ihn sah, Beter zu sein, wurde von frommer Begeisterung
ergriffen. Er mühte sich Tag und Nacht mit Tora ab: mit besonderer
Vorliebe lernte er die Bücher Chaj uchochmat Adam (sc. gemeint die beiden
halachischen Hauptwerke von Rabbiner Abraham Danzig in Wilna, lebte
1748-1820) und waren diese ihm für das praktische
religiöse Leben zur Richtschnur. Noch vor einigen Jahren hegte er immer
den Wunsch, ins Heilige Land überzusiedeln, welches zeitlebens
sein sehnlichster Wunsch war; dies konnte aber nicht verwirklicht werden,
da Familienverhältnisse und einige körperliche Leiden dieses nicht
gestatteten. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Diamantene Hochzeit von Isack
(Isaak) und Mina Schloss
(1906)
Anmerkung: Isaak Schloss ist am 16. März 1815 in Edelfingen als Sohn
des Metzgers Haium Schloß und seiner Frau Baier (?) geb. Itzig geboren. Isak
Schloß war wie sein Vater in Edelfingen als Metzger tätig war. Er heiratete am
4. November 1846 (RSA-Register: 1845) Mina geb. Hausmann. Sie ist am 6.
November 1819 in Harburg geboren als Tochter des Lämmle Hausmann und der
Rebekka geb. Salomon. Das Paar hatte drei in Edelfingen geborene Kinder: Barbara
(1847, verheiratet seit 1872 mit Isak Landauer von Michelbach
a.d.L.), Heinrich Hermann (1849, verheiratet mit Mina geb. Marx
aus Freudental; er starb am 13. Juni 1898,
sie am 9. Januar 1932) und Henriette (1852). Seit November 1868 wohnten
Isaak und Mina Schloß in Mergentheim, wo Isaak Schloss am 4. März 1907
gestorben ist (siehe Bericht unten). Seine Frau Mina starb am 2. Dezember 1911
(siehe unten).
Von den Kindern des Heinrich Schloß und der Mina geb. Marx ist der Sohn Moriz
Schloß (geb. 1882) in Ersten Weltkrieg gefallen.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 19. Oktober 1906: "Mergentheim. Das seltene Fest der
diamantenen Hochzeit ist Herr Isack und Frau Mina Schloß in diesen Tagen
zu feiern vergönnt. Der Diamantbräutigam steht im 91. Lebensjahre,
während seine Gattin eine hohe Achtzigerin ist." |
Zum Tod von Isaak
Schloss
(1907)
Siehe Anmerkung oben.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 15. März 1907: "Mergentheim (Württemberg). Hier
verstarb im Alter von 93 Jahren der älteste Einwohner unserer Stadt,
Privatier Isaak Schloß. Noch vor einem Vierteljahr war es
demselben vergönnt, mit seiner Gattin die diamantene Hochzeit zu feiern,
aus welchem Anlass sich das Jubelpaar einer Auszeichnung seitens unseres
Königspaares erfreuen durfte." |
Zum Tod von Mina Schloss (1911)
Siehe Anmerkung oben.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21.
Dezember 1911: "Mergentheim, 4. Dezember (1911). Eine wahrhaft
fromme Frau haben wir heute im Alter von 92 Jahren zur letzten Ruhe
bestattet. Frau Mina Schloss senior hat an der Seite ihres vor 5
Jahren verstorbenen Gatten Herrn Isak Schloss - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen - 61 Jahre lang ein mustergültiges jüdisches
Haus geführt. Sie vereinigte alle erhabenen Tugenden in sich, welche eine
jüdische Frau auszuzeichnen vermögen. Eine immer sorgende Gattin,
Mutter, Großmutter und Urgroßmutter war sie ihrer Familie. In der
Gemeinde war sie um ihrer Aufrichtigkeit und steten Hilfsbereitschaft
willen hoch angesehen. Ihre müde Hand war jederzeit bereit wohl zu tun,
wovon zahlreiche mit ihrem Gatten errichtete Stiftungen Zeugnis ablegen
Noch mehr aber werden viele Bedürftige die stille Wohltäterin jetzt
vermissen. Alle diese Vorzüge wurden gekrönt von einer rührenden
Einfachheit, Bescheidenheit und Friedensliebe. Ein hohes und gesegnetes
Alter hat ihr der Allgütige zuteil werden lassen. Denn bis zu ihrem
letzten, wenige Tage dauernden Krankenlager war ihr die volle Kraft des
Geistes ungeschwächt erhalten geblieben. Ihr letzter Gruß an die
Nachwelt, welcher bei ihren Tachrichim (Sterbekleidern) lag, war ein
Friedenswunsch. Ein Friedensgruß begleite sie daher auch in die Welt des
ewigen Lichte. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Auszeichnung für Unteroffizier Max Marx (1915)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. März 1915: "Mergentheim, 28. Februar (1915).
Unteroffizier Max Marx bei der Etappen-Hilfsbäckerei-Kolonne im 2.
bayrischen Armeekorps erhielt die bayrische Militärverdienstmedaille mit
Schwertern und Krone. Derselbe ist der Sohn des Privatiers H. (= Haimann)
Marx, der den Feldzug 1870 mitmachte und früher in Edelfingen
wohnhaft war." |
Todesanzeige für
Lehrer Bernhard Sichel (1915)
Anmerkung: Samuel Sichel (geb. 18. November 1858 in Kleinheubach
als Sohn von Bär Sichel und Hannchen geb. Stern) heiratete am 27. November 1888
in Bad Mergentheim Therese geb. Igersheimer (geb. 19. April 1861 in Dörzbach
als Tochter von Ofer Igersheimer und Jette geb. Bär). Die beiden hatten fünf
Kinder: Bernhard (geb. 9. August 1890), Otto (1893), Johanna (1897), Hugo
(1898), Don (1900). Samuel Sichel ist am 30. Juli 1920 in Mergentheim gestorben,
seine Frau Therese am 10. Mai 1935 ebd.
Todesanzeige
in der Tagespresse Bad Mergentheim: "Todes-Anzeige.
Am 12. dieses Monats starb für das Vaterland im Lazarett Landshut infolge
Krankheit, die er sich im Feldzuge gegen Russland zugezogen, und nachdem
er schon einmal im Kampfe gegen Frankreich verwundert worden war, unser
lieber Sohn
Bernhard Sichel, zuletzt Lehrer in Archshofen.
Unteroffizier im Regiment Nr. 122, Inhaber der silbernen
Verdienstmedaille
nach 8-monatlichem Leiden im Alter von 25 Jahren. Mergentheim, den
14. Oktober 1915.
Der Vater: Samuel Sichel. Beerdigung: Freitag Vormittag 9 Uhr vom
hiesigen Bahnhof
aus." |
Zum Tod von Haimann Marx (1915)
Anmerkung: Heimann (Hayum) Marx ist am 17. Mai 1848 in Edelfingen
geboren als Sohn von Samuel Marx und der Deichele geb. Schneider. Er heiratete
am 8. Juli 1873 Sara geb. Bierig, die am 25. Juli 1851 in Edelfingen
geboren ist als Tochter von Jakob Bierig und seiner Frau Rösle geb. Schloß.
Die beiden hatten 13 in Edelfingen geborene Kinder, von denen vier früh
verstorben sind. Im Sommer 1910 verzog die Familie Marx nach Bad Mergentheim.
Heimann Marx starb am 27. Oktober 1915 in Mergentheim, seine Frau Sara am 19.
Juni 1921 in Uffenheim. Die 1880 geborene
Tochter Rosa (verheiratete Dick, wohnte später in Augsburg) wurde 1942
in das Ghetto Piaski deportiert und ist
umgekommen.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. November 1915: "Mergentheim, 4. November (1915). Am
Freitag, 29. Oktober (1915) bewegte sich ein Trauerzug vor die Stadt, wie
selten einer zu sehen war. Galt es doch, die letzte Ehre dem verstorbenen
Haimann Max zu erweisen, der vor einigen Jahren hierher gezogen war. Der
Verblichene war ein treubesorgter Gatte, liebevoller Vater, ein guter
Jehudi. Wie gern weilte er im Gotteshause, wie erfüllte er seine
religiösen Pflichten, welch großer Wohltäter war er gegen die Armen
sowohl im Lande als in Palästina. In seiner früheren Gemeinde Edelfingen
war er längere Zeit Mitglied des Vorsteheramtes. In herrlichen Worten
schilderte Herr Bezirksrabbiner Dr. Kahn die edlen Eigenschaften und
Verdienste des Verklärten. Da der Verstorbene auch Veteran aus dem Kriege
1870-71 war, so beteiligte sich auch der Militärverein Mergentheim an der
Beerdigung. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Über Fliegerleutnant Max Pappenheimer (1918)
Anmerkung: Max Pappenheimer ist am 12. Juni 1889 in Bad Mergentheim als Sohn
des Lehrers und Vorsängers Seligmann Pappenheimer und seiner Frau Regina geb.
Wassermann geboren. Siehe Angaben zu Lehrer Seligmann Pappenheimer oben.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 8. Februar 1918: "Bad Mergentheim. Fliegerleutnant Max
Pappenheimer, Sohn des Lehrers der jüdischen Gemeinde, der am 13. vorigen
Monats bei einem Beobachtungsflug von der Kugel eines englischen
Jagdflugzeuges ins Herz getroffen war, wurde kürzlich bestattet. Dem
bescheidenen Sinne ihres Sohnes entsprechend, hatten die Eltern davon
abgesehen, die Bahre in die Stadt bringen zu lassen, sie hatten für Musik
und Kondukt des Bataillons gedankt (sc. diese abgesagt), und so bewegte
sich der lange Trauerzuge vom Bahnhofe Königshofen nach dem Jahrhunderte
alten jüdischen Friedhofe in
Unterbalbach, woselbst eine militärische Abordnung Aufstellung
genommen hatte. Dortselbst angekommen, nahm der Rabbiner das Wort: Auf
Wunsch der Eltern müsse er davon absehen, die Verdienste des verblichenen
Helden zu feiern; nur ein Gebet zu sprechen sei ihm gestattet.
Im engen Rahmen eines selbstverfassten Gebets hab nun der Rabbiner an der
Hand des Klagelied Davids um Saul und Jonathan eine Schilderung des Wesens
des prächtigen Mannes, seiner geraden, aufrechten,
gerechtigkeitsliebenden Gesinnung, seiner Anspruchslosigkeit und
Herzensgüte, seiner glühenden Vaterlandsliebe, seiner alles
durchdringenden Pflichttreue und vor nichts halt machenden Freudigkeit im
Dienste, die ihm alles, das Höchste wie das Geringste, mit Feuereifer zu
vollbringen antrieben. Darauf teilte der Redner noch mit: dass von
zuständiger Seite aus dem Felde gemeldet wurde, dass Pappenheimer einer
der eifrigsten und erfolgreichsten Flieger, nicht allein seiner
Flugabteilung, sondern der ganzen Westfront gewesen sei. In einem Jahre
habe er 228 Flüge vollbracht und mehr als 100 Batterien eingeschossen.
Noch von seinem Todesfluge habe er wertvolle Beobachtungen und Fotografien
mitgebracht. In seiner Abteilung hätte er eine Sonderstellung
eingenommen, denn alle bewunderten ihn ob seiner Leistungen und liebten
ihn wegen seiner vornehmen, bescheidenen Gesinnung. Wegen seiner
Verdienste sei er zum Ritterkreuze des königlichen Hausordens von Hohenzollern
eingegeben gewesen. Pappenheimer besaß bereits das Eiserne Kreuz 2. und
1. Klasse, sowie die Württembergische goldene Tapferkeitsmedaille und
Auszeichnung für Flieger." |
Ein "Misrachi-Bild" von Hermann Fechenbach
(1922)
Anmerkung: Hermann Fechenbach ist am 11. Januar 1897 in Bad
Mergentheim geboren als Sohn von Max Fechenbach (geb. 1870) und seiner Frau
Sophie geb. Flegenheimer (geb. 1871). Die Eltern konnten 1940 noch nach
Argentinien emigrieren. Sophie Fechenbach starb 1948 in San Miguel, Argentinien,
Max Fechenbach ebd. 1963. Hermann Fechenbach hatte im Ersten Weltkrieg auf Grund
einer schweren Verwundung ein Bein verloren. Er studierte 1919 bis 1926 an den
Kunstakademien in Stuttgart, München, Florenz und Wien. 1939 ist er von
Stuttgart-Hohenheim nach England emigriert und lebte seit 1944 in London. Hier
ist er 1986 gestorben.
Vgl. ausführlich die Website www.hermannfechenbach.com.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 24. August 1922: "Ein neues Misrachi-Bild*)
Anmerkung: Originalholzschnitt 350 Mark, Büttenpapier 100 Mark, zu
beziehen bei Max Fechenbach, Mergentheim.
'Hapht' Elokim lejeseth wejischon beoholë Schem', dieser noachidische
Satz, der nach der talmudischen Deutung, 'die Schönheit Japht's wohne in
den Zelten Schem's' von jeher aussprach, dass auch Kunst und
Schönheitssinn in den Dienst des jüdischen Lebens gestellt werden
sollen, dürfte eine neue Bestätigung finden in den Werken eines jungen,
vielversprechenden Künstlers.
Hermann Fechenbach, zur Zeit in München, Sohn des
ehemaligen Hotelbesitzers in Bad Mergentheim, darf es wohl
nachgerühmt werden, dass er, wie er selbst durch seinen jüdischen
Sinn sowie streng toratreue Lebensführung beweist, auch seine
Begabung in den Dienst echt jüdischer Lebensauffassung stellen will. Nachdem
er durch kleinere Arbeiten wie 'Jüdische Charakterköpfe', 'das Tallis'
und dergleichen, schon sein Verständnis für jüdisches Denken und
Fühlen gezeigt, hat er durch ein meisterhaft entworfenes und
künstlerisch hervorragend ausgeführtes Misroch wohl sich den berechtigten
Anspruch auf den Künstlernamen erworben.
Originell ist besonders an dem Werke, dass es nicht ausschließlich wie
bei den herkömmlichen Misroch-Bildern üblich, den Gedanken und die
Sehnsucht nach dem heiligen Lande wecken will, sondern den göttlichen
Ursprung der Schöpfung einerseits, die Geschichte unseres Volkes
andererseits künstlerisch darzustellen sich bemüht. Meisterhaft sind die
6 Schöpfungstage, selbst das unter den Bäumen Edens sich schüchtern
verbergende Menschenpaar fehlt nicht. Darüber sendet die Sabbatlampe
ihren weihevollen Glanz aus, umrahmt von den Worten, mit denen wir das
erste unserer Sabbat-Gebet einleiten: 'Atho kidaschto es jaum haschewii'.
'Du hast geheiligt den 7. Tag als Endzweck der Schöpfung von Himmel und Erde'.
- Darüber prangen die Symbole unserer Feste. Man erkennt aus jedem Strich,
dass der Künstler jede Einzelheit der heiligen Überlieferung, die ihm
selbst auch heiligt, festzuhalten sich bestrebte.
Doch auch der Misroch-Gedanke selbst fehlt nicht, ja krönt das Ganze
durch zwei markante Gestalten, einen in Tallis und Tefilin betenden Juden
zur Rechten, einen Jüngling mit dem Spaten in der markigen Faust zu
Linken, um die Sehnsucht nach Zion auszusprechen, die wir erfüllt zu
sehen hoffen in unserer redlichen Arbeit, begleitet von frommem Gebet. Und
besonders wer Gelegenheit hatte, den jungen Künstler in seinem stets
innigen, andächtigen Gebete zu beobachten, der fühlt sich hingerissen,
gehoben von den Empfindungen, die das Meisterwerk in uns zu wecken berufen
ist. Als sinniger Ausdruck dieses Gedankens prangt der Satz, mit dem wir
uns von den Kinauth erhoben: 'Ki nicham Haschem, es Zion'. Getröstet hat
der Ewige Zion, getröstet all seine Ruinen, und seine Wüste gemacht zum
Eden.
Möge es auch ein Zeichen erwachenden Morgens sein, wenn auch die edle
Kunst das ihrige beitrage, Zions-Sehnsucht zu wecken und in echt
jüdischem Sinne erfüllt zu sehen, auf dass wir uns bald für immer von
den Kinauth erheben mögen und den tag der Trauer in FEsttag verwandelt
sehen.
Stuttgart Rabbiner Dr. Ansbacher."
|
Der neue Misrach von Hermann Fechenbach (1922)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
16. November 1922:
"Das neue Misrach (Misrach)
unserer Zeit
von Kunstmaler Hermann Fechenbach.
Symbolische Darstellung der Gebote und Lehren des jüdischen
Glaubens.
Durch jede Kunst- und Buchhandlung zu beziehen, wo nicht zu haben, direkt
vom
Kunstverlag C. Heller, Bad Mergentheim
(Württemberg)." |
Hinweis zum Kunstverlag Heller: es
handelt sich um den Kunstverlag beziehungsweise die Buch- und
Kunsthandlung von Christian Heller, Buchbindermeister in der Kirchgasse 11
(nach Einwohnerbuch Mergentheim von 1926). Er hatte zwei Söhne Emil
Heller, Kaufmann und Karl Heller, Buchbinder. Die Familie war
nichtjüdisch. |
Rabbiner Dr. Ansbacher über das Werk von Hermann
Fechenbach (1922)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
26. Oktober 1922: "Stuttgart, 28. September (1922). Hermann
Fechenbach zur Zeit in München, darf es wohl nachgerühmt werden,
dass er 'Neujüdische Kunst' nicht im landläufigen Sinne mit rein
nationalem Einschlag auffasst, sondern sie in den Dienst echt
jüdischer Lebensauffassung stellen will. Nachdem er durch kleinere
Arbeiten, wie 'Jüdische Charakterköpfe', das Tallis und dergleichen,
schons ein Verständnis für wahrhaft jüdisches Denken und Fühlen
gezeigt, hat er durch ein meisterhaft entworfenes und künstlerisch
hervorragend ausgeführte Misroch wohl sich den berechtigen
Anspruch auf den Künstlernamen erworben. Meisterhaft sind die 6 Schöpfungstage,
gezeichnet, ´vom ersten Lichtstrahl bis zur Tier- und Menschenschöpfung,
selbst das unter den Bäumen Edens sich schüchtern verbergende
Menschenpaar fehlt nicht. Darüber sendet die Sabbatlampe ihren
weihevollen Glanz aus, umrahmt von den Worten: 'Du hast den siebten Tag
geheiligt'. Darüber prangen die Symbole unserer Festesreihe, dargestellt
mit sinnigen Ornamenten. Doch auch der Misroch-Gedanke selbst fehlt
nicht, ja krönt das Ganze durch zwei markante Gestalten, einen im
Tallis und Tefillin betenden Juden zur Rechten, einen Jüngling mit
dem Spaten in der markigen Faust zur Linken, um die Sehnsucht nach
Zion auszusprechen, die wir erfüllt zu sehen hoffen in unserer
redlichen Arbeit, begleitet vom frommen Gebet. Als sinniger
Ausdruck dieses Gedankens prangt der Satz mit dem wir uns von den Kimauth
erheben.
Das Bild ist in zwei Ausführungen durch Herrn Max Fechenbach,
Mergentheim zu beziehen: Originalholzschnitt, wovon nur eine
beschränkte Zahl vorhanden, weshalb frühzeitige Bestellung zu empfehlen,
Preis Mark 500.--. Zweite Ausführung auf Büttenpapier mit Original-Unterschrift
des Künstlers Mark
150.-
Dr. Ansbacher." |
Ausstellung
von Werken Hermann Fechenbachs im Kunstgebäude in Stuttgart (1929)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Januar 1929: "Stuttgart. Von den im
Kunstgebäude ausgestellten Porträts, Holzschnitten und Ölgemälden des
Malers Hermann Fechenbach wurden vier Bilder vom Württembergischen
Staat für die Staatliche Bildergalerie
erworben." |
Über "Neue Werke jüdischer Graphiker",
darunter Hermann Fechenbach - Beitrag von Theodor Harburger (1930)
Anmerkung: der genannte Künstler Josef Budko ist 1880 in Plonesk, Polen
geboren und 1940 in Israel gestorben. Er hatte in Berlin studiert zusammen mit
dem jüdischen Künstler und Graphikdesigner Hermann Struck. 1933 ist Josef
Budko zusammen mit Mordechai Ardon und Jacob Steinhardt nach Israel
ausgewandert. Zwei Jahre später eröffnete er die "New
Bezalel"-Schule in Jerusalem
Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung"
vom 15. April 1930:
Vorgestellt wird im Artikel das künstlerische Werk von Josef Budko
und Hermann Fechenbach. Nachstehend sind die Einleitung des
Beitrages von Theodor Harburger sowie die Ausführungen zu Hermann
Fechenbach wiedergegeben:
Neue Werke jüdischer Graphiker.
Der Jude als bildender Künstler ist eine Erscheinung, die für uns
Heutigen nichts Auffälliges mehr an sich hat. Mit dieser Feststellung
wird eine Entwicklung im Judentum gekennzeichnet, die nicht allein eine
Bereicherung des Lebensumkreises überhaupt darstellt, nicht allein die
Eroberung eines früher nicht in diesem Umfang betretenen Kulturgebietes
bedeutet, sondern darüber hinaus die Grundlage für selbständiges
Schaffen als Jude bildet. Da jetzt die Juden nicht mehr nur als
Vereinzelte das Ihre beitragen zum Aufbau der künstlerischen Welt, ist
die Möglichkeit gegeben, dass ihr Wirken als jüdisches Wirken uns und
der Umwelt erscheinen kann. In diesem Sinne darf also von
Ansätzen zu einer jüdischen Kunst gesprochen werden da, wo es sich um
Leistungen von Juden mit besonderen, auch im Inhaltlichen als jüdisch
erkennbaren Gestaltungstendenzen handelt. Dass bei der Betrachtung der
künstlerischen Erscheinungen unter diesem Gesichtswinkel Zurückhaltung
geübt wird, gebietet Selbstachtung und kritischer Sinn. Umso erfreulicher
ist, wenn mit vollster Anerkennung der schöpferischen Leistung und des
Gelingens der Intention auf Werke hingewiesen werden kann, die jüdische
Eigenart mit beachtenswerter Gestaltung vereinen.... (danach
Abschnitt zu Josef Budo)
In anderer Weise auf das jüdische Gefühl wirkt ein Werk, mit dem Hermann
Fechenbach schon seit Jahren in stiller, emsiger |
Arbeit
beschäftigt ist. In kleinen Holzschnitten unternimmt er es, die Bibel uns
noch vertrauter zu machen, indem er in kleinen Bildern ihre Szenen
lebendig macht. Die Folge, die bereits in ihren ersten Blättchen
bemerkenswertes Talent bewies, ist nun bis über das Buch Bereschith
(1. Mose-Buch = Genesis) hinausgelangt. Als ein Versucht jüdischer
Illustration zu unseren heiligen Schriften steht das Unternehmen einzig da
und verdient volle Beachtung und Unterstützung. Diese ist zudem auch den
weitesten Kreisen möglich, weil jedes Blatt um RM 4.- und bei Bezug der
ganzen Serie sogar nur um RM 1.50 zu beziehen ist. Die herbe Sachlichkeit
der Darstellung vermittelt den Eindruck einer in sich geschlossenen
Künstlerpersönlichkeit, der es wirklich um die Dinge geht. Die
religiöse Grundstimmung Fechenbachs wirbt ihm sicher viele Freunde
und wird dazu beitragen, dass sein Werk weitere Verbreitung und Förderung
finden wird.
München. Theo Harburger." |
Über die Holzsschnitte von Hermann Fechenbach (1932)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Dezember 1932: |
Zum Tod von Abraham Pakelnischki (1922)
Anmerkung: Dokumente
zu Abraham Pakelnischki siehe in der Website "NS-Raubgut in der
Zentral- und Landesbibliothek Berlin".
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
27. April 1922: "Mergentheim, 20. April (1922). Am 4.
März (1922) verstarb hier an einem Herzschlag der besonders in
Königsberg und München bekannte Privatgelehrte und -Lehrer Abraham
Pakelnischki. Einer Gelehrtenfamilie in Litauen entsprossen, hat er
sich von Jugend auf mit der Thauro (Tora) befasst und ein großes,
umfassendes und tiefes Wissen in Talmudicis besessen; sich auch
eine schöne weltliche Bildung angeeignet. In Königsberg (Preußen) und
München war er vielfach als Talmudlehrer tätig und hat sich großer
Beliebtheit erfreut. Auch am hiesigen Platze, wo er in den letzten Jahren
öfters zur Kur weilte, war er geschätzt und beliebt. Die hiesige
Gemeinde veranstaltete ihm eine sehr ehrenvolle Bestattung, der Rabbiner
feierte ihn in seinem warmen Hesped als Talmudgelehrten und bravenb
gebildeten Menschen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Zum Tod von Karoline Wolf (stammte aus München; 1924)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. August 1924: |
Zum Tod von David Fröhlich (1925)
Anmerkung: David Fröhlich (geb. 7. Mai 1865 als Sohn von Maier
Fröhlich und seiner Frau Regina) war seit dem 4. Mai 1893 (in
Würzburg) verheiratet mit Bertha geb. Neuhaus (geb. 4. März 1873 als
Tochter von Jakob Neuhaus und seiner Frau Getta, 1942 ab Nürnberg in das Ghetto
Theresienstadt deportiert, wo sie am 4. Februar 1943 umgekommen ist). Die beiden
hatten - wie im Bericht erwähnt - 12 Kinder: Max (1894), Selma
(1895, verheiratete Katzauer, Darmstadt), Klara (1897, verheiratet 1920
mit Felix Beifuß), Jacob (1898), Jeanette (1900), Flora
(1901, verheiratet mit Dr. Max Weil, Nürnberg, 1942 in das Ghetto Izbica
deportiert und umgekommen), Hugo (Elchanan, 1903), Siegfried (Sussmann,
1905), Moritz (Mosche, 1906), Rosa (Rösle, 1908, später wohnhaft
in Hamburg, 1941 in das Ghetto Riga deportiert und umgekommen), Ludwig
(1911), Getta (1915).
Der genannte Abraham Fröhlich in Gelsenkirchen war eng verwandt mit
David Fröhlich, vermutlich sein Bruder. Er betrieb mit seiner Frau Gutel einen
Fleischhandel in Gelsenkirchen in der Florastraße 76 ("A. Fröhlich, Vieh-
und Fleisch-Agenturen) hat in Gelsenkirchen um 1910 eine orthodoxe
Austrittsgemeinde gegründet. Familie Fröhlich konnte nach Haifa emigrieren.
Siehe Beitrag von Chajm Gulski
"Geschichte des Judentums in Gelsenkirchen" sowie Wikipedia-Artikel
"Judentum in Gelsenkirchen".
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19.
März 1925: "David Fröhlich - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen.
Bad Mergentheim, 15. März (1925). Am 4. Adar (= 28. Februar
1925) bewegte sich auf der Landstraße von Bad Mergentheim nach dem
eine halbe Stunde entfernten 400-jährigen ehrwürdigen Friedhof
in Unterbalbach ein langer Trauerzug. Arm und Reich, Juden und
Nichtjuden, sie alle ließen es sich trotz des langen Weges, trotz des
herrschenden Unwetters nicht nehmen, dem Manne, den sie im Leben kennen
und schätzen gelernt hatten, die letzte Ehre zu erweisen. Als der Zug Edelfingen
erreichte, da wartete seiner am Eingang des Dorfes die ganze Gemeinde,
Männer mit schmerzbewegten Zügen, weinende Frauen, und alle schlossen
sich dem Zuge an. David Fröhlich wurde zur letzten Ruhe
getragen.
Wahrlich, ein Frommer ist mit David Fröhlich seligen Andenkens
dahingegangen. Dies waren die charakteristischen Merkmale seiner
Persönlichkeit Recht halten (Micha 6,8), er war in all seiner Schlichtheit
ein weit über den Durchschnitt hinausragende Persönlichkeit, gerecht
gegen jedermann, rechtschaffen in seinem Berufe, sein ganzes Leben war ein
Leben der eisernen Pflicht im Sinne der Tora. Liebe üben (Micha 6,8)
Und er liebte die Liebestätigkeit, ein Strom des Segens ergoss sich aus
seinem Hause in ungezählte Hütten und Herzen und er wandelte demütig
vor seinem Gott (Micha 6,8) und bei alledem wandelte er in stiller,
schlichter Bescheidenheit vor seinem Gotte, für sich selbst die Grenzen
des Gesetzes noch emporziehend, ohne dass je ein Außenstehender davon
erfuhr. Und er fand Gunst und Wohlgefallen in den Augen Gottes
und der Menschen (Sprüche 3,4). Und wie die Menschen ihn liebten, so
liebte ihn der Ewige. Freude auf Freude ließ Er ihn an
seinen zwölf Kindern - sie mögen leben - erleben, ganz besonders
im letzten Jahre. Drei Töchter sah er kurz nacheinander echt jüdische
Häuser gründen. Noch vor einem halben Jahr durfte er die Barmizwo-Feier
des Jüngsten erleben, dann erfreuten ihn alle drei Töchter nacheinander
durch die Geburt von Enkeln und mitten aus all diesen Freuden
heraus entschlief er sanft in ein besseres Jenseits.
Vor dem Trauerhause brachte Herr Rabbiner Dr. Kahn in warm
empfundenen Worten den Schmerz der Gemeinde, die eine ihrer stärksten
Stützen verloren hat, zum Ausdruck. Herr Lehrer Ottensoser rief
dem Heimgegangenen im Namen seiner Angestellten und im Auftrage vieler
Armen herzliche Worte der Dankbarkeit nach und am Grabe nahm Herr
Abraham Fröhlich, Gelsenkirchen, in zu Herzen gehender Weise Abschied
von dem heimgegangenen Bruder. Seine Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens." |
87. Geburtstag des Kriegsveteranen Siegmund Kahn
(1926)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. April 1926: |
Durch ein Urteil des Reichsgerichts wird Felix Fechenbach rehabilitiert
(1927)
Zu Felix Fechenbach (geb. 1894 in Bad Mergentheim, ermordet von
Nationalsozialisten 1933 im Kleinenberger Wald zwischen Detmold und Warburg)
siehe Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Fechenbach
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Januar 1927: |
Aron Adler wurde in den Gemeinderat gewählt
(1928)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember
1928: |
Zum Tod von Fanny Emanuel
geb. Iggersheimer (geb. in Mergentheim, gest. 1929 in Frankfurt)
Anmerkung: Fanny Emanuel geb. Iggersheimer ist am 26. September 1852 in
Mergentheim geboren als Tochter des Kaufmannes Jonas Iggersheimer und seiner
Frau Sara geb. Dreifuß. 1876 verzog sie mit ihrem Mann nach Neuss.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
21. Februar 1929: "Frau Fanny Emanuel - sie ruhe in
Frieden. Eine Patriarchin ist im Alter von 76 Jahren mit Frau
Fanny Emanuel von uns gegangen, eine der glücklichen ausgeglichenen
Naturen, die es verstehen, das Beste aus der folgenden Kindheit und
Jugend: die Reinheit und Heiterkeit der Seele, ins spätere Leben und ins
Greisenalter mit hinüberzunehmen. Im frommen, vornehmen altjüdischen
Hause Iggersheimer zu Mergentheim geboren und erzogen, folgte sie in
jungen Jahren ihrem Gatten, Abraham Emanuel - das Gedenken an
den Gerechten ist zum Segen - nach Neuß und Köln am Rhein, wo sie,
Priesterin ihres Hauses, dem Manne treue, opfervolle Begleiterin bis zu
dessen frühem Ende war und dann den Kindern eine doppelt heißliebende
Mutter wurde. In den letzten zwei Jahrzehnten wohnte Frau Emanuel in
Frankfurt, in der Nähe ihrer Kinder, in der Stadt, da ihre Seele eine
Heimat gefunden hatte. Hier genoss sie, schwärmerisch geliebt von den
Ihren und geachtet von allen, den ungetrübten Lebensabend, wie sie ihn
nach einem Leben der Pflicht und Arbeit verdiente. Es war ihr gegönnt, zu
sehen, wie der Sohn und zwei Töchter eigene Häuser gründeten und darin
im Kreise ihrer Lieben das Licht der Emunoh (sc. Wahrheit,
Religion) im Sinne der Mutter erhielten, wie in Enkeln und Urenkeln die
Traditionen der Familie für die Zukunft erblühten. Noch am Tage des
Abschiedes saß sie im Kreise ihrer Kinder, in heißer Liebe mit ihnen
verbunden. Dann schied sie leicht und sanft, wie ihr ganzes Leben nur
Liebe, Ruhe und Frieden bedeutete.
Eine große Schar von Trauernden umringte am Dienstagmittag auf dem Friedhofe
der Israelitischen Religionsgesellschaft neben den Verwandten die
Bahre der Heimgegangenen, an der Herr Redakteur Schachnowitz ihr
Lebensbild zeichnete. Ihr Andenken wird bei den Ihren fortleben und sich
in Taten der Gottesfurcht und Menschenliebe auswirken. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Helene Sulzbacher geb. Hopfenmeyer
(1929)
Anmerkung: Helene (Lena) geb. Hopfenmayer ist 1848 in Kairlindorf
geboren als Tochter von Maier Hopfenmayer und seiner Frau Hanna (lebten später
in Erlangen). Sie heiratete 1871 in Würzburg Hermann (Hayum) Sulzbacher (geb.
1844 in Mergentheim als Sohn von David Sulzbacher und Fanny geb. Monheimer), der
bereits 1888 gestorben ist. Die sechs im Abschnitt genannten Kinder waren Mina
(1873), Sabine (1874), Max (1877), Moritz (1878), Klara (1880) und Isac
(1884).
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
5. April 1929: "Mergentheim, 21. Mrz (1929). Nach kurzem
Krankenlager starb im 81. Lebensjahre Frau Helene Sulzbacher aus
Mergentheim. Sie entstammte der echtfrommen Kaufmannsfamilie Hopfenmeyer
aus Erlangen. Schon in jungen Jahren
war sie Witwe mit 6 unmündigen Kindern. Gestützt auf felsenfestes
Gottvertrauen, das einer tiefen, streng gläubigen Religiosität entsprang
und auch in Krankheit und Schicksalsschlägen nicht wankte, gelang es der
mutigen, gewissenhaften Frau, sich als eine echte wackere Frau zu
bewähren. In rühriger Tätigkeit erzog sie ihre Kinder in Ehren als
würdige Schwiegertochter des Reb David Sulzbacher. Herr Rabbiner Dr. Kahn
schilderte in ehrenden Worten vor dem Hause das Leben und fromme Wirken
der Entschlafenen und am Grabe sprach der Schwiegersohn, Herr Lehrer
Heinemann aus Neunkirchen (Saar)
ergreifende Worte der Liebe, Dankbarkeit und des Abschieds namens ihrer
Kinder. Ihr Andenken wird stets ein gesegnetes sein. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
60. Geburtstag von M. Max Fechenbach, Vater von Hermann Fechenbach
(1930)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Februar
1930: |
60. Geburtstag von Albert Adler (1930)
Anmerkung: Albert Adler ist am 19. August 1870 in Attica, USA als Sohn
von David Adler und der Hanchen geb. Lehmann geboren. Er war seit dem 10. August
1896 verheiratet mit Bertha Adler, die am 6. Juli 1869 in Edelfingen
als Tochter von Julius Adler (Edelfingen) und seiner Frau Babette geboren ist.
Die beiden hatten drei Kinder: David (1897), Elsa (1898,
verheiratet seit April 1921 mit Arthur Stern in Hagen, Westfalen), Berthold
(Baruch) (1899).
Albert Adler war in Mergentheim Kaufmann und Inhaber einer Handlung für
Kunstdünger und Baumaterialien. Er war langjähriger Synagogenvorsteher und
Mitglied des Israelitischen Oberrats. Er emigrierte Anfang Dezember 1938 nach
Luxemburg und starb 1947 in Mexiko. Seine Frau Berta Adler starb 1940 in
Luxemburg. Der Sohn David Adler wurde Kaufmann und emigrierte bereits
1933 nach Luxemburg, später nach Mexiko. Er kam nach 1945 nach Karlsruhe
zurück. Die Tochter Elsa verheiratete Stern emigrierte 1940 nach
Luxemburg, dann nach London und wanderte später in die USA (New York) aus. Der
Sohn Berthold Adler emigrierte in der NS-Zeit nach Frankreich, dann nach
Spanien und wanderte später nach Mexiko aus.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
14. August 1930: "Bad Mergentheim, 1. August (1930). Am 19.
August dieses Jahres feiert Herr Albert Adler senior, hier, seinen
60. Geburtstag. Herr Adler, langjähriger Vorstand der Chewro Gemilus
Chasodim (= Wohltätigkeitsverein), seit einigen Jahren Mitglied des
israelitischen Vorsteheramtes und der israelitischen Landesversammlung in
Württemberg, tritt stets für die Belange des gesetzestreuen Judentums
ein. Wir wünschen ihm alles Gute. Bis 100 Jahre! |
|
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. August 1930: "Mergentheim. Am
19. August wird Albert Adler sen. den 60. Geburtstag feiern. Der
Jubilar hat sich als Vorstand der Bruderschaft Chevras-Gebilus Chasodim um
Lebende und Tote hoch verdient gemacht. Er gehört seit einigen Jahren dem
Israelitischen Vorsteheramt in Mergentheim und der Israelitischen
Landesversammlung als Vertreter für den Bezirk Mergentheim-Hall an. Möge
dem verdienten Manne, der durch eigene Krankheit und die Krankheit seiner
Frau zurzeit hart geprüft ist, baldige Genesung und alles Gute beschieden
sein." |
Zum Tod von Abraham Seligmann
(1933)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. März
1933: |
80. Geburtstag von Clara Ullmann geb. Ifri (1933)
Anmerkung (nach Strätz Biographisches Handbuch Würzburger Juden II,
638-639): Clara Ullmann geb. Ifri war die am 6. Mai 1853 geborene Tochter von
Moses Ifri (1821-1878) in Bad
Mergentheim und seiner Frau Hannchen geb. Steindecker (gest. 1880). Sie lebte seit
ihrer Heirat 1879 in
Würzburg mit ihrem Mann Moritz Ullmann (1843 in Schwabach - 1899 in Würzburg).
Dieser war Schuhwarenhändler in Würzburg. Die beiden hatten sieben Kinder:
Rosa (1872), Hedwig (1880), Ida (1882), Hirsch (1883), Max (1884), Regina
(1886), Jenny (1891). Mehr zur Geschichte der Familien der Kinder bei Strätz.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. März 1933: Würzburg,
27. März (1933). Frau Clara Ullmann geb. Ifri, in Würzburg,
Sofienstraße 14, aus Mergentheim, feierte am Erew Rosch Chodesch
Nissan (= 27. März 1933) in körperlicher und geistiger Frische ihren
80. Geburtstag. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Zum
Tod von Karoline Igersheimer geb. Blumenfeld (1933)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 31. März
1933: |
90. Geburtstag von Joseph Heidelberger
(geb. 1844 in Sennfeld, seit 1924 in Mergentheim wohnhaft)
Anmerkung: Joseph Heidelberger ist am 20. Dezember 1934 von Bad Mergentheim
in das jüdische Altersheim nach Heilbronn-Sontheim verzogen, wo er am 8.
November 1935 verstorben ist. Er wurde an 10. November 1935 "unter überaus
großer Beteiligung von nah und fern zur letzten Ruhe bestattet" im jüdischen
Friedhof in Sennfeld (RSA-Register).
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1934: "Bad
Mergentheim, 2. Juli (1934). Vor kurzem feierte Herr Joseph
Heidelberger in körperlicher und geistiger Frische und Rüstigkeit seinen
90. Geburtstag. Herr Heidelberger, in Sennfeld
(Baden) geboren und dort bis vor 10 Jahren wohnhaft, ist sowohl bei seinen
Geschäftsfreunden infolge seiner Reellität und Hilfsbereitschaft als
auch bei seinen Bekannten dort und hier wegen seines freundlichen und
liebenswürdigen Wesens allgemein geschätzt und beliebt. Am Sabbat wurde
seines Festes in der Synagoge Erwähnung getan und am Sonntag war sein
Haus voll von Gratulanten von hier und auswärts. Mögen ihm noch weitere
Jahre der Gesundheit und Rüstigkeit beschieden sein!" |
Hugo Fröhlich wandert aus, die Leitung der Jüdischen Arbeitsgemeinschaft
übernimmt Dr. Selig Cohn (1934)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Juli 1934: |
Zum Tod von Gerson Rothschild (1936)
Anmerkung: Gerson Rothschild ist am 18. Mai 1853 als Sohn von Feist
Rothschild und der Babett geb. Adler in Dertingen
geboren. Er wohnte später in Königshofen,
von wo er am 9. September 1889 nach Bad Mergentheim übergesiedelt ist. Am 19.
August 1879 hat er in Bad Mergentheim Klara Löwenstein geheiratet (geb. 25.
Januar 1857 in Laudenbach als Tochter von
Simon Löwenstein und der Therese geb. Johlsohn, gest. 18. April 1926 in
Mergentheim). Das Ehepaar hatte fünf Kinder: Ferdinand (geb. 1880 in
Königshofen), Louis (geb. 1883 in Königshofen), Ma(r)x (geb. 1885 in
Königshofen, später wohnhaft in Marktbreit, umgekommen nach Deportation 1942),
Sara (geb. 1889 in Mergentheim), Simon (geb./gest. 1891 in Mergentheim).
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
30. April 1936: "Bad Mergentheim, 23. April (1936). Hier
ist Gerson Rothschild in die künftige Welt eingegangen. Er war ein
Mann, welcher in aufrichtiger Frömmigkeit den Geboten der Tora
nachstrebte. So gehörte er auch zu den eifrigsten Besuchern unseres
Gotteshauses. Als Weinbergbesitzer pflegte er seinen Weinberg selbst und
es war Herkommen in unserer Gemeinde, den Koscherwein bei Gerson Rotschild
zu holen. Seine Beerdigung versammelte seine zahlreichen hiesigen und
auswärtigen Freunde um seine Bahre. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige der Eisenwarenhandlung Simon Höchheimer (1869)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember
1869: "Mergentheim. Lehrling gesucht.
In meiner am Sabbath und Feiertagen geschlossenen Eisenwarenhandlung ist
für einen mit den nötigen Vorkenntnissen versehenen jungen Manne eine
Lehrlingsstelle vakant. Kost und Logis im Hause. Simon Höchheimer."
|
Anzeige des Eisen- und Spezereigeschäftes N. Hirsch (1869)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember
1869:
"In meinem Eisen- und Spezereigeschäft ist für einen mit den
nötigen Vorkenntnissen versehenen jungen Mann eine Lehrlingsstelle
offen.
N. Hirsch in Mergentheim." |
Anzeigen des Eisengeschäftes der Gebr. Falk
(1890 / 1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
13. November 1890:
"Lehrlings-Gesuch.
In unser, Samstags und an Feiertagen geschlossenes Eisengeschäft wird ein
Lehrling mit guten Schulkenntnissen unter günstigen Bedingungen zu
engagieren gesucht.
Gebrüder Falk, Mergentheim (Württemberg)." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Mai 1901:
"Lehrlings-Gesuch.
Für unser an Schabbat und Feiertag geschlossenes Eisengeschäft, suchen
wir zum baldigsten Eintritt einen wohlerzogenen jungen Mann unter günstigen
Bedingungen zu engagieren.
Gebrüder Falk,
Mergentheim, Württemberg." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901:
"Lehrlings-Gesuch.
Für unser an Schabbat und Feiertag geschlossenes Eisengeschäft, suchen
wir zum baldigsten Eintritt einen wohlerzogenen jungen Mann unter günstigen
Bedingungen zu engagieren.
Gebrüder Falk,
Mergentheim, Württemberg." |
Anzeige der Witwe H. Schloß
(1898)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1898:
"Suche für meinen Sohn, mit guter Schulbildung,
Lehrstelle,
in einem Samstags und Feiertage geschlossenen Geschäft.
H. Schloß Witwe, Mergentheim an der Tauber, Württemberg". |
Anzeige der Mazzenbäckerei A. Fechenbach (1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. Februar 1901:
"Mazzenpackmaschine
zum verpacken der Mazzen in Rollen und Stupfeleisen von hartem Gussstahl,
versendet gegen Nachnahme
A. Fechenbach,
Mazzenbäckerei, Mergentheim, Württemberg." |
Anzeige der Lederhandlung L. Oppenheimer (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22.
Februar 1904:"Suche für meine Leder- und Schuhartikelhandlung,
welche Samstags und an israelitischen Festtagen streng geschlossen ist,
einen Lehrling mit guten Schulkenntnissen oder einen angehenden Commis.
Kost und Wohnung im Hause.
L. Oppenheimer, Lederhandlung,
Mergentheim (Württemberg)." |
Lehrlingssuche von Emanuel Igersheimer
(1906)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2. März
1906:
"Lehrling
mit guter Schulbildung für mein Manufakturwaren-Geschäft, Samstag
geschlossen, für Ostern oder später gesucht. Kost und Logis im
Hause.
Emanuel Igersheimer, Mergentheim (Württemberg)." |
Anzeige des Gasthofes-Hotels-Restaurants Fechenbach
(1911)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. Juni 1911:
"Bad Mergentheim. Koscher. Gasthof Fechenbach.
Hotel-Restaurant. Unterer Marktplatz. 1 Minute vom Hauptbahnhof, 3.
Minuten vom Kurgarten.
Kurgemäße Küche.
Mitglied des Vereins für rituelle Speisehäuser in Hamburg." |
Anzeigen des Hotel-Restaurants Fechenbach
(1924/25)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
13. November 1924: "Bad Mergentheim. Hotel-Restaurant
Fechenbach.
Allen meinen ehemaligen lieben Gästen und weiteren Interessenten zur
gefälligen Kenntnis, dass ich nunmehr meinen Betrieb wieder dauernd
persönlich weiterführe mit dem Bestreben, durch anerkannt gute Küche,
aufmerksamster Bedienung, schöner Fremdenzimmer (in und außer dem Haus)
meinen Gästen einen gemütlichen Aufenthalt zu bieten.
Hochachtungsvoll Frau J. Mildenberg. Ganzjährig geöffnet
Mäßige Preise.
Übernahme von Hochzeiten und sonstigen Festlichkeiten." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. Juni 1925: "Bad Mergentheim. Hotel-Restaurant Fechenbach.
Besitzerin: Frau J. Mildenberg.
Einziges und längst bestehendes streng rituelles Hotel am Platze.
Referenzen Seiner Ehrwürden Herrn Rabbiner Dr. Kahn. Anerkannt Ia Verpflegung.
Schöne Zimmer in und außer dem Hause. Mäßige Preise. Vollständig neu
renoviert. Für Kurgäste extra Diätküche unter Aufsicht des Badearztes
Dr. med. S. Hirnheimer." |
Anzeige
des Restaurants "Spiegelsaal" (1925)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. Juni 1925: "Streng Koscher Bad Mergentheim Streng Koscher.
Restaurant 'Spiegelsaal'. Erstklassige Verpflegung. Mäßige
Preise.
Referenz: Seiner Ehrwürden Herr Rabbiner Dr. Kahn. Besitzer: Adolf
Melamet." |
Heiratsanzeige von Max Fröhlich und Käte geb.
Schwarzenberger (1927)
Anmerkung: Max Fröhlich ist am 17. Juni 1894 in Unteraltertheim
(Fechenbach: Die letzten Mergentheimer Juden S. 181) als Sohn von David
Fröhlich und der Berta geb. Neuhaus geboren. Käte geb. Schwarzenberger ist am
12. November 1899 in Maßbach als Tochter
von Bernhard Schwarzenberger und Meta geb. Katzenberger geboren. Die beiden
heirateten standesamtlich am 14. Juni 1927 in Schweinfurt beziehungsweise
religiös am 19. Juni 1927 in Würzburg. Die beiden hatten drei Kinder: David
(geb. 2. Juni 1928 in Würzburg), Lea, Lotte (geb. 26. April 1935 in Bad
Mergentheim), Ruth Rahel (geb. 25. August 1937 in Mergentheim). Max Fröhlich
war als Kaufmann Inhaber der Vieh- und Pferdehandlung David Fröhlich & Sohn
in Bad Mergentheim. Die Familie emigrierte Ende September 1939 über Holland
nach St. Louis; USA, wo Max Fröhlich (und Familie?) 27 Jahre lebte, danach
wohnhaft in Jerusalem, Israel. Max Fröhlich starb 1995, seine Frau Käthe
1997.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
16. Juni 1927:
"Gott sei gepriesen.
Max Fröhlich - Käte Fröhlich geb. Schwarzenberger.
Vermählte.
Bad Mergentheim.
Trauung: Würzburg, den 19. Juni 1927 - 19. Siwan 5687 vormittags 12
1/2 Uhr im Hotel Schwan." |
Werbeanzeige für die Kur in Bad Mergentheim
(1928)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
9. Februar 1928:
Die Anzeige (zum Lesen bitte Abbildung anklicken) erschien mit Hinweis
auf die "Eröffnung der Kuranstalt Hohenlohe nach Erweiterungsbauten
am 20. Februar 1928). |
Anzeige der Fa. Hermann Adler (1928)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
16. August 1928:
"Ia Grünkern neue Ernte.
5 kg. Postpack. M. 6,50 franko Nachnahme versendet
Hermann Adler Bad Mergentheim.
Bei größerer Abnahme entsprechend billiger." |
Verlobungsanzeige von Hedwig Hirsch und Max Katzenstein
(1929)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. März 1929:
"Hedwig Hirsch - Max Katzenstein
zeigen ihre Verlobung an
Bad Mergentheim München Liebherrstraße 1."
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Werbeanzeige für die Kur in Bad Mergentheim
(1930)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
27. März 1930: "Bad Mergentheim.
Galle - Leber - Fettsucht - Zucker - Magen - Darm.
3 Quellen: Karlsquelle (mittelstark) Albertquelle
(stark) Wilhelmsquelle (mild)." |
Verlobungsanzeige
von Fanny Oppenheimer und Siegfried Fröhlich (1934)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 4. Januar 1934:
"Gott sei gepriesen
Fanny Oppenheimer - Siegfried Fröhlich. V
erlobte.
Frankfurt am Main Bärenstraße 12 - Petach-Tikwah / Bad
Mergentheim". |
Anzeige der Pension Gerstner (1934)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14.
Juni 1934:
"Bad Mergentheim. Pension Gerstner. Unter Aufsicht des Vereins
ritueller Speisehäuser." |
Verlobungsanzeige von Selma Rothschild und Arno Katz
(1936)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11.
Juni 1936:
Selma Rothschild - Arno Katz.
Verlobte.
Bad Mergentheim Unterer Graben 19 - Frankfurt am
Main Sandweg 7.
Empfang nur Bad Mergentheim 20.6.1936." |
Verlobungsanzeige
von Sara Kahn und Ludwig Adler (1936)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. September
1936:
"Gott sei gepriesen.
Sara Kahn - Ludwig Adler. Verlobte.
Bad Mergentheim / Baisingen
- Markelsheim bei Bad
Mergentheim". |
Nach
der Emigration: Hochzeitsanzeige von Bella Strauss und John H. Lamm (1944)
Anzeige
in der Zeitschrift "Aufbau" vom 10. März 1944:
"Bella Strauss - John H. Lamm.
Engaged. March 11,1944.
(formerly Bad Mergentheim) - (formerly Pirmasens)
870 West 180th Str., Apt. 3-B". |
Weitere
Dokumente zu einzelnen jüdischen Personen / Gewerbebetrieben
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)
Notariatsschreiben,
die Pflegschaft
Rika Igersheimer betreffend (1831) |
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Text des Dokumentes: "In die Rika Igerheimer'sche Pflegschaft zu Mergentheim, welche Oser Bär in Dörzbach verwaltet,
sind nach bemerkte Personen das Beygesetzte schuldig, das löbliche Schultheißenamt wolle solches
von ihnen unterschriftlich anerkennen lassen, sofort gegenwärtiges Anschreiben anvers zurück zu senden.
Mergentheim, den 31. November 1831 - Königliches Gerichtsnotariat - Dieterich.
Es schuldet Johann Georg Schneider zu Dürrenzimmern
Capit. II Nov.1830 die Richtigkeit dessen
- 350,- Gulden J. Georg Schneider
die Richtigkeit dessen und die Ächtheit der Unterschrift
Schuldner hat das Porto hierüber zu bezahlen Schultheiß Zoller."
Zu den Personen: Rika (Rebecca) geb. Igersheimer (geb. 15. Dezember
1818 in Mergentheim, gest. 5. Juni 1896 in Aschaffenburg) war verheiratet mit
Rabbiner Abraham Adler (geb. 11. August 1808 in Kleinsteinach,
gest. 22. Februar 1880 in Aschaffenburg), der von 1838
bis 1845 Distriktsrabbiner in Burgpreppach war und von 1845
bis 1880 Rabbiner in Aschaffenburg.
Das Ehepaar hatte neun Kinder: Leah verh. Bamberger, Benzion Adler, Natan Adler, Selig Uri Adler, Naphtali Adler, Moses Adler, Kolajah Adler,
Julius Adler und Emanuel Raphael Adler.
Oser Baer (geb. 4. Oktober 1777 in Dörzbach,
gest. 6. Oktober 1845) war verheiratet seit dem 2. Mai 1820 mit Regine
geb. Igersheimer (geb. 26. Mai 1796 oder 14. Januar 1798 in
Mergentheim als Tochter von Hirsch Igersheimer und seiner Frau Edel, gest.
31. Dezember 1851). Das Ehepaar hatte drei Kinder: Jellel Baer (1821), Marx Baer
(1825) und Isaak Baer (1828).
Quellen: https://www.geni.com/people/Rika-Adler/6000000036337897928
https://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_Adler_(Rabbiner,_1808)
Biographische Datenbank Jüdisches Unterfranken |
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Umschlag eines Schreibens
an
Wolf Hirsch in Mergentheim (1878) |
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Der Brief an Wolf
Hirsch wurde am 25. Juli 1878 von Stuttgart nach Mergentheim
verschickt;
Wolf Hirsch (geb. 1817 in Mergentheim, gest. 1901 ebd.) war
Seifensieder in Mergentheim. |
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Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Caroline Oppenheimer aus Lohrhaupten
(1819?-1915) und Emanuel Oppenheimer aus Bad Mergentheim (1821-1922)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn;
der Geburtsname von Caroline Oppenheimer wird nicht mitgeteilt. .
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Grabstein für
"Our Beloved Mother
Caroline Oppenheimer
Born in Lohrhaupten,
Germany,
December 14, 1819 (?),
Died August 21, 1915" und
"Our Beloved Father
Emanuel Oppenheimer
Born in Mergentheim, Germany
April 3, 1821, Died Jan. 7, 1922". |
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